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Nichtoffener Wettbewerb | 04/2015

Zehentplatz

Perspektive

Perspektive

2. Preis

Preisgeld: 15.000 EUR

Rainer Schmidt Landschaftsarchitekten und Stadtplaner GmbH

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

MERTINGEN MITTENDRIN
Mertingen, ein ursprünglich lineares Straßendorf, ergreift nun die Chance eine neue belebte Mitte zu formulieren. Der Zehentplatz wird zum Versammlungs- und Mittelpunkt der Gemeinde.
Ziel ist es den Zehentplatz, der jetzt eher Haltestelle als Platz ist, durch gemeinschaftliche Aktivitäten wiederzubeleben und einen zusammenhängenden einheitlichen Raum zu schaffen. Um möglichst viel Leben und Multifunktionalität auf dem Platz zu gewährleisten, sind eine Neuordnung des Verkehrs und eine großzügig aufgespannte Platzfläche nötig. Insgesamt wird ein harmonisches Gleichgewicht zwischen dem „alten“ Mertingen, dem Straßendorf, und dem „neuen“ Mertingen mit Umzug des Rathauses angestrebt. Das neue Café im Zottgebäude hilft mit seiner Außenbewirtschaftung Vitalität auf dem Platz zu schaffen.
Unterschiedlich gestaltete Bereiche auf dem Platz erzeugen eine Vielzahl von Freiraumqualitäten. Die Mitte des Platzes als freies Forum ermöglicht das Aufeinandertreffen verschiedener Nutzer und bietet Platz für Wochenmärkte, Feste, Nachbarschaftstreffen und z.B. die Aufstellung des Maibaumes. Die ebenerdige und befahrbare Brunnenanlage mit Wasserspiel belebt im Süden den Platz und kann für Wochenmärkte oder andere Nutzungen auch abgeschaltet werden, sodass diese Platzfläche multifunktional genutzt werden kann. Im Norden befindet sich eine Fläche aus wassergebundenem Bodenbelag, die sich besonders als Boule-Fläche für spielerische Aktivitäten eignet.
Um den Platz frei von Verkehr zu halten, wird die Ost-West-Hauptverkehrsverbindung an die südliche Platzkante verschoben und liegt ca. 10cm tiefer als die Platzfläche, aber im gleichen Plattenbelag wie der Platz. Die Nord-Süd-Verbindung verläuft entlang des Zottgebäudes mit gekennzeichneter Fahrspur als shared space über den Platz. Ebenfalls werden die Brunnengasse und die Riedstraße als shared space und als Einbahnstraße über die Platzfläche geführt, um eine zusätzliche Verkehrsberuhigung zu schaffen.
14 PKW-Kurzzeitstellplätze (davon drei Behindertenparkplätze) sind im nördlichen und südlichen Bereich des Platzes angeordnet sowie 15 Fahrradstellplätze westlich der Spielplatzfläche. Zwei Bushaltestellenhäuschen befinden sich entlang der Dr.-Steichele-Straße.
Ein einheitlicher Plattenbelag aus Granit fasst den Platz zusammen und setzt sich vom Außenraum deutlich ab, um die Eigenständigkeit des Platzes zu unterstreichen. Parkplätze und Fahrspuren sind in die Belagsstruktur integriert und werden mit Fahrbahnmarkierungsnägeln b.z.w. mit flachen Bordsteinen (Ost-West-Verbindung) gekennzeichnet. Die neu gestalteten Wegeverbindungen außerhalb des Platzes werden mit hellem Kopfsteinpflaster ausgeführt.
Im Westen bildet eine Spielplatzfläche mit Spielgeräten auf Rasenbereichen den Übergang zur Wohnbebauung dar. Im südlichen Bereich des Platzes wird der existierende Brunnen in einen zeitgenössisch interpretierten Bauerngarten eingebettet und bildet einen eigenständigen Raum innerhalb der Platzfläche.
Zwei markante lange Sitzelemente aus Stahl mit Sitz- und Rückenlehnen aus Holz befinden sich entlang der Boule-Fläche und der Wasserfontänen und werden nachts stimmungsvoll beleuchtet.
Baumreihen aus heimischen Baumarten schaffen weitere Raumkanten und fassen den neuen Platz.
Die klare Formensprache des neuen Zehentplatzes schafft in Mertingen ein Zentrum für eine kommunikative Nachbarschaft und einen identitätsstiftenden Ort, der ein Wohlfühlen und Austauschen im eigenen Dorf ermöglicht.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Wettbewerbsbeitrag besticht durch seine klare städtebauliche Grundkonzeption: Durch das Verschwenken der Hauptstraße nach Süden wird eine große Platzfläche geschaffen. Die Hauptstraße wird in einer gefälligen Linie geführt. Der Zehentplatz ist als einheitlicher steinerner Platz konzipiert, der Freiraum für verschiedene Nutzungen bietet.

