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Nichtoffener Wettbewerb | 06/2015

Seminargebäude für das Haus der Wannsee-Konferenz

1. Preis

Preisgeld: 4.500 EUR

Staab Architekten

Architektur

ifb frohloff staffa kühl ecker

Tragwerksplanung

WBP Winkels Behrens Pospich Ingenieure für Haustechnik GmbH

TGA-Fachplanung

Erläuterungstext

Entwurfskonzept
Das vorgesehene Baufeld des Entwurfes liegt zwischen dem historischen Gärtnerhaus mit Gewächshaus im Westen, welches heute als Cafeteria genutzt wird, und dem ebenfalls historischen Rosengarten im Osten. Im Süden grenzt eine Buchenhecke den Bauplatz vom Parkplatz ab. Im Norden ist der Blick frei auf den denkmalgeschützten Garten und das Haus der Wannsee-Konferenz. Das Baufeld verfügt also über eine eindeutige Hauptausrichtung nach Norden. Aufgrund dieser Situation schlagen wir ein Gebäude vor, welches sich nach Norden auf das Haupthaus und den Garten über die gesamte Gebäudelänge öffnet. Im Gegensatz dazu wird der Baukörper zu den anderen drei Seiten geschlossener ausgebildet.
Eine sinnfällige Erschließung des neuen Seminargebäudes erfolgt sowohl über den Hauptzugang auf das Gelände im Nordwesten sowie vom Haupthaus aus nordöstlicher Richtung, beide Zuwegungen sind erforderlich, gleichwertig und binden das neue Seminarhaus wie selbstverständlich in das Wegesystem des Gartens ein. Die beiden Eingänge münden unter dem geschwungenen Dach in zwei torähnlichen Eingangssituationen, dazwischen spannt sich das lichtdurchflutete Foyer auf, welches sich über die gesamte Länge mittels einer Glasfassade auf den Garten öffnet. Auf diese Weise wird eine einladende Geste und zugleich ein heller Foyerbereich mit attraktivem Blick in den Garten geschaffen, der über hohe Aufenthaltsqualitäten und einen klaren visuellen Bezug zum Haupthaus verfügt.
Durch das geschwungene Dach wird eine flache Kubatur geschaffen, die bewusst eine niedrige Gebäudehöhe in Richtung des Gartens und Haupthauses ausbildet und im Inneren trotzdem über erforderlichen lichten Raumhöhen verfügt. Das Gebäude nimmt sich durch seine liegende Proportion und die spiegelnde Ganzglasfassade zurück – es wird zum Instrument der Bildung und der Wahrnehmung des Ortes, ohne selbst im Vordergrund zu stehen. Dieses Verständnis eines dienenden Gebäudes halten wir an diesem Originalschauplatz für angemessen.
Aufgrund des natürlichen Gefälles auf dem Grundstück in Richtung Wannsee ist der östliche Eingang ebenerdig und barrierefrei ausgebildet, während der westliche über drei Stufen erschlossen wird. Im Westen wird vor dem ehemaligen Gewächshaus ein Vorplatz für Außensitzplätze des Cafés ausgebildet, der die Besucher der Cafeteria zum Verweilen in den Pausen einlädt.

