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Nichtoffener Wettbewerb | 03/2015

Stadtzentrumsentwicklung

Perspektive des Grünen Marktes

Perspektive des Grünen Marktes

1. Preis

Preisgeld: 23.000 EUR

Behnisch Architekten

Architektur, Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Die Stadt Puchheim will ein neues Stadtzentrum entwickeln und durch bauliche und infrastrukturelle Veränderungen die Voraussetzungen schaffen, dass ein neuer „Identifikationsort“ entsteht und gleichzeitig eine qualitätsvolle Anbindung der neuen Mitte an die Umgebung geschaffen wird. Der Erhalt der Alten Schule ist Ausgangslage dieser Überlegungen und soll als Identität stiftendes Gebäude in die Gesamtplanung integriert werden.

Im vorliegenden Entwurf werden die Qualitäten der vorhandenen Strukturen aufgenommen und gestärkt, gleichzeitig werden behutsam neue Strukturen ergänzt und Entwicklungsmöglichkeiten für das Wachsen städtischen Lebens aufgezeigt.

Die bestehende Situation ist durch große Freiflächen mit gewachsenem Baumbestand geprägt. Die Grünstrukturen und die bestehenden alten Bäume werden größtenteils erhalten und gestärkt. Sie folgen formal dem Bild eines Landschaftsgartens und scheinen als kontinuierlicher Landschaftsraum durch die Stadtmitte hindurch zu fließen.
Einerseits profitiert die Stadtmitte von dem hohen Grad an Biomasse. Andererseits jedoch entsteht durch die Menge an undefinierten Grünflächen kaum der Eindruck eines Stadtzentrums – es mangelt an urbaner Verdichtung, an räumlich wirksamen Strukturen und vielfältigen Nutzungsangeboten im Freiraum.

Ein wesentliches Ziel des Entwurfs ist es daher, die stadträumliche Gliederung entscheidend zu verbessern – Ordnung zu schaffen, Räume zu definieren, Verbindungsachsen zu stärken, Entrées auszubilden und urbane Atmosphäre zu generieren.

Der Maßnahmenkatalog umfasst dabei sowohl bauliche Eingriffe (Gebäudekubatur, Raumkanten), als auch geeignete Mittel aus dem Freiraum-Repertoire, wie Alleen, Baumhain oder Hecken.

Öffentliche Plätze und Orte
Zwischen Alois-Harbeck-Platz und Planie spannt sich entlang einer neuen Verbindungsachse eine Abfolge von Plätzen auf. Es sind öffentliche Räume von unterschiedlicher Ausprägung und mit differenzierten Nutzungsintentionen. So ist der Bereich östlich der Kirche durch einen Baumhain gekennzeichnet, der Grüne Markt hingegen wird in seiner ungerichteten Geometrie klar als Zentrum definiert, städtische Dichte charakterisiert der neue Bildungshof im Bereich zwischen Alter Schule, VHS und Bibliothek und der Platz vor dem Quartiersbüro an der Planie wird überdeckt von einem dichten Baumdach. So entstehen unterschiedliche und vielfältig attraktive Aufenthaltsorte, die zugleich auch funktionale Durchgangsräume sind.

Der Grüne Markt als zentraler Treffpunkt kann multifunktional in verschiedenster Weise genutzt werden können und ist daher als weitgehend offene Fläche gestaltet. Aus dem Belag sprudeln Wasserfontänen, die an Markttagen stillgelegt werden können. Baumreihen, Hecken und Sitzbänke flankieren das Wasserspiel. Der sonniger Platz lädt zum Verweilen ein und kann sich zu einer Art „Salon“ von Puchheim entwickeln - hier können sich Bewohner treffen, es werden Feste gefeiert und Veranstaltungen durchgeführt. Der Maibaum steht an der zentralen Stelle, an der sich die Sichtachsen kreuzen.

Straßenräume und Parkierung
Verschiedene Maßnahmen sollen zu einer Verkehrsberuhigung der Adenauerstraße führen. Die Querungsbereiche mit den wichtigen Fußgängerverbindungen werden aufgepflastert, die Fahrbahnbreite wird auf ein verträgliche Maß reduziert und die Linearität der Strasse wird durch leichtes Verschwenken gebrochen. Die Erschließung des Friedhofs erfolgt von der Adenauer Straße, um den Grünen Markt verkehrsfrei zu halten. Im Eingangsbereich des Friedhofs sind vier Behindertenstellplätze vorgesehen.

