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Offener Wettbewerb | 02/2015

Nationalpark Schwarzwald

Anerkennung

Preisgeld: 12.000 EUR

Reiner Becker Architekten BDA

Architektur

MANN LANDSCHAFTSARCHITEKTUR

Landschaftsarchitektur

PICHLER Ingenieure GmbH

Tragwerksplanung

Ingenieurbüro Halter

TGA-Fachplanung

Jens Bode

Bauphysik

Erläuterungstext

Situation am Ruhestein

Das Planungsgebiet teilt sich in zwei grundsätzlich gegensätzliche Orte auf. Im Norden eine gewachsene, inselhaft hete¬rogene Siedlungsstruktur, aus dem Ur-Schwarzwald ausgeschnitten. Sie ist geprägt von Nutzbauten der unterschiedlichen Epochen des
(Ski-)Tourismus bis zu Zweckflächen für den Kraftverkehr und Verwaltungsgebäuden; ein Stein verweist auf die Entstehung des Ortes.

Im Süden dagegen eine homogene Waldfläche, die ein Bestandteil der natürlichen Landschaft des Nationalparks Schwarzwald ist. Sie ist rau, wild, weitläufig sowie vielfältig und geprägt von Stille, dem Vergänglichen, dem Zerfall, des Wandels, dem Neuem und dem Wachsenden. Klassische stadträumliche Ansätze sowie städtebauliche Assoziationen mit einem „Haus“ würden dem Ort und der beabsichtigten Programmierung als Informationszentrum nicht gerecht werden.

Städtebau - Landschaftlich

Vor diesem Hintergrund nimmt der Entwurf die jeweiligen Eigenschaften der im Norden heterogenen Siedlungsstruktur und im Süden homogenen Waldlandschaft auf und hebt sie hervor. Die bestehenden innewohnenden Eigenarten werden gestärkt um die Waldlandschaft erlebbar und deutlich ablesbar zu machen. Die Verbindung der zwei Gebiete Nord und Süd wird als klar ablesbare Waldgrenze ausgebildet, die einen eindeutigen räumlichen Kontrast zwischen dem funktionalen Städtebau und der Waldlandschaft schafft. Im Norden werden erforderliche befestigte Flächen auf ein Mindestmaß reduziert, notwen¬dige Wege als gut begehbare Waldpfade ausgebildet, Stellplätze mit Hochstämmen überstellt; im südlichen Plangebiet wird der Baumbestand zur Straße hin erweitert und als wilde Urlandschaft größtenteils sich selbst überlassen; das Eintauchen wird erlebbar.

ARCHITEKTONISCHES KONZEPT

Norden:
Die bestehende Siedlungsstruktur wird fortgeführt und die administrativen Bereiche in das Gebäude des bestehen¬den Naturschutzzentrums (2c)und einen Erweiterungsbau integriert.

Süden:
Der Entwurf erzeugt einen Einklang zwischen wilder, rauer, vielfältiger Naturlandschaft und baulichen Einfügungen; die topografische Modellierung bleibt erhalten. Die Ausstrahlung und Besonderheit des Ortes wird durch gezielte räumliche und architektonisch-landschaftliche Eingriffe der jeweiligen Waldschicht, horizontal - vertikal, und ihrer Eigenart entspre¬chend gesteigert. Horizontal - der Waldboden, das Unterholz, abgestorbene Stämme und Äste. Vertikal - die wachsenden Bäume, das Licht, die Gräser und Sträucher. Das Besucher- und Informationszentrum ist Teil des Waldes, es nimmt die Richtungen der Natur auf und spielt mit den Bewegungen an diesem Ort. Ein langgestreckter Baukörper auf den Waldboden gelegt, mit ihm eins werdend und der Topografie folgend. Ein Turm, der mit den Bäumen zum Licht wächst. Ein Baukörper, der sich auf einen anderen legt, auskragend, ähnlich wie ein abgestorbener Baum. Das scheinbar Zufällige, das Gewachsene lässt das Gebäude mit der Landschaft verschmelzen.

