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Einladungswettbewerb | 08/2015

Bebauung Habsburger-/Wölflinstraße

Perspektive Habsburger Straße - Wölflinstraße

Perspektive Habsburger Straße - Wölflinstraße

4. Preis

Preisgeld: 5.000 EUR

Joachim Eble Architektur

Architektur

freiraumconcept sinz-beerstecher + böpple

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

1. Quartiersgestalt und Bauskulptur:

Das städtebauliche Konzept basiert auf einem Blockrandkonzept, das sich im Innenbereich zur Cartitas-Nachbarbebauung öffnet. Durch eine Überlagerung der im Stadtteilgebiet Herdern vorzu-findenden Baufluchten und stadtstrukturellen Richtungen entsteht eine Polarität zwischen dem Orthogonalsystem der Straßenbebauung an der Habsburger Straße und der freieren Innenbebau-ung. Die Anwendung dieses Prinzips führt zu einer skulpturalen Baukörpermodellierung, die den großen Innenraum in zwei miteinander verschränkte Hofräume gegliedert.
Ein weiterer Ausgangspunkt für die bauplastische Formensprache ist das Spiel mit dem Mansarde-Dach-Thema der Habsburger Straße und dessen Weiterführung in eine zeitgemäße Architektur der Wohn- und Geschäftshausbebauung an der Habsburger Straße. Die gegenüberliegenden Trauf- und Knickpunkte werden aufgenommen und durch einen überhöhten Kopfbau des Bürogebäudes im Süden und den quergestellten Kopfbau des nördlichen Wohn- und Geschäftshauses akzentuiert.
Das nach Süden ansteigende Bürobaus schafft mit der Mansarde-Dach-Kulisse den Maßstabsüber-gang in die „Hochhaus“-Bebauung des südlich der Wölflinstraße gelegenen Baufeldes. Zusätzlich markiert wird diese städtebauliche Nahtstelle durch die Zurücknahme des Kopfbaus zugunsten eines kleinen Stadtplatzes an der Wölflinstraße, dem großzügigen Entree der zweigeschossigen Lobby und dem darüber auskragenden mehrgeschossigen Glashaus als Schaufenster zum Münster.
Eine weitere Einbindung in den Gestaltduktus der Habsburger Straße ist die Gassenfuge, die das Bürogebäude vom Wohn- und Geschäftshaus trennt und damit ein gegenüberliegendes Thema aufnimmt. Erker, Einschnitte und auskragende Balkone an der Baufront der Habsburger Straße variieren das bauplastische Merkmal der Stadthausoptik. Die Mansarde-Dächer enden zum Innen-hof als flach geneigte Pultdächer. Dieses Thema wird in der Dachlandschaft der Wohnhofbebauung fortgeführt.


2. Freiräume, Plätze und Höfe:

Die organische Bebauung formt zwei Hofräume mit unterschiedlichem Charakter:
- Dem grünen Gartenhof im Norden mit privatem und geschütztem Charakter und
- dem urbanen Wohnhof mit mehr Geschäftigkeit und einem Shared Space für Parkierung und Andienung
Entsprechend dem natürlichen Geländeverlauf liegt der Gartenhof tiefer. Beide Höfe verbinden sich über eine befestigte Platz- und Spielfläche mit einem Wasserelement vor der Kita und über grünen Terrassen, die auch einen bewachsenen Bodenfilter aufnehmen, zu den Retentionsflächen hinunter.
An den Schnittstellen des neuen Quartiers mit der Umgebung liegen Plätze: Der Gisinger-Vorplatz mit Außengastronomie an der Kreuzung Habsburger Straße - Wölflinstraße, der neue Eingangsplatz der Caritas und der nördliche Quartierszugang. Die Gebäude werden in die Terrassierung mit leicht erhöhten Privatgärten mit Sondernutzungsrechten und einer begrünten Beletage zum Hof und zur Wölflinstraße hin eingebunden. Zusammen mit ergänzenden Fassadenbegrünungen wird ein sehr guter Mikrokomfort geboten und dem Wärmeinseleffekt entgegen gewirkt.


3. Grundstückaufteilung:

Der Entwurf basiert auf einem gemeinschaftsbildenden Ansatz und hat großzügige Hofräume zum Ziel. Diese können mit einer strikten Grenze und wechselseitigen Grundlasteintragung zwischen den Grundstücken der Firma Gisinger und dem Eigentum der Cartitas umgesetzt werden. Für unsere Quartierskonzeption empfehlen wir jedoch eine Aufteilung in ein Gemeinschaftsgrundstück und kleinere Einzelgrundstücken der Caritas und den real geteilten Gisinger-Grundstücken, damit die gemeinsame Quartiersinfrastruktur an Hofflächen und Tiefgarage kooperativ erstellt und un-terhalten werden kann.


