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Anonymer Studienauftrag mit vorangegangener Präqualifikation | 02/2015

Neugestaltung Kirchenraum Kath. Kirche St. Josef

BENVENUTO

Zur Realisierung empfohlen

Architekturbüro Miroslav Šik

Architektur

Kuster + Partner AG

Akustikplanung, Bauphysik

mosersidler AG für Lichtplanung

Lichtplanung

Beurteilung durch das Preisgericht

Der starke, fast archaische Kirchenraum von Anton Higi mit seiner klaren tektonischen Fassung und dem Zusammenspiel von Raum und farbigem Licht ist Ausgangspunkt und Orientierung für das vorliegende Umbauprojekt.
Es geht den Projektverfassern nicht darum, einen völlig neuen Kirchenraum zu gestalten, sondern neben neuen viele durchaus noch taugliche Elemente weiterzuverwenden und in einen neuen Gesamtzusammenhang zu bringen. Es werden wenige Teile entfernt, diese mit Bedacht.
So wird zwar die Altarskulptur aus den 70er Jahren entfernt. Das Material wird aber wo möglich in den neuen Altarstufen weiterverwendet und der wertvolle helle Castione-Granit bleibt auch als Bodenbelag im Kirchenschiff bestehen.
Der ganze Kirchenraum wird in einem gebrochenen Weiss monochrom gefasst, welches den Steinboden, die Wandpilaster, die Decke und die Chorapsis in fein abgestuften Schattierungen einfärbt. In diesen ruhigen hellen Raum fällt das bunte Licht der schmalen, hohen Kirchenfenster und projiziert Lichtreflexe auf Boden, Bänke und Wände. Erst auf den zweiten Blick sichtbar wird die subtile Behandlung der Wandoberflächen bei den beiden seitlichen Abschlusswänden und der dazwischenliegenden Chornische. In die Wandflächen sind mittels Sgraffito-Technik Buchstaben eingeritzt, die in einem Sinnzusammenhang mit dem Schutzpatron der Kirche und der Heiligen Schrift stehen können. Dieser Sinnzusammenhang ist aber erst skizziert und wäre in einer weiteren Bearbeitung zu vertiefen. Die Ton in Ton mit dem Hintergrund gehaltenen Textzeilen sind an den seitlichen Wandstücken unregelmässig auslaufend, sodass der Übergang von Seitenwand zu Chor nicht hart ist, die Chorapsis immer Teil des ganzen Kirchenraums bleibt. Ein besonders schönes Element ist hier das grosse Kreuz im Chor. Als eingetieftes Relief übernimmt es Platz und Grösse des aussen am Chorrund aufgebrachten Kreuzes, verankert es am Ort und verbindet auf subtile Weise aussen und innen, alt und neu.
Auch das Bodenrelief im Chorbereich wird behutsam verändert. Eine breite vorgezogene erste Stufe schafft etwas Distanz zum Chor, aber auch den notwendigen Platz, um auf der rechten Seite das Taufbecken aufnehmen zu können, oder aber den Blumenschmuck, die Krippenfiguren, die Sänger oder Musiker.
Für den eigentlichen Chorbereich wird als Ersatz für den nicht mehr abgebauten Castione Chiaro der Tessiner Cristallina-Marmor vorgeschlagen, ein körniger weisser Stein, der sich gut in den monochromen Farbklang fügt. Aus diesem Stein sind auch alle liturgierelevanten Objekte (Altar, Ambo, Taufstein) gefertigt, in einer gewissen Schwere, die auch die heutige Altargestaltung aus den 70er Jahren auszeichnet, aber in einer anderen Formensprache, mit klaren, kantigen, reduzierten Kuben und Zylindern, was sie näher an die Architektur Higis rücken lässt.

Neben dem Umbau des Chorbereichs ist auch der Umbau der Orgelempore geglückt. Das Rundfenster an der Eingangswand wird freigelegt, der Orgelprospekt zweigeteilt und die zwei Hälften im Halbrund angeordnet, metallische Glanzkörper, über die Licht in den Raum gelenkt wird. Damit wird dieser heute sehr dunkle Bereich leicht und hell.

Unter der leicht raumwärts vorgezogenen Orgelempore werden die bestehenden schweren steinernen Türgewände neu angeordnet, das schwere Holzwerk der Ausfachungen wird durch eine grauweisse Lasur in den Gesamtfarbklang eingebunden. Die Raumaufteilung mit dem gar knappen und lichtlosen Beichtzimmer und der allzu sehr vom Kirchenraum abgetrennten Marienkapelle ist allerdings weniger gelungen.

Im gleichen hellen Grau wie das Holzwerk der Türen sind auch die neuen Kirchenbänke und die Sedien gehalten. Aus Schichtholz konstruiert, ist auch ihnen eine gewisse Schwere eigen, womit sie sich wie selbstverständlich in den tektonischen Grundklang einfügen.

Ein neues Element – und eine Bereicherung – sind die Beleuchtungskörper. Als schlanke, in der Höhe fünfteilige Lichtsäulen aus je fünf schmalen, stumpf gefügten Glasscheiben tauchen sie den Kirchenraum nicht nur nachts in eine schöne Lichtstimmung. Auch am Tag sorgen die unterschiedlich geätzten Glasscheiben und die polierten Kanten für Lichtreflexe.

Die Höhenlage ist gut gewählt. Zusammen mit den Kirchenfenstern, dem Kreuzrelief in der Chorapsis, dem Rundfenster und der Orgel entsteht gleichsam ein neuer schwebender Sakralraum, getragen von Licht, Farbe und Klang.

Insgesamt handelt es sich um einen wertvollen Beitrag, in dem neben der räumlichen und liturgischen Aufwertung auch alle technischen Belange auf sehr sorgfältige Art angegangen und gelöst sind.