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Nichtoffener Wettbewerb | 02/2015

Rheinsteg

Rheinsteg vom Ufer

Rheinsteg vom Ufer

1. Preis

Preisgeld: 40.000 CHF

Ingenieurbüro Miebach

Tragwerksplanung

HAHN HERTLING VON HANTELMANN

Landschaftsarchitektur

Swillus Architekten

Architektur

Render-Manufaktur 3D Visualisierung Architektur

Visualisierung

Erläuterungstext

Konzept und Gestaltung
Die Ufer des Rheins bei Rheinfelden sind trotz unterschiedlicher Topografie meist geprägt von einem üppigen dichten Baumbestand. Wie ein Baum am Ufer, der nach Licht und Weite sucht, sich weit hinauslehnt um dann nach oben zu streben, neigen sich die Pylonpaare des neuen Rheinstegs zum Fluss hinaus und entwickeln sich dann in die Vertikale mit leichter Rückneigung zum Ufer, die Balance zu halten.
Das vom natürlichen Vorbild inspirierte Entwurfskonzept sieht beiderseits des Rheinufers
hinausstrebende Pylonpaare vor, die sich vom Ufer hin zum Fluss neigen, vor den Saum der Gehölze. Der beeindruckende Flussraum des Rheins wird, durch die Anordnung der Hauptragwerke am Ufer weitestgehend frei gehalten, die reizvolle Ansicht auf die historische Altstadt von Rheinfelden/Aargau bleibt unverstellt. Die Stützweite wird durch die Gründung der Pylone an der Uferlinie auf statisch sinnvolle 180m reduziert.
Die Ufer des Rheins erfahren durch die Brückensymmetrie eine Gleichbehandlung, das Gegenüber der identischen Pylonpaare schafft eine visuelle und physische Verklammerung der Länder. Durch die Aufdoppelung der Pylone entsteht eine Portalsituation, der Passant betritt den Flussraum und verlässt diesen. Städtebaulich wirken die Pylone als klar erkennbare Entrees, die sich trotzdem der Gesamtsituation unter ordnen. Die plastische Form des Stegs im Zusammenspiel mit der leichten
Seilkonstruktion und dem warmen Baustoff Holz schaffen ein neues Merkmal für Rheinfelden.
Die Linienführung der Brücke als kurze, lineare Verbindung über den Fluss in Verlängerung des Floßländeweges unterstreicht die Gleichberechtigung unterschiedlicher Wegeverbindungen und wahrt die notwendige räumliche Distanz zum Naturraum des Gwilds.
Die räumliche Ausrichtung der Pylone zum Rhein ermöglicht die Aufweitungen der Uferwege im Bereich der Brückenköpfe und erlaubt die Schaffung von Aufenthalts- und Orientierungsflächen, die eine gute Einbindung in die Konzeption der IBA Basel 2020 ermöglichten.
Der neue Rheinsteg ist als Hängebrücke konzipiert, das filigrane Band der Fahrbahn wird von zwei Seilen mit vertikalen Abhängungen gehalten, die Rückverspannung erfolgt über die Pylonköpfe in Richtung Widerlager. Die Pylone sind im unteren Abschnitt als Zwillingsprofile aufgespreizt und vereinigen sich im Umlenkungspunkt zu einem nach außen geneigten Profil.
Das Band der Fahrbahn besteht aus einem durchlaufenden Holzträger mit einem Gehbelag aus großformatigen Granitplatten. Die Verjüngung im Querschnitt folgt der Umlenkform des vertikalen Seils, die Granitplatten kragen über den Rand des Holzträgers hinaus und schützen mit der seitlichen Holzverkleidung den Holzträger vor Regen und Schmutz und garantieren so eine hohe Lebensdauer.
Die Wahl der Naturmaterialien unterstreicht die Nachhaltigkeitsaspekte und den naturnahen Kontext des Rheinufers.
Das Geländer mit einer Höhe von 1,30m über der Fahrbahn besteht aus geneigten Y-förmigen Pfosten aus Flachstahl, die an einer Unterkonstruktion aus Stahl unterhalb des Granitbelages befestigt werden.
Die Geländerflächen werden mit engmaschigem Edelstahlseilnetz gefüllt, das Material des Handlauf ist acetyliertes und dadurch sehr dauerhaftes Holz (Accoya).