In der Adenauerstraße werden Längsparkplätze angeboten. Auf der Grünfläche südlich des Friedhofs entsteht eine zentrale, natürlich belüftet und belichtete Parkgarage. Sie ist ca. 1,0 m in das Gelände eingegraben und durch die Überdeckung mit einem Gründach in die neue Hügel-Landschaft integriert. Das Aushubmaterial wird teilweise zur Modellierung des Geländes verwendet und mit unbelastetem Erdmaterial überdeckt.
In die bewegte Topographie ist ein attraktiver Spielplatz eingebettet, der die Hügel und Mulden für Sitzstufen, Kletterwand und Hangrutsche nutzt. Dieser Bereich kann flexibel für verschiedene Sport und Kulturaktivitäten (z.B. open-air Kino - „Puchheimer Filmspiele“, Freilufttheater, Fußballspiele, Schlittenfahren) sowohl im Sommer als auch im Winter genutzt werden.

Fußgängerverbindungen
Die wichtigen Verbindungen zwischen Rathaus und Grüner Markt, zwischen Planie und Grüner Markt sowie zwischen Bahnhof und Planie werden gestärkt. Dies spiegelt sich in den Wegebreiten, den bevorrechtigten Straßenquerungen und den wegebegleitenden Baumreihen wider.

Klare definierte Straßenräume ermöglichen eine schnelle Orientierung und auch eine visuelle „Kontrolle der Straßen und Plätze. Es wird vorgeschlagen, die Erdgeschosszonen in den Neubauten mit öffentlichen Nutzungen zu aktivieren. Durch die Anordnung kleinerer Geschäfte (Café, Bäckerei, Eisdiele, Bar, Fitnesscenter) und durch eine entsprechende Straßenbeleuchtung werden sichere und lebendige öffentliche Bereiche geschaffen.

Die Fußgängerverbindung zwischen Alois-Harbeck-Platz und Planie sollte zur „Straße der Kulturen“ werden. Informationstafeln zu den Partnerstädten Puchheims könnten im Boden eingelassen werden, interaktive, punktuelle Spiele, Mosaike, Musikspiele und Kunstobjekte begleiten die Straße. Kommunikative Sitzangebote entlang der Straße laden zum Verweilen oder zu einer kurzen Rast ein.

Klar definierte Straßenräume auf der einen Seite kontrastieren mit den größtenteils schon bestehenden, natürlich angelegten Trampelpfaden unter den alten schattenspendenden Bäumen. Der Fröbelweg, als wichtige Fußwegeverbindung wird attraktiv in die Hügellandschaft integriert.

Neubauten
Die „Alte Schule“, als Identität stiftendes Gebäude wird in die neue Stadtstruktur integriert. Der Mehrzweckraum im Erdgeschoss und die Räumlichkeiten im Obergeschoss können für besondere Zwecke und als Treffpunkt für Vereine genutzt werden. Das Gebäude bildet zum Grünen Markt hin eine selbstbewusste Platzkante, auf der anderen Seite wird es Teil des neu geschaffenen Bildungscampus mit Volkshochschule, Bibliothek, Musikschule und Erweiterung. Verschieden maßstäbliche Baukörper liegen wie „Steine“ im Wegenetz des öffentlichen Raumes. Während die Raumkanten nach außen zu den Straßen und Plätzen hin eher hart und klar definiert sind, entwickeln sich die Baukörper zum Hof hin sowohl in Ihrer Anmutung als auch in Ihrer Höhe und Offenheit vielschichtiger. Die Zugänge zu den verschiedenen Einrichtungen liegen hier, hier trifft man sich, hier tauscht man sich aus, hier geht man Kaffee trinken.
Am Rathaus und neben dem Jugendzentrum werden Baukörper vorgeschlagen, die, ganz im Sinne des Entwurfsansatzes, eigene Orte definieren, Entrées ausbilden und urbane Atmosphäre generieren.

Der Wohn- und Geschäftsturm an der Ecke Kennedy-und Adenauerstraße wird ein neues Zeichen gesetzt. Er ist Bindeglied, lenkt um und schafft zugleich eine neue Quartiersadresse. Der Platz vor dem Quartiersbüro wird dadurch aufgewertet und zu einem attraktiven Bürgertreff mit einem Café und dem Wirtshaus Istrien umgestaltet.

