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Einladungswettbewerb | 04/2014

Kinder- und Familienhaus St. Sebastian

2. Preis

Preisgeld: 10.000 EUR

Voith Architektur und Stadtplanung

Architektur

TERRA.NOVA Landschaftsarchitektur

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Städtebau
Das neue Kinder- und Familienhaus wird als ein zusammenhängender, lang gestreckter
Baukörper entlang der Pfarrer-Bauer-Straße angeordnet. Mit einer Länge von 76,5 m
nimmt er städtebaulich Bezug auf die großen Setzungen der Schulgebäude in der Floßmannund Baldestraße.

Entwurfskonzept
Der Gebäuderiegel zeigt sich nach Norden, Osten und Westen geschlossen und bildet
eine dreiseitige Klammer, die das Kinder- und Familienhaus schützend umgibt.
Die südlichen Fassaden öffnen sich unter Ausbildung von zwei Höfen großzügig zum
Freibereich.
Mit dem westlichen Hof umgreift der Neubau behutsam das historische Klösterl und stellt damit die Apsis der ehemaligen Kapelle in den Mittelpunkt des Innenhofs (Kapellenhof). Von der Ulrichstraße aus gesehen bleibt das historische Gebäude der quartiersbildprägende Gebäudeteil oberhalb der baumbestandenen
Böschungskante. Von der Pfarrer- Bauer- Straße aus steht der Neubau im Vordergrund.
Bereits am Eingang und durch die verglaste Fassade des Elterncafés erkennt man die
Nordseite des Klösterls mit der Kapellenapsis. Sie bildet den zentralen Orientierungspunkt für die Haupterschließungsbereiche und das Foyer.

Grundriss und Erschließung
Der Grundriss mit dem von der Süd- zur Nordfassade wechselnden Flur teilt das Gebäude in zwei Bereiche.
Im Westen befindet sich das Familienzentrum mit Mehrzweck- und Mulitfunktionsräumen
sowie dem Andachtsraum im Erdgeschoss. Im Obergeschoss befinden sich Personalräume, Verwaltungsbüros des Familienzentrums, der Kita, die Räume des Kreisbildungswerks sowie weitere Gruppen- und Multifunktionsräume.
Östlich des Kapellenhofs liegen im Erdgeschoss Kindergarten und Kinderkrippe und getrennt erreichbar im Obergeschoss, der Kinderhort. Für den Kitabereich bildet der zweite Innenhof (Baumhof) das Zentrum.
Als Bindeglied zwischen Familienzentrum und Kita fungiert das Elterncafé im Foyer mit Blickbezug zum öffentlichen Vorplatz und zu den Eingängen der Kita. Durch seine Lage kann es auch für Veranstaltungen des Familienzentrums genutzt werden.
Das Kindercafé, etwas abgeschirmt und mit Blick in den ruhigen Kapellenhof, bildet den Auftakt zu Kindergarten und Krippe. Der Kapellenhof dient als Freibereich für beide Cafés und das Foyer.
Alle Gebäudeteile sind barrierefrei erreichbar. Die neue Haupttreppe ersetzt die nicht mehr originale Bestandstreppe im Klösterl und bindet so Alt und Neu eng aneinander.

Freianlagen
Im Norden bildet eine leicht abgesenkte, hofartige Platzsituation den Eingangsbereich des neuen Kinder- und Familienhauses. Die befestigte Fläche zwischen Verkehrsweg und Gebäude bietet ausreichend Platz für den ‚Hol- und Bringablauf’, sowie genügend Stellplätze für Fahrräder mit Kinderanhänger, Cityroller und Transporträder.
Als Ergänzung zu den Spielterrassen lagert sich im Süden eine organisch geformte, große Spiellandschaft an. Ein verzweigtes Wegenetz mit Aufweitungen und Aussichtsplattformen bietet innerhalb der Fläche Raum für altersgerechte Bewegungsspielelemente, während sich seitlich ruhigere Aufenthaltsbereiche mit Spielhäusern anlagern.
Eingebettet in eine topographische Landschaft aus Pflanzbändern mit locker überstellten
Bäumen ergibt sich ein harmonisches Bild. Für die öffentliche Spielfläche bietet sich der
Bereich südlich des Familienzentrums mit Zugang vom Fußweg an.

