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Nichtoffener Wettbewerb | 07/2014

Ehemalige Bayernkaserne

1. Rang / Zuschlag

Max Dudler GmbH

Architektur

HILMER SATTLER ARCHITEKTEN Ahlers Albrecht Gesellschaft von Architekten mbH

Architektur, Stadtplanung / Städtebau

AGS Garten Adelheid Schönborn

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Leitgedanke
Im Städtebau versuchen wir im Sinne der Idealstadt Orte aus der Geschichte heraus in die Zukunft weiterzuentwickeln. Es geht darum die Strukturen der europäischen Stadt zu transformieren und diese modern weiterzubauen. Auf diese Weise entsteht Kontinuität.
Die Idee für das Quartier der ehemaligen Bayernkaserne hat ihren Ausgangspunkt im bestehenden Ort.
Die geometrische „hippodamische“ Strenge der städtebaulichen Figur des Entwurfs steht im Spannungsverhältnis zur Diagonale der Hauptstraße, zur Unterschiedlichkeit der Gebäudezwischenräume in Form von Fahrstraßen und grünen Gassen und zur gestaffelten, aufgebrochenen Volumetrie der Blockbaukörper. Durch diese Wechselwirkungen entsteht eine gewisse räumliche Sinnlichkeit: ein harmonischer neuer Stadtteil Münchens.

Planungsvorstellungen
Die bestehende Eigenart des Ortes liegt in der vorhandenen rechteckigen Rasterstruktur der Alleen und dem umfangreichen Baumbestand. Dies bildet die Basis des Entwurfs – so ist der größtmögliche Erhalt der vorhandenen Bäume möglich.
Die Grüngürtel im Norden und Süden bilden mit den darin eingebundenen Schul-, Vereinssport- und Freizeitflächen einen Abstand und gleichzeitig einen Übergang zur Heidemannstrasse und zum Euroindustriepark.
Entlang der Heidemannstraße unterstützt eine begrünte Pergola, eine Art Wandelgang, die Abschirmung des Schalleintrags in das Stadtviertel und definiert mit Ein- und Ausblicken auch die nördliche Ansicht und die Erschließung des Quartiers.
Hohe Häuser markieren die Hauptzugänge.

Verkehr
Das Verkehrskonzept besteht aus der diagonalen Haupttangente mit Tram und einer Ringstraße zur Erschließung aller Gebäude. So entstehen zwei Raumtypen:
Die Straßen und die grünen Verbindungsgassen, die den Fußgängern und Radfahrern gewidmet sind. Die Rad-Schnellrouten sind an das übergeordnete Wegenetz angeschlossen.

Stadtplatz und Quartierspark
Zwei großzügige, in ihrer Typologie sehr unterschiedliche Plätze bilden den nötigen Freiraum innerhalb der Bebauung:
einerseits der Hochhausgefasste urbane Stadtplatz an einer der beiden Tramhaltestellen, mit Markthalle, Geschäften, Kino und Bibliothek,
andererseits ein deutlich größerer, mit Bäumen bestandener Quartierspark mit Liegewiesen und Spielflächen, um den sich Cafés, Nachbarschaftstreffs und gemeinschaftliche Nutzungen reihen.

Schulen und Kindergärten
Die Schulen und Sporthallen sind entlang des südlichen Grüngürtels und im Norden angeordnet, so ergibt sich eine Abschirmung der Emissionen aus der Umgebung und des Pausenlärms zugunsten der Wohnbebauung. Diese Standorte bieten eine gute Erreichbarkeit mit der Tram und anderen Verkehrsmitteln.
Die Kindergärten sind über das Quartier verteilt und in den verschiedenen Hofgebäuden jeweils zu den grünen Verbindungsgassen orientiert.

Gebäudestrukturen
Die Gebäude sind in Höhenentwicklung und Öffnung zu den öffentlichen Räumen äußerst unterschiedlich gegliedert.
Prinzipiell: Mit durchgängiger Höhe entlang der befahrenen Straßen, so sind die privateren Innenhöfe geschützt, zu den Grünzügen aufgelockert und durchlässig.
Das sichert die Besonnung der Hofflächen und die Vermeidung der allzu intensiven Beschallung der Wohnungen durch gemeinschaftliche Nutzungen der Höfe.
Die grünen Gassen sind mit ihren Baumreihen, Hauszugängen und Spielflächen Treffpunkt und Begegnungszone der Bewohner in einer gelassenen halböffentlichen Atmosphäre.

