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Nichtoffener Wettbewerb | 04/2015

Sanierung des Rathauses

Perspektive Atrium EG

Perspektive Atrium EG

1. Preis

Preisgeld: 38.000 EUR

ff-Architekten und Andreas Schwarz Architekt

Architektur

HDH Ingenieurgesellschaft für technische Gebäudeausrüstung mbH

TGA-Fachplanung

2B Planungsgesellschaft mbH

Bauingenieurwesen

Bau² ‐ Bauingenieurin für Bauphysik

Bauphysik

Brandkontrolle Andreas Flock

Brandschutzplanung

Andreas Schwarz Architekt

Architektur

ff-Architekten Feldhusen Fleckenstein

Architektur

Erläuterungstext

Ausgangspunkt
Das Rathaus in Frankfurt/Oder ist durch verschiedene Bauphasen unterschiedlicher Epochen bestimmt.
Der älteste Bauteil stammt aus dem 13.Jh., 1913 wurde das Gebäude maßgeblich erweitert. Beide Bauphasen prägen heute das Erscheinungsbild des Rathauses im städtischen Raum. Nach Kriegszerstörungen mit veränderter Dachlandschaft wiederaufgebaut wurden in den 1970er Jahren umfangreiche Sanierungs- und Umbaumaßnahmen durchgeführt. In diesem Zuge wurde, ausgehend von einer städtebaulichen Neuausrichtung, der Haupteingang zum südlichen Marktplatz hin orientiert. Die Neuorganisation der Erschließung und die Schaffung zusätzlicher Nutzfläche im Dachraum waren die maßgeblichen Eingriffe.
Das Rathaus ist stark sanierungsbedürftig und durch verschiedene Baumaßnahmen in Teilbereichen umgestaltet. Gegenstand des Wettbewerbs ist neben der energetischen Sanierung der Gebäudehülle und der Erneuerung der haustechnischen Anlagen, die Schaffung der Barrierefreiheit im gesamten Gebäude.
Gleichzeitig gilt es, die Lage der verschiedenen Nutzungsbausteine zu prüfen und schlüssig zu strukturieren. Für diese Maßnahmen ist ein Masterplan in Bauabschnitten zu entwickeln.

Zielsetzung
Das Rathaus ist der zentrale Ort, an dem die Belange der Stadt ausgehandelt werden – das Rathaus ist Ausdruck einer demokratischen Kultur, die durch die Bürgerinnen und Bürger der Stadt getragen wird. In diesem Sinne ist das Rathaus als ein Bürgerhaus zu verstehen, ein Ort des Gemeinwesens. Die erforderliche Sanierung des Rathauses bietet die Chance, diese ursprüngliche Bedeutung des Gebäudes wieder in den Vordergrund zu stellen und das Gebäude als offenes, lebendiges Bürgerforum zu entwickeln.
Vor allem der Gebäudeteil aus dem 13. Jh. mit seinen beeindruckenden Gewölbekonstruktionen bietet hervorragende Vorrausetzungen für die Akzentuierung der öffentlichen und repräsentativen Aufgaben des Gebäudes. Ziel des Entwurfs ist es, diese in der historischen Bausubstanz angelegten Potentiale zu aktivieren und in seinen Teilen zu einem Ganzen zusammenzuführen - und damit dem Gebäude eine neue Lesart zu verschaffen.

Entwurfskonzept

Transformation / Hof als Atrium
Ausgangspunkt des Entwurfskonzeptes ist die Umwandlung des ehemaligen Wirtschaftshofs zu einemAtrium. Voraussetzung ist der Rückbau der bestehenden Hofüberdachung über dem Erdgeschoss. Foyer und Atrium werden auf diese Weise ebenengleich zu einer räumlichen Einheit verbunden. Das mit Oberlichtern perforierte Atriumdach wird auf der Ebene über dem 2. Obergeschoss eingebracht. Mit dieser baulichen Intervention erhält das Gebäude eine neue Zentrierung - das Atrium wird als zentraler Raum des Rathauses entwickelt. Durch die Öffnung und Wiederherstellung der bestehenden Bögen in der Wand zum Westflügel, wird die Ausstellungs- und Veranstaltungshalle an das Atrium angebunden, die damit eine
neue Foyer- und Zugangssituation erhält.
Gleichzeitig übernimmt das Atrium die Aufgabe des zentralen Verteilers: eine großzügige Treppenanlage stellt die Haupterschließung für das 1. und das 2. Obergeschoss dar. Das bereits sanierte Bürgeramt wird ebenfalls an das Atrium angebunden - dieses kann als erweiterter Wartebereich dienen.

