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Offener Wettbewerb | 07/2015

Bertha-von-Suttner Schule - Neubau der "Spange"

1. Preis

ARCHITEKTURBUERO 1

Architektur

ErlÀuterungstext

BESTANDSAUFNAHME | ZWEI SCHULEN
Die Bertha‐von‐Suttner‐Schule in Geesthacht besteht aus zwei GebĂ€udekomplexen: Die ehemalige Realschule wurde in den Siebzigern gebaut und wird bisher weitgehend unverĂ€ndert genutzt. Die ursprĂŒnglich fĂŒr die Grund‐ und Hauptschule errichteten GebĂ€uden aus verschiedenen Epochen wurden immer wieder umgebaut und saniert. Beide Schulen sind jeweils von Freianlagen umgeben, welche unabhĂ€ngig voneinander angelegt wurden und an denen teilweise die Zeit ihre Spuren hinterlassen hat. Verbunden werden beide Komplexe ĂŒber eine Rampentreppe. Der Gesamteindruck ist eine große WeitlĂ€ufigkeit sowohl in positiver Sicht, weil FreirĂ€ume existieren, aber auch in negativer Sicht, weil ein gewisses Verlorensein bleibt. 2007 wurden die Schulen funktional zu einer Gesamtschule zusammengefasst. Nun soll die heterogene Anlage rĂ€umlich neu geordnet werden.

ENTWURFSKONZEPT | EINHEIT IN VIELFALT
Die Spange spannt den Bogen weit von der reinen Verbindung beider HauptgebĂ€ude, ĂŒber die rĂ€umliche Zusammenfassung des Außenraumes, bis zum einheitlichen Entree beider Schulteile. Derzeit sind beide Schulteile ĂŒber einen Treppenweg verbunden. Diese Verbindung nimmt der Entwurf auf. Ein großzĂŒgiger Vorplatz spannt sich zwischen die Schulen. Mit durchschnittlich 4% GefĂ€lle ist dieser moderat geneigt. Diese Neigung und die WeitlĂ€ufigkeit des Ortes wird als Genius Loci begriffen und gezielt ausformuliert. Der geneigte Vorplatz öffnet sich nach Osten zu den SportflĂ€chen und der Erschließung. Nach Westen wird er durch die Spange begrenzt. So wird die WeitlĂ€ufigkeit der Anlage auf den Vorplatz fokussiert. Gleichzeitig werden die FlĂ€chen im Westen introvertierter und können wieder Teil der Natur werden bzw. fĂŒr spĂ€tere Erweiterungen frei bleiben. Der Vorplatz wird mit BĂ€umen, Sitztreppen, Rampen und SpielgerĂ€ten zum großen gemeinsamen Schulhof. Er ist das verbindende Element, er ist das neue Gesicht. Die neue Bertha‐von‐Suttner‐Schule mit GebĂ€uden verschiedener Epochen findet eine vielsprachige Einheit.

SPANGE | DÖSSELBUSCHBERGSCHULE
Die Spange dockt im Norden an die ehemalige Realschule an. In dieser sollten die im Erdgeschoss zum Vorplatz orientierten RĂ€ume umstrukturiert werden, um die Schule Richtung Vorplatz zu öffnen. Ebenerdige Verbindung der Aula und des CafĂ©s wird möglich, die Grenze zwischen Innen und Außen wird durchlĂ€ssiger.

