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Nichtoffener Wettbewerb | 10/2015

Bahnhofstraße – Münsterplatz – Schillerstraße

Münsterplatz

Münsterplatz

Anerkennung

Preisgeld: 3.250 EUR

Lützow 7 Müller Wehberg Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

GEORG • SCHEEL • WETZEL ARCHITEKTEN GmbH

Architektur

Erläuterungstext

Leitidee - Platz | Boulevard
Der Boulevard Bahnhofstraße, die wichtigste fußläufige Verbindung zwischen dem Hauptbahnhof und der ‚Citymeile‘, ist durch einen einheitlichen und lauffreundlichen Bodenbelag mit Platten- und Pflasterbändern in Hauptlaufrichtung akzentuiert. Von einer Reihe schmalkroniger Eschen (Fraxinus ornus) begleitet ordnet ein „Funktionsstreifen“ mit Einbauten wie Lampen, Bänken und Papierkörben den Fußgänger- und Verkehrsbereich des Straßenraumes.
Der Münsterplatz ist als prominenter Stadtraum, als Eingang in die Mainzer Innenstadt gestaltet. Der ruhig gehaltene Belag aus dunkel nuancierten Betonplatten mit einem Oberstreifen aus hellerem Naturstein-Kleinpflaster vor den Fassaden stärkt im Zusammenspiel mit spielerisch gesetzten Kirschbäumen (Prunus yedoensis) die zukünftige Identität des neuen Platzes. Im Zentrum der Platzanlage findet eine flache Brunnenschale mit Fontäne Attraktion. Die Fontäne ist aus der Ferne der am Platz mündenden Straßen, gut zu sehen. Das Wasserspiel belebt die Platzanlage, lädt zum Verweilen ein und gibt der Akustik des belebten Münsterplatz eine eigene neue Note. Die Bäume sind von großzügigen, grünen Inseln umrahmt, bepflanzt mit Heckenkörpern oder Rasen. Geophyten ergänzen im Frühjahr die Blüte der Kirschbäume.
In der Schillerstraße ist der Boulevard in der Materialität fortgeführt, schließt an die Innenstadt an. Auch hier ergänzt und entschleunigt eine Baumreihe sowie Sitzgelegenheiten die verbindende Gesamtkonzeption, rhythmisiert den Stadtraum. Der Erthaler Hof erhält einen angemessen Vorbereich.


Materialität
Auf dem Boulevard sind Bänder aus Betonplatten (60 x 30, 30 x 30, 20 x 30 cm) und gesägtem Naturstein-Kleinpflaster (15 x 15 cm, farblich nuanciert) vorgesehen. Die neu gewonnene Breite des dem Fußgänger vorbehaltenen Straßenraumes ist somit im Kontext der Bewegung und Laufrichtungen wohl strukturiert angelegt. Die Fahrtrasse für den ÖPNV ist aus einem Verbundsystem im Fischgrätverband (24 x 12 x 14 cm) mit unterseitiger Profilierung und umlaufender Verschiebesicherung (z.B. Lithonplus – LP5-System 16 oder gleichwertig) hergestellt. Die geradlinige Führung des Fahrverkehrs ermöglicht die Verwendung der vorgeschlagenen Pflasterbauweise. Falls in der Stadt prinzipielle Vorgaben diese Ausführung verbieten, könnte die Fahrbahn mit Blick auf die „Robustheit“ des Entwurfes, auch in Asphalt oder Ortbeton projektiert werden. Der in der Bahnhofstraße liegende Anlieferbereich, sowie die Shared-Space-Fläche sind in Kleinsteinpflaster 15 x 15 cm, analog zu den Pflasterbändern hier jedoch im Reihenverband orthogonal zur Fahrtrichtung hergestellt.
Die Decke des Münsterplatz ist in Betonplatten (60 x 30, 30 x 30, 20 x 30 cm, Reihenverband) changierend in Anthrazittönen vorgesehen. Der Oberstreifen aus Naturstein-Kleinpflaster (15 x 15 cm) bildet die Schwelle des Platzraumes und ermöglicht eine passgenaue Anbindung der Gebäudesockelbereiche am Platz. Mit der farblichen Abstimmung des Asphalts der Straßen auf den Plattenteppich ist ein farblich einheitliches Erscheinungsbild der Oberflächen des Münsterplatzes gegeben.
Der Gesamtaufbau der genannten Beläge entspricht der jeweilig geforderten Bauklasse und kann wahlweise in gebundener oder ungebundener Bauweise erstellt werden.