Raumebenen
In der Schnittfigur des Gebäudes werden zwei Raumebenen akzentuiert: das Erdgeschoss als Eingangsebene und das 2. Obergeschoss als öffentliches Saalgeschoss mit den Versammlungsräumen, den Räumen für den Bürgermeister sowie dem Trausaal. Das 1. und das 3. Obergeschoss dienen als Zwischengeschosse überwiegend für Büro- und Verwaltungsfunktionen. Mit dieser Akzentuierung des 2.Obergeschosses wird die Lesbarkeit der durch das historische Rathaus vorgegebenen Gebäudestruktur herausgearbeitet, sowie die Orientierung im Gebäude übersichtlich strukturiert.
Um das repräsentative Saalgeschoss in der Schnittfigur hervorzuheben, wird im Atrium eine umlaufende Galerie eingefügt, die an die verschiedenen Höhenniveaus des Gebäudebestands anschließt. Die Erschließungsbereiche des Saalgeschosses werden über die umlaufende Galerie in das Atrium erweitert
und in diesem zusammengeführt. Gleichzeitig gelingt damit die barrierefreie Verbindung aller Raumbereiche auf dieser Ebene. Die mit der Galerie geschaffene räumliche Gliederung des Atriums erzeugt eine dem Rathaus angemessene Maßstäblichkeit.
Die Fassaden des neuen Atriums, die bedingt durch die ursprüngliche Anforderung als Wirtschaftshof lediglich durch die Fensterformate gegliedert wurden, erhalten durch die Galerie ein neues horizontal gliederndes Element. Die bestehenden Fensteröffnungen werden punktuell zu Durchgängen erweitert.
Geschlossenen Wandoberflächen erhalten einen im unteren und oberen Bereich leicht differenzierten neuen Verputz. Galerie und Dach werden davon leicht abgesetzt.

