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Nichtoffener Wettbewerb | 10/2014

Um- und Neubau eines Verwaltungsgebäudes

Perspektive

Perspektive

Anerkennung

Preisgeld: 3.500 EUR

Lehmann Architekten GmbH

Architektur

Erläuterungstext

 Städtebau und Architektur
Durch den Neubau des Verwaltungsgebäudes der Stadt Ravensburg besteht die städtebauliche Chance, an der Kreuzung See-/Rudolfstraße die heterogene bauliche Situation neu zu definieren. Dabei ist die Veränderung, die durch den Rückbau des gesamten Parkdeckprovisoriums entsteht, zumindest gedanklich bei den Entscheidungen mit einzubeziehen.
Der Neubau des Verwaltungsgebäudes wurde deshalb so platziert bzw. organisiert, dass zum einen eine optisch und funktional gute Verbindung mit der Villa Seestraße 7 hergestellt wird, zum anderen ein Eingangsbereich an der Seestraße entsteht, der mit einer Vorzone historische und neue Bebauung zu einem Ort mit Qualität und hoher Identität vereint. Die Forderung des Auslobers nach Passivhausstandard führt zwangsläufig zu einer Fassade mit hohem Wandanteil. Dies deckt sich mit den historischen Lochfassaden der angrenzen-den Bebauung. Auch aus diesem Grund wird, abgestimmt auf das Ausbauraster von 1,25 m, eine Lochfassade entwickelt, die das gesamte Bauwerk umspannt. Ausnahmen sind das Eingangselement mit Konferenzraum und der verglaste Verbindungsgang zur Villa. Hier wird bewusst das Element der Transparenz eingeführt, um die Innen- und Außenraumbezüge erlebbar zu machen.

 Organisation und Funktionalität
Das Verwaltungsgebäude wurde auf dem gewünschten Raster von 1,25 m entwickelt. Die maximale Gebäudetiefe resultiert aus dem Abstand zwischen Parkdeck und der unter Schutz gestellten Linde. Auf dieser Geometrie ist es möglich, sowohl Bereiche für Zellen- als auch Kombibüros zu entwickeln. Das gewünschte Raumprogramm wurde mit seinen maximalen Netzwerkflächen untergebracht, so dass ausreichende Flexibilität für die mit den Ämtern abzustimmende endgültige Ausführung besteht.
Die vorgeschlagene Anordnung der Ämter, z. B. Amt 3 in der bestehenden Villa, wurde übernommen, ebenso die Lage des Allgemeinbereiches im Erdgeschoss. Das Amt 2 (Ordnungsamt) in das Erdgeschoss und 1. Obergeschoss zu legen, ist als Vorschlag zu werten, einen Tausch mit dem Amt 1 (Soziales und Familie) ist organisatorisch möglich. Die gewünschten 30 überdachten Fahrradstellplätze werden aus optischen Gründen im Kellergeschoss vorgeschlagen, ebenso wurden hier ausreichende Flächen für die TGA reserviert. Da diese Flächen im übergebenen Raumprogramm nicht angegeben wurden, ist dies bei der Beurteilung der BGF zu berücksichtigen (+192 qm BGF).

 Konstruktion und Materialität
Der auf einer modularen Ordnung entwickelte Entwurf eignet sich sowohl für eine hochgedämmte, massive Ortbetonbauweise als auch für eine weitgehend vorgefertigte elementierte Bauweise.
Nicht zuletzt aus ökologischen und regionalen Aspekten wird vorgeschlagen, das Verwaltungsgebäude in einer modernen Holzbauweise umzusetzen. Die aus Brettschichtholz bestehenden Fertigteilaußenwände werden hochgedämmt und mit gebürsteten Alu-Fassadenelementen verkleidet. Dreifach verglaste Holz-Alufenster mit außenliegenden Stoffjalousien sorgen für den notwendigen Sonnenschutz und geben der Fassade in der Kombination der Materialien die angemessene Identität.