Einbindung in die Umgebung
Den Brückenauftakt bilden Aussichtsbalkone aus Ortbeton. Die Balkone liegen oberhalb der Uferböschung und gewährleisten eine barrierefreie Anbindung an den Rheinuferrundweg. Durch die Aufweitung der Balkone entstehen notwendige Räume als Verkehrsflächen und zur Orientierung für Spaziergänger und Radfahrer. Uferplattformen unterhalb der Böschung binden die Brückenpylone landschaftlich ein, gleichzeitig entsteht ein besonderer Ort mit Aufenthaltsqualität am Wasser. Die asymmetrische Anordnung der Plätze auf beiden Uferseiten beschreibt die bestehenden Wechselwirkungen zwischen dem deutschen und schweizerischen Rheinfelden und lässt die enge Verflechtung beider Städte räumlich erleben. Die bestehende Bootsanlegestelle unterhalb des Floßländewegs wird in die Uferplattform integriert. Die Kühlwasserentnahmestelle der Evonik-Werke – die sogenannte Rathenau-Plattform - wird wie der Info-Pavillon gestalterisch eingebunden, die Funktionalität der Entnahmestation bleibt davon unberührt. Oberhalb der Rathenau-Plattform führt eine Rad- und Fußwegerampe mit einem Längsgefälle von ca. 4 % zur Unteren Kanalstraße und bindet
an die zukünftige S-Bahn-Haltestelle an. Um den Eingriff in den landschaftlich wertvollen
Böschungsbereich gering zu halten, wird für die Rampenkonstruktion eine der Böschung vorgelagerte Stahlträgerbauweise gewählt.

Tragwerk
Das Brückenbauwerk ist als ca. 213 m lange, 4,5m breite Hängebrücke mit ca. 30 m hohen, symmetrischen Pylonen konzipiert. Diese Bauweise zeichnet sich durch geringen Materialeinsatz, einen schlanken Fahrbahnträger sowie hohe Pylonkonstruktionen aus und benötigt keine Unterstützungen im Rhein. Dieses Tragsystem gestattet eine große Transparenz und bietet eine einzigartige Pylongestaltung. Die Pylonepaare sind dabei zur Brückenmitte geneigt und weisen in der Ansicht einen Knick oberhalb des Brückenkörpers auf. Im Querschnitt neigt sich der obere Teil der Pylone nach außen, wobei der untere Teil als umgedrehtes V gestaltet ist.
Die dynamische Pylonform funktioniert harmonisch innerhalb der Geometrie der Hängebrücke und der landschaftlichen Gegebenheiten. Durch das Hineinragen über den Rhein wird das Ufer kaum gestört und die Länge der Hauptseile kann reduziert werden. Zudem ergeben sich, durch die Winkel zwischen Pylon und Abspannung sowie Pylon und Haupttragseil, gleichmäßige Kräfteverhältnisse. Die vertikalen Hänger sind im Abstand von ca. 9,8 Metern angeordnet und um den Hauptträger herumgeführt, damit
Anschlüsse möglichst schlank ausfallen und keine aufwändige Querträger benötigt werden. Zusätzlich zu den beiden Hauptseilen sind seitlich am Brückenträger Seile zur Aufnahme von Kräften aus Horizontalen Lasten angeordnet. Durch den zusätzlich nach unten orientieren Verlauf dieser Seile lässt sich, durch gezielte Vorspannung, die Schwingungsanfälligkeit der Brücke deutlich verringern. Bei den verwendeten Seilen handelt es sich um vollverschlossene Stahlseile mit einer GALFAN-Verzinkung.
Diese Seile bieten bestmöglichen Korrosionsschutz bei der Verwendung von unlegierten Stählen und bilden aufgrund ihrer hohen Festigkeit ein sehr effizientes Tragglied. Anschlüsse an Pylone und Fundamente werden mit Gabelkopfhülsen ausgeführt, um Zwängungsfreie sowie leicht montierbare Verbindungen zu gewährleisten.
Der Fahrbahnträger wird aus einem Trägerpaar aus blockverleimtem Brettschichtholz aus heimischer Fichte gefertigt. Durch die Verwendung des Baustoffes Holz wird an die Holzbrückentradition beider Länder angeknüpft. Beide Träger sind über Querschotts aus Stahl miteinander verbunden. So entsteht eine steife Konstruktion, die in erster Linie aus einem nachhaltigen Werkstoff besteht. Holz eignet sich aufgrund seiner positiven Eigenschaften besonders für dieses Brückenbauwerk. Das gute Verhältnis von Eigengewicht und Tragfähigkeit macht das Material sehr wirtschaftlich, zudem ist es bei
geschütztem Einsatz überaus langlebig. Um eine hohe Dauerhaftigkeit zu gewährleisten ist das Holztragwerk oberseitig mit einem Belag aus sandgestrahlten Granitplatten abgedeckt und zusätzlich seitlich verkleidet. Die einzelnen Granitplatten mit ca. 2,75m Breite und 1,0m Tiefe werden auf einer Hinterlüftungsebene platziert, um eine Ventilation des Holztragwerks zu ermöglichen und bilden ein Satteldachprofil. Die Fugen in Längs- und Querrichtung sind mit Edelstahl-Entwässerungsrinnen unterlegt, so dass der Belag als wasserdicht gilt. Um Verunreinigungen der Rinnen zu vermeiden, werden diese Fugen zusätzlich mit dauerelastischem Fugenmaterial verschlossen. Der geschlossene
Natursteinbelag wirkt somit wie ein Dach für das Tragwerk und schützt vor direkter Bewitterung. Bei einer Beschädigung können einzelne Platten leicht ausgetauscht werden. Zum Schutz vor Kondenswasser ist der Brückenträger außerdem mit einer diffusionsoffenen Folie abgedeckt.
Diese Maßnahmen schützen das Brückenbauwerk optimal und garantieren eine lange Lebensdauer. Bei einer Realisierung dieser Brücke werden ca. 550 Tonnen CO2 dauerhaft gebunden.

