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Nichtoffener Wettbewerb | 05/2015

Neues Quartier an der Wielandstraße

1. Preis

Preisgeld: 6.000 EUR

ARCHWERK Generalplaner KG

Architektur, Stadtplanung / Städtebau

Erläuterungstext

1. Ort und Aufgabenstellung

Bereits im Auslobungstext der Stadt Bochum wird das Plangebiet mit seinem Umfeld als eines der attraktivsten Quartiere im Stadtparkviertel beschrieben, das sich zwischen Wielandstraße und Schmechtings Wiesental im Westen und Stadtpark im Osten erstreckt.

Bei näherer Betrachtung des Stadtteils, erzählt dieser in großer Vielfalt seine Geschichte der vergangenen hundert Jahre. Ein wichtiger Ansatz für den Verfasser auf Spurensuche zu gehen, um die vorhandene städtebauliche Struktur in ihren Volumina und in ihrer Körnung zu erfahren, ebenso Wege- und Blickbeziehungen sowie Freiräume, die die entwurfsleitenden Inhalte bestimmen.

Im Rahmen des konzeptionellen Ansatzes wird vom Verfasser ein integratives Stadtquartier mit vermittelnder Gebäudestruktur entwickelt, die die Maßstäblichkeit der umliegenden Quartiere und Gebäude aufnimmt und einen zentralen Quartiersplatz mit Wege- und Blickbeziehungen zum Schmechtings Wiesental aufnimmt.

Im nördlichen Grundstücksbereich grenzen vorhandene Quartiersblöcke (Erbhof) mit historischer Anmutung und Maßstäblichkeit an. Von Bedeutung ist sicherlich die Südecke des Blockes (Herderallee Ecke Lessingstraße), die sich aus drei einzelnen Gebäuden zusammensetzt und so den Übergang vom geschlossenen zum offenen Block mit offenen durchlässigen Rändern und differenzierter Körnung definiert und somit die Charakteristik des Stadtteils widerspiegelt. Die Charakteristik des gesamten Stadtteils zeichnet sich durch eine starke Begrünung und Blick- und Wegebeziehungen zu den Blockinnenräumen und Straßenräumen aus.

2. Idee und Städtebauliches Konzept (Art und Maß der baulichen Nutzung)

Entwurfsleitende Idee des Verfassers ist die Entwicklung eines Quartiers, welches in seiner Körnung und Typologie eine Verknüpfung zwischen der nördlichen geschlossenen Blockbebauung (Erbhof) und der im Süden offenen feinkörnigeren Bebauung herstellt.
Das Konzept der neuen Bebauung greift die vorhandenen Potentiale der Körnung des Stadtteils zwischen geschlossenem und offenen Blockrand auf und will räumliche und nutzungsspezifische Bezüge herzustellen. Die Bebauungsstruktur der städtebaulichen Idee leitet sich also überwiegend aus der vorhandenen und vorgefundenen Typologie der geschlossenen und offenen Blockränder mit Blockbildung ab.

Die Idee des Verfassers ist ein differenziertes Wohnquartier zu entwickeln, welches aus mehreren kleinen Quartieren besteht unter differenzierter Aufnahme der alten Baufluchten mit einem klar gegliederten Quartiersplatz, der sich von Norden von der Herderallee erschließt. "Grüne Finger" entlang der Wielandstraße zum Quartiersinneren ermöglichen Blick- und Wegebeziehungen zum Schmechtings Wiesental - ebenfalls ein entwurfsleitender Gedanke und Teil des gesamten Quartierskonzeptes.

Der Städtebau verfolgt eine starke Kleinteiligkeit der gesamten städtebaulichen Struktur, besonders in den Volumina der einzelnen Gebäude. Die Auseinandersetzung des Verfassers mit der geforderten Dachform "Steildach" entwickelt Gebäudegruppen mit prismenähnlichen Schrägdachformen als besonderes Merkmal zu den vorhandenen Dachformen, wie Satteldächern, Mansard-Dächern, Walmdächern und Kopfwalmdächern. Konzeptionell steht die Ensemblebildung als Gestaltungsziel.

Neben dem öffentlichen Quartiersplatz werden in den einzelnen Quartiersblöcken kleine Platz- und Grünzonen geschaffen, in denen der Übergang zwischen halböffentlichen und privaten Freiflächen stattfindet.

Es wird ein nachhaltiger Städtebau angestrebt mit einer robusten Grundstruktur und städtebaulicher Kleinteiligkeit sowie einer speziellen Blocktypologie, die eine hohe Nutzerdiversität ermöglicht. Angestrebt wird eine ausgewogene Mischung verschiedener Nutzergruppen (Zielgruppen), wie Alleinerziehende, Paare, Singles sowie größere und kleinere Familien, Mehrgenerationenwohnen und Wohnen für Ältere.

Das Wohnen für Ältere ist als Neubau auf dem Grundstücksbereich des jetzigen Gebäudes A vorgesehen. Bei Erhalt des Gebäudes A schlägt der Verfasser eine Umnutzung zum Studentischen Wohnen vor. Das studentische Wohnen lässt sich hochwirtschaftlich darstellen und bildet für die Nutzergruppen das Quartiers eine gute Ergänzung zum Mehrgenerationenwohnen.