 Ökologische Anforderungen und Wirtschaftlichkeit
Mit der Möglichkeit das Verwaltungsgebäude weitgehend aus Holz, einem nachwachsenden Rohstoff, der gleichzeitig CO2-neutral ist, herzustellen, wird dem Aspekt einer nachhaltigen Stadtentwicklung vorbildlich Rechnung getragen. Des Weiteren wird dem Wunsch nach Reduzierung des Energieverbrauchs durch die hochgedämmte Fassade und dem TGA-Konzept entsprochen.
Der Aspekt der Nachhaltigkeit im Sinne der Betrachtung des Lebenszyklus wird durch die Alu-Fassade erfüllt. Weitere ökologische Aspekte, wie die Ersatzvornahme für den Gelände-verbrauch, können durch die Ausführung des Flachdaches mit extensiver Begrünung erfolgen. Neben der vorteilhaften Auswirkung auf die Reduzierung der Erderwärmung tritt auch durch diese Maßnahmen eine Entlastung der Kanalisation ein.
Die Wirtschaftlichkeit von ökologischen Maßnahmen muss im Zusammenhang mit der Nachhaltigkeit betrachtet werden. Das erarbeitete Entwurfskonzept schafft durch seine Kompaktheit und seinem guten A/V-Verhältnis die Voraussetzungen für hohe Wirtschaftlichkeit sowohl in Bezug auf Herstellungs- als auch auf Unterhaltungskosten. Das noch de-taillierter zu erarbeitende Energiekonzept kann bei der Berücksichtigung der Gebäudekonfiguration den wirtschaftlichen Aspekt weiter verbessern.

 Tragkonstruktion
Die Tragkonstruktion ist mit geprägt vom ganzheitlichen Ansatz des Entwurfes. Der Holz-Hybrid-Bau als modulares System wird durch die vorgefertigten Fassadenelemente, Verbundgeschossdecken sowie Stützen gebildet, welche durch massive Stahlbetonbauteile (z.B. Aufzugsschachtkern) ausgesteift werden.
Die Gründung erfolgt über eine massive Bodenplatte. Es wird eine weiße Wanne vorgesehen. Die Decken werden als optimierte hybride Verbundrippendecken aus Holz und Beton hergestellt. Dabei dient die ca. 8 cm starke obere Stahlbetonschicht als Druckplatte und er-füllt gleichzeitig die Brand- und Schallschutzanforderungen. An den Rändern der Deckenelemente sind Brettschichtholzbalken als Randunterzüge angeordnet. Die Vertikallasten werden im Wesentlichen über übereinander angeordnete tragende Holzstützen als Doppelstützen, mit jeweils gleichem Querschnitt abgetragen. In den Außenwänden sind die Stützen in die Fassade integriert. Stahlbetonwände für die Gebäudeaussteifung werden an den beiden Schmalseiten des Gebäudes angeordnet und bis zur Gründung geführt.
Ein weiteres aussteifendes Element ist der Aufzugsschacht aus Stahlbeton sowie die daran anschließende Längsinnenwand. Die Fugen der Deckenelemente werden im Endzustand verfüllt, so dass die gesamten Deckenebenen als tragende Scheiben wirken. Ebenso werden sämtliche Montagedorne zwischen Stützen und Decken- bzw. Fassadenelementen verfüllt. Die Fassade ist als Regelfassade mit den Abmessungen der Deckenelemente vorgesehen, in welche die tragenden Holzstützen integriert sind. Durch den hohen Vorfertigungsgrad von Fassaden- und Deckenelementen sowie Innenstützen wird die Montagezeit des Gebäudes wesentlich verkürzt.

