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Nichtoffener Wettbewerb | 02/2015

Rheinsteg

Teilnahme

ingegneri pedrazzini guidotti sagl

Bauingenieurwesen

Giorgio Aeberli

Landschaftsarchitektur

Baserga Mozzetti architetti

Architektur

Erläuterungstext

Gesamtkonzept und Eingliederung

Die Bedingungen am Ort sind wenig interessant für eine Stegabstützung im Flussbereich des Rheins. Zusammen mit der hier vorliegenden Charakteristik des mit hohen Ufergehölzen begrenzten Flussraums, führte dies zu der vorliegenden ‚kompromisslosen’ Lösung.
Wir haben uns für ein Bauwerk entschieden, dass lediglich an den Enden aufliegend den Rhein ohne Berührung überspannt. Durch seine Länge wirkt der Steg so schlank sowie einfach und tritt so in Beziehung mit der Landschaft und dem historischen Kontext im Hintergrund.
Die Form kann in einem gewissen Sinne als "primitiv" bezeichnet werden und erinnert an ein Schiffsrumpf oder einen vom Wasser geschliffenen Stein. Die dreieckige Form des Längsschnitts entspricht ganz der konstruktiven Anforderung mit dem Wunsch zu den Widerlagern hin sich minimal zu verjüngen. In der Flussmitte jedoch zeigt das Bauwerk seine maximale Masse, dies auf magische Weise - schwebend über dem Wasser. Die Seitenflächen sind optisch erkennbar geneigt und verschmälern dadurch optisch den Steg und stehen auf dem zur Brückenmitte hin ständig an Stärke zunehmenden Flansch - betonend die Horizontalität.
Die Wahl der dunklen Farbe unterstreicht die Materialität des verwendeten Baumaterials ‚Stahl’ und ermöglicht eine gute Integration in der Flusslandschaft.
Als Beleuchtung sehen wir eine pragmatische Minimallösung, welche eine sichere Benutzung des Stegs ermöglicht, jedoch auf unangemessene Licht-Immissionen verzichtet - dies in Rücksicht auf die Tierwelt im Flussbereich.

Die flache Brückenkontur, ohne hohe schlanke Pylonen-Konstruktionen, soll die Silhouette des historischen Städtchens Rheinfelden möglichst wenig beinträchtigen.
Am Schweizer Ufer wird das südliche Widerlager des Stegs erstellt. Hier kann die derzeitige Zugangsrampe um einige Meter rheinabwärts verschoben werden, wodurch eine Entflechtung des Zugangsbereiches am Steg ermöglicht wird. Als Fahr- und Gehbeläge werden im Zugangsbereich zum Steg nach Möglichkeit natürliche wassergebundene Oberflächen bevorzugt. Die am Uferweg bestehenden hochstämmigen Bäume bleiben erhalten oder werden ergänzt.
Am Deutschen Rheinufer befindet sich das nördliche Steg-Widerlager innerhalb einer neuen Baumlichtung, welche durch eine gezielte Ausholzung innerhalb dieses baumartigen Ufergrün eine bessere Übersicht ermöglicht.
Die neue Verbindung Uferweg - Untere Kanalstrasse entsteht mit einer Wegbreite um die 2 m in der baumbestockten Böschung. Mit einer behindertengerechten Steigung von 6% würde dieser Wegverlauf etwa 330 m lang und wird damit innerhalb des Fahrrad- und Gehwegnetzes ein nützlicher Zubringer zum projektierten Rheinsteg.



Tragwerkkonzept

Nach dem Prinzip des ‚einfachen Balkens’ konzipiert aus Baustahl, überspannt der neue Steg den Rhein ohne eine Zwischenabstützungen zwischen Deutschland und der Schweiz.

Der neue Fussgänger- und Radsteg verbindet die Ufer des Rheins, ohne Zwischenstützen im Flussbett, durch einen schlanken einfachen Balken mit einer Länge von 215 m (L / h = 31,4) bestehend aus einem trapezförmigen Kastenquerschnitt in variablen Höhen aus Baustahl (Stahl Typ S 460 NL).
Die Unterkante vom Steg ist parallel zur Oberfläche des Wassers, während die begehbare Oberfläche bis zur statischen Feldmitte, zu einer Höhe von 6,85 m bis zur Mitte des Rheins ansteigt. Das Längsgefälle der begehbare Oberfläche von den beiden Widerlagern her ausgehend beträgt ein Gefälle von 6%.
Während sich die Gehwegfläche in Richtung zur Mitte der Brücke ständig erweitert (von 4,80-5,80 m), verengt sich gleichzeitig die Unterkante des Stegs nach und nach bis zur Stegmitte (von 4,35-2,00 m). Dies verleiht dem Steg mehr Leichtigkeit und schützt die Seitenflächen zusätzlich noch etwas besser von den Witterungseinflüssen. Die Blechstärken sind entlang der Erstreckung des Trägers optimiert; von 15 bis 75 mm für den Druckgurt, von 15 bis 145 mm für den Zuggurt und von 6 bis 30 mm für die Stege. Die Beibehaltung der Form des Kastenquerschnitts wird garantiert durch eine Reihe von Quersteifen, aus Standardprofilen, in variablen Abständen optimiert verteilt zwischen 4 und 6 m. In Längsrichtung wird die komprimierte obere Deckplatte, mit den Seitenstegen und den 5 umgekehrten T-Trägern längs der gesamten Erstreckung des Stegs stabilisiert.
Die Deckplatte als Geh- und Fahrbahnbelag bedarf eine Epoxidharz-Behandlung mit Quarzsand abgestreut, wodurch der Gehbelag rutschfest wird. Die der Witterung ausgesetzte Stahloberfläche wird mit vier Beschichtungen dunkelgrauer Farbe geschützt (Gesamt-Schichtdicke 200 μm).
Die beiden Brückenwiderlager bestehen aus Stahlbeton und werden je mittels drei Bohrpfählen mit einem Durchmesser von 0,70 m, auf dem tragfähigen Untergrund in der Tiefe gegründet. Das Widerlager garantiert zusammen mit der Schleppplatte den Übergang zwischen der Metallstruktur und dem Baugrund. Beim Widerlager befinden sich die Fahrbahnübergänge, wo auch die vom Tragwerk optimal geschützten und leicht zugänglichen Lager angeordnet sind.
Die Geländer des Stegs sind aus feuerverzinktem Stahl mit 1,30 m Höhe vorgesehen, aus senkrechten Rundstäben DN 16 mm und einem Handlauf von 50 x 50 mm.
Lediglich in der Geländerbrüstung rheinaufwärts befindet sich die Steg-Beleuchtung in einem Abstand von jeweils 10 m. Einfache, ovale Lampen im Schiffsarmatur-Design sind hier auf einer Eisenstele montiert, beleuchten zurückhaltend den Gehwegbelag und ermöglichen dadurch einen sicheren Übergang über den Steg auch bei Dunkelheit.