Baumkonzept
Die Leitidee – die eigenständige jedoch aufeinander bezugnehmende Charakteristik von Boulevard und Münsterplatz – spiegelt sich nicht zu Letzt in der Auswahl der Gehölze wider. Der Boulevard ist begleitet von Blumen-Eschen (Fraxinus ornus), einem schmalkronigen Gehölz mit feiner Krone und gefiederten Blättern. Im Frühjahr verbreitet die weiße Blüte einen angenehmen Duft. Der Habitus berücksichtigt zum einen die technischen Belange der Feuerwehr und MVG und unterstützt zum anderen den „grünen“ Charakter des Boulevards.
Die spielerische Stellung, der Habitus der schirmförmigen Tokyo-Kirsche auf dem Münsterplatz kontrastieren zu den Baumreihen der umgebenden Straßenräume. Diese präzis gesetzten charaktervollen Bäume identifizieren das Entree zur Altstadt und verbinden visuell den Raum über die querenden Fahrspuren hinweg. Den Hintergrund hierfür bilden die Bestandsbäume vor dem Telegraphenamt und an der Ecke Bilhildisstraße Bingerstraße.


Fußgänger | Radverkehr
Die neuen Radverkehrsverbindungen wurden an die vorhandenen Radwege angebunden. Die Bahnhofstraße und Schillerstraße sind vorrangig für die Fußgängernutzung vorgesehen, eine etwaige Nutzung durch Radfahrer ist jedoch berücksichtigt. Die eigentliche Führung des Radverkehrs wird über die parallelverlaufende Gärtnergasse vorgeschlagen.
Die Fahrradabstellflächen und die Station für Leihräder der MVG sind in unmittelbarer Nähe der neuen Wartehallen vorgesehen um das Prinzip des Bike&Ride zu stützen.

Wartehalle
Die neuen Wartehallen der Haltestelle Münsterplatz befinden sich an den stark frequentierten Bereichen der Bahnhofstraße. Dadurch werden kurze Wege ermöglicht und zudem wichtige städtebauliche Achsen – der Mittleren und Großen Bleiche – sowie Haupteingänge der Gebäude freigehalten.
Die Wartehallen setzten sich aus modularen Elementen zusammen, die einen variablen Einsatz ermöglichen. Das auskragende Metall-Leichtbau-Dach, das auf raumhaltigen Glas-Wandscheiben ruht, erweckt den Eindruck frei zu schweben. Die Glaskonstruktion der Wartehallen fügen sich durch ihre Leichtigkeit und Durchlässigkeit in den Raum ein. Funktionselemente, wie Beleuchtung und Vitrinen für Fahrpläne, Netz- und Tarifinformationen sind in die Glaswände integriert.

Haltestelle
An den Haltestellen ist je eine Wartehalle mit integriertem Fahrkartenautomat, optisch zurückhaltenden Sitzelementen und Vitrinen für Fahrpläne und zusätzlichen Informationen vorgesehen. In unmittelbarer Nähe sind DFI mit Anforderungstaster positioniert. Zusätzliche Sitzbänke im Duktus des Boulevards sind an der Haltestelle platziert.
Taktile Elemente sind an den Haltestellen vorgesehen und fügen sich in die lineare Formensprache der Belagsgestaltung ein.

Feuerwehrflächen
Die benötigten Flächen- und Zufahrtmöglichkeiten der Feuerwehr entsprechen der allgemeinen Richtlinie für Feuerwehrflächen. Die Aufstellflächen weisen eine Breite von 3,50 m auf, die von einem 2m breiten hindernisfreien Geländestreifen auf der gebäudeabgewandten Seite begleitet sind. Der Abstand zwischen Gebäude und Einsatzfahrzeug beträgt 6m und liegt damit im vorgeschriebenen Bereich. Die Zufahrt erfolgt über die Bus-/Straßenbahnspur.

