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Offener Wettbewerb | 05/2015

ipw, Integrierte Psychiatrie Winterthur – Zürcher Unterland | Ersatz- und Ergänzungsbau Klinik Schlosstal

4. Rang

Preisgeld: 27.000 CHF

Graf Biscioni Architektur

Architektur

Dr. Deuring + Oehninger AG

Tragwerksplanung

3-Plan Haustechnik AG

TGA-Fachplanung

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Neubau fügt sich prägnant in das Ensemble der Klinik ein und setzt ein selbstbewusstes Zeichen. Durch die Lage des Neubaus an der Hangkante erhält der historische Parkteil eine klare Fassung, und die offene Feldflur auf der unteren Ebene wird frei gespielt. Die Klarheit dieses städtebaulichen Konzepts bietet eine zweite Adresse der Klinik neben dem historischen Altbau und lässt maximalen Spielraum für zukünftige Entwicklungen auf dem Areal. Mit seinen sieben Geschossen zum Parkniveau entwickelt sich der Neubau deutlich überhöht, jedoch um den Parkraum zurückversetzt zum Altbau. Die Verfasser sprechen von gegenseitigem Respekt von Altbau und Erweiterung und sehen ein dialogisches Verhältnis zwischen Baumbestand und Neubau. Aus denk - malpflegerischer Sicht bedrängt der hohe Neubau die geschützten Anlageteile jedoch in ungebührlichem Masse. Auch die aufgezeigte gestalterische Neuinterpretation des historischen Parks mit der verspielten Wegführung und der formal überzogenen Einzäunung eines vorgeschlagenen Dementengartens mag in der dargestellten Form nicht wirklich zu überzeugen. Die zukünftige Erweiterung um zwei Stationen ist als Baukörper auf der Anlieferungsebene vorgesehen und wirkt städtebaulich beliebig.

Als wertvoller Beitrag sind die Grundrisslayouts der Stationen zu werten. Den Verfassern gelingt es, technische und betriebliche Anforderungen wie Brand- und Lärmschutz sowie neuartige Ansätze einer heilenden Umgebung – « healing invironment » – umzusetzen. Auf der Basis einer räumlich strukturierenden Gebäudestatik teilt sich eine Station in vier « Quartiere », die sich räumlich separat gruppieren mittels Aussenraumbezügen und differenzierten « atmosphärischen » Raumthemen. Dies ermöglicht den Patienten, in einer Nachbarschaft zu leben innerhalb der grösseren Gemeinschaft der Station. Faszinierend ist dieser Vorschlag insbesondere deshalb, weil das Bilden dieser Einheiten nicht zu Las - ten der Übersicht geht. Die neuen Brandschutzvorschriften sind geschickt angewendet und erlauben, sämtliche Erschliessungsräume zu möblieren und unbeschränkt zu nutzten, wodurch Mehrflächen offeriert werden können. Bauökonomisch ist dieses Potential nicht ausgeschöpft, das Projekt bietet rund 100 m² mehr Nutzflächen pro Station als im Raumprogramm gefordert. Diese Grosszügigkeit ist aufgrund der minimalen Geschosshöhen von 3 Metern wohl ein Bedürfnis. Die filigrane Struktur der Fassade ist geprägt durch die vorgelagerte Balkonschicht, die der Erscheinung des grossen Bauvolumens Leichtigkeit und Tiefenwirkung verspricht. Funktional als « brise soleil » vorgesehen, sollen die für die Patienten nicht begehbaren Balkone mit den geschlossenen Brüstungen gegen ein Gefühl der grossen Höhe über Boden wirken. Der Aussenraum weist einen additiven Charakter auf, dessen Teilbereiche beziehungslos nebeneinander stehen. Als Beispiel sind die Besucherparkplätze im oberen Park und das grosse Parkfeld auf der unteren Ebene aufzuführen, die räumlich ungenügend eingebunden sind.

Die Form eines achtgeschossigen Hochhauses ist für eine psychiatrische Klinik ungewohnt und dürfte sowohl bei Patienten als auch bei den Mitarbeitenden auf den Stationen auf Widerstand stossen. Pro Ebene befindet sich eine Akutstation, die Privatstation ist im obersten Geschoss auf zwei Ebenen (6. OG, Attika im 7. OG) angeordnet. Die Stationen sind übersichtlich organisiert und schlagen einen neuen Ansatz mit der Aufteilung in Quartiere vor. Aus Sicht der Patientenbehandlung ist es unklar, ob sich ein solcher Ansatz im therapeutischen Alltag bewährt. Für Notfälle ist der Zugang auf die Stationen nicht optimal gelöst (zu «öffentlich»). Die gewünschte flexible Nutzung des Intensivbereichs als offener und geschlossener Bereich der Station scheint mit der vorgeschlagenen Lösung schwierig; der Intensivbereich verfügt jedoch über einen guten Aussenraum, während die Aussenbereiche der Akutstationen als eingeschobene Loggien vergleichsweise klein sind. Die Anordnung der Privatstation ist gut. Sie verfügt über eine grosse Dachterrasse im Attikageschoss, in die Station integrierte Aussenbereiche sowie einen grosszügigen Wellness-/Fitnessbereich. Die Patientenzimmer sind jedoch in Abweichung zum Wettbewerbsprogramm nur gleich gross wie diejenigen in den Akutstationen. Anbindung und Erschliessung des Gebäudes sind sehr gut gelöst mit kurzen Ver- und Entsorgungswegen. Der Werkhof ist peripher platziert, beansprucht aber leider eine für andere Aktivitäten sehr attraktive Lage an der Töss.

Das Projekt Tandem will durch seine Strahlkraft die Präsenz der Klinik Schlosstal stärken. Aufgezeigt werden innovative und sorgfältig ausgearbeitete Lösungsansätze für sieben übereinander geschichtete Stationen. Die Angemessenheit der städtebaulichen Intervention ist jedoch fraglich und die hohe Geschossanzahl für den Klinikbetrieb hinderlich. Zweifelhaft ist auch, ob mit der Hochhaustypologie, den angebotenen Mehrflächen und der aufwändigen Fassadengestaltung der vorgegebene Kostenrahmen eingehalten werden kann.