Nutzungen
Die hohen Häuser im Norden und Süden an der Haupttangente markieren deutlich sichtbar die Zugänge zum Quartier. Sie weisen den Weg zum urbanen Stadtplatz mit seinen Einkaufsmöglichkeiten, den öffentlichen Nutzungen Kino und Bibliothek, den Einrichtungen des Alten- und Servicezentrums, die auch den umliegenden bestehenden Quartieren dienen.
In den Straßen des Quartiers sind zudem kleine Läden zur Nahversorgung angedacht, die von den Bewohnern zu Fuß besonders gut erreichbar sind. Die erdgeschossigen Flächen sollen zur Belebung des öffentlichen Raumes von Nutzungen für die Allgemeinheit, Geschäften, kleinen Büroeinheiten, Werkstätten oder Ateliers geprägt sein. An den strategisch besonders wichtigen Orten können diese Nutzungen in der weiteren Planung festgeschrieben werden.
Der Entwurf strebt sowohl in der baulichen Struktur wie in der Disposition der Freiflächen und der Parzellierung größtmögliche Flexibilität für unterschiedliche städtische Nutzungen und Nutzergruppen wie Genossenschaften, Bau- und Mietgemeinschaften an.

Weitere Einflüsse aus der Bürgerbeteiligung
Die verkehrliche Erschließung ist so angelegt, dass die Bewohner des Quartiers nur soweit nötig von Verkehr betroffen sind und gleichzeitig die Quartiersbesucher zur zusätzlichen Belebung das neue urbane Zentrum gut erreichen.
Der im Norden entlang der Heidemannstraße geplante Wandelgang ermöglicht die fußläufigen Verbindungen mit umliegenden Quartieren in Ost-West-Richtung.
Deutliche Unterbrechungen der einzelnen Hofgebäude bilden nun größere Raumzusammenhänge mehrerer Höfe auch über den Grünboulevard hinweg.
Um dem Quartier ein Entwicklungspotenzial zu ermöglichen und auch auf künftige Bedürfnisse eingehen zu können besteht die Möglichkeit zunächst auch noch „weiße Flecken“ zu belassen, ohne die Grundstruktur und die Funktionen des öffentlichen Raumes wesentlich zu beeinträchtigen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Leitidee(n), Entwurfsmethodik

Die Entwurfsidee greift die Grundordnung der Kaserne mit ihren klar strukturierten Baufeldern und einem orthogonalen Erschließungsnetz auf und überlagert diese mit der Konzeption der europäischen Stadt. Diese nimmt Bezug auf die Münchner Stadterweiterung von Theodor Fischer. Stadträumlich schlüssig wird diese Struktur mit einer Diagonalen unterbrochen, die zusammen mit dem Stadtplatz einen urbanen Stadtraum formuliert. Wesentlicher Bestandteil der Konzeption sind die beiden konsequent platzierten, großzügigen grünen Freiräume im Norden und Süden, die unterschiedlichste Freiraumnutzungen aufnehmen. Der Quartierspark bietet einen grünen Kontrapunkt zum urbanen Stadtplatz.
Identität, Adressbildung, Image

Das Quartier weist mit dem Stadtplatz und dem Stadtpark, eingerahmt von den Grünzügen, insbesondere an der Heidemannstraße eine eigenständige Identität auf und eine klare Setzung in der heterogenen Umgebung des Münchner Nordens. Der Hochpunkt an der Heidemannstraße und die vorgeschlagene Pergola als Schallschutz für den Freiraum im Norden bilden eine unverwechselbare Adresse für das Quartier. Damit entsteht ein gut nutzbares Vorfeld, ein angenehmes Entree, das Offenheit signalisiert und der Nachbarschaft keinen Rücken zuwendet.
Der Entwurf lässt sich auf das benachbarte östliche Grundstück sehr gut übertragen.
Städtebauliche Qualität

