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Gutachterverfahren | 03/2015

Gartenstadt Perlach Baugebiet WA 6.2 – Quartiersplatz Hochäckerstraße

1. Preis

03 Arch. GmbH

Architektur

ver.de Landschaftsarchitekten Stadtplaner Partnerschaftsgesellschaft mbB

Landschaftsarchitektur

Beurteilung durch das Preisgericht

Typologie
Die Arbeit reagiert detailliert und konsequent auf die unterschiedlichen Lagequalitäten, Orientierungen und Herausforderungen des Grundstücks und entwickelt dabei eine hochinteressante und spezifische Gebäudetypologie.

Die gewerblichen Nutzungen des Einkaufens umfassen die öffentlichen Platzkanten auf voller Länge und bieten eine hohe Flexibilität in Nutzung und Teilbarkeit der Ladenflächen. Die Zuordnung der Ladengrößen zu den Lagequalitäten ist folgerichtig gewählt, so orientiert sich das Café nach Süden auf den Quartiersplatz und profitiert mit seiner Außenterrasse von der Südausrichtung und dem Abstand zur Hochäckerstraße. Zwischen Café und Citymarkt kann eine weitere Ladeneinheit wie z.B. die vorgeschlagene Metzgerei als autonome Einheit funktionieren, aber auch in Kombination mit dem anschließenden Nahversorger. Ein optional abtrennbarer kleiner Eckladen zur Hochäckerstraße bietet in unmittelbarer Nähe zur Bushaltestelle und Friedhof vielseitige Nutzungsmöglichkeiten die zur Belebung des Quartierseingangs beitragen.

Für den Nahversorger wird eine eingehauste Anlieferung von der Hochäckerstraße angeboten, die kleineren Läden können über den Platz angeliefert werden. Die Anfahrt zur Anlieferung wird kombiniert mit der Ausfahrt aus der Tiefgarage und erzeugt keine zusätzliche Einfahrsituation an der Hochäckerstraße. Die Entscheidung der Entwerfer getrennte Zu- und Abfahrten zur TG anzubieten überrascht zunächst, die dadurch entstehende Qualität in den Freiräumen ist sehr überzeugend.

Charakteristisches Element des Entwurfs ist ein kraftvoller steinerner Sockel der die vorgenannten Nutzungen funktional und formal zusammenfasst. Die Geschoßhöhe dieses Sockels wird mit 5,30m bewusst luftig gewählt und bietet ausreichend Platz für die technischen Einbauten im Einzelhandel, sowie die Möglichkeit zusätzliche Wohnnutzungen in einem Galeriegeschoß zu organisieren.
Den sich daraus ergebenden Vorteil schöpfen die Verfasser voll aus und schlagen in der Erdgeschoßzone zwei für das Quartier neue Wohntypologien vor:
Zum einen direkt an der Hochäckerstraße drei "Hybride", die das Wohnen mit einer teilgewerblichen Nutzung kombinieren. Direkt von der Straße wird über einen kleinen vorgelagerten Freibereich ein zweigeschossiger luftiger Raum erschlossen, der von Atelier, Showroom bis zu Laden oder Homeoffice vielseitig interpretierbar ist, sich zum rückwärtigen Garten zur Wohnnutzung transformiert und mit einem Schlafbereich im OG auch die notwendige Privatheit bietet.
Als zweiter Typus ergänzen einige 3-Zimmer-Gartenmaisonetten das Angebot. Diese werden back-to-back an den Nahversorger angedockt und zum ruhigen Innenhof geöffnet. Die dadurch bedingte einseitige Orientierung nach Osten wurde intensiv diskutiert, erscheint jedoch in der überschaubaren Anzahl der Einheiten sowie durch den Typus plausibel, da sie eine interessante und nachgefragte Wohnform darstellt und die niedrige Bebauung an der Hochäckerstraße doch einige Vormittagssonne erwarten lässt. Gegebenenfalls könnte die Wohnung hier mit einer Dachterrasse erweitert werden und böte dort zusätzliche Wohnqualitäten im Freiraum.