Fassaden
An der Lochfassade zur Pfarrer-Bauer-Straße lassen sich die dahinter liegenden unterschiedlichen Nutzungen an der Ordnung und Größe der verschiedenen Öffnungen ablesen. Die zueinander versetzt angeordneten Fenster erzeugen in den Spielfluren der Kita wechselnde Lichtsituationen. Die hervortretenden Erker dienen raumseitig als Sitzbänke mit Ausblick.
Öffnungen zwischen Flur und Gruppenräumen setzen die Möglichkeiten von spannenden
Blickbeziehungen ins Innere fort.
Im Süden öffnet und staffelt sich das Gebäude pavillonartig zum Freibereich. Die raumhohen Verglasungen mit Schiebetüren und die vorgelagerten Terrassendecks bieten einen fließenden Übergang der Gruppenräume von innen nach außen und einen Bezug ins Grüne.
Auskragende Vordächer und verschiebbare, stoffbespannte Rahmen schützen die Räume vor der Sommersonne.

Konstruktion und Baustoff
Das Kinder- und Familienhaus ist als Holzbau auf einem Stahlbeton-Kellergeschoss konzipiert. Die Außenwände werden in Holzrahmenbauweise erstellt, die Innenwände sind als Schotten mit massiven Brettstapelwänden ausgebildet.
Die Geschossdecken bestehen aus Holz-Beton-Verbund-Decken. Die Hybridkonstruktion nutzt die Vorteile des Betons wie Aufnahme hoher Druckkräfte, Schalldämmung, Temperaturspeicherung und kombiniert diese mit den Vorteilen der Brettsperrholzplatte wie Aufnahme hoher Zugkräfte, geringeres Gewicht, schallabsorbierende oberflächenfertige Untersicht, nachhaltiger Werkstoff.
Die Südfassade staffelt sich im Obergeschoss zurück und bildet eine großzügige Dachterrasse für den Hort aus. Das charakteristische Vordach verläuft entlang der
gesamten Südfassade und zieht sich bis in die Höfe. Großzügige, raumhohe Schiebefenster sorgen für einen großen solaren Energieeintrag bei tiefstehender Wintersonne, im Sommer wird durch das schützende Vordach ein Aufheizen des Gebäudes vermieden.
Die Außenhaut des Gebäudes besteht aus einer senkrechten Holzschalung aus
vorvergrauter Weißtanne. Sie bildet einen spannenden Kontrast zur Putzfassade des
Klösterls und unterstreicht die unterschiedlichen Gebäudegenerationen.
Im Inneren des Gebäudes stehen den Sichtoberflächen der Brettsperrholzdecken
und Brettstapelwände die einfarbigen, flächigen Linoleumböden gegenüber

Beurteilung durch das Preisgericht

Das geplante Gebäude fügt sich harmonisch und respektvoll gegenüber dem Baudenkmal in den städtebaulichen Kontext ein. Die Maßstäblichkeit der Baukörper findet sich in angenehmer Weise auch in den Fassaden wieder. Geschickt ist die leichte Verschwenkung des langgestreckten Baukörpers an der Pfarrer-Bauer-Str. So entsteht eine sichere Bring- und Holzone mit einer signifikanten Verbesserung des Straßenraums.

Die Einhaltung der Traufhöhe des Klösterls fördert ebenfalls die gute Einbindung ohne Anbiederung und falsche Unterordnung. Das Baudenkmal steht als städtebauliche Dominante selbstbewusst vor dem Neubau, der dieses als Klammer umfasst. Süd- und Ostfassade sind frei einsehbar, an die Westseite schließt der Neubau an. Dieser Anschluss verdeckt im EG eine Fensterachse und ist auch innenräumlich weniger glücklich organisiert. Die dem natürlichen Geländeverlauf folgende Abstufung nach Osten folgt konsequent dem Entwurfsgedanken, Neues entschieden, aber respektvoll neben und integrierend mit dem bestehenden Denkmal zu verbinden.

