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Nichtoffener Wettbewerb | 06/2015

Neubau der Grundschule Ludwig-Weber-Schule

Anerkennung

Preisgeld: 6.125 EUR

gernot schulz : architektur GmbH

Architektur

Erläuterungstext

Leitideen

Die primäre Entscheidung ist eine maßstäbliche. Wir schlagen vor, den gesamten Schulbau zweigeschossig und als Haus-/Hof-Folge zu entwickeln. Entlang einer zentralen Schulstraße orientieren und verteilen, treffen und sehen sich Schüler und Pädagogen. Ringförmige Erschließungen in den Klassenhäusern schließen ein „sich verlaufen“ aus und einen Innenhof als jeweils privaten Freiraum der Lerngruppen ein. An den jeweiligen Enden der Schulstraße können die Erweiterungen in logischer Fortsetzung des Haus-/Hof-Konzepts entstehen. Gleichzeitig ermöglichen die Positionierungen der Erweiterungsstufen einen höchstmöglichen Schutz der Nutzung des 1.Bauabschnitts im Falle weiterer Bautätigkeiten.

Haus – Hof – (Schul-)Straße – Klassenraum – Gruppenraum – Rückzugsbereiche.

Der Raumkanon folgt dem pädagogischen Konzept des fließenden Übergangs vom Kindergarten in die Grundschulzeit, indem eine den Kindern aus dem täglichen Leben vertraute Struktur aus Raumhierarchien für den Schulneubau genutzt wird. Den jungen Schülern wird somit ermöglicht aufgrund vertrauter Typologien und Maßstäbe Vertrauen auch in den neuen Lebens- und Lernabschnitt zu haben.

Insbesondere die Eingangsstufe erhält im Westen – in örtlicher Nähe zum benachbarten Kindergarten – ein eigenes „Haus mit Hof“ als Schutz- und Übergangsbereich. Gleichzeitig vermag die vorgeschlagene – einer kleinen Stadt nicht unähnliche – Raumstruktur den Bau als „dritten Pädagogen“ neben den Eltern und Lehrern für die Kinder erlebbar zu machen und das gesellschaftlich demokratische Miteinander täglich zu üben und zu praktizieren.

Natürliche Materialien (Beton, Klinker, Holz, Glas) und ein wohnliche Ausstattung der Rückzugsräume werden den Neubau im Außen- und Innenbereich prägen und die Schule als „zweites Zuhause“ der Schüler erlebbar machen. Die Wertigkeit der Materialien ist ein besonderes Anliegen, um dem Haus ein würdiges Altern und hohe Alltagstauglichkeit bei gleichzeitig geringen Instandhaltungskosten zu sichern.



Stadt, Raum, Funktion

Der Neubau wird im nördlichen Grundstücksteil angeordnet. Die Setzung aus verspringenden Häusern und Höfen macht sich bewusst klein zur umgebenden 3- bis 8-geschossigen Bebauung. Den drei Höfen werden Funktionen zugeordnet: Außenraum der Eingangsstufe im Nordwesten, Sporthof im Nordosten und Eingangshof im Süden, der zum landschaftsarchitektonischen gestalteten großen Garten im Süden überleitet.

Die interne Schulstraße in Ost-West-Richtung ermöglicht die Erschließung von beiden Seiten. Die Haupterschließung von Osten führt in einer Raumsequenz über den Schulhof mit ersten Einblicken in die Sporthalle zum Eingangshof der Schule. Hier besteht die Möglichkeit Außensitzplätze der Schulmensa anzuordnen und erste Blickkontakte zu der Schulstraße aufzunehmen. Bei Schulfesten ist dies der zentrale Veranstaltungsort mit großzügig zu öffnender Fassade zum zentralen Mehrzweckbereich.

Aus der beschriebenen Außenraumfolge und dem fließenden Übergang aus Außen- und Innennutzungen wird das eigentliche Eintreten in die Schule von den Kindern nicht als „Schwelle“ empfunden. Vertrautheit und gesellschaftlich demokratisches Miteinander sind auch hier das Ziel.

Der abendliche Zugang für Drittnutzer der Sporthalle führt ebenfalls über die westliche Annäherung direkt zum Eingangsraum am Anfang/Ende der Schulstraße im Westen. Auch die optionale zweite Sporthalle kann von hier direkt erreicht werden.

Die konsequente Zweigeschossigkeit des Gesamtbaus und das Ausbilden einer internen Schulstraße ermöglicht ein hohes Maß an Kommunikation im Haus, das Ausbilden von „Häusern“ mit Innenhöfen dagegen bietet Rückzugsbereiche für die Lerngruppen. Eine offene zentrale Treppenanlage vis-à-vis des zur Schulstraße öffenbaren und erweiterbaren Mehrzweckbereichs verbindet die Geschosse. Im 1. OG befindet sich mit Blick auf Schul- und Eingangshof der Pädagogenbereich.



