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Offener Wettbewerb | 02/2015

Nationalpark Schwarzwald

mvm+starke

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2. Preis

Preisgeld: 47.000 EUR

mvm+starke

Architektur

GREENBOX Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

wh-p Ingenieure

Tragwerksplanung

GBI Gesellschaft Beratender Ingenieure mbH

TGA-Fachplanung

PKi holistic engineering

TGA-Fachplanung

res d Design und Architektur GmbH

Szenographie

Erläuterungstext

Freiraumkonzept Besucherzentrum Nordschwarzwald


Der Schwarzwald ist Deutschlands höchstes und größtes Mittelgebirge und bildet mit dem Nordschwarzwald das größte zusammenhängende Waldgebiet Baden-Württembergs.
Im Januar 2014 wurde der Nationalpark Schwarzwald entlang der Schwarzwaldhochstraße auf den Höhen zwischen Plättig und Alexanderschanze auf einer Fläche von ca. 10.000 ha gegründet.
Rund um den Ruhestein sollen ein Besucher- und Informationszentrum, sowie die Nationalparkverwaltung als zentrale Anlaufstelle etabliert werden.
Unter dem Motto „ Natur Natur sein lassen“ soll sich im Nationalpark Schwarzwald wieder eine Urlandschaft mit den typisch heimischen Arten entwickeln.
Im 18. Jahrhundert gab es im Schwarzwald noch einen lebendigen Wald aus Tannen, Buchen und wenigen Fichten. Aufgrund der starken Abholzung im 19. Jahrhundert und damit einhergehenden Gefahren eines solchen Kahlschlags, wurden allerdings große Monokulturen aus Fichten angebaut, die bis heute das Landschaftsbild des Schwarzwaldes prägen. Ziel des Nationalparks ist die Überleitung aus diesem fichtendominierten Wirtschaftswald in einen Urwald, in dem die Natur sich selbst überlassen ist. Der natürliche Lebenskreislauf der Wälder wird wieder zugelassen, viele Tier- und Pflanzenarten, die auf diesen natürlichen Kreislauf angewiesen sind, finden hier wieder ihren sehr selten gewordenen Lebensraum.
Der Mensch soll diesen Prozess beobachten können, dabei aber nicht störend einwirken. Aus diesem Grund müssen die Eingriffe im Bereich des Besucher- und Informationszentrum möglichst sensibler und extensiver Natur sein.

Der Entwurf schlägt einen aufgeständerten Waldpfad, den sogenannten Waldsteg, als Teil der Ausstellung vor. Vom Hauptbau des Besucherzentrums aus führt der Wipfelsteg den Besucher in luftiger Höhe durch die Baumwipfel des umliegenden Waldes. Während man sich über die Baumrampe nach unten bewegt, lassen sich die verschiedenen Etagen des Waldes erfahren, das Waldfernrohr bietet einen spektakulären Ausblick in den Wald hinein. Am Fuß der Baumrampe wird der Besucher über den Waldsteg wieder zurück zum Hauptbau und zur Terrasse der Waldschänke geführt. Die Holzkonstruktion dieses Waldsteges schwebt durch die natürliche Hanglage in unterschiedlichen Höhen über dem Gelände und macht alle Stockwerke des Waldes von Wurzelraum und Krautschicht am Boden über Strauchschicht und Stamm bis hin zum Kronenraum erlebbar und bietet beeindruckende Einblicke in die sich wieder regenerierende Urlandschaft des Nordschwarzwaldes.
Vorhandene Bäume werden in den Steg integriert und wachsen durch ihn hindurch. Vereinzelte Abschnitte bieten in Form von kleinen Beobachtungsstationen die Möglichkeit, die umliegende Flora und Fauna zu studieren: Spechte, Käuze, Rehe, Marder und Kreuzottern lassen sich so ungestört beobachten, den geheimnisvollen Geräuschen des Waldes wird gelauscht, das Spiel aus Licht und Schatten im Blätterdach erlebt. Was Bernhard von Clairvaux einst konstatierte, lässt sich hier wieder erleben:
„Glaube mir, denn ich habe es erfahren: du wirst mehr in den Wäldern finden als in den Büchern. Bäume und Steine werden dich lehren, was du von keinem Lehrmeister hörst.“

Der Verwaltungsneubau und die bestehende Villa Klumpp werden in Anlehnung an das für den Nordschwarzwald typische Material des Deckgebirges auf einen Teppich aus Buntsandstein gesetzt. Dieser Belag setzt sich als Fußgängerüberführung über die L401 fort und verbindet den Verwaltungsbereich mit dem neuen Besucher- und Informationszentrum.
Vor dem Hauptgebäude des neuen Besucherzentrums weitet sich der Buntsandsteinteppich zu einem Vorplatz auf und leitet den Besucher zum Haupteingang. Sitzmöbel aus Massivholz laden zur Rast ein.
Eine Haltebucht ermöglicht das Be- und Entladen von Reisbussen direkt am Platz. Neben dem Vorplatz befindet sich ein baumüberstellter Besucherparkplatz mit 70 Pkw-Stellplätzen.
Ein Kinderspielbereich aus Waldmaterialien thematisiert den Urwald. Baumstämme laden zum Klettern und Hangeln ein, ein Nest aus Ästen bietet Rückzugsmöglichkeiten und eine Simulation des weichen Waldbodens bietet viel Raum zum Toben und Rennen im Laub.