Planungsrecht
Die Belange des Bebauungsplanes 'Straßenbahntrasse Bahnhofstraße' finden in der Planung Beachtung. Die einseitige Stellung der Abspannmasten ermöglicht die, wie im B-Plan vorgesehene, Aufweitung der nördlichen Gehwegsseite auf 8 m. Ein etwaiger Anlieger- und Lieferverkehr ist aufgrund des klar gegliederten Querschnitts möglich. Des Weiteren sind regelkonforme Feuerwehrflächen in der Bahntrasse und in freigehaltenen Bereichen des Boulevards berücksichtigt.
Taktile Elemente sind behutsam in die Planung integriert. Prinzipiell ist ein hindernis- und barrierefreier Raum maßgebliche Zielvorstellung der Entwurfsverfasser.

Beurteilung durch das Preisgericht

Das Leitmotiv der Arbeit – die Differenzierung zwischen linearem städtischem Boulevard und funktional sowie gestalterisch hervorgehobenem Platz – ist städtebaulich überzeugend. Kritisch gesehen wird, dass die als Stadteingang bezeichnete Platzsituation (Münsterplatz) gestalterisch versucht die funktionale Zäsur durch die Verkehrsflächen des MIV und ÖPNV zu verschweigen. Konstatiert wird jedoch, dass der neue ‘Platzteppich‘, auf dem mehrere Kirschhaine als raumbildende Kulisse eingesetzt werden, eine deutliche Verbesserung der räumlichen Situation bewirken. Insbesondere die Arrondierung der dadurch entstehenden Teilräume findet die lobende Erwähnung der Jury. Insgesamt wird die Gehölzverwendung aus Bestand und Neupflanzung städtebaulich und artentypisch als gelungen und angemessen bewertet. Lediglich die Gehölze vor der Sparkasse werden aufgrund des geringen Abstandes zur Fassade kritisch betrachtet. Die gärtnerischen Elemente im Bereich der Baumscheiben (Münsterplatz) erscheinen für den stark frequentierten Ort unangemessen und zu wenig robust. Der sogenannte Funktionsstreifen', der die erforderliche Grundausstattung aus Stadtmobiliar und nfrastruktur aufnimmt, wird positiv bewertet und unterstützt die lineare Boulevardführung. Die Wartehallen fördern mit ihren bodentiefen Glas-Wandscheiben den zurückhaltenden und transparenten Eindruck der großzügigen Fußgängerachse. Leider ist die Barrierefreiheit in vielen Teilen nicht ausreichend gegeben. Neben der angemessenen Positionierung und Dimensionierung der Warteunterstände wird auch die einseitige Anordnung der Abspannmasten für die Oberleitung des ÖPNV lobend erwähnt. Kritisch bewertet wird hingegen der niveaugleiche Ausbau im Bereich der ÖPNV Trasse. Darüber hinaus wird in der ausgearbeiteten Variante die notwendige Bauklasse der ÖPNVTrasse nicht gewährleistet. Aufgrund des Konfliktes mit der Leitungsinfrastruktur muss auch der Brunnenstandort in Frage gestellt werden. Die separate Be- und Entladespur in der oberen Bahnhofstraße ist aus verkehrstechnischer Sicht für die Anlieger positiv zu bewerten. Insgesamt handelt es sich bei der Arbeit im Realisierungsteil um einen guten, tragfähigen Lösungsansatz mit klarer Funktionstrennung im Straßenraum. Der Beitrag lässt durch seine präzise Ausformulierung eine hochwertige Umsetzung erwarten. Im Ideenteil wird er dem Anspruch, einen hoch-frequentierbaren urbanen Raum zu schaffen jedoch nur unzureichend gerecht.
Bahnhofsstraße

Bahnhofsstraße

Lageplan

Lageplan

Lageplan

Lageplan

Schnitt Haltestelle

Schnitt Haltestelle

Schnitt Münsterplatz

Schnitt Münsterplatz