Bauverfahren

Die Herstellung der Brücke erfolgt in Taktschiebeverfahren vom Schweizer Ufer her. Die vorgefertigten ca. 40 m langen Stahlteile des Überbaus (ca. 5-7 Teile pro Takt) werden entlang dem Flossländerweg auf dem speziell hergestellten und wettergeschützten Werkplatz angeliefert. Hier werden die Stahlteile zur Bildung des Kastenquerschnittes zusammengeschweisst und an den bereits gefertigten Abschnitten verbunden. Die Teilstücke werden phasenweise mit Hilfe von 2 temporären Pfeilern und einer schwimmenden Plattform in die endgültige Lage eingeschoben und schliesslich abgesenkt.

Beurteilung durch das Preisgericht

Statisch-konstruktiv handelt es sich bei dem Brückenbauwerk in Stahlbauweise um einen einfachen Einfeldträger mit maximaler Konstruktionshöhe in Brückenmitte. Die von den Entwurfsverfassern als kompromisslos bezeichnete Konstruktion wirkt insbesondere aus der Nähe – dies noch verstärkt durch die dunkle Farbgebung – schwer und wenig elegant; sie nutzt nicht das Potential anspruchsvollerer Tragsysteme. Die kaum noch dem menschlichen Massstab entsprechende, infolge des gewählten statischen Systems aber erforderliche grosse Überbauhöhe in Brückenmitte, die grossen und langen Steigungen sowie der Knick in Brückenmitte werden kritisch gesehen. Der Durcharbeitungsgrad ist insgesamt verbesserungsfähig.

Insgesamt liegt ein radikaler Entwurfsbeitrag vor, gründend auf einer Kette von radikalen Entscheidungen. Die Verfasser vergleichen ihren Ansatz mit dem bekannten „Raumkonzept“ von Fontana: Ein wegen seiner Zeichenhaftigkeit ansprechender Vergleich. Das Projekt geht in verblüffender Einfachheit von einem über den Rhein gelegten Träger aus, der sich manifestiert über eine respektable Verdickung über der Flussmitte, und schlussendlich aufs Letzte ausgereizt in fast „zerbrechlich“ wirkende Auflager an den beiden Ufern mündet. Konzeptionell der kleinstmögliche Eingriff. Eine poetische Interpretation der Situation, die ebenfalls postuliert, dass der Brückenschlag auch ohne asymmetrische Reaktion seine sehr berechtigte Bedeutung haben kann. Spannend sicher der Dialog zwischen diesem Artefakt und der „naturnahen“ Flusslandschaft, diesem scharfgeschnittenen Körper vor der Kulisse von Rheinfelden wie aber auch die Verwandtschaft mit nahen Industrie- und Flussbauten. Leider entspricht auch die Darstellung der landschaftlichen Einbindung dem minimalistischen Ansatz. Ohne Interpretationen ist Vieles nicht begreifbar. Dieser Beitrag wird in der Jury kontrovers diskutiert

Die Brückenmitte liegt 6,6 m höher als die beiden Brückenköpfe. Dies ergibt zu beiden Seiten eine Neigung von 6%, was hinsichtlich der Begehbarkeit und Befahrbarkeit sehr unkomfortabel ist. Die Geschwindigkeit der abwärts fahrenden Räder stellt an
den Querungen mit dem Fusswegenetz an den Brückenköpfen ein Problem dar. Auf der deutschen Seite wird zwar ein neuer Fussweg vorgesehen, dieser ist aber nicht an die Brücke angebunden. Auf Schweizer Seite sind die Übergänge zum Wegenetz nicht bearbeitet. Die Radwegführung zur Unteren Kanalstraße wird auf dem heutigen Stand belassen, so dass sich Umwege für den Radverkehr ergeben.