Beurteilung durch das Preisgericht

Das übergeordnete Konzept einer Aufreihung von wohl proportionierten, räumlich spannungsvoll zueinander versetzten kubischen Pavillons im Wald entlang einer Erschließungsachse wird positiv bewertet. Durch einen nördlich der Straße geplanten Ergänzungsbau für die Verwaltung wird der Versuch unternommen, die bestehende Bebauung in das stringente Konzept einer abstrakt geometrischen Ordnung einzubinden bei gleichzeitiger Wahrung der Maßstäblichkeit der Gesamtanlage.

Den räumlichen Auftakt für den vom Verfasser genannten Waldrundgang bildet das Eingangsgebäude des Besucherzentrums, dessen Zugang folgerichtig in Richtung der zentralen Erschließungsachse zum großzügigen und einladenden Vorplatz orientiert ist.
Dieser wird durch die seitlich angeordneten Parkierungsflächen sowie die zentrale Busvorfahrt in überzeugender Weise flankiert und als zentrale Anlaufstelle für die Besucher ausgebildet.

Die räumlich etwas beengte Zugangssituation des 3-geschossigen Eingangsgebäudes führt den Besucher in das zentrale Foyer, an das als sinnvolle räumliche Einheit Shop, Kino und Wechselausstellung angeschlossen sind. Durch großzügige Lufträume wird eine räumliche überzeugende Verbindung zum Obergeschoss mit Vortragssaal und Übungsräumen sowie zum Untergeschoss mit der zum Waldpfad orientierten sogenannten Waldschänke hergestellt. Weniger überzeugen kann die vorgesehene Erschließung der einzelnen Geschosse über die beengte und wenig einladende Treppenanlage in der Foyermitte.

Der Rundgang findet seine überzeugende Fortsetzung in einem aufgeständerten ebenfalls 3-geschossigen Ausstellungspavillon, der das Raumangebot der Dauerausstellung auf drei gleich große übereinander gestapelte Ebenen verteilt.
Korrespondierend zum Foyer im Eingangsgebäude wird die beengte vertikale Erschließung als verbesserungswürdig angesehen. Der Vorschlag einer vertikal strukturierten, in ihrer Transparenz differenzierten Fassade wird dagegen als zum Gebäude und zum Ort passend bewertet.

Das als Rampenanlage geplante kubische Raumgerüst am Ende der Erschließungsachse wird in seiner Funktion ausdrücklich gewürdigt, in seiner gestalterischen Ausbildung jedoch kontrovers diskutiert.

Der Vorschlag einer feingliedrigen Holzkonstruktion in strengem Entwurfsraster wird als holzbaugerecht positiv bewertet. Die Frage des baulichen Holzschutzes muss nach Ansicht des Preisgerichtes allerdings überprüft und gegebenenfalls überarbeitet werden. Die durchweg guten Verknüpfungswerte für Flächen und Volumina der kompakten Baukörper lassen eine wirtschaftliche Erstellung des Entwurfs erwarten.

Das dargestellte Gebäudetechnikkonzept besitzt eine Wärmeversorgung über Biomasse mit Pellet und Hackschnitzel, Be- und Entlüftung erfolgt mit RLT Anlagen sowie natürlich, die Raumbeheizung erfolgt über Heizkörper. Das Konzept entspricht den Anforderungen. Ausreichende Technikflächen wurden in Lage und Größe plausibel dargestellt.

Der Anforderungen zum Primärenergiebedarf werden erfüllt und mit -70% deutlich unterschritten.
Als regenerative Energiequellen stützt sich der Entwurf auf Photovoltaik und thermische Kollektoren, Angaben zu Leistungen und Integration in den Entwurf fehlen.
Das Konzept zum sommerlichen Wärmeschutz beruht auf einem angemessen Verglasungsanteil mit außenliegendem Sonnenschutz, einer Nachtlüftungsmöglichkeit zur Aktivierung der in die Holzkonstruktion integrierte Phasenwechselmaterialelemente – intelligente Speichermasse. Die vorgeschlagene adiabate Fortluftbefeuchtung hat nur ein begrenztes Potential.

Insgesamt handelt es sich um eine gestalterisch und funktional überzeugende Lösung, die der anspruchsvollen Aufgabenstellung in einem hohen Maß gerecht wird. Die Arbeit erfüllt die Anforderungen an eine Integration von Architektur, Tragwerk und Nachhaltigkeit beispielhaft und überzeugt das Preisgericht durch ihre unprätentiöse Haltung.
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mvm+starke | Modell: Thomas Halfmann, Köln

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