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Nichtoffener Wettbewerb | 11/2006

Städtebaulicher Realisierungswettbewerb Stadtmitte Spaichingen

1. Preis

planungsgruppe welz ▪ lorenz ▪ jetter | göppingen - esslingen - stuttgart

Architektur

  • Mitarbeitende:

    Thomas Jecke, Peter Welz freier Architekt, Fachrichtung Hochbau Mitarbeit: Sandra Schneider, Kai Korek, Anne Quast

Jetter Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Grundzielsetzungen und Gesamtkonzept

Die Grundzielsetzungen unseres Entwurfskonzeptes sind

• Erlebbare Neugestaltung des Marktplatzes als zentraler öffentlicher Raum der Stadt und Anbindung des neuen Einkaufszentrums an die Stadtmitte über den ebenfalls neu gefassten und gestalteten Platzraum des Busbahnhofes.

• Auflösung von trennenden Niveauebenen, Einbauten und Pflanzinseln zur Schaffung neuer Blickbeziehungen und räumlicher Verbindungen.

• Begrenzung hochbaulicher Eingriffe auf das absolut Notwendige, verbesserte Raum- und Wegegestaltung stattdessen primär durch ergänzende Baumpflanzungen und Belagsgestaltung.

• Verbesserte Erschließung des Rathauses und dessen direkte Orientierung zum Marktplatz.


Die neu gestalteten Stadträume und ihre Verbindungen

Der Marktplatz wird als großzügige und multifunktional nutzbare Fläche neu gestaltet. Die Stadtloggia an seiner Ostflanke greift als Abgrenzung das ursprüngliche und an dieser Stelle bisher nicht realisierte städtebauliche Konzept auf. Sie vermittelt jedoch gleichzeitig über die angelagerte Wasserfläche mit Wasserspielen zum begleitenden Wegraum der baumgefassten Hauptstraße.

Die Hauptstraße erhält durchgängige Identität durch Fortführung der im südlichen Anschluss bereits bestehenden geschlossenen Baumreihe im sanften Bogenzug der Straße. Nur am Lindenplatz, am Marktplatzzugang und an der Einmündung der Sallancher Straße erfährt diese Baumreihe kurze Unterbrechungen.

Der Lindenplatz wird als eigenständiger grüner Raum aufgewertet durch den neuen baulichen Abschluss an seiner Westseite und durch Analogien in seiner Gestaltung gleichzeitig besser an den Marktplatz angebunden.

Die Passage vom Marktplatz zum Busbahnhof wird einladender und offener gestaltet durch weitgehende Entfernung der einengenden Obergeschossbalkone und Verkürzung des eingestellten Gebäudes, das überdies durch Fassadenumgestaltung einen „leichteren“ Pavilloncharakter erhalten sollte.

Der Busbahnhof wird als neu erlebbarer Platzraum definiert mit durchgängiger Belagsgestaltung und einer raumbildenden Baumreihe an seiner Südseite, die auch die Wegeverbindung nach Westen verstärkt.

Die angrenzenden Stadträume werden in das Gesamtkonzept einbezogen und durch neue Baumflanzungen und Belagsgestaltung aufgewertet. Dies gilt für die Parkplätze an Rathaus und Einkaufszentrum ebenso wie für den Parkplatz und Vorbereich der Stadthalle. An dieser Stelle wird auch die Nordseite der Marktplatzbebauung durch neue Baumpflanzungen aufgewertet.


Hochbaumaßnahmen

Bauliche Eingriffe in den Hochbaubestand werden minimiert und nur dort vorgeschlagen, wo nachhaltige stadträumliche Verbesserungen erreichbar sind.

Das Postgebäude mit den Wartedächern des Busbahnhofes wird nach Westen umgesetzt. Der Weg aus der Passage öffnet sich damit zum Platz und es wird eine verbesserte Wegeführung auch zum neuen Einkaufszentrum erreicht, wodurch dieses direkter an die Stadtmitte angebunden wird mit Synergieeffekten für beide Bereiche.

Das Gebäude im Passagenraum wird verkürzt und teilweise rückgebaut, um den Passagenweg aufzuwerten. Die bisher dort untergebrachte Nutzung findet an anderer Stelle Raum.

Das Rathaus erhält den ihm angemessenen direkten Zugang mit gedecktem Vorplatz im Erdgeschoss vom Marktplatz mit Infostelle, Kasse und Bürgerbüro. Die Banknutzung kann auf reduzierter Fläche weitergeführt werden oder optional durch einen ebenerdigen Anbau nach Süden erweitert werden.

Die Dachterrasse im Bereich Marktplatz 4 wird durch eine neue Freitreppe direkt aus dem dadurch auch besser belichteten Passagenraum heraus erschlossen. Über dem flachen Baukörper Marktplatz 5 halten wir eine Aufstockung für stadträumlich wünschenswert.

Unter der neuen Stadtloggia am Marktplatz wird auch der öffentliche Sanitärbereich untergebracht und als Tragpfeiler für die Flugdachkonstruktion gestaltet.

Die Westflanke des Lindenplatzes wird baulich angemessen neu gefasst. Der neue Baukörper kann auch Flächen aufnehmen, die an anderer Stelle entfallen. Durch diesen baulichen Abschluss kann sich auch das westlich anschließende Wohnquartier zu räumlich eigener Identität weiterentwickeln.


Materialkonzeption :

Der reduzierte aber großzügige Gestaltungsansatz wird in der Belagsgestaltung und den Platzeinbauten fortgesetzt. Eine homogene Belagsgestaltung in der gesamten Stadtmitte schafft einen ruhigen Stadtboden und greift den Raum als Ganzes auf. Die Verwendung von großformatigen Betonplatten, in einheitlicher Verlegerichtung, unterstützt die räumliche Gesamtausrichtung und hebt die Entwurfsidee eines urbanen und großzügigen Zentrums hervor.

