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Nichtoffener Wettbewerb | 08/2015

Neubau Wohnsiedlung an der Ludlstraße

ein 3. Preis

Preisgeld: 16.500 EUR

Mei architects and planners

Architektur

felixx

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

NEUE NACHBARSCHAFTEN

FAMILIENMODELL
Der relativ festgelegte städtebauliche Rahmenplan -ein langgestrecktes Gebäude als Schallschutzwand entlang der Autobahn kombiniert mit Punkthäusern im grünen Innenbereich- wird mit dem Wettbewerbsentwurf ‘Neue Nachbarschaften’ in ein identitäts-stiftendes Stück Stadt transformiert.
„Unser Ausgangspunt war das Familienmodell: jedes Stück erhält eine unverwechselbare Identität und ist zugleich Teil des größeren Ganzen“, sagt Robert Winkel, Direktor von Mei. Das größere Ganze ist der öffentliche Raum.
„Durch jedes Gebäude mit diesem, auf allen möglichen Niveaus zu verweben, gestalten wir den Übergang / die Schnittstelle zwischen dem öffentlichen und privaten Charakter“, ergänzt Michiel Van Driessche, Partner bei Felixx.
Zwei Kindertageszentren, ein Quartierstreff, ein Familienzentrum und verschiedene Künstlerateliers aktivieren das Gebiet. Der öffentliche Raum reagiert hierauf: an diesen ‚Aktivierungspunkten‘ erweitern sich die Wege zu kleinen Plätzen; neue, wiedererkennbare Treffpunkte im Quartier.

UNTERSCHIEDLICHE NACHBARSCHAFTEN: WISSEN WO MAN WOHNT
Die Differenzierung öffentlichen Raumes entsteht durch ein sehr einfaches Mittel: jeweils zwei oder drei der Urban Villas werden zu einer neuen Nachbarschaft zusammen-geschlossen. Eine Erhöhung in Form eines Sitzrandes schafft eine natürliche Abgrenzung zum öffentlichen Raum und definiert subtil diese Nachbarschaft. Nicht nur in der Ausformulierung des Landschaftsraumes sondern auch in der architektonischen Formensprache bilden sie eine Einheit mit eigener Ausstrahlung und Identität.
Möbel in Form von verschiebbaren Stühlen sorgen dafür, dass die Nutzung auf die persönliche Stimmung und den Bedarf abgestimmt werden kann. In den Graszonen werden natürliche Spielelemente integriert für die Allerkleinsten, dicht bei der Wohnung und in gemeinschaftlicher Kontrolle.
Die Nachbarschaften erzeugen eine Verbundenheit, schaffen ein soziales Miteinander, fördern die Begegnung und schaffen eine ganz eigene Geborgenheit.

WOHNUNGEN: DEN NACHBARN KENNEN
Die Staffelung, die Schichtung der Gebäude erzeugt nicht nur für eine optimale Verbindung von jeder Ebene mit der Natur, sondern öffnet auch den Raum zur Sonne. Landschaft spielt dabei eine wichtige Rolle, Gebäude und Natur werden auf allen Ebenen miteinander verflochten. Jedes Gebäude hat ein Set back mit einem privaten Garten-bereich, jede Wohnung hat einen Balkon, eine Loggia oder eine Terrasse.
Die verschiedenen Nachbarschaften haben jeweils eine eigene architektonische Ausstrahlung, die auf gleiche Prinzipien beruht: Die vertikale Fensterelemente lassen viel Licht in den Innenraum strömen und verstärken die Beziehung zum Grünbereich. Gegeneinander versetzt liegende Balkone sorgen für nachbarschaftliche Kommunikationsmöglichkeiten. Die einheitlich hellen Putzfassaden haben eine feine Profilierung, die erst auf Nachbarschaftsniveau ins Auge springt. Die zueinander gewandten Eingangsfassaden der Nachbarschaften werden in einer glatten, glänzenden Betonfassade ausgeführt. Die Aluminiumplatten der Geländer und Fassadenelementen sind pro Nachbarschaft mit einem anderen, natürlichen Motiv ausgebildet und unterscheiden sich in ihrer Farbigkeit.

