modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Nichtoffener Wettbewerb | 07/2015

Grund- und Gesamtschule Heliosgelände

Anerkennung

O&O Baukunst

Architektur

studio grüngrau Landschaftsarchitektur GmbH

Landschaftsarchitektur

OSD GmbH

Tragwerksplanung

Ökotec Fire & Risk Management Jaspers Ingenieure & Partner

Brandschutzplanung

Matthias Köster

Kunst

Erläuterungstext

ARCHITEKTUR

Die städtischen Raumkanten am Ehrenfeldgürtel und an der Vogelsanger Straße verankern die Schule mit dem Heliosgelände. Die Schule setzt den industriellen Charakter des urbanen Quartiers fort. Der Ort und die Umgebung sind geprägt durch robuste Raumtragwerke, schlichte Hallenbauten und offen genutzte Freiräume. Für den Bau der Heliosschule wird ein industrielles Betonraster als architektonisches Element vorgeschlagen. Ein Betontragwerk, das ähnlich wie ein Regal die vielfältig gestalteten Räume der inklusiven Schule beheimatet. Die Schule kann sich hier einnisten und ausdehnen. Sie findet ihren Platz im Quartier.

Das industrielle Betontragwerk ist durch eine einfache Holz-/Glasfassade verkleidet. Die Fassadenkonstruktion wirkt temporär und leicht. Sie unterstreicht den werkstattartigen Charakter des gestaffelten Schulbaus. Durch das unbehandelte Holz, seine Farbigkeit und natürliche Atmosphäre wird die Nachhaltigkeit der unterschiedlichen Materialien erfahrbar. Holz soll in allen Bereichen der Schule eingesetzt werden. Ein unverwechselbares, warmes Raumgefühl wird dadurch vermittelt. Innen und außen unterstreicht Holz die Rauheit des Ortes, seine industrielle und bisweilen grobe Aura.

Im Innern wird die robuste Betonkonstruktion mit „Holzkisten“ und transparenten Holz-/Glaselementen gefüllt. Offen gelassene Patios ordnen die Flächen durch ihr Licht und ihre besonderen grünen Gewächshäuser. Diese Freiräume lassen abwechslungsreiche Raumzonen und Nischen für die „Offenen Lernlandschaften“ entstehen. Die Lernlandschaften können je nach Bedarf mit mobilen Wandelementen innerhalb der Betonstruktur gegliedert werden. Jede Lernlandschaft hat eine eigene Struktur, die an die ständig wechselnden Anforderungen angepasst werden kann.

Über einen kleinen Eingangsplatz unter der „Brücke“ erreicht man die geschützten Eingänge der Schule. Das Herzstück der Schule ist der kompakte städtische Sockel. Er verbindet die zentralen öffentlichen Bereiche der Schule: das Foyer, das Forum, die Mensa als pädagogisches Zentrum und die Sporthallen. Die einzigartige Atmosphäre des durchlässigen Sockels mit vertikalen Erschließungen und eingestellten Raumkuben symbolisiert den inklusiven Ansatz der Schule. Die Schule ist als Erweiterung des öffentlichen Raums zu begreifen. Eine hohe Durchlässigkeit lässt attraktive Zugänge zu den Außenräumen entstehen. Ein Mehrwert für den Stadtteil entsteht nicht nur durch die temporäre Öffnung der Mensa und die Nutzung des Forums für Kulturveranstaltungen, sondern auch durch die Bereitstellung der Sporthallen außerhalb des Schulbetriebes.

An der Ecke Ehrenfeldgürtel folgt ein weiterer Baukörper der Bebauungslinie und tritt städtebaulich prominent in Erscheinung. Dieser Baukörper ist ruhiger Gegenpol zu den belebten Bereichen der Schule. Als öffentlicher Wissensspeicher nimmt er Ateliers und Werkstätten, die Schülerfirmen, den naturwissenschaftlichen Bereich, das Selbstlernzentrum und die Bibliothek auf.

Das Tragwerk basiert auf einem Regel Stützenraster von 7,7 x die stützen stehen in allen geschossen übereinander wodurch ein sehr wirtschaftlicher Lastabtrag sichergestellt ist. Im Bereich größerer wie in der Aula und in Turnhalle wird ein Flächentragwerk in Form eines Stahlbetonrostes ausgebildet. Die Achsen des Rostes laufen entlang der Stützenrasters, wodurch sich auch in der Gliederung der Deckansicht das Tragraster spürbar wird. Die Stahlbetondecken sind unterzugslos ausgeführt, der punktuelle Lasteintrag der Flachdecken in die Stützen wird hier nicht über innenliegende Einbauteile sichergestellt, sondern bewusst als äußeres sichtbares Gestaltungselement thematisiert. Hierdurch eine Anmutung eines industriellen Charakters bewusst gewählt und die in eine Kontrast zur leichten Fassade steht. Der durchgängige vertikale Lastabtrag wir auch in der Tiefgarage durchgehalten und die Stützenlasten über eine elastisch gebettete Bodenplatte in den Baugrund abgeleitet. Die Aussteifung ist durch die vorhanden Kerne und Wandscheiben sichergestellt.

FREIRAUM
Die Heliosschule lässt zur Rheinlandhalle einen großzügigen Quartiersplatz frei. Er ist Mittelpunkt des urbanen Freiraumes. Der „BaumSchulPlatz“, bestehend aus 24 unterschiedlichen Solitärbäumen wie Eiche, Buche, Hainbuche, Esche, Apfel, Kirsche und Linde, erzeugt ein buntes neues Lernumfeld. Zwischen den Baumstämmen bieten kleine Kommunikationsinseln Orte zum Verweilen und Erholen an. Kleinere Spielgeräte sind ebenso verortet wie Beete zum experimentellen Pflanzen. Es entsteht ein kleinteiliges und zusammenhängendes Freiraumangebot für alle. Die öffentlichen Nutzungen der Rheinlandhalle und des städtischen Sockels beleben diesen Bereich zusätzlich.