Nur der konsequent auf die bestehende Gebäude und die Stadtloggia ausgerichtete, teppichartige rechteckige Platzboden aus pigmentiertem gescheibten Ortbeton hebt sich aus der Grundfläche deutlich hervor.
Als Markt, kulturelle `Plattform` für Kommunikation und Veranstaltung, Spielort und Bühne vor Rathaus und Loggia entsteht so eine räumlich gefasste Multifunktionsfläche als Identitätsstiftende Mitte.

Die Stadtloggia am Marktplatz, die Überdachung des Rathausvorplatzes und das Schutzdach am Busbahnhof werden als elegante Stahlbetonkonstruktionen ausgeführt mit Rundstützen und glasgedeckten Lichtlinsen.

Ein Wasserbecken mit Fontänenspiel schließt mit einem Wasservorhang den Platz zum Straßenraum ab.
Die Inszenierung des Wassers und die Weiterführung der Linden auf dem Niveau der Hauptstrasse ergänzen die Platzkulisse und schaffen eine deutliche räumliche Situation im Straßenraum. Das Wasserbecken als Gelenk zwischen Marktplatz und Hauptstraße ist als trennendes und gleichzeitig verbindendes Element von Platz und Loggia und von der Straße gleichermaßen erlebbar. Das Rauschen der Wasserspiele mindert die vorhandenen Verkehrsgeräusche.


Beleuchtungskonzept
Das Lichtkonzept verdeutlicht das stadträumliche Gefüge durch gezielte Aufhellung von Gebäudeecken und –kanten. Die Grundbeleuchtung erfolgt über Rinnenwerfer an den Gebäudefassaden mit zusätzlicher Fassadenaufhellung über rückstrahlende Reflektoren.
Die Lichtstelen im nördlichen Bereich des Marktplatzes betonen die Hauptfußgängerachse über den Rathauseingang zum Busbahnhof und zum neuen Einkaufszentrum. Die Ränder des neuen Marktplatzes werden in der Lichtintensität stärker betont (Stadtloggia, Vordächer etc.), um ein ruhiges, angenehmes Ambiente in der Platzmitte zu erzielen; Baumgruppen und –reihen werden durch Bodenstrahler plastisch modelliert. Je nach Besucherintensität und Nutzung können für jede Abend- und Nachtzeit abgestimmte Lichtmilieus durch angepasste und energieeffiziente Lichtsteuerung inszeniert werden.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf verknüpft großzügig und in einer durchgängigen Gestaltung den Marktplatz mit den angrenzenden Stadtquartieren und vernetzt sinnvoll die bestehenden Erschließungswege. Durch den teilweisen Rückbau des Passagengebäudes und den Neubau des Postgebäudes im Westen gewinnt dieser Bereich an Durchlässigkeit und stärkt die Beziehung zwischen Hauptstraße, Marktplatz und neu entstehendem Einkaufszentrum. Die Gestaltung von Belag und Beleuchtung unterstützt das Gesamtkonzept. Der Eingangsbereich des Rathauses erfährt eine neue Signatur. Die Erschließung des Rathauses ist so geklärt, nicht aber die Erschließung der Obergeschosse. Der Markplatz wird neu gestaltet und erfährt eine bauliche Ergänzung zur Hauptstraße auf dem Baufeld des Rathauses in der früheren Planung des Ensembles. Die Nutzung der sogenannten Stadtloggia ist nicht definiert. Verbindendes Element aller Neubauten stellen die „fliegenden Dächer“ aus Stahlbeton mit eingelegten Lichtlinsen dar. Es ist zu hinterfragen, ob diese formale Einheit zwischen Rathaus, Busbahnhof und Stadtloggia inhaltlich tragbar ist. Die Hauptstraße wird durch die Weiterführung der Baumallee und die Integration von Parkplätzen räumlich abgegrenzt. Der Verlauf der Hauptstraße wird durch ein Wasserbecken als Vermittler zum Neubau der Stadtloggia gestaltet und erscheint in dieser Form als Lärmfilter denkbar. Der Marktplatz selbst folgt in seiner Gestaltung dem ruhigen Charakter der Gesamtentwurfs und gewinnt seine Maßstäblichkeit durch die Aufnahme der bestehenden Gebäudekanten im Bodenbelag.

Die vorgeschlagene Lösung zur Gestaltung der Sallancher Straße mit Längsparkierungen und Pflanzbereichen im rückwärtigen Bereich der Marktplatzbebauung gibt keine befriedigende Antwort. Die Anbindung zum neuen Einkaufszentrum ist dagegen durch den Neubau und die Verbindung zum Busparkplatz gut gelöst. Der Busbahnhof nimmt Sichtbeziehung zur Europastraße auf. Die Zugangssituation von der Hauptstraße im Osten bedarf der Ergänzung durch eine barrierefreie Erschließung und einer Rampe für die Radfahrer. Der Zulieferverkehr für den Markt ist ausreichend. Die Sichtbeziehungen von Marktplatz über den Kreuzplatz zur Stadtkirche bleiben erhalten. Die Erschließung des Rathausparkplatzes über eine neue Zufahrt im Norden des Kreuzplatzes und das Verlegen der bestehenden Parkplätze am Kreuzplatz werten diesen Platz deutlich auf. In Verbindung mit einer ergänzenden Bebauung im Westen entsteht eine attraktive Fläche für Gastronomie und Einzelhandel.

Die Arbeit belegt eine differenzierte Auseinandersetzung mit dem Ort, zeigt jedoch neben ihren Qualitäten auch offene Fragen, die der weiteren Bearbeitung bedürfen.