Im Inneren ist das Haus klar und funktional strukturiert. Im Erdgeschoss wird das gläserne Foyer mittels einer Kernzone von dem nach Süden orientierten Konferenzbereich räumlich getrennt, die eine unterschiedliche Atmosphäre aufweisen: Der Seminarraum wird als konzentrierter und gefasster Raum verstanden und als eingeschobenes Holzmöbel verstanden, während der Eingangsbereich sich großzügig und fließend zum Haupthaus und Garten öffnet. Die unterschiedliche Ausformung des Daches gibt den Bereichen einen individuellen Charakter. Vom großzügigen Foyer mit Sitzmöglichkeiten, das sowohl als Treffpunkt als auch als Wartebereich genutzt werden kann, werden alle Bereiche im Erdgeschoss direkt erschlossen, wodurch auf weitere Verkehrsflächen verzichtet werden kann. Zwei massiv ausgebildete Nebenraumzonen im Osten und Westen schließen den Konferenzsaal ein, der in drei gleichwertige Seminarräume unterteilt werden kann. Der Konferenzsaal bietet Platz für 200 Gäste. Er wird sowohl durch Oberlichter als auch durch großzügige Verglasungen von Süden natürlich belichtet und kann bei Bedarf verdunkelt werden. In diese Südfassade werden mobile Akustikwände und Einbauschränke im Brüstungsbereich integriert, die die erforderlichen Medienanschlüsse für die drei Seminarräume integrieren. Wird der große Konferenzraum geteilt, ist jedem Seminarraum ein Fensterelement und ein Oberlicht zugeordnet, welche eine natürliche Querlüftung ermöglichen. Bei Bedarf kann auch die Teeküche direkt mit dem Saal oder einem Seminarraum verknüpft werden. Zudem bieten die beiden großen Lagerräume beidseitig des Saals genügend Fläche für Stühle und Tische, Rollwägen und Whiteboards, sowie die Bühne an.
Die Kernzone, die Foyer und Konferenzsaal voneinander trennt, beinhaltet die Erschließung in das Untergeschosses sowie weitere Funktionsräume. Ein kombinierter Personen- und Lastenaufzug erschließt das Untergeschoss barrierefrei. Hier befinden sich die Sanitäranlagen sowie der Technikraum für die Wärmeversorgung und lufttechnischen Anlagen. Auch das Büchermagazin wird hier untergebracht und über den großzügigen Flur an den Lastenaufzug angebunden.

Konstruktion und Materialien
Das äußere Erscheinungsbild des neuen Seminarhauses wird aus der bewusst konträren Atmosphäre der Innenräume generiert und durch eine präzise Materialwahl und Formensprache unterstrichen.
Der massive Baukörper mit tragenden Sichtbetonwänden und –kernen entwickelt im Norden und Süden differente Themen aus. Der extrovertierte gläserne Eingangsbereich wird mittels einer bodentiefen und feingliederigen Pfosten-Riegel-Fassade geschlossen. Hier löst sich das massive Betonvolumen in ein leichtes geschwungenes Dach auf, die Glasfassade schafft einen fließenden Raum, der das Foyer zu einem Teil des Gartens werden lässt und ihn mit dem Originalschauplatz verzahnt.
Im Gegensatz dazu wird das Volumen der Seminarräume als eingeschobenes Holzmöbel verstanden, welches in der Südfassade auch von Außen erlebbar ist. Diese Holzauskleidung generiert einen flexiblen und introvertierten Seminarbereich nach Süden. Die Holzschale integriert alle erforderlichen Raumteiler, Einbaumöbel und den Sonnenschutz in einer einzigen Materialität. Zudem bietet sie die Möglichkeit, Licht- und Medientechnik sowie akustische Maßnahmen zu integrieren. Auf diese Weise kann eine ruhige und konzentrierte Atmosphäre in den Seminarräumen geschaffen werden, die einen angemessenen Aufenthalts- und Lernort für Besuchergruppen bietet.

Wirtschaftlichkeit, Nachhaltigkeit und Energieeffizienz
Der vorgeschlagene Entwurf ist als Stahlbetonbau mit tragenden Wandelementen aus Dämmbeton mit Sichtbetonoberfläche einfach zu realisieren. Der Ausbau wird aus Gründen der Flexibilität vollständig vom Rohbau separiert. Im Fall einer Nutzungsänderung läßt das Tragwerk eine andere Raumaufteilung zu.
Der sehr kompakte Baukörper wird allseitig wärmegedämmt bzw. in hochwertigem Dämmbeton ausgeführt, die Öffnungen werden in Isolierverglasung ausgeführt. Beheizt wird das neue Seminarhaus mittels einer flächendeckenden Fußbodenheizung. Das gesamte Gebäude kann durch die Anordnung von Oberlichtern mittels Querlüftung atürlich belüftet werden. Zusätzlich schlagen wir eine RLT- Anlage vor, die die einzelnen Seminarräume und das Foyer bei Bedarf individuell belüften und kühlen kann. Der WC- Bereich im Untergeschoss wird mit kontrollierten Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung versehen. Der Lagerraum für die Bibliothek wird ebenfalls mit einer an der relativen Feuchte orientierten Be- und Entlüftung ausgestattet.
Die Seminarräume werden tagsüber durch die Fenster und zusätzliche Oberlichter gleichmäßig natürlich belichtet. Diese können bei Bedarf verdunkelt werden und verfügen über einen effizienten Sonnenschutz nach Süden, um die solare Einstrahlung zu kontrollieren. Das in die Holzschale integrierte Kunstlichtsystem sorgt für eine flexible Beleuchtung.
Die Materialien Beton, Glas und Holz sind umweltfreundlich und weisen einen gutes Alterungsvermögen auf. Wo möglich kommen Recyclingbaustoffe zum Einsatz. Die Technische Gebäudeausrüstung ist auf ein Minimum reduziert und wartungsarm. Auf diese Weise kann ein wirtschaftliches Gebäude mit langfristiger Nutzungsqualität verbunden mit einem geringen Wartungsaufwand und einer hohe Lebensdauer vorgeschlagen werden, welches niedrige Betriebskosten erwarten lässt.