Durch die Komposition und Fügung der Prinzipien entstehen räumliche Situationen der jeweiligen Waldschicht entspre¬chend. Die Besucher werden durch die Weitläufigkeit, Dimension und Ausrichtung der Flächen, innen wie außen, räumlich auf die einzelnen Waldschichten im gesamten Areal verteilt. Stille und die ungestörte Wahrnehmung der Landschaft sowie der Ausstellung entstehen.


RÄUMLICHE SITUATIONEN
Ankommen / Eingang / Zuwegung

Den Weg zum Informationszentrum bildet der lineare, klar begrenzte Ausstellungspfad entlang dem neu angelegten Baum¬bestand als thematische Einleitung in das Thema Wald. Ins Erdreich eingelassen, dann aufliegend und an anderer Stel¬le schwebend, verbindet er den (Bus-) Parkplatz, führt zum Haupteingang des Gebäudes, wird zum „Skywalk“ durch die Baumkronen und nimmt dabei die bestehenden Wegebeziehungen der umgebenden Wanderpfade auf. Im Gebäude wird der „Ausstellungspfad“ durch das Foyer in vertikaler und horizontaler Richtung mit den Nutzungen des Gebäudes verknüpft.

Empfangen / Foyer / Verteilen

Das zweigeschossige Foyer wird als selbstverständliche Fortführung des Pfads mit seinen charakteristischen Merkmalen der Höhenüberwindung zum verbindenden und verteilenden Raum in den Riegel und Turm. In deren Schnittbereichen befin¬den sich die Zugänge zur Wechselausstellung, zur Dauer-ausstellung, zum Kino und zum Bildungsbereich.

Ausstellungskonzeption

Die (Dauer-)Ausstellung ist als thematischer Rundgang geplant. Die Ausstellung organisiert sich auf frei bespielbaren Flä¬chen und auf sich in die Höhe entwickelnden Ebenen mit Sichtbezügen in die einzelnen Stockwerke des Waldes mit gerich¬teten Ausblicken. Der Aufstieg in die Höhe verbindet Position und Ausstellungsinhalt mit den Ebenen des Waldes - Boden – Stamm – Baumkrone – und findet im „Raum der Stille“ eine ganz besondere Ausprägung.

Bildung / Verwaltung / Shop

Der Bildungs- und Verwaltungsbereich ist im östlichen Teil des Gebäudes als eigener Bereich ausgebildet. Die öffentlichen Klassenräume dienen als verbindendes Glied zwischen öffentlich und nicht öffentlich. In unmittelbarer Nähe befindet sich der Shop mit seinen bildungstechnischen Angeboten, interne Funktionen der Verwaltung sind vom Foyer entkoppelt.

Restaurant / Vortragsraum

Vortragsraum und Restaurantbereich gliedern sich an das Foyer an. Der zentral gelegene, offene Informationsbereich mit Wintergarten/Außenbereich mit Blick in die Landschaft kann zusammengeschaltet mit angrenzendem Vortragsraum und Gastronomie optimal für Abendveranstaltungen genutzt werden.

Hausbetrieb / Parkplatz

Der Hausbetrieb sowie der gastronomische Küchenbereich befinden sich als abgetrennter Bereich im westlichen Teil des Gebäudes und sind direkt an den Anlieferungsbereich angebunden. Der Besucherparkplatz ist im nord-östlichen Bereich räumlich in die Waldlandschaft integriert.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Platzierung des Gebäudes im nordwestlichen Grundstücksbereich, abseits des wertvollen Baumbestandes, ist auf den ersten Blick überraschend, bietet aber wesentliche Vorteile. Zum einen wird eine große, zusammenhängende Waldfläche erhalten, zum anderen wird das Besucherzentrum zur Straße hin präsent.

