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Offener Wettbewerb | 05/2015

Bahnhofumfeld

1. Anerkennung / Freiraumplanerischer Realisierungsteil

Preisgeld: 3.000 EUR

koeber Landschaftsarchitektur GmbH

Landschaftsarchitektur

Jürgen Böbel Freier Architekt

Architektur

Erläuterungstext

Städtebau
Die Innenstadt von Göppingen ist geprägt von einer orthogonalen, kleinteiligen Blockstruktur. Diese Charakteristik wird entlang der Bahnhofstraße aufgenommen. Eine gegliederte Baustruktur aus Stadtbausteinen, die sich in ihrer Körnigkeit am Bestand orientieren, bildet zusammen 4 Stadtkarrees. Als Nutzung ist eine Mischung aus Wohnen und Arbeiten geplant. Notwendige Stellplätze werden in 4 Tiefgaragen untergebracht, Kurzzeitparker entlang der Stichstraßen.
Das neue gewerbliche Hochhaus im Westen des Wettbewerbsgebietes markiert die südliche Stadteinfahrt von Göppingen. Analog zum Hochhaus an der Sonnenbrücke am östlichen Stadteingang besetzt das neue Hochhaus zeichenhaft die Süd-West-Ecke des Hochhausringes um die Kernstadt.
Das neue städtische Verwaltungszentrum entwickelt sich mäanderförmig entlang den Bahngleisen und fasst den Bahnhofplatz sowohl nach Westen als auch nach Süden. Das Gebäude ist - analog zum bestehenden Kreissparkassenneubau - fünf-geschossig. Die Büroeinheiten entwickeln sich um zwei unterschiedlich gestaltete Innenhöfe. Die Zugänge zur Eingangshalle – die als Passage organisiert ist - liegen am Bahnhofplatz, im Süden zu den Stellplätzen und im westlichen Eingangshof mit der direkten Anbindung zur Bahnhofstraße, wo auch die Fahrradabstellplätze angeordnet sind. Eine Realisierung in Bauabschnitten ist angedacht und möglich. Ein weiteres gewerbliches Gebäude schließt sich in Richtung Westen als fünf-geschossiger Baukörper auf dem Grundstück an. Das vorgeschlagene Verkehrskonzept wird weitest gehend übernommen, eine direkte Fußgängerverbindung von der Jebenhäuser Brücke mittels Treppen- und Aufzuganlage zur Innenstadt hergestellt. Die geforderten 40 Stellplätze sind oberirdisch entlang den Bahngleisen vorgesehen.
Zwischen dem neuen Hochpunkt und dem Bahnhofplatz entsteht um das alte Zollhaus ein öffentlicher Grünbereich, der einen Puffer zu den geplanten Stadtkarrees entlang der Bahnhofstraße und zu den Bahngleisen im Süden herstellt. Die Stadteinfahrt sowohl mit dem Zug von Westen als auch mit dem Auto von Süden führt künftig durch diesen Grünbereich, der bislang ein heterogenes Erscheinungsbild aufweist. Hier werden Angebote für beiläufiges Spiel und informellen Sport geschaffen. Ein gastronomisches Angebot im Zollamt oder in den geplanten historischen Bahnwaggons könnte den Raum bereichern. Die Verladerampe am Zollamt wird zur Bühne im öffentlichen Raum.