Außenanlagen
Die Außenanlagen bleiben weitgehend unberührt, da sie denkmahlgeschützt sind. Von dem bestehenden Weg, der das Haupthaus mit dem Parkplatz im Süden verbindet, wird lediglich ein Verbindungsweg zum östlichen Eingang neu geplant. Im Westen wird der Außenbereich der Cafeteria vergrößert. Auf dem schon bestehenden Parkplatz wird ein Behindertenstellplatz nahe zum Haupthaus entstehen. Fahrrad und PKW- Stellplätze sind laut Auslobung ausreichend vorhanden.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit hat eine umfangreiche und kontroverse Diskussion im Preisgericht ausgelöst.
Der Verfasser versteht sein Haus als „dienendes Gebäude“. Durch das geschwungene Dach wird eine flache Kubatur geschaffen, die bewusst eine niedrige Gebäudehöhe in Richtung des Gartens und Haupthauses ausbildet. Das Gebäude nimmt sich durch seine liegende Proportion zurück.
Die Einbindung in den Kontext und in die Topografie gelingt dem Entwurf auf besondere Weise, indem er sich in der Höhenentwicklung an den benachbarten Bestandsgebäuden, insbesondere dem Gewächshaus, orientiert. Im Zwischenraum zum Gewächshaus entsteht dadurch eine gute Aufenthaltsqualität - unterstützt durch die in die Außenwand des Neubaus eingeschnittene Sitzbank und das niedrige Dach. Erkauft wird dies allerdings durch eine kleine Treppe als Zugangsbereich. Auf der östlichen Seite begünstigt die Tieflage des Neubaus einen ebenerdigen, schwellenlosen Zugang aus Richtung des Rosengartens und der Villa.
Das Foyer ist in seiner ganzen Länge zum Garten hin ausgerichtet. Es entsteht eine logische Raumfolge: Garten - Vordach - Foyer - Kernzone - Konferenz- / Seminarräume. Die dem Haupthaus und Garten abgewandte Lage der Seminarräume wird kontrovers diskutiert. Der Charakter der Nutzung: Konzentration und Klausur versus Ein- / Ausblick und Öffnung zu Garten und Villa ist hierbei entscheidend.
Das Foyer ist in seiner Dimensionierung gelungen und durch seine Lage und Offenheit für Besucher gut auffindbar. Die lichte Raumhöhe von 3,0m im Konferenzsaal erscheint angesichts seines ansonsten guten Zuschnittes als nicht ausreichend. Die Teilbarkeit ist vorbildlich gelöst und führt zu wohlproportionierten Seminarräumen. Die Unterteilung durch Trennwände scheint reibungslos und ohne großen Arbeitsaufwand durchführbar zu sein. Die dienenden Nebenräume wie Teeküche, Garderobe und Stuhllager sind im Erdgeschoss mit Zugang vom Foyer und / oder Saal optimal angeordnet. Die WCs liegen im Untergeschoss und werden durch das Foyer erschlossen.
Die Beschränkung auf wenige Materialien wird als angemessen und wohltuend empfunden, insbesondere das Holz im Innenraum. Der durchgängige Material Sichtbeton an der Außenhülle bis hinein in das geschwungene Vordach verdeutlicht die absichtsvolle Wahl der Formgebung. Diese wird vom Preisgericht als ebenso manieriert wie angemessen beurteilt. Die Realisierung des Vordachs wird in der dargestellten Form angezweifelt, es müsste überarbeitet werden.
Insgesamt wird die Realisierung des Entwurfes als - lohnende - Herausforderung betrachtet.