Die große Platzfläche wird in einen nördlichen und einen südlichen Teil zoniert. Der nördliche Teil ist durch die Abkehr von den Hauptverkehrsströmen als ruhiger Bereich ausgebildet. Hier wird ein Boulefeld angeregt und ein Spielplatz vorgeschlagen, der ein plausibles Nutzungsangebot darstellt. Der größte Teil des Platzes bleibt frei. Die Verfasser schlagen vor, diese Fläche durch Mobiliar und ein Brunnenfeld zu gliedern. Die gestalterischen Gesten (lange Sitzbänke, Beleuchtungskörper, Brunnen) wirken überzogen und dem Ort nicht angemessen. Die räumliche Fassung des Platzes durch Baumreihen überzeugt nicht. Der Platz wirkt in der Durcharbeitung eine Spur zu urban, ihm fehlt eine Zentrierung.

Die Stellplätze sind in ausreichender Anzahl im Süden zu Ungunsten einer bedarfsorientierten dezentralen Verteilung in räumlicher Nähe zu den Dienstleistungsnutzungen angeordnet. Die räumliche Konzentration ist funktional nicht angemessen.
Die Nord-Südverbindung verläuft abgegrenzt durch Bodennägel quer über den Zehentplatz und zerschneidet diesen mit einer nicht geringen Verkehrsfrequenz. Die Anschlusspunkte dieser Verbindung im Norden an die Wörthfeldstraße/Riedstraße und im Süden an die Dr.-Steichele-Straße wirken geometrisch ungelenk, die Anschlussradien funktionieren nicht. Die Positionierung der Bushaltestelle direkt an der Einmündung der Nord-Süd-Verbindung erscheint aus Sicherheitsgründen problematisch.

Die ost-west-orientierte Hauptstraße wird durch eine Abfolge von Plätzen strukturiert. Diese wirken in ihren differenzierten Charakteren sehr charmant und schlüssig. Der Bauerngarten im Süden des Zehentplatzes lässt auf einen hohen Pflegeaufwand schließen. Eine Baumreihe nördlich der Dr.-Steichele-Straße nimmt keine Rücksicht auf das künftige Verwaltungsgebäude von Zott und die historisch gewachsene städtebauliche Grundstruktur des Ortes. Fragwürdig ist die sehr prominente Anbindung der Mühlau an die Hauptstraße, die nicht funktionsgerecht erscheint. Positiv überzeugt, dass es eine klare Hierarchie der Oberflächenmaterialien gibt. Die Straßen sind im Wesentlichen in Asphalt ausgeführt, der Platz in hochwertigem Granitbelag. Der Entwurf zeichnet sich durch eine wirtschaftliche Angemessenheit aus. Ob die Platzfläche durch die Materialwahl über die Hauptstraße nach Süden fortgesetzt werden muss, ist zu hinterfragen.

Insgesamt stellt der Beitrag einen wertvollen Diskussionsbeitrag für die städtebauliche Aufgabe dar. Die räumlichen und kompositorischen Qualitäten der Platzräume weisen deutliche Defizite auf.
Beleuchtungskonzept

Beleuchtungskonzept

Lageplan Gesamtkonzept

Lageplan Gesamtkonzept

Längsschnitt

Längsschnitt

Lageplan Zehentplatz

Lageplan Zehentplatz

Querschnitt

Querschnitt