4. Erschließung und Parkierung:

Die Zugänge zu den Wohnnutzungen und Adressbildungen sind immer von den Außenrändern des Quartiers aus vorgesehen, wobei einige Treppenhäuser auch eine direkte Verbindung zu den Innenhöfen haben. Öffnungen der Hofbebauung dienen der Durchwegung des Quartiers und der Vernetzung mit der Nachbarschaft. Überdachte Fahrradstellplätze sind sowohl in EG-Bereichen als auch im UG, dann über die Tiefgarage erschlossen, vorgesehen.
Es werden zwei Tiefgaragen vorgeschlagen. Eine Zufahrt erfolgt wie bisher von der Wöflinstraße zur Tiefgarage der Caritas-Bebauung. Zusätzlich erfolgt eine Zufahrt von der Habsburger über den nördlichen Erschließungsplatz zur Tiefgarage der Gisinger Gebäude. Diese liegt auf versetzten UG-Ebenen (Split-Level), die mit einer Rampe in der Garage verbunden sind. Die Tiefgarage der Car-titas-Bebauung liegt unter dem südlichen Hof unter der Garage der Gisinger Gebäude. Beide Gara-gen funktionieren für sich eigenständig, können ggf. aus Flexibilitätsgründen aber auch über eine zusätzliche Rampe intern verbunden werden.
Im südlichen urbanen Hof sowie beim nordwestlichen Platz sind oberirdische Gewerbestellplätze vorgesehen, über die auch die Andienung der EG-Gewerbeeinheiten an der Habsburger Straße über Hofeingänge geplant ist. Die Feuerwehrumfahrt wird als Schotterrasenfläche in die Quartiersbe-grünung integriert.


5. Wohnungsvielfalt und Wohnwert:

Die Wohnungen weisen übergreifend bei allen Lagen an der Habsburger Straße, in den Höfen und an der Wölflinstraße ein vielfältiges Angebot an Größen, Orientierungen, Raumqualitäten und Individualität auf. Lage, Ausblick, organische Grundrisse und Freiraumorientierung differenzieren das Angebot zu Privatheit und Wohnwert.
Die Wintergartenwohnungen an der Habsburger Straße mit Terrassen zum Hof ergeben Schall-schutz und Zugang zur Natur des Innenhofes. Die EG-Wohnungen mit flexibel nutzbaren Wintergär-ten erlangen große Privatheit trotz der Lage zum urbanen Hof oder im Hochparterre an der Wölflinstraße. Bei den „Beletage“-Wohnungen im 1. OG wird durch die tiefe, begrünte Terrasse die Gartenqualität auf die Etage gehoben. Die Geschosswohnungen leben hinaus auf individuelle Holzbalkone in ein begrüntes „Baumgerüst“. Die Penthouse-Wohnungen orientieren sich auf großzügige durchgängige Terrassen. Die Wohnungserschliessung erfolgt bei den nördlichen Wohn-eigentumsgebäude und den südlichen Mietwohnungsbau über Kurzlaubengänge, das hoforientierte Langhaus über dreispännige Treppenhäuser.