3. Verkehrliche Erschließung und ruhender Verkehr

Das neue Quartier zeichnet sich durch eine maßvolle Dichte und kurzen Wegen aus, die überwiegend autofrei umgesetzt werden können. Der fließende Übergang von befahrbaren Zonen (Straßen und Wege) zu autofreien Bereichen soll die Bewohner zu einem anderen Umgang mit dem öffentlichen Raum bewegen.

Bei ca. 238 Wohneinheiten verschiedenster Größen (1 - 5 Personenhaushalten) ergibt sich ein Parkbedarf, je nach Vorgabe und Schlüssel der genehmigenden Stellen, von rd. 350 PKW-Stellplätzen, die in einer eingeschossigen Tiefgarage untergebracht werden sollen. Die verkehrliche Erschließung der Tiefgarage erfolgt über die Wielandstraße (Ein- und Ausfahrt).

4. Städtebauliche und freiraumplanerische Ziele

Es soll ein Quartier mit eigener Identität geschaffen werden, dass sich mit dem Bestand vernetzt und verzahnt und das in seiner Maßstäblichkeit nicht als Fremdkörper in der Umgebung wahrgenommen wird. Der Quartiersplatz als urbaner Ort gibt neue Identität, grüne Finger zum Schmechtings Wiesental und Sichtbeziehungen zwischen den Quartiersblöcken verknüpfen mit dem umgebenden bestehenden Freiraum.

Als wichtiges Merkmal für die Entwicklung der neuen Bebauung ist der starke straßenbegleitende Platanenbestand in der Herderallee zu nennen sowie auch in den anderen angrenzenden Straßenzügen Erbhof, Margaretenstraße, Lessingstraße, Freiligrathstraße und nicht zuletzt in der Wielandstraße mit dem angrenzenden Parkbereich des Schmechtings Wiesentals als offener städtebaulicher Raum.
Die Schärfung der Randbereiche durch Verdichtung und Kontrastierung ist dem Verfasser in seinem Konzept sehr wichtig, ebenso ein Quartier mit einem hohen Maß an fußläufiger Durchwegung und Begrünung.

Beurteilung durch das Preisgericht

Nach intensiver und teils kontroverser Diskussion hat das Preisgericht den Entwurf des Büros Archwerk Generalplaner KG aus Bochum nahezu einstimmig mit dem 1. Preis ausgezeichnet. Am Ende überzeugte das Konzept mit seinem Ansatz, das neue Wohnquartier gegenüber des Schmechtings-Wiesentals mit modernen Strukturen und zeitgemäßer Architektursprache in das vorhandene Gründerzeitquartier einzufügen.

Die entwurfsbestimmende Grundidee folgt dem Konzept, das Areal in zwei Zonen zu gliedern: Eine Zone aus vier Nachbarschaftshöfen entlang der Wielandstraße als Gegenüber zur Grünanlage sowie einen offenen Block im Inneren des Grundstücks an der Herderallee. Zwischen beiden Bereichen positionieren die Verfasser einen Quartiersraum, der aus Sicht der Jury in seiner Maßstäblichkeit zu groß geraten ist. In einer weiteren Planungsstufe könnte der hier zu gewinnende Raum dem Block im inneren Bereich zugeschlagen werden, der als zu eng und dicht wahrgenommen wurde.

Die große Stärke des Entwurfes sieht die Jury in der Struktur der Fassung des Bereichs entlang der Wielandstraße. Größe und Positionierung der verschiedenen Gebäude zueinander erlauben auch aus den Häusern der »zweiten Reihe« großzügige Blickbeziehungen in den Park. Umgekehrt wirkt die vordere Reihe entlang der Wielandstraße durch die Abstände zwischen den Gebäuden wie ein Filter, der Blicke ins Innere des neuen Quartiers zulässt. Damit ist den Verfassern eine angemessene städtebauliche Antwort auf die besonderen Qualitäten der Lage des neuen Quartiers am Rande des Parks gelungen.

Die im Konzept gezeigte Formen- und Architektursprache der Gebäude ermöglicht mit Blick auf die nächsten Planungsphasen eine zeitgemäße Neuinterpretation der hohen Qualitäten der sich anschließenden Gründerzeitquartiere. Das durch die diagonal gelegten Dachfirste entstehende Auf und Ab der Dachlinien erzeugt klare Baukörperskulpturen, die in ihrem Höhenspiel zudem auf die bestehende Bebauung reagieren und zugleich spannende Aus- und Überblicke kreieren.
Kritisch betrachtete die Jury die offenen Stellplätze in den Höfen und die Enge zwischen einzelnen Häusern. Auch sollten die Räume entlang der eingehausten Tiefgaragen-Zufahrten hinterfragt werden. Begrüßt wurde von der Jury, dass das Konzept auch unter Erhalt des ehemaligen RWE Verwaltungsgebäudes (Gebäude A) an der Freiligrathstraße nichts von seiner klaren Haltung verliert.