Die vorgeschlagene Einbindung für die Verwaltung auf der Nordseite ist nachvollziehbar.

Die einfache Gliederung des Baukörpers in einen horizontalen, großflächigen Gebäudewechsel und einen 7-geschossigen Ausstellungsturm mit einem auskragenden Bauteil im 1. Obergeschoß ergibt eine markante Baukörperkomposition mit hohem Wiedererkennungswert. Die Qualität dieser Komposition kommt allerdings nur auf der Talseite voll zur Wirkung. Auf der Bergseite bleibt der geringe Niveauunterschied zwischen Eingangsniveau und Dachfläche unverständlich. Die Chance, die Dachfläche als Besucherterrasse zu nutzen, wird leider nicht wahrgenommen.

Die Verteilung der Nutzungen im Gebäude entspricht der einfachen Baukörpergliederung. Der gesamte Schulungsbereich liegt zusammen mit dem Restaurant und den Büroräumen im Hanggeschoss. Die innenliegenden Erschließungsflächen der Schulungsräume sind nur von oben belichtet und lassen Sichtbezüge ins Freie vermissen.

Die Ausstellungsflächen sind räumlich interessant gegliedert und über 6 Geschosse organisiert, was die Bespielbarkeit der Ausstellungsflächen erschwert und die Ausstellung für die Besucher letztlich unübersichtlich macht.

Attraktiv erscheinen die großformatigen Schaufenster, die vielfältige Ausblicke von den Ausstellungsräumen in den Wald ermöglichen und die abends bei entsprechender Beleuchtung in Richtung Straße auf das Besucherzentrum aufmerksam machen.

Der Eingangsbereich ist viel zu klein dimensioniert und ist so wie vorgeschlagen nicht machbar. Die räumliche Verbindung des Eingangs mit den Schulungsräumen im Hanggeschoss ist großzügig angeboten, leider fehlt diese Großzügigkeit für die Anbindung der Ausstellungsräume in den Obergeschossen.

Die wirtschaftlichen Kerndaten liegen im eher günstigen Bereich.

Die Integration des 7-geschossigen Turmbaus scheint schlüssig konstruiert und ist als Holzbau wirtschaftlich herstellbar. Brandschutzanforderungen für ein 8-geschossiges Gebäude müssen noch berücksichtigt werden. Die Tragstruktur des auskragenden Bauteils im 1. Obergeschoss ist nicht durchdacht und muss hinsichtlich seiner Realisierbarkeit überarbeitet werden.

Das Gebäudetechnikkonzept stützt sich auf eine reversible Geothermiewärmepumpe und Pelletkessel, Fußbodenheizung im Erdgeschoss und reine Luftkonditionierung in den Obergeschossen. Geforderte Funktionsskizzen fehlen. Technikflächen sind nur teilweise dargestellt und erscheinen zu knapp.

Die Anforderungen zum Primärenergiebedarf wurden erfüllt.
Als regenerative Energiequellen stützt sich der Entwurf auf Pellets und Flächenabsorber, sowie auf scheibenintegrierte Photovoltaik mit begrenztem Potential.
Ein Konzept zum sommerlichen Wärmeschutz ist angesichts der Holzkonstruktion ohne Speichermasse und des begrenzten Sonnenschutzes nicht überzeugend dargestellt.
Die vorgeschlagene Nachtlüftung hat damit nur ein geringes Potential. Eine ausreichende Kälteversorgung wird über die reversible Wärmepumpe sichergestellt.

Eine integrative Bearbeitung der Aufgabe ist nicht erkennbar.

Städtebaulich und architektonisch stellt der Entwurf eine gute und prägnante Lösung der Aufgabe dar, die im Eingangsbereich erhebliche und kaum korrigierbare Mängel aufweist.
Lageplan

Lageplan

Lageplan

Lageplan

Ansicht Süd

Ansicht Süd

Längsschnitt

Längsschnitt