6. Verwaltungsbau Gisinger Firmensitz:

Das Bürogebäude mit seinen Hauptflächen an der Kreuzung Habsburger Straße / Wölflinstraße und seinen Erweiterungsflächen entlang der Habsburger Straße ist als gestalterische Einheit aus einem Guss entwickelt. Der Kopfbau gliedert sich in eine zweigeschossige Lobby im EG und 1. OG, mit Haupteingang vom Gisinger Vorplatz und einem Nebeneingang vom urbanen Hof. Darin eingeglie-dert ist das zweigeschossige Café, das auch den Stadtplatz bespielt. Auf beiden Ebenen ist das Café auch intern erschlossen.
Die drei darüber liegenden Bürogeschosse sind flexibel als Einzel-, Kombi- oder Großraumbüro nutzbar. Alle Büroebenen können über Galerien oder Besprechungsräume an das große Pflanzen-Atrium auf der Südwestspitze des Gebäudes angeschlossen werden. Zeichenhaft und atmosphärisch wirkt dieses Glashaus als Schaufenster zum Münster und zur Altstadt. Alle Ebenen haben zusätzlich Zugang zu den Terrassen auf der Hofseite.
Der Konferenzbereich mit Skylobby befindet sich im 5.OG mit einem zusätzlichen Galeriegeschoss. Durch die Zweigeschossigkeit mit hohem Luftraum und der integrierten Dachterrasse mit Blick zum Roßkopf entsteht ein spannendes Innen- Außen-Raumgefüge. Dies wird unterstützt durch das Glashaus, das bis auf diese Ebene reicht einen großarten Panoramablick aus der Skylobby zur Innenstadt gewährt.
Die Ebenen des Erweiterungsbaus werden über ein separates Treppenhaus an der Hofgasse er-schlossen. Jede Ebene kann getrennt vermietet und unterschiedlichst genutzt werden. Durch die Terrassen zum Innenhof sind sogar ruhige Wohnnutzungen denkbar. Das EG des Erweiterungsbaus ist als Einzelhandel oder Dienstleistungsfläche entwickelt.


7. Konstruktion und Materialität:

Der Bau der Gisinger Zentrale ist ein Skelettbau im vorgeschlagenen Modulraster von 1,35 m. Die Außenwände sind als zweischalige Betonfertigteilelement geplant. Die äußere Sichtbetonschale ist als hochwertige Oberfläche hell eingefärbt. Die steilen Mansarde-Dach-Flächen sind analog ausge-führt. Die flach geneigten Pultdächer erhalten dachintegrierte PV-Module.
Die innere Betontragkonstruktion ist Betonkern-aktiviert als Teil des Klima-Kühlungskonzeptes. Die Fensterelemente in Holz-Alu-Konstruktion sowie den Lüftungspaneelen und Öffnungsflügel in Holz sind hochwertig verglast mit außenliegendem Sonnenschutz.
Das Wohn- und Geschäftshaus an der Habsburger Straße ist als tragender Schottenbau geplant. Dieser erhält jedoch denselben Fassadenaufbau wie der Verwaltungsbau in Sichtbetonoptik und ebenfalls ein Solardach.
Die Wohnbauten sind als Massivbauten mit tragenden Außenwänden und Schotten geplant. Trotz der freien Grundrissarchitektur mit verschiedenen Koordinaten erlaubt die klare Schottensystematik eine wirtschaftliche Erstellung. Die Außenflächen sind als geglättete Putzoberflächen geplant. Die offenen Balkone und Baumgerüste sind als Holzkonstruktion gedacht. Die Holzpaneele und Intarsien nehmen das Thema des Gisinger Verwaltungsbaus auf. Die flach geneigten Pultdächer werden als Gründächer mit Retentionsfunktion ausgeführt.


8. Energiekonzept:

Das Ziel eines gegenüber den gesetzlichen Anforderungen hinausgehenden Standard in Anlehnung an die Kriterien des KfW-Effizienzhauses, das mit Hinblick auf den Realisierungszeitraum sinnvoll-erweise bereits heute auf die ENEV 1016 bezogen ist, wird mit einer hochwertigen Gebäudehülle und-technik sowie einem nachhaltigen Energieversorgungskonzept Rechnung getragen. Die Hülle wird mit hochwärmegedämmten Wandbauteilen und einer 3-Scheibenverglasung ausgeführt.
Zur effizienten Energieversorgung wird ein quartierübergreifendes Konzept vorgeschlagen, das aus zwei Komponenten besteht - einerseits einem Grundlast-BHKW das über Biogas betrieben wird, andererseits aus einem Wärmepumpensystem über Grundwasser. Das BHKW hat den Vorteil der gleichzeitigen Wärme- und Stromerzeugung und einer langen Laufzeit aufgrund der Grundlastab-deckung (Winter Beheizung, Sommer Warmwasser für die Wohnungen). Die Grundwassernutzung in Kombination mit der Wärmepumpe ermöglicht eine freie Kühlung für die Bürobereiche, aber auch eine Abwärmenutzung (gleichzeitig Kühlen und Heizen). Die regenerative Stromerzeugung über dachintegrierte Photovoltaikelemente wird für die Gebäude entlang der Habsburger Straße vorgesehen. Auch diese kann in ein Contracting-Modell eingebunden werden.