BAHNHOFSPLATZ
Der neue großzügige Platzraum vor dem Bahnhof nimmt die gesamte Fläche zwischen den platzbegrenzenden Gebäuden ein. Der Straßenraum integriert sich in den Platzraum, indem er wie der Bahnhofsplatz mit einem Mosaik aus Werksteinen, jedoch kleiner im Format als auf dem Platz, bedeckt ist. Drei Richtungen bestimmen den Platz: die Fassaden des Bahnhofs, der Sparkasse und des denkmalgeschützten Gebäudes auf der Westseite des Platzes. Parallelen zu diesen Richtungen sind Wasser- und Lichtlinien. Die Möblierung richtet sich zudem danach aus. Einzig die Bepflanzung mit licht aufgebauten, fiederblättrigen Bäumen stellt sich in Form von lockeren Baumgruppen und Einzelbäumen dar. Die Bäume akzentuieren die wichtigen Bewegungsrichtungen auf dem Platz in subtiler Form und schaffen auf dem Platz in zurückhaltender Weise räumliche Verdichtungen. Es entsteht Aufenthaltsqualität, Maßstab und Atmosphäre.
Ein neues Dach spannt nahezu über die gesamte Südseite des Platzes. Es ersetzt das kleine, bislang auf den Eingang zum Bahnhof ausgerichtete Vordach und sorgt für einen der neuen Platzgröße angemessenen, gedeckten Außenbereich. Es ist gleichzeitig Passerelle und verbindet den Haupteingang mit dem Zugang zur Tiefgarage und den Taxiständen. Der reduzierte, architektonische Ausdruck des Daches nimmt Bezug zum Bahnhofsgebäude und wird durch ein horizontales Element und durch die auf das statische Mindestmaß zurückgenommenen Stahlstützen dargestellt.
Die Landschaft um Göppingen ist aus Wasser geformt. Deshalb spielt Wasser an dieser Stelle eine zentrale Rolle. Den Aufgang und den Aufzug aus der Tiefgarage auf den Platz begleitet eine doppelschalige, mit Wasser gefüllte Glaswand. Sprudelnde Luftblasen im Wasser steigen mit auf und erzeugen durch eine farbige Beleuchtung einen unverwechselbaren Effekt bei Nacht. Die Wand integriert die Tiefgaragenzufahrt in die Platzgestaltung. Eine zweite, kürzere Wand bindet den Glasaufzug und den Treppenaufgang ein. Eine Galerie aus Bodenfontänen bespielt die Platzmitte und formt eine dritte Wasserkulisse vor den beiden Wasserwänden.
Die Grundbeleuchtung baut auf blendfreiem Licht mit Reflektorleuchten auf. Die atmosphärische Beleuchtung orientiert sich wiederum an den Hauptrichtungen des Platzes, indem die darauf ausgerichteten Wasserlinien und Sitzgelegenheiten mit Licht nachgezeichnet werden. Das Vordach erhält eine Lichtdecke. Die Fassade des denkmalgeschützten Gebäudes wird mittels einer Fassadenbeleuchtung in Szene gesetzt.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die kleinteilige Bebauungsstruktur der Göppinger Innenstadt wird übernommen und in vier Stadtkarrees übertragen, die entlang der Bahnhofstraße angeordnet werden. Die Nutzungen mit Wohnen und Arbeiten lässt Spielräume offen. Die Bestandsgebäude werden selbstverständlich integriert. Entlang der Bahn entsteht das Verwaltungszentrum in Mäanderstruktur. Die 5-Geschossigkeit der KSK wird aufgenommen und bildet ein gelungenes Pendant zur denkmalgeschützten Villa. Das östliche Ende des Verwaltungszentrums wird in einer L-Form ausgebildet und schafft ein großzügiges Entree, ist jedoch mit der Verkehrsführung nicht realisierbar. Gleichzeitig bildet es einen definierten Abschluss der Südwestlichen Platzecke. Hier ist eine Sonderform für eventuelle Gastronomie vorgesehen, jedoch könnten andere Nutzungen wie z.B. Mobilitätszentrale/I-Punkt angeordnet werden.

Das Zollamt wird erhalten und bildet den logischen Endpunkt der bahnzugewendeten Spange. An dieser Stelle markiert der gewerbliche Hochpunkt die Südwest Ecke der Jebenhäuser Brücke in Nachbarschaft zum Gewerbe der Fa. Schuler. Zwischen den Baulichen Strukturen entsteht eine Freiraumfuge. Sie entwickelt sich in Ost-West-Richtung aus dem urbanen Bahnhofplatz über eine steinerne Passage mit grünen Vegetationsinseln am ZOB zu einem extensiven Grünraum entlang der Jebenhäuser Brücke. Das ehemalige Zollamt wird durch Gastronomie, einen Spielbereich, eine historische Bahn und eine öffentliche Bühne als besonderen Punkt hervorgehoben. Die Verfasser entwerfen ein solides städtebauliches Gerüst, das auch zukünftige Entwicklungen ermöglicht.

Der Platz wird durch einen einheitlichen Pflasterbelag im römischen Verband bis zu den Gebäudekanten als großzügiger zusammengehöriger Stadtraum ausgeführt.

Die Funktionsräume wie z.B. TG- Zu- und Abfahrten, Taxi, Kiss & Ride etc. werden selbstverständlich in die Platzfigur integriert. Das eingeschossige Vordach für den Bahnhof unterbricht die großen vertikalen Fenster und stört die Anmutung der Fassade. Fontänenreihen und Entwässerungsrinnen und Baumsetzungen unterstützen die Bewegungsabläufe der Benutzer. Die Sitzmöglichkeiten sind räumlich sinnvoll in den Randbereichen im lichten Baumschatten als Verweilmöglichkeiten angeboten, überzeugen im Detail jedoch nicht. Die gläsernen Wasserwände sind sehr artifiziell und wirken unangemessen für einen öffentlichen Platz.

Die differenzierte Auswahl der zu beleuchtenden Fassade der Bahnhofstraße 6-Villa wird positiv gewertet, ebenso die klare Akzentuierung der Beleuchtung von Gestaltungselementen und des Stadtmobiliars. Die Anordnung und Art der Mastleuchten mit Sekundärreflektoren wird in Frage gestellt.

Insgesamt handelt es sich um einen schlüssigen und praktikablen Platzentwurf, dem allerdings ein identitätsstiftendes Alleinstellungsmerkmal fehlt.