„Die Lage ist ernst“, attestiert Kanzlerin Merkel ihrer von Covid-19 gebeutelten Republik. Übersetzt für Architekt*innen heißt das: „Die Nachfrage bricht allmählich weg.“ So kommentiert das Wirtschaftsforschungsinstitut Ifo die Ergebnisse der neuesten Monatsumfrage unter Planer*innen und sagt: Das Umsatzwachstum des vergangenen Jahres wird 2020 nicht erreicht, siehe dazu auch unseren Bericht. Für die Gesamtwirtschaft erwarten die Münchner in diesem Jahr gar einen Absturz von bis zu 21 Prozent und schlagen einen ganz anderen Ton an als die Expert*innen der vergangenen Woche. Die Prognosen verdunkeln sich in diesen Tagen in rasender Geschwindigkeit – auch für Architekt*innen. Aus einer „tollen“ Lage wird schnell nur noch eine „gute“.

Für die Ökonom*innen ist klar: Je mehr das Land herunterfährt, desto mehr müssen Architekt*innen von ihren (noch vollen) Auftragsbüchern zehren. Mit Blick auf schrumpfende Umsätze steht die Frage im Fokus: Wie lange dauert all das? Die Virologen hoffen, möglichst lang; damit die Zahl der Toten so gering wie möglich ist, bis ein Impfstoff verabreicht werden kann. Die Wirtschaft hat da ganz andere Begehrlichkeiten. Laut des CDU-Mittelstandsexperten Carsten Linnemann sollen die Betriebe im Land bereits kurz nach Ostern wieder in den Normalbetrieb wechseln. Wenn Viren also schon nicht an den Landesgrenzen haltmachen, so orientieren sie sich doch bitte an Zeitplänen.

Abgesagt

Nachdem die Hannover Messe (20.-24. April) erst auf Juli verlegt worden war, wurde sie nun komplett abgesagt. Nicht nur mache das Corona-Virus großen Veranstaltungen einen Strich durch die Rechnung, so der Veranstalter, auch hätten Messen für die von Kurzarbeit und Produktionsausfällen betroffene Industrie „keine Priorität“.

Und noch so eine Politiker-Weisheit: „Wirtschaft ist zu 50 Prozent Psychologie“, wusste Ludwig Erhard einst zu berichten. Wie aktuell das Mantra des Wirtschaftswunder-Kanzlers noch immer ist, unterstreicht die derzeitige Krise. Ein guter Seismograf sind die Aktienmärkte: Im ersten Virus-Schock krachten die Indizes weltweit ins Bodenlose – je mehr Staaten aber milliardenschwere Rettungspakete schnüren, desto mehr berappeln sich die Kurse wieder. 2015 hat der damalige EZB-Chef Mario Draghi die tiefen Wunden der Volkswirtschaften mit den starken Worten „Whatever it takes“ notversorgt. Für den Draghi-Moment fünf Jahre später heißt die Salbe Geld.

Eine Medizin, die auch Architekturbüros gefallen dürfte. Der öffentliche Auftraggeber könnte in der Zeit des Wiederaufbaus nach der Corona-Krise eine starke Schulter bieten. So hieß es unisono bei allen Parteien, als das Parlament am Mittwoch die Wirtschaftshilfen in beispielloser Höhe verabschiedete: Wir brauchen noch Kraft für konjunkturelle Impulse nach der Krise. Ebendiese Kraft will das Bauministerium schon jetzt unterstrichen wissen. „Wir bauen weiter“, trotzt ein neuer Erlass aus Seehofers Haus, weiß Kollege Nicolai Blank. Baumaßnahmen sollen erst dann eingestellt werden, wenn behördliche Maßnahmen wie zum Beispiel Betretensverbote dazu zwingen. Gut zu wissen, dass der Minister wenigstens in der Krise nicht vergisst, dass das Thema Bauen auch zu seinem Ressort gehört.

Hilfen für Unternehmen

Nachdem der Bundestag am Mittwoch in Windeseile dem milliardenschweren Hilfspaket für die deutsche Wirtschaft zugestimmt hatte, folgte am Freitag der Bundesrat. Neben Änderungen im Mietrecht sowie Infektionsschutzgesetz, können Solo-Selbständig, kleine und mittlere Betriebe sowie große Konzerne im Land nun mit insgesamt 1,2 Billionen Euro gestützt werden – was im Einzelnen vorgesehen ist, können Sie hier nachlesen. Falls Unternehmer sich fragen, welche der vielen Maßnahmen für sie am besten sind, bietet die Bundesregierung hier Entscheidungshilfen. Praktische Tipps bieten auch viele Länderkammern, hier beispielsweise die Architektenkammer Nordrhein-Westfalen.

Aber die Absicht des Ministers zum Bauen ist natürlich löblich und für viele wohl ein Fels in der Brandung. Nur wie ist das mit den Prozessen, die der Realisierung eines Projekts vorangehen? Kollegin Myrta Köhler hat sich in der Branche dahingehend umgehört, inwieweit sich die Corona-Krise auch auf die Abwicklung von Verfahren auswirkt. „Laufende Verfahren geraten ins Stocken, weil Kolloquien und Preisgerichte nicht stattfinden können“, konstatiert etwa ein Wettbewerbsbetreuer. Wir lernen: In der Krise wird Entschleunigung notgedrungen zur Paradedisziplin.

Eine Frage müssen wir am Ende der zweiten staatlich verordneten Quarantäne-Woche dann aber doch stellen: Wird die inzwischen auf August verschobene Architekturbiennale dem Beispiel der ebenfalls erst verschobenen Hannover-Messe folgen und die Leistungsschau in Venedig ganz absagen? Immerhin ist schwer vorstellbar, dass es fünf Monate nach dem Tod von 7500 Menschen wieder „Bella Italia“ gibt. Noch schweigen die Veranstalter – wir bleiben aber dran.

Nun wünschen wir Ihnen erst einmal ein ruhiges Wochenende und sagen: Bis Montag!

Ihre competitionline-Redaktion