Die Pausenflächen sind eingebettet in das atmosphärische Heliosquartier: ein urbaner Stadtraum mit dem Charme des industriellen Erbes. Ein durchgängiger Belag aus durchgefärbtem Asphalt überzieht alle Wege, Platzflächen, Straßen und Anschlusspunkte. Die Beleuchtung erfolgt durch abgehängte industrielle Bogenleuchten und in die Gebäude integrierte Leuchten. Sämtliche Einbauten wie Bänke, Fahrradbügel und Papierkörbe folgen dem einheitlichen industriellen Charakter der Gesamtanlage.

Für die Primarstufe ist ein geschützter Schulhof auf dem städtischen Sockel vorgesehen. Die Lernlandschaften haben direkten Zugang zu den grünen Patios und Dachgärten. Letztere schaffen durch serielle Gräserfelder kleine überschaubare Freiräume mitten in der Stadt. Die Durchwegung im Bereich der Vogelsanger Straße verknüpft das Heliosgelände mit der Bebauung am Grünen Weg. Ein markanter Eingang führt in das Innere des Heliosquartiers. Neben den Fahrradstellplätzen ist eine Kiss&Ride-Zone an entsprechender Stelle vorgesehen.

Heliosplatz und Bar
Die Heliosbar erinnert an ein historisches Pendant, das einst an dieser Stelle stand. Im industriell geprägten Quartier gesellt sich dieses Bauteil wie selbstverständlich zu den anderen. Die Heliosbar ist ein künstlerisch bemaltes Glashaus, das nachts selbstbewusst neben dem Helioshaus strahlt. Die Bar setzt den architektonischen Rahmen für die geplante gastronomische Nutzung und nimmt die industrielle Formsprache der Heliosschule auf. Der Heliosplatz als gefärbte Asphaltfläche fügt sich in die Gestaltung des Gesamtbereiches ein. Der vorgeschlagene Shared Space schlägt die Brücke zu den Bahnbögen und ermöglicht längerfristig eine neue Durchwegung in den Norden Ehrenfelds. Die notwendigen Stellplätze werden auf der Fläche mittels einfacher Markierung angeboten. Die vorhandenen Bäume bleiben erhalten und werden in die Gesamtplanung integriert.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die städtebauliche Setzung der Arbeit überzeugt durch klare und entschiedene Blockschließung mit angemessener Betonung (Überhöhung) an der Ecke Vogelsanger Str./ Gürtel.
Eine durchgehend ruhige, transparente Fassadengestaltung unterstreicht den grundsätzlichen städtebaulichen Ansatz.
Das vom Verfasser als Vorbild genannte industrielle Betonraster ist lesbar und nachvollziehbar. Es gliedert die Fassade ähnlich eines Regals, in dem die beabsichtigten schulischen Nutzungen gut Heimat finden können. Gleichzeitig erlaubt diese Konzeption auch die erforderliche Flexibilität für künftige Änderungen und experimentelle Ansätze. Die gewählten Fassadenmaterialien - Beton in Kombination mit einer Holz-Glas-Fassade - sorgen für ein atmosphärisch angenehmes Erscheinungsbild.

Funktional bietet die Arbeit einige positive Aspekte. Die Lesbarkeit und Orientierung im Gebäude ist allerdings nicht durchgängig zufriedenstellend.

Mensa und pädagogisches Zentrum erscheinen mit der Orientierung zum Platz als geeignet. Allerdings bietet der ,Ankommensbereich‘ im Erdgeschoß nicht die gewünschte ,zentrale Mitte‘ der Schule aus. Die Lernlandschaften sind vorhanden und grundsätzlich nach den relevanten Erfordernissen der Schule konzipiert, sie weisen aber Mängel in der Zuordnung auf. Insbesondere wird eine durchgehend ebenengleiche Anordnung der Auditorien vermisst.

Die Gliederung der Lernlandschaften erfolgt sehr unterschiedlich, wobei einige dieser Landschaften großflächig, andere wiederum um ,Gewächshäuser‘ herum gruppiert sind. Dies bedeutet eine unterschiedliche Nutzbarkeit der Lernlandschaften und wird bemängelt. Die Zuordnung von Außenflächen ist im Primarbereich vorbildlich, für die anderen Bereiche weniger gut gelöst.

Die großen Gebäudetiefen in den Obergeschoßen und der zur Vogelsanger Str. vorgelagerte Laubengang werden kritisch gesehen.

Die Rettungswege der Sporthalle und im 3. und 4. Obergeschoss an der Ecke Vogelsanger Str./Ehrenfeldgürtel sind unzureichend. Die Rettungswegsituation ist ansonsten, bis auf kleinere lokale Mängel, ausreichend.

Die Arbeit verzeichnet den im Vergleich mit am höchsten anzusetzenden Baukostenwert und überschreitet ebenfalls die geforderten Flächengrößen. Eine Anpassung der Raumgrößen ist zur Kostensenkung erfoderlich und umsetzbar.

Trotz einiger nicht unwesentlicher Mängel in der Funktionalität, leistet die Arbeit einen guten entwurflichen Beitrag. Wobei das äußere Erscheinungsbild - Werkstattcharakter - als nachvollziehbare Haltung gewürdigt wird.