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Einladungswettbewerb | 02/2015

Wiedererrichtung eines Vierungsdachreiters auf der Klosterkirche Amelungsborn

ein 2. Preis / Zur Überarbeitung aufgefordert

Pax Brüning Architekten bda

Architektur

DREWES + SPETH Beratende Ingenieure im Bauwesen Partnerschaftsgesellschaft mbB

Tragwerksplanung

Erläuterungstext

Erläuterungen

Wir haben nach einer Lösung gesucht, die die Leichtigkeit einer ‚gefalteten Papierarbeit‘ hat, spielerisch und streng zugleich ist, die sparsam im Materialeinsatz bleibt und die über ihren zeichenhaften Charakter zum Symbolträger werden kann.

„Fingerzeig“

Dieser Vorschlag verfolgt die Absicht, die neue Lösung in einer integrierten, funktionalen und skulpturalen Lösung anzustreben, aufbauend auf der in der Auslobung vorgeschlagenen Turmschaftkonstruktion:

- der funktionale Glockenstuhl als „Tisch“
o mehrstöckig im Zusammenhang als reine Holzkonstruktion mit
o Schallöffnungen, 4-seitig mit Metall-Lamellen wettergeschützt (und
dahinterliegendem Schutzgitter gegen Flugschnee und Vögel) ausgebildet,
o konstruktiv und gestaltverbindend die firstlinienbezogenen Stegbleche, sowie die
o Umkleidung der geschlossenen Flächen mit großformatigen Metallplatten;

- die skulpturale Turmspitze als „Tischaufsatz“
o die Turmspitze ist 4-teilig zusammengesetzt, jedes Teil besteht aus einer Stahl-
Grundplatte (mit Einbaustrahler up-light LED) und einem nach oben, übereck
spitz zulaufenden Stahlwinkel,
o im Quadrat der Grundfläche bilden diese 4 Stahlwinkelelemente ein Kreuz;
o die 4 Elemente werden an der Spitze in einem strahlenden Kreuz aus
glanzpolierten Vierkant-Edelstahlstäben zusammengeführt.

Im Dialog mit dem historischen, steinernen Ort steht diese Stahlskulptur in der Tradition der Zisterzienser, sparsam, zentralisierend und ausstrahlend. Eine matt silbergrau schimmernde Oberfläche im Wechsel des Tageslichteinfalls wird den schlanken, skulpturalen Charakter unterstreichen. Bei Dunkelheit kann die Spitze über Richtstrahler akzentuiert werden.

Das gewählte Material ist Stahl, vorgefertigte Elemente aus verschweißten Stahlplatten (8, 25 und 70 mm) mit feuerverzinkter Oberfläche werden modular gefügt und verschraubt; dieser Vorfertigungsgrad lässt eine wirtschaftliche Ausführung erwarten.

zum Tragwerk

Unmittelbar auf den Vierungspfeilern wird ein räumliches Sprengwerk mit dem aufgehenden Glockenstuhl in Holzfachwerkbauart errichtet. Darauf ruht die Turmspitze, ein aus vier Stahlwinkelelementen gefügtes, in den Drittelpunkten miteinander verschraubtes, statisch wirksames Faltwerk.

Das tektonische Konzept und das statische System bilden eine logische Einheit bei dem die Turmspitze direkt durch die Streben des Glockenstuhls über die Grathölzer des Sprengwerkes in die Vierungspfeiler abgetragen wird.

Beurteilung durch das Preisgericht

In dem Entwurf wird eine metallische Konstruktion vorgeschlagen, die sich aus gefalteten schmalen Dreieckelementen um einen hölzernen Glockenstuhl und darüber aufbaut. Die Lasten der Gesamtkonstruktion werden auf die Vierungspfeiler der Klosterkirche abgeleitet. In der Ansicht zeigt sich ein Basisrahmen – in der Beschreibung als Tisch bezeichnet – über dem sich eine schlanke Turmspitze als „Tischaufsatz“ erhebt. Die Basis ist mit geschlossenen Stahlblechen und den erforderlichen Schalllamellen verkleidet. Während die Basis ein geschlossenes Volumen bildet, wird die Turmspitze aus vier kreuzförmig angeordneten, rechtwinklig gekanteten Stahlblechen gebildet. Den Abschluss bildet ein kleines Kreuz aus Edelstahlstäben. Die Fügung der Elemente ist sehr konsequent und schlüssig. Ein besonderer, architektonisch gestalterischer Reiz liegt in der Reduzierung auf wenige geometrische Elementtypen, die in wiederkehrender Form aber unterschiedlicher Positionierung verwendet werden. Die Ansichten verdeutlichen dies überzeugend.

Die Proportionen des Vierungsdachreiters gehen eine gute Verbindung mit dem Volumen der Klosterkirche ein. Die Anordnung der Bleche in der Turmspitze verspricht eine sehr schlanke und die Vertikale betonende Wirkung. Am Tag wird die Sonne ein schönes Licht- und Schattenspiel in dieser nach innen gefalteten Geometrie erzeugen, in der Nacht kann die Turmspitze über Richtstrahler akzentuiert werden.

Die Anordnung der Glocken lässt eine gute Schallausbreitung erwarten. Die konstruktive Einheit von Glockenstuhl und Turmschaft bedarf allerdings der Überprüfung. Das Geläut erzeugt erhebliche Schwingungen, die dauerhaft negativ auf das statische Gefüge des Schaftes einwirken könnten. Daher werden diese beiden Elemente üblicherweise getrennt, damit der Glockenstuhl frei schwingen kann. Dies scheint auch bei dem vorgeschlagenen Konzept möglich zu sein.
Die vorgeschlagenen Stahlbleche sollen feuerverzinkt werden, die Oberfläche matt und silbergrau erscheinen.
Die Aufgabenstellung ist insgesamt in überzeugender Weise umgesetzt worden, die Entwurfsverfasser haben eine nachvollziehbare Antwort auf die Frage gefunden, wie sich der Geist der Zisterzienser in die heutige Zeit übertragen lässt. Der Entwurf ist gleichermaßen sparsam, konstruktiv überzeugend und von großer Ausstrahlung. Die Art der Fügung ermöglicht einen hohen Grad der Vorfertigung, was sich positiv auf die Baukosten und auch auf die Bauzeit auswirken kann. Die Klosterkirche in Amelungsborn erhielte mit dieser Lösung im Geiste der Zisterzienser wieder eine optische und akustische Präsens, die sie lange nicht hatte.