Die drei Niveaus des Außenraums – öffentlicher Raum, grüne Nachbarschaft und privater Außenraum – werden mit einem landschaftlichen Element verbunden: die Felsenbirne, ein charakteristischer mehrstämmiger einheimischer kleiner Baum. Diese blüht sehr schön im Frühjahr und verfärbt sich auffallend im Herbst; ein besonderes Gewächs, dass die verschiedenen Nachbarschaften als ein Ganzes wieder zusammenzieht.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Kerngedanke des Entwurfes basiert auf dem Konzept der Nachbarschaften. Diese werden bewusst durch die Gruppierungen von jeweils 2 bis 3 Punkthäusern um einen gemeinschaftlich ausgebildeten Nachbarschaftsplatz als Eingangsbereich räumlich entwickelt. So entstehen vier größere bauliche Gruppen, die auch einen gemeinsamen halböffentlichen Grünfreiraum erhalten, der Spiel- und Aufenthaltsbereiche in direkter Zuordnung zu den Häusern anbietet. Dadurch erfährt der gesamte öffentliche Raum eine Differenzierung, die noch durch unterschiedliche Niveauausbildungen unterstützt wird.

Das Motiv der Nachbarschaften wird in den Baukörpern durch großzügige Terrassen, die miteinander korrespondieren und in Beziehung treten, unterstützt. Dies gilt auch für die Gemeinschaftseinrichtungen Quartierstreff und Haus der Kinder.

Die Grundrisstypologien der Punkthäuser stehen in enger Symbiose mit den zugeordneten großzügigen individuellen Freiräumen. Die Fassaden der Punkthäuser und Gemeinschaftseinrichtungen sind gut proportioniert und haben eine gemeinsame architektonische Haltung.

Die langgestreckte Gebäudeabwicklung entlang der Autobahn wird mittels Treppenhäusern von Norden erschlossen, die Wohnungen sind konsequent nach Süden ausgerichtet. Nur wenige Wohnungen können durchgesteckt werden, so dass hier hinsichtlich des Lärms, der Belichtung und der Wohnqualität Probleme gesehen werden. Den Wohnungen werden Loggien nach Süden zugeordnet. Insgesamt überzeugt die Fassadenabwicklung nicht. Die Zweiteilung in Putz- und Betonstrukturelementen vermag hier nicht zu helfen. Der Wohnungsschlüssel ist nicht erfüllt, die kleinen Wohnungen und 4-Zimmer-Wohnungen sind deutlich zu wenig. Die darunterliegende Tiefgarage wird mittels Lichtöffnungen aufgewertet. Die Hauptzufahrt in die Tiefgarage an der Ludlstraße im Vorfeld der betreuten Wohngemeinschaft erscheint als große Öffnung am Quartierseingang nicht günstig.

Das Familienzentrum ist in dem langgestreckten Baukörper integriert und öffnet sich zu einem mittig gelegenen Quartiersplatz mit einer Terrasse. Insgesamt überzeugt der Entwurf in der Anordnung und Ausgestaltung der Punkthäuser und der gemeinschaftlichen Häuser, enttäuscht aber durch erhebliche Mängel im langgestreckten Gebäudeteil.

Das Signet der Arbeit „Neue Nachbarschaften“ wird bei der Bearbeitung der Grün- und Freiflächen sehr konsequent verfolgt. Das Zusammenlegen der wohnungsnahen Freiflächen von jeweils zwei Punkthäusern ist eine besondere Qualität der Arbeit. Der befestigte Nachbarschaftsplatz ermöglicht zusammen mit den Grünflächen Freiräume, die die Ausbildung von funktionierenden Nachbarschaften im direkten Wohnumfeld schafft. Auf private Gärten wird in der Folge verzichtet. Die Anforderungen des Brandschutzes an die etwas tiefer liegenden Wegeflächen bedarf noch einer genaueren Überprüfung. Hier ist in der Folge allerdings mit Qualitätsverlusten in der Gestaltung des Freiraums zu rechnen.

Begrüßt wird der Vorschlag, Fahrradstellplätze auch im Erdgeschoss der Gebäude unterzubringen als Beitrag, den Freiraum vor „wilder Inanspruchnahme“ zu schützen. Ebenfalls noch nicht gelöst ist die Gestaltung der Tiefgaragenabfahrten, die als offene Zufahrten vorgeschlagen sind.

Ein negatives Flächenwirtschaftlichkeitssverhältnis (WoFl/GF) verschlechtert ein sonst gutes Ergebnis im Bereich „Bauwerk und Gebäudetechnik“.