Der öffentliche Raum, der Erschließungsring und die grünen Gassen orientieren sich am Baumbestand und sorgen damit für eine hohe Aufenthaltsqualität und einen überdurchschnittlich hohen Baumerhalt. Die übliche Erschließungsstruktur wird durch den Wechsel zwischen Straße und grüner Gasse neu interpretiert und bietet im Grundsatz spannungsvolle Räume. Den ost-west ausgerichteten Straßenräumen fehlt im Westen der räumliche funktionale Bezugspunkt. Die Erschließungen von der Heidemannstraße sind richtig situiert. Allerdings könnte die innere Erschließung im Westen um eine Blocktiefe verringert werden.
Die vorgeschlagene Diagonale hat das Potential, eine lebendige innerstädtische und gut proportionierte Straße zu werden. Der Erschließungsring würde die Möglichkeit bieten, Teilstücke als verkehrsberuhigten Bereich auszubilden und die direkte Durchfahrt zu verhindern.
Die Diagonale spannt sich zwischen zwei Hochpunkten auf. Beide wurden hinsichtlich des Lärmschutzes und der Nutzbarkeit kontrovers diskutiert. Der südliche Hochpunkt erscheint zum jetzigen Zeitpunkt stadträumlich nicht begründet.
Die offenen und differenziert ausgebildeten Wohnhöfe bilden klar abgegrenzte private Höfe und einen stadträumlich schlüssigen Übergang zum öffentlichen Raum. Sie ermöglichen verschiedene Wohntypologien. Die architektonische Ausformung bietet ein breites Spektrum an unterschiedlicher Höhenentwicklung und Baukörpern. Auch die Akzentuierung des Stadtplatzes durch Hochhäuser ist aus dieser Typologie entwickelt.
Nutzungsstruktur

Die angebotene Nutzungsmischung entlang der Diagonalen überzeugt, lässt eine urbane Stadtstraße erwarten und kommt auch der Nachbarschaft zugute. Der Vorschlag, Wohnnutzungen in den Erdgeschossen möglichst zu vermeiden, erscheint im Grunde sinnvoll, aber nicht in Gänze umsetzbar.
Die Verteilung der Schulen auf dem Gelände ist sinnvoll. Fraglich ist, warum eine dritte Grundschule angeboten wird. Für die Schulsportanlage an der Heidemannstraße ist ein ausreichender Schallschutz notwendig. Die Kombination der Sporthalle der Grundschule mit einem neungeschossigen Gebäude erscheint nicht möglich.
Der vorgeschlagene Erhalt der vorhandenen Bausubstanz im Südwesten fügt sich in die Grundstruktur sehr gut ein und bietet auch gute Angebote für soziokulturelle Nutzungen.
Freiraumplanerische Qualität

Durch die Pergola an der Heidemannstraße kann der Grünraum im Norden gut genutzt werden und erhält eine eigene Identität. Auch die Freiräume innerhalb der Bebauung sind gut proportioniert und im Kontext richtig typisiert. Der südliche Grünraum mit parkartiger Dimension bietet eine hohe Nutzungsvielfalt und integriert die Sportanlagen sehr gut. Der Park stellt eine sinnfällige Verbindung nach Westen dar und sorgt für eine quartiersübergreifende Vernetzung.
Weitere Nachhaltigkeitskriterien

Eine gute Kompaktheit der Baukörper ist gegeben. Das detaillierte Grünkonzept bringt positive Beiträge zur Regulierung des Mikroklimas mit sich durch Vorschläge zur Bauwerksbegrünung, geringem Versiegelungsgrad etc.
Fazit

Insgesamt greift die Konzeption Spuren vom Ort auf und entwickelt bekannte und bewährte städtebauliche Strukturen weiter, so dass ein eigenständiges Quartier mit guten Stadträumen und hoher Aufenthaltsqualität zu erwarten ist. So kann Identität und Heimat im Münchner Norden entstehen.
Lageplan

Lageplan

An der Heidemannstraße

An der Heidemannstraße

Grünboulevard

Grünboulevard

Wohnhof

Wohnhof

Quartiersplatz

Quartiersplatz

Wohnbebauung

Wohnbebauung

Schnitt Quartiersplatz

Schnitt Quartiersplatz