Ausstellungsbereich ‚Junges Museum’
Der Bereich Junges Museum wird zurzeit unabhängig von den Aktivitäten des Rathauses betrieben. Es wäre wünschenswert, die kulturellen Aktivitäten des Jungen Museums enger mit dem Rathaus zu verknüpfen – und Synergien zwischen beiden Einrichtungen zu schaffen. Der Entwurf sieht vor, den Ausstellungsbereich an das Atrium anzubinden, indem Bögen des Altbaus geöffnet werden. Der
Ausstellungsbereich lässt sich somit in das Atrium hinein erweitern, umgekehrt können Veranstaltungen im Rathaus den Ausstellungsbereich einbeziehen. Inwieweit die Träger des Museums diesen Schritt
begleiten, oder ob andere Betreiberformen für den Ausstellungsbereich entwickelt werden müssen, kann nur im weiteren Planungsprozess ermittelt werden.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Entwurfsverfasser überzeugen mit hoher gestalterischer Qualität. Es gelingt ihnen, mit der Anlage eines überdachten Hofes, ein vielschichtiges, lebendiges und zentrales Atrium im Rathaus zu schaffen, das weit mehr als eine bloße Erschließungsfunktion übernimmt. Unter Beibehaltung des heutigen Haupteingangs, dessen schöne Grundstruktur heraus präpariert wird, werden mit diesem neuen Atrium das gesamte Gebäude übersichtlich erschlossen und alle Funktionen zusammenge-bunden. Besonders gelungen ist, dass das Atrium auch von der Ebene des Stadtverordnetensaals er-lebbar wird. Damit erhält das Atrium einen starken Forumscharakter, die Idee des Hofs bleibt im Grundsatz – allerdings überdacht – erhalten. Aus Sicht der Denkmalpflege wird der Entfall des offe-nen Innenhofes allerdings deutlich kritisiert. Die Hofüberdachung erfolgt über dem 3. Geschoss und erhält damit nur noch im Ansatz den Innenhofcharakter. Die Überdachungslösung des Atriums als Stahlkonstruktion mit den runden Lichtöffnungen überzeugt durch eine schöne Deckengestaltung. Die konstruktive Lösung für die Lastabtragung ist schlüssig dargestellt und überzeugend. Die Anlage der vertikalen und horizontalen Erschließungswege, die um das Atrium herum gelegt sind, erzeugt Begegnung, sichert Barrierefreiheit und gewährleistet eine bessere Übersichtlichkeit und Orientierung in Bezug auf die Erreichbarkeit der einzelnen Funktionen und Räume im Gebäude. Die Ausstellungshalle für das Museum Junge Kunst ist ebenfalls direkt verbunden, was im Übrigen aus einer klimatischen Misere für die Ausstellungsräume heraus hilft. Die Gewölbe des mittelalterlichen Archiv-anbaus werden aber zugunsten eines modernen Treppeneinbaus zerstört. Die Ostwand des mittelal-terlichen Baus wird in mehreren Ebenen deutlich zu opulent perforiert.
Das Preisgericht würdigt die Interventionen des Entwurfs. Diese sind ansonsten zurückhaltend und ergeben sich im historischen Bestand bzw. unter großer Rücksichtnahme gegenüber dem histori-schen Bestand. Die Aufbauten der siebziger Jahre werden zurückgebaut. Hier würde sich die Denk-malpflege jedoch eine stärkere Orientierung an die bauzeitliche Fassung wünschen. Die Funktions-verteilungen über die unterschiedlichen Geschosse werden positiv bewertet. Der Stadtverordneten-saal, die Besprechungsräume und das Büro des Oberbürgermeisters sind auf einer Ebenen angeord-net. Der Trausaal sollte jedoch wieder näher an den Eingangsbereich in das Erdgeschoss verlegt wer-den. Der Umgang mit der historischen Wandelhalle hat das Potenzial, durch die dort angeordneten Funktionen, eine noch eine höhere Transparenz und Freistellung der Säulen zu erreichen. Die De-montage des inneren Erkers in der Ostfassade wird allgemein kritisiert. Die Unterbringung haustechnischer Anlagen im Dachgeschoss des mittelalterlichen Gebäudeteils wird konstruktiv kritisch gesehen. Die Maßnahmen für den ersten Bauabschnitt sind bei Einhaltung der Kostenobergrenze gut ge-wählt, zumal die Wiederherstellung des Stadtverordnetensaals darin enthalten ist. Die eigenen Angaben zu den Gesamtkosten erscheinen realistisch.
Der Verfasser stellt ein, bezogen auf die Aufgabenstellung, ganzheitliches Energiekonzept vor. Der Heizwärmebedarf wird durch Erneuerung/Sanierung von Fenstern, die Zusatzwärmedämmung von Dächern und Geschossdecken sowie durch die Innendämmung von Außenwänden deutlich vermin-dert. Maßnahmen zur Innendämmung sind noch nicht abschließend ausgereift, Maßnahmen zur Ver-besserung der Tageslichtnutzung und zur Minderung der solaren Einstrahlung der Büros fehlen. Das haustechnische Konzept ist ansonsten schlüssig und im Ansatz innovativ.
Der Entwurf mit dem zentralen Raum des Atriums spiegelt in vorbildlicher Weise die zentrale Funktion des Rathauses als Ausdruck der demokratischen Selbstverwaltungsstruktur. Es entsteht ein Kommunikationszentrum, das einer modernen Verwaltungsphilosophie entspricht und das sich auch hervorragend für repräsentative Veranstaltungen eignet.
Perspektive Gallerie Saalgeschoss

Perspektive Gallerie Saalgeschoss

Grundriss Erdgeschoss

Grundriss Erdgeschoss

Grundriss 1. Obergeschoss

Grundriss 1. Obergeschoss

Grundriss 2. Obergeschoss (Saalgeschoss)

Grundriss 2. Obergeschoss (Saalgeschoss)

Grundriss 3. Obergeschoss

Grundriss 3. Obergeschoss

Grundriss 4. Obergeschoss

Grundriss 4. Obergeschoss

Schnitt mit Blick nach Westen Stadtverordnetensaal / Eingang Rathaushalle

Schnitt mit Blick nach Westen Stadtverordnetensaal / Eingang Rathaushalle

Schnitt mit Blick nach Osten Eingang Bürgeramt

Schnitt mit Blick nach Osten Eingang Bürgeramt

Schnitt mit Blick nach Süden Haupteingang und Haupterschließung

Schnitt mit Blick nach Süden Haupteingang und Haupterschließung

Isometrie Erschließungsdiagramm

Isometrie Erschließungsdiagramm

Detailschnitt Stadtverordnetensaal / Atrium

Detailschnitt Stadtverordnetensaal / Atrium