Beurteilung durch das Preisgericht

Das Konzept Hängebrücke mit zwei symmetrisch angeordneten Pylonen stellt eine angemessene und sinnvolle Reaktion auf Bauaufgabe und Spannweite dar. Die Verhältnisse von Hauptspannweite zu Randfeld sowie von Pylonhöhe zu Hauptspannweite und somit die Bauwerksproportionen sind situationsbedingt nicht optimal. Der Einsatz von zugbeanspruchten Bauteilen führt unmittelbar zu einem dezenten, filigranen Erscheinungsbild. Die Ausbildung des Überbaus in Holzbauweise ist auf den ersten Blick ungewöhnlich, greift aber zurück auf Holzbrückentraditionen und wird als nachhaltig und innovativ eingestuft. Robustheit und Dauerhaftigkeit der Holzbauteile müssen durch eine sorgfältige konstruktive Ausbildung gewährleistet werden. Die Sinnhaftigkeit eines Natursteinbelags auf dem Holzüberbau ist zu prüfen. Einen erheblichen Beitrag zur Prägnanz des Brückenbauwerks leistet die Pylongestaltung mit abgeknickten Mastfüssen. Statisch-konstruktiv ist die Umlenkung der Pylondruckkräfte durch eine zusätzliche Abspannung sinnvoll gelöst.

Dieser Beitrag setzt ein filigranes Zeichen in den Flussraum mit der Referenz an „den Baum, der übers Wasser hängt.“ Im Gegensatz zu anderen Projekten stehen entsprechend die vier Pylone im Raum und spreizen die Füsse zur Uferlinie. Nachvollziehbar werden zwei gleichwertige konstruktive Massnahmen an beiden Ufern vorgeschlagen. Die Verfasser postulieren also, dass die Ungleichheit der Ufer nicht zwingend eine asymmetrische Ausgestaltung der Brücke zur Folge haben muss.

Diese entwerferische Entscheidung bedingt aber Veränderungen im Uferbereich durch harte Fundationen im Rheinprofil. Diese nicht zu unterschätzenden Eingriffe werden „geschickt“ camoufliert, aber auch erweitert: Sie sind in bis zu 30 m lange begehbare, harte Plattformen integriert. Dass die Verfasser – analog zu ihrem zurückhaltenden Entwurf – die Füsse der Pylone nicht sensibler ins gewachsene Ufer gesetzt haben, ist bedauerlich und in einem gewissen Sinne widersprüchlich. Die gestalterische Einbindung der Brückenköpfe in die Ufer ist sinnfällig. Ob die grossen Plattformen unter und gerade neben der Brücke eine neue Aufenthaltsqualität darstellen, bleibe dahingestellt.

Dieses Projekt berücksichtigt den im Kraftwerksbau relevanten Wasserpegelstand eines 10000-jährigen Hochwassers.

Die Anknüpfungspunkte an den beiden Brückenköpfen sind gut gelöst; es sind auf beiden Seiten grosszügige Aufenthaltsbereiche mit platzartigen Aufweitungen vorgesehen. Das bestehende Pumpwerk auf der deutschen Seite und der Bootsanleger auf Schweizer Seite sind in die Gesamtgestaltung integriert. Die Verknüpfung mit dem Wegenetz ist funktional
gut gelöst; zur geplanten S-Bahnstation auf deutscher Seite wird eine neue Fuss- und Radwegverbindung vorgeschlagen; sie könnte allerdings etwas breiter sein. Der für den Steg vorgeschlagene Belag ist auch hinsichtlich der Begehbarkeit und Befahrbarkeit für Velos zu überprüfen.

Es handelt sich zusammenfassend um einen prägnanten und eleganten, sich aber gleichzeitig gut in die Landschaft einpassenden Beitrag.
Rheinsteg Brückenflucht

Rheinsteg Brückenflucht

Auf dem Rheinsteg

Auf dem Rheinsteg

Rheinsteg Perspektive

Rheinsteg Perspektive

Perspektive Rheinsteg von NO

Perspektive Rheinsteg von NO

Perspektive Rheinsteg von SW

Perspektive Rheinsteg von SW

Brückenmodell (KNOP Technische Realisation)

Brückenmodell (KNOP Technische Realisation)

Lageplan

Lageplan

Langeplan, Schnitt, Ansicht

Langeplan, Schnitt, Ansicht

Details und Renderings

Details und Renderings