Konstruktion und Material und Energetik

Der Rohbau des Gebäudes wird aus Stahlbeton erstellt. Die Innenstruktur entsteht als Skelettbau mit Rippen-/Kappendeckenstruktur. Rohbauteile verbleiben sichtbar. Beleuchtung und – wo notwendig – Schallabsorptionsmaßnahmen werden zurück versetzt in die Zwischenrippenbereiche integriert.
Zwischenwände zu Verkehrsflächen werden als Klinkerwände – in Entsprechung zum Fassadenmaterial – erstellt, Innenwände von Klassen- und Differenzierungsräume als holzbekleidete Leichtbauwände. In diese können Maßnahmen zur Schallabsorption sowie Einbauschränke optional integriert werden.
Böden in den Verkehrsflächen werden mit Betonwerksteinplatten, Klassen und Differenzierungsräume mit Parkett belegt. Die abgestufte Materialität der Innenräume verstärkt die Lesbarkeit als „kleine Stadt“ und hebt über die Materialwechsel die Klassen- und Differenzierungsräume als Rückzugsbereiche hervor. Wunsch wäre, dass sich die Möblierung dieser Räume ebenfalls unterscheidbar und „wohnlicher“ als die Möblierung von Gemeinschaftsbereichen gewählt und entwickelt wird.

Für die Fassade ist eine Tektur aus Klinkervorsatzschale und Betonfertigteilen entwickelt. Die Betonteile springen zu den Klinkerflächen um eine Drittel Steinstärke zurück, die Fenster (mit Holzrahmen) springen nochmals um volle Steinstärke zurück. Es entsteht – in feiner Tektonik, daraus resultierenden Schattenbildungen und in kontrastierendem Ausdruck aus glatten Betonfertigteiloberflächen, handwerklich rauhen Klinkerflächen, präzis gefügten Holzfenstern und textilen Sonnenschutzelementen – ein Haus mit zeitlos nachhaltiger Materialität.

Die energetische Zielsetzung entspricht dem Passivhausstandard. Das Verhältnis geschlossener hochgedämmter zu verglasten Fassadenflächen ist sorgfältig abgewägt. Die Integration der Sporthalle in die Kubatur verringert die Gesamtfassadenfläche gegenüber einem separat ausgewiesenem Gebäude.
Das dachseitige Schließen der Innenhöfe als thermische „Puffer“ sollte im weiteren Planungsverlauf geprüft werden, um die thermischen Hüllfächen zu minimieren und diese Bereiche ganzjährig nutzbar zu machen. Die Dachflächen stehen für Photovoltaik und/oder Solarzellen zur Verfügung.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfasser schlagen eine zweigeschossige Haus-Hof-Folge vor. Die Baumasse wird tief in das Grundstück parallel zur rückwärtigen Grundstücksgrenze platziert, wodurch ein langer Weg zum Eingang in Kauf genommen wird.

Die Platzierung der Baukörper des 2. BA werden folgerichtig an der internen Erschließungsachse angedockt. Die logistische Umsetzung des weiteren Klassentraktes ist jedoch auf Grund seiner rückwärtigen Lage erschwert.

Die Funktionalität der Schule wird der gewünschten Willkommenskultur nicht gerecht. Die Auffindbarkeit der Ansprechpartner aus Verwaltung und Betreuung sind erschwert auf Grund ihrer Lage im Obergeschoss. Diese ist auch in Bezug auf die gewünschte Inklusion/Barrierefreiheit nicht schlüssig. Die Positionierung von Mehrzweckraum, Cafeteria und Küche ist grundsätzlich gut, hat aber noch Optimierungspotential.
Die Positionierung der Sporthalle ist gut und bietet eine separate Erschließung in den Abendstunden. Die Außensportfläche in Nachbarschaft zur Wohnbebauung ist eher problematisch da hier eine Schallemission entsteht.

Der Typus des Klassenclusters um einen Innenhof ist grundsätzlich ein guter Beitrag. Trotz Innenhof entstehen jedoch teilweise Flursituationen, die keine gute Tagesbelichtung haben. Die Gruppengarderoben sind so nicht funktional sinnvoll und müssten geteilt werden.

Die Fluchtwege befinden sich innerhalb des Gebäudes und funktionieren gut. Zusätzliche Abtrennungen im Bereich der Treppenhäuser werden im Obergeschoss notwendig. Die Brandabschnittsbildung ist nicht geklärt und schwierig umsetzbar.

Die Fassaden sind gemäß der gewählten Stahlbetonkonstruktion großflächig gegliedert. Die vorgeschlagene Klinkerfassade ist gut vorstellbar. Ob dies der richtige Ausdruck für eine Grundschule ist, wird diskutiert.

Insgesamt stellt die Arbeit einen qualifizierten Beitrag dar, dessen Anmutung jedoch nicht vollständig überzeugt. Die baulichen Kenndaten liegen im wirtschaftlichen Bereich.