Das neue Stadtzentrum in Puchheim sollte geordnet und klar definiert sein, aber auch differenziert, individuell und auf den menschlichen Maßstab bezogen auf der anderen Seite. Es sollte sowohl im architektonisch Formalen, im Stadträumlichen, aber auch im technisch Konstruktiven und Ökologischen zukunftweisend sein.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf nimmt sämtliche wichtigen stadträumlichen Wegebeziehungen zwischen Bahnhof, Rathaus, Planie und Puchheim Ort auf. Aus diesem Beziehungsgeflecht schöpft die Arbeit ihre Kraft und spannt in der neuen Mitte der Stadt ein Netz von qualitätvollen Verbindungen auf.

Im Mittelpunkt dieses Netzes schlagen die Verfasser einen markanten Stadtraum, den Grünen Markt, sowie einen kompakten, massiven Nutzungsschwerpunkt vor, der sowohl ein hohes Maß an Funktionalität als auch Identität für das neue Zentrum der Stadt Puchheim bietet.

Städtebaulich werden die beiden Seite der Alten Schule durch einen großzügigen Platzraum im Norden sowie einer urbanen Gassenstruktur im Süden bereichert. Gerade diese beiden Raumelemente bringen eine neue Maßstäblichkeit und Belebung des öffentlichen Raumes in die Stadt, die Bürgerinnen und Bürger auch zum Flanieren und Verweilen einlädt.

Den Auftakt dieser neuen Wegebeziehung stellt ein neu angelegter Hain an der Allinger Straße als Entree und wirksame Raumkante zum zentralen Platz des Grünen Marktes dar. Von dort zielt eine baumgesäumte „Straße der Kulturen“ auf die Eingangssituation hin zum Quartier Planie und lagert diesem Stadtteil mit einem zweiten dichten Boskett ein grünes Entree vor. Als skulpturales Pendant zum polygonalen Zentrum lenkt ein geknicktes Hochhaus die Wege- und Blickbeziehungen in das Quartier und formuliert den Übergang zwischen den verschieden genutzten Stadtvierteln.

Die Kompaktheit im Zentrum läßt eine sukzessive bauliche Realisierbarkeit erwarten, die bereits in einem frühen Stadium ihre räumliche Wirksamkeit entfaltet. Die Situierung des Erweiterungsbaus wird aufgrund der zu erwartenden Störungen während der Baumaßnahme kontrovers diskutiert.

Als einen weiteren, langfristig anzustrebenden Entwicklungsschritt schlagen die Verfasser eine optionale Bebauung des Pfarrhofgrundstücks vor, die das neue Zentrum zukünftig ergänzen kann, dabei aber stärker auf das Rathausvorfeld reagieren sollte.

Durch die Zusammenfassung von Volkshochschule und Musikschule in einem Baukörper ergeben sich Synergieeffekte zwischen den Nutzungen. Die Ergänzung mit gewerblichen Nutzungen im Erdgeschoss mit Läden und Cafes ermöglicht zusätzliche Belebung und Angebote, die jedoch um Verdrängungswettbewerbe zu vermeiden passend zur den Gemeinbedarfsnutzungen entwickelt werden müssten, wie z.B. Buchhandlung, Copy Shop, Musikalienhandlung, Blumenladen etc. Die Ausweisung weiterer kleinteiliger Gewerbeflächen im Ideenteil wird hingegen skeptisch beurteilt.

Die Gestaltung der polygonalen Baukörper im Anschluss an die Alten Schule reagiert mit Staffelgeschossen gut auf die vorgegebene Höhe des bestehenden Baukörpers. Auf der Seite des Grünen Marktes wird die große Platzfläche mit einem bodenebenen Wasserspiel außerhalb der Marktnutzung wohltuend belebt.

Die Arbeit stellt sich der Herausforderung des MIV und ruhenden Verkehrs und bietet entlang der Hauptverbindung Poststraße eine gut strukturierte und funktionale Erschließung mit klar formulierten Übergangsbereichen an. Besonders hervorzuheben ist die Idee einer erdüberdeckten Parkgarage, die ca. einen Meter in das Gelände der Kennedy-Spielwiese eingegraben wird. Der darauf entstehende Spielhügel erhält trotz Parkierung die großzügige Grünfläche. Trotzdem verbleibt ein Defizit von Stellplätzen, das durch geeignete Maßnahmen kompensiert werden müßte.

Insgesamt stellt die Arbeit einen hervorragenden Beitrag für die gestellte Aufgabe dar und bietet vielfältige Qualitäten und Ansätze für die Entwicklung eines identitätsstiftenden Stadtzentrums.
Perspektive der Verbindung Alten Schule Neubau

Perspektive der Verbindung Alten Schule Neubau

Lageplan

Lageplan

Modellfoto

Modellfoto