SPANGE | LERNLANDSCHAFT
Im nördlichen Teil der Spange ist die neue Lernlandschaft mit vier KlassenrĂ€umen, Gruppenraum und Multifunktionsraum eingeplant. Die RĂ€ume liegen auf einer Ebene. Sie werden von Rampen, Sitzstufen und Treppen umspielt und gegliedert. Die VerkehrsflĂ€che bekommt so einen Mehrwert. Gleichzeitig wird die in der Vergangenheit vielfach praktizierte Abgeschlossenheit des Lernens in klar definierten RĂ€umen mit einer neue Offenheit und Transparenz konfrontiert. Wobei die klar definierten RĂ€ume nicht gĂ€nzlich verschwinden, sondern durch offene Lernformen ergĂ€nzt werden. So sind die KlassenrĂ€ume als Filter zwischen Außenklasse im Westen und Gruppenraum und Vorplatz im Osten zu verstehen. TĂŒren und FenstertĂŒren verwandeln bei Bedarf den abgeschlossenen Klassenraum zur individuellen Lernlandschaft. Im Gruppenraum und Multifunktionsraum tragen zwei ZylinderstĂŒtzen statisch, gliedern den Raum, werden ĂŒber ein Oberlicht zu Lichtduschen, sind RĂŒckzugsversteckebene und tauchen im GebĂ€ude und außen immer wieder auf.

SPANGE | LEHRER, VERWALTUNG
Weiter Richtung SĂŒden folgt das Lehrerzimmer mit Überblick ĂŒber die Lernlandschaft und die BĂŒros der Verwaltung. Hier ist mit dem SchulbĂŒro die gemeinsame Anlaufstelle beider Schulteile. Zu wĂŒnschen wĂ€re es das Lehrerzimmer offen zu gestalten, als Treffpunkt der Lehrer der gesamten Schule, als Meeting FlĂ€che mit Außenraum. Dies bedingt aber, dass es im Haus RĂŒckzugs‐ und Arbeitszonen fĂŒr die Lehrer gibt. Im weiteren Prozess wĂ€re dies noch auszuformulieren.

SPANGE | FACHRÄUME
Es schließen die Trakte der Fachklassen an. Die eingeschossige Bebauung des Fachklassentraktes (Block A) wird umgebaut, Teile des Altbaus werden soweit als möglich fĂŒr die neue Bebauung genutzt. Dies können die Fundamente, Grundleitungen und evtl. teilweise statische Konstruktionen wie StĂŒtzen und Decke sein. Dies wĂ€re im Detail mit genaueren Planunterlagen zu prĂŒfen. Auf jeden Fall sollte die Außenhaut erneuert werden, um bauklimatisch auf den aktuellen Stand zu kommen und die Einheitlichkeit der Spange zu schaffen.

SPANGE |SCHULWEGSCHULE
Die ehemalige Grund‐ und Realschule bekommt ein wĂŒrdiges zum Vorplatz orientiertes Entree. Umbauten sind kaum notwendig, lediglich die Bauteile an die angebaut wird, mĂŒssen adaptiert werden.

SPANGE |MULTIFUNKTIONSERSCHLIESSUNG
Zum Platz orientiert liegt die Erschließung, welche dem Niveau des Platzes mit Treppen und Rampen folgt. Als Mehrwert wird die mit kleinen quadratischen Fenstern bestreute Außenwand angeboten. Diese Fenster sind Sitznischen, Miniausstellung, Zwergenversteck 
 Die Erschließung bekommt AufenthaltsqualitĂ€t. Der lange Weg zwischen den Schulen wird zum attraktiven Ziel, beilĂ€ufige Kommunikation wird gefördert, Innen und Außen sind eng verknĂŒpft.

VORPLATZ | FREIRAUM
Der Vorplatz verbindet beide Schulteile und wirkt bis in das GebĂ€udeinnere. Er wird liebevoll gestaltet. Drei Treffpunkte bei den EingĂ€ngen mit Sitzmöglichkeiten an runden Baumscheiben, ZylinderstĂŒtzen mit SitzbĂ€nken an der Innenseite und eine Vielzahl an Sitztreppen und Rampen bereichern diese AktionsflĂ€che. Der Vorplatz und die Spange bilden zusammen ein Element. Das Dach der Spange steht ĂŒber die Fassade ĂŒber, es entsteht ein gedeckter Bereich. Dieser wird um die Bestandsschulen herumgezogen. So ergibt sich das gewĂŒnschte Zusammenwachsen, sowohl gestalterisch als auch funktional. Die Wege innerhalb der Schule werden durch die Spange nicