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Verhandlungsverfahren | 07/2015

Neubau einer Großmarkthalle auf dem Gelände der Markthallen

Teilnahme

allmannwappner

Architektur

Erläuterungstext

Städtebaulicher Kontext

Die neue Großmarkthalle schreibt in ihrer Maßstäblichkeit und als zeitgenössische, wegweisende Hallenarchitektur nicht nur die Geschichte des Großmarktareals als einer der größten und bedeutendsten Märkte Europas fort, sie ist als zeichenhafte Großform ein wichtiger Stadtbaustein im Kontext Münchens und für den Stadtteil Sendling von identitätsstiftender Bedeutung. Den neuen öffentlichen Boulevard der Thalkirchnerstraße nach Westen flankierend, kommt der Großmarkthalle somit eine stadträumliche prägende Rolle zu. Der daraus resultierende gestalterische Anspruch wird durch den unmittelbaren Dialog mit den historischen Hallenbauten des Areals, der gegenüberliegenden Kartoffelhalle und der expressiven ‘Ur- Halle 1’ von Richard Schachner aus dem Jahre 1920, sowie der 50er Jahre Architektur des von der Halle umspielten Kontorhauses und den neuen Wohnbauten im südlichen Teil noch verstärkt. Nach Osten bildet sie den kraftvollen Bildvordergrund zur Industrieanlage des Heizkraftwerkes.

Architektonische Position

Unabhängig von der Auseinandersetzung mit den städtebaulichen Rahmenbedingungen, den bautypologischen Zusammenhängen des unmittelbaren Umfeldes, steht der Entwurf einer derartig großen Struktur immer in der Tradition seiner typologischen Vorbilder, den wegweisenden Markt- und Industriehallen der Geschichte, die zwar als Funktionsbauten konzipiert wurden, deren konstruktive Elemente jedoch immer auch gestalterisches Mittel sind und den gestalterischen Ausdruck maßgeblich prägen. Eines der herausragendsten Beispiele ist die Frankfurter Markthalle von Martin Elsässer aus dem Jahre 1927, die bedingt durch die Inanspruche des Areals durch die EZB, inhaltlich durch einen profanen Industriebau in der Frankfurter Peripherie ersetzt wurde. Durch die Entscheidung der Stadt München, die Grossmarkthalle weiterhin im Stadtgebiet zu betreiben, ergibt sich die Verpflichtung, aber auch die Chance, zu einer städtisch wirkenden, Beständigkeit intendierenden, eindrücklichen Hallenarchitektur. Um dies zu erreichen, wird das traditionelle, für Großstrukturen angewandte Motiv des Bogens in eine zeitgenössische, den heutigen Konstruktionsmethoden gerechte, Architektursprache übertragen. Ziel für den Entwurf der Großmarkthalle ist es einen ganzheitlichen gestalterischen Ansatz zu verfolgen, dessen raumbestimmende Elemente wie konstruktive Struktur, Belichtung und Fassade die funktionalen Anforderungen bestmöglich erfüllen, jedoch weder darauf reduziert, noch voneinander entkoppelt sind und daher nicht Gefahr laufen zur manierierten Applikation zu werden.

Struktur und Materialität

Allem voran steht die bewusste Entscheidung für ein gerichtetes Tragwerk um räumliche Orientierung zu gewährleisten und durch die kontinuierliche Geste der ‘Welle’ einen Ausdruck zu formulieren, welcher bereits einem ersten Bauabschnitt gestalterische Qualität verleiht.

Den Rhythmus von Verkaufsflächen und Verkehrsachsen betonend, wird jeweils eine Erschließungsstraße mit einem Bogen überspannt, was auch eine Reminiszenz an das Raumprofil der historischen Markthalle 1 von Richard Schachner darstellt, jedoch über Material und Konstruktionsweise eine zeitgenössische Interpretation erfährt. Die nach Norden orientierten Lichtbänder stehen im Wechsel mit den hölzernen Untersichten der Bögen bzw. Wellen, deren Neigung sich in den V-förmigen Auflagern der Betonunterzüge fortsetzt. Alle drei Materialien der Untersicht des Daches werden über eine gemeinsame Farbgebung homogenisiert. Eine ressourcenschonende Bauweise, jeweils ihrer Leistungsfähigkeit gemäß, bei der Wahl der konstruktiven und ausfachenden Element ist selbstverständliche Grundbedingung des Konzeptes.

Als ganzheitliche strukturelle Vorgabe wird die Amplitude des Dachtragwerkes in die Fassade übertragen und über einen zweiten, parabelförmigen Bogen in den Boden weitergeführt und damit geerdet. Die beiden Bögen rhythmisieren im plastischen Zusammenspiel die durch die enorme Länge, horizontal geprägte, Westansicht der Halle, deren einzige Zäsur das Kontorhaus bildet. Durch diese dreidimensionale Ausgestaltung leistet die Fassade straßenbegleitend nicht nur einen visuellen, sondern auch räumlichen Bezug. In filigranen Betonfertigteilen gefügt, entsteht ein leichter, papierhaft anmutender Ausdruck und die dahinterliegenden Fenster aus Polycarbonat gewähren dem Flaneur einen großzügigen, wenn auch schemenhaften Einblick in das lebhafte Treiben der Markthalle. So gelingt es, das über die Materialität ein traditionelles urbanes Motiv wie der Bogen in eine zeitgenössische Sprache übersetzt wird. Es entsteht eine Halle die ihren Inhalt nicht leugnet und sich nächtlich zu einem magischen Ort, mit wechselnden Szenarien, verwandelt. Im Osten, zur industriell geprägten Seite des Ladehofes, passt sich die Struktur der Fassade unter Verzicht auf das Bogenmotiv den funktionalen Anforderungen der Anlieferung an. Die Dachstruktur überkragt die windgeschützte Kommissionier- sowie die Ladezone.

Auf Basis dieser einerseits sehr funktional geprägten Aufgabe vollzieht sich unter Bezugnahme auf traditionelle Typologien und deren zeitgenössische Adaption über Materialität und Konstruktion eine Transformation zu einer Identität stiftenden, originären Gebäudefigur.

Städtebauliches landschaftsarchitektonisches Konzept

Die qualifizierte Gestaltung der umgebenden Straßen- und Platzräume ist für die städtebauliche Integration der großmaßstäblichen Bauvolumen und übergreifenden Erschließungsbereiche von besonderer Bedeutung. Die Entwicklung des „Thalkirchner Boulevards“ auf der Westseite übernimmt hier eine stadtteilübergreifende Funktion. Der neuen Großmarkthalle wird eine mit säulenförmigen Straßenbäumen vorgelagerte Rad-und Fußwegezone vorgelagert und mit Sitzgelegenheiten, Fahrradständern und städtisch geprägten Grünflächen ausgestattet.

Der offene Platzraum mit dem an diese markante Stelle versetzten Marktbrunnen vor dem Kontorhaus markiert und verankert den Haupteingang zur Markthalle im Stadtraum. Eine erhöhte, über Treppen- und barrierefrei ausgebaute Rampenanlagen erschlossene Plattform „umspült“ das Gebäude und dient als Freisitz für die angelagerte Gastronomie. Lichte Baumgruppen sorgen für eine angenehme Aufenthaltsatmosphäre und gliedern den Platzraum. Die bestehenden baumbestandenen Grün- und Biotopflächen entlang der Lagerhausstraße werden in das Gestaltungskonzept miteinbezogen und mit standortgerechten Neupflanzungen ergänzt. Entsprechend den Vorgaben der Auslobung befindet sich an der Schäftlarnstraße die zentrale Zu- und Abfahrt wie auch das neue Pfortengebäude. Zwischen dem öffentlichen Straßenraum, mit Fahrbahn, Baumgraben und Rad- Fußweg und den inneren Stellplatz- und Erschließungsflächen wird ein durchgängiger, mit großkronigen Straßenbäumen bepflanzter Grünstreifen entwickelt. Er übernimmt eine wichtige zonierende, abschirmende Funktion zwischen Straßenraum und inneren Parkierungsflächen.
Die Parkierungsanlagen werden mit Baumreihen und Grünflächen gegliedert. Rast- und Ruhezonen für die LKW- Fahrer werden in die Freianlagengestaltung integriert. Die ehemalige Isarhangkante wird als zusammenhängende, grundstücksübergreifende Grünfläche erhalten, in Teilbereichen durch Rückbau von Nebengebäuden und Erschließungsflächen erweitert und mit standortgerechten Neupflanzungen weiterentwickelt. Südlich der neuen Großmarkthalle wird im Bereich des bestehenden Gleiskörpers eine Biotopfläche etabliert. Zur Kompensation der für den Betrieb notwendigen großflächigen Erschließungsbereiche und des damit verbundenen hohen Versiegelungsgrades des Gesamtareals werden zur Verbesserung der stadtklimatischen Faktoren neben den geplanten Photovoltaikflächen große Teile der Dachflächen extensiv begrünt.
Lageplan

Lageplan

Grundriss

Grundriss