9. Regenwassermanagement:

Das Regenwassermanagement beginnt mit der Ausbildung von Gründächern für die nicht an der Habsburger Straße gelegenen Gebäude. Das Dachwasser dieser Gebäude und des südlichen Hofes 1 wird entweder über einen bewachsenden Bodenfilter als Teil der Landschaftsterrassen in einen Retentionsbereich im tiefer gelegen nördlichen Hof geführt, oder direkt in Rigolen unterhalb der Feuerwehrumfahrt an der östlichen und nördlichen Grundstücksgrenze mit Überlauf in eine große Rigole am nördlichen Platz. Die Gebäude entlang der Habsburger Straße entwässern direkt dahin.
Von dieser Rigole erfolge ein gedrosselter Abfluss in das städtische Kanalnetz. Dieses Quartierskon-zept wird auf Gebäudeebene um eine Regenwassernutzung für die Gewerbeflächen ergänzt.

Team Joachim Eble Architektur:
Joachim Eble, Rolf Messerschmidt, Florian Röver, Philipp Feldschmid, Urszula Cryer, Stephan Lettinger, Daniel Prinz, Imke Gräff, Gerd Bauer

Berater, Fachplaner, Sachverständige:

Energieplanung: Transsolar Energietechnik GmbH, Markus Krauss, Landwehrstraße 60/62, 80336 München

Visualisierung: Moka-Studio, Sabine und Jean-Pierre Monclin, Malerwinkel 3, 22607 Hamburg

Beurteilung durch das Preisgericht

Fünf Solitäre erzeugen eine frische Interpretation des Hofgedankens, wobei die äußere Kontur dem städtebaulichen Rahmen folgt und der Binnenbereich eine plastische Prägung erfährt. Diese formale Haltung erscheint im städtebaulichen Zusammenhang etwas fremd. Der eigenständige Auftritt bildet zwei gut proportionierte Innenhöfe mit unterschiedlicher Charakteristik (Gartenhof und urbaner Hof), wobei die zweite verkehrliche Anbindung an die Habsburgerstraße nicht gewünscht und nicht erforderlich ist.

Trotz einheitlicher Fassadengestalt und durchgängiger Handschrift überzeugt der Auftritt an der Habsburgerstraße nicht. Eine formale Beruhigung und eine klar ausformulierte Traufhöhe wird hier vermisst. Durch eine damit verbundene Nutzungsverlagerung könnte der nördliche Baukörper zugunsten der Nachbarschaft reduziert werden.

Die Adressbildung an der markanten Ecke Habsburgerstraße/Wölflinstraße überzeugt. Das Vorfeld spielt gekonnt mit öffentlichen, halböffentlichen und privaten Flächen. Insgesamt ist die erzielte Freiraum- und Wohnqualität überzeugend entwickelt. Das zusätzliche Angebot einer Kita wird gewürdigt, erscheint in dieser Form aber unrealistisch. Die Zuwegung und Funktionalität weist kleinere Schwächen auf: Kurze Laubengänge führen zur Beeinträchtigung von Aufenthaltsräumen, teils sind Laubengänge und Zuwegungen überinstrumentalisiert.

Geschickt ist die Anbindung der Tiefgarage gelöst: Sie folgt der verdrehten Grundrissdisposition. Die Parkebene der Caritas ist an den bestehenden Rampenfußpunkt angeschlossen. Durch die übereinander angeordneten Parkebenen ist jedoch die gewünschte Realteilung der Grundstücke nicht möglich. Zudem wird mechanische Belüftung der Tiefebene erforderlich.

Konstruktiv stellen die schrägen, betonierten Dachflächen einen Mehraufwand dar. Ebenso sind die angedachten Fassaden aus gefärbtem Beton und die zahlreichen verglasten Brüstungen nicht zu einem Flächenwert von 1.600 ! pro qm realisierbar. Der Lastabtrag auf die Tiefgarage ist nicht nachvollziehbar aber machbar.

Insgesamt stellt der Lösungsansatz einen spannungsreichen, gemeinschaftsorientierten und entwicklungsfähigen Beitrag dar.
Perspektive Innenhof

Perspektive Innenhof

Schwarzplan

Schwarzplan

Lageplan

Lageplan

Modellfoto

Modellfoto

Grundrisse EG

Grundrisse EG

Grundrisse OG

Grundrisse OG

Ansicht Habsburger Straße

Ansicht Habsburger Straße

Ansicht Wölflinstraße

Ansicht Wölflinstraße

Fassade Habsburger Straße

Fassade Habsburger Straße

Klimakonzept Sommer + Winter

Klimakonzept Sommer + Winter