Die Platzierung des Bauwerks im Norden lässt viel zusammenhängenden Freiraum im Süden. Zwei daran angelagerte geschützte Hofausbildungen ergänzen dieses Angebot der offenen Flächen günstig.
Insgesamt haben somit alle Gruppen der Krippen- und Kindergartenkinder einen direkten Anschluss ans Freispielgelände. Der Vorschlag, dort über kleine Gehölzgruppen mit topografischen Nischen den Hang zu gliedern, erscheint angemessen. Die großzügigen OG-Balkone im Süden und um den östlichen Hof bieten den Hortkindern einen separierten Aufenthaltsbereich abseits der Kleinen.

Der Entwurf zeugt von einem im Wesentlichen guten Verständnis für die betrieblichen Erfordernisse.
Lediglich folgende Punkte können nicht überzeugen:

Das Büro der Leitung liegt in ungünstiger Entfernung zum Eingangsbereich

Der große Eingriff in die Bausubstanz des Denkmals beim Haupttreppenhaus kann so nicht akzeptiert werden. Es wird auch ein Engpass bei den Bewegungsabläufen im täglichen Gebrauch erwartet.

Die Belichtung der Gruppenräume im Innenhof im Erdgeschoss ist beeinträchtigt. Dagegen steht die hohe Aufenthaltsqualität im Innenhof für geschützte kontemplativere Nutzungen im Freien. Allerdings muss für die ausschließlich zum Innenhof orientierten Ruheräume eine Lärmbeeinträchtigung durch die Hortkinder befürchtet werden.

Die Mehrzweckräume können von den Kindergartenkindern nur schwer ohne Aufsicht erreicht werden, weil der Eingangsbereich, der das KBW erschließt quasi öffentlich ist, und durchquert werden muss.

Die vorgeschlagene Baukonstruktion ist gut geeignet die Ziele der Auslobung zu erreichen. Sie ist nicht mit besonderen technischen Schwierigkeiten verbunden.

Der Entwurf zeichnet sich, mit Ausnahme der westlichen Ansicht durch eine sehr hohe gestalterische Qualität aus. Dies zeigt sich sowohl im Baukörper und den ausgewogenen Fassaden, wie auch im Innenbereich. Der lange Erschließungsflur im Bereich der KITA erhält durch die erkerartigen Fenster eine gute Aufenthaltsqualität und eröffnet interessante Ein- und Ausblicke.

Der Entwurf lässt die geforderte Wirtschaftlichkeit in Herstellung, Betrieb und Unterhalt erwarten. Das Verhältnis von Haupt- zu Nebennutz- und Verkehrsflächen ist günstig. Die im Süden starke Gliederung unterstützt die Maßstäblichkeit. Sie erfordert aber den Gegenwert eines höheren Fassadenanteils. Im Bereich der Kindertagesstätte ist die erwünschte Flexibilität vorhanden, wenn gleich die Sanitärkerne nicht direkt übereinanderliegen.
Die Bauweise entspricht dem Stand der Technik und dient der Erfüllung von Anforderungen aus Brand- und Schallschutz. Sie erfüllt die Kriterien der Nachhaltigkeit und bietet aufgrund der angebotenen Speichermassen in Verbindung mit dem vorgeschlagenen Energiekonzept sowie dem außenliegenden Sonnenschutz gute Optionen für einen funktionierenden sommerlichen Wärmschutz.
Die technische Infrastruktur, insbesondere im Bereich der barrierefreien Vertikalerschließung ist auf das Notwendige reduziert. Sehr positiv ist zu bewerten, dass der Entwurf nur einen Aufzug benötigt.

Insgesamt erfüllt die Arbeit die Ziele in überzeugender Weise trotz einiger funktionaler Schwächen.