 Energie- und Technikkonzept
Der Neubau ist als Passivhaus vorgesehen. Die kompakte Bauweise und der optimierte Verglasungsanteil führen zur Reduktion von Transmissionsverlusten. Anhand des intelligenten äußeren Sonnenschutzes und der extensiven Dachbegrünung wird ein geringer Wärmeeintrag im Sommer erzielt. Die Gebäudemassen werden für eine thermische Bauteilaktivierung genutzt. Die Regenwasserversickerung erfolgt auf dem Gelände. Es werden keine technischen Dachaufbauten vorgesehen, die Technikräume befinden sich im Untergeschoss, die vertikale technische Erschließung erfolgt über drei zentrale Versorgungsschächte im Bereich der Sanitärräume und des EDV Raumes.
Die Technik wird ergänzend auf die baulichen Rahmenbedingungen abgestimmt und führt somit zu einem integralen Gesamtkonzept. Über die Anforderungen der EnEV 2014 hinaus sind 15/m²a für Heizenergie und 120 w/m²a Primärenergie vorgesehen. Dies bedeutet einen Passivhausstandard, der durch Wärmegewinne aus Personen, Beleuchtung und Solareinstrahlung der Südfenster umgesetzt wird. Auch eine mechanisch unterstützte Be- und Entlüftung wirkt sich auf die Gesamtenergiebilanz positiv aus. In der Übergangszeit können die Räume auch über Fenster gelüftet werden. Es wird eine kontrollierte Energielüftung vorgeschlagen, welche die Frischluftversorgung der Büroräume regelt. Im Winter ist keine Stoßlüftung mit Kaltlufteintrag erforderlich, somit werden Sauerstoffversorgung und Energieeinsparung sinnvoll kombiniert. Die Frischluftansaugung an der nordöstlichen Gebäudeseite erfolgt über einen Erdkanal, der für eine Vortemperierung der Luft sorgt. Durch das hoch wärmegedämmte Gebäude wird selbst bei extremen Wintertemperaturen die Heizlast zum Teil durch die Personen gedeckt. Somit wird lediglich Energie für den Aufheizbetrieb und zur Temperierung der Frischluftversorgung benötigt. Durch den Erdkanal wird die Luft im Sommer vorgekühlt eingeblasen. Während der Nachtstunden werden die Räume mit mechanischer Unterstützung natürlich heruntergekühlt und der Erdkanal regeneriert.
Es wird eine kombinierte nachhaltige Energieversorgung über Geothermie-Sonden, als Grundlast für Heizung und Kühlung, ergänzt durch einen Gas-Spitzenlastkessel zur Beheizung und einem Rückkühler mit freier Kühlung vorgeschlagen. Die Sonden können unter dem Gebäude eingebracht werden. Die Gebäudebeheizung und die Temperierung im Sommer erfolgen durch die Nutzung der Speicherfähigkeit der Geschossdecken mit einer Bauteilaktivierung, ergänzt durch ein aktives Deckensegel, das sowohl akustisch wirksam ist als auch thermisch die Spitzen abdeckt und eine Einzelraumregelung ermöglicht.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Baukörper ist ein kompakter Riegeltyp, der zwar in der Höhe, nicht aber in seiner
Länge dem Maßstab der sonstigen Bebauung in der Seestraße entspricht. Eine Gliederung
der Straßenverlaufs wird durch das Zurücksetzen des Baukörpers und durch
den Eingangsbereich erreicht, aber die kleinteilige Körnung der Seestraße wird nicht
weiter angemessen berücksichtigt.
Die Eingangssituation ist von der Straße her etwas verdeckt und zu wenig repräsentativ.
Das Foyer ist kaum als einladender Empfangsbereich gestaltet. Der gesamte
Neubauriegel wird durch eine nicht weiter gegliederte, innere Flurspange erschlossen,
was zusammen mit der Fassadenrasterung zu einer hohen Flexibilität der
Raumeinteilungen führt..
Alt- und Neubau sind funktional miteinander verbunden, der Altbau behält seine Eigenständigkeit.
Die Eingriffe in den Altbau sind gering.
Die Nutzflächenvorgabe wird eingehalten, die BGF liegt im Vergleich zu den eingereichten
Arbeiten im oberen Bereich.
Der Baukörper ist wirtschaftlich zu erstellen und zu betreiben. Die Ausbildung als
Passiv-Haus erscheint realistisch. Die Fassadengliederung lässt gute Arbeitsplatzsituationen
zu. Das Fassadenmaterial aus gebürstetem Aluminium lässt im gesamten
Straßenkontext eher einen Fremdkörper entstehen. Große Teile der Tragstruktur sind
aus Holz und berücksichtigen damit auch die Forderung nach ökologischem Bauen.
Lageplan

Lageplan

Grundriss EG

Grundriss EG