Die weiteren Wohnungen werden wie gewünscht als kompakte 2- und 3- Zimmer-Wohnungen in den Obergeschossen realisiert. Eine einzelne im Zwischengeschoß einseitig nach Norden orientierte Wohnung wurde dabei kritisch betrachtet trotz des schönen Ausblicks in den Park, die hier angeordneten Sozialräume, sowie Wasch- und Trockenräume bieten eine gute Alternative.
Der Entwurf verzichtet bewusst auf ein 4. Obergeschoß im nördlichen Baukörper und begründet dies nachvollziehbar mit dem kleinteiligen Wohnungsmix und der Anleitersituation. Von Vorteil ist dabei, dass alle Wohnungen dadurch von der Dachterrasse über EG mit der Handleiter erreichbar sind und der Quartiersplatz von Anleiterung freigehalten wird. Nachteilig sind geringfügige Effizienzeinbußen, die in der weiteren Bearbeitung zugunsten des Wohnens optimiert werden sollten.

Gestaltung
Die Ästhetik der Baukörper orientiert sich in Farbigkeit und Materialität am Gestaltungsleitfaden. Ungewöhnlich ist hingegen das allseitig umlaufende Erscheinungsbild der Gebäude, das bislang im Quartier nicht vorkommt, jedoch durch die Besonderheit der Nutzung und der Bedeutung des Ortes zwischen Quartiersplatz und Park gerechtfertigt ist. Das Eingangsgebäude des Quartiers erscheint als eine dreidimensionale Skulptur, die den Ort besetzt und die ihn umgebenden räumlichen Bezüge verdeutlicht. Die starke Horizontalität der Fassade mit umlaufender Bänderung verstärkt diesen Eindruck und ordnet die sehr unterschiedlichen Nutzungen wohltuend in einer gemeinsamen Formensprache.

Freiraum
Materialität und Ausformulierung des Vorplatzes und der Gartenbereiche werden positiv beurteilt. Über kleine Plattformen werden explizit Aufenthaltsbereiche im nördlichen Versickerungsband angeboten, die einen guten Übergang zum Park formulieren.
Kontrovers diskutiert wird die Wegeführung durch den östlichen Bereich mit Kinderspielplatz, da sie zum einen kürzere Wege insbesondere für die Bewohner am südlichen Treppenhaus bietet, andererseits aber auch zu unerwünschten Störungen durch Nichtanwohner führen kann. Die Wege-Breite erscheint hier reduzierbar, der Durchgang ggf. besser an der Schnittstelle zum Kindergarten situiert, eine nächtliche Schließung des Durchgangs mittels Tor denkbar.
Die Reduzierung der Baumwuchsordnung auf dem Quartiersplatz gegenüber den Vorgaben des Bebauungsplans wird unkritisch gesehen, da die Inseln mit Birnbäumen ein qualitätvolles und zum Gebiet passendes Freiraum-Element auf der Platzfläche darstellen und die angebotene Erhöhung der Anzahl der Bäume eine Kompensation zur Baumgröße bietet. Als positiv wurde die Ausbildung einer definierten Platzkante zum Gehweg bewertet, die gestalterische und organisatorische Zuständigkeiten eindeutig klärt und den Quartiersplatz sinnvoll begrenzt. Die Durchlässigkeit der Sitzinseln für diagonale Wegebeziehungen ist räumlich sinnvoll und bietet intime Aufenthaltsbereiche auf der Platzfläche an, die zum vis-a-vis und Verweilen einladen.
Das attraktive Angebot der Dachterrassen für die Bewohner des 1. OGs könnte um die Zugänglichkeit der Dachfläche für weitere Bewohner über die Feuerwehrtreppe bereichert werden.

Fazit
Dieser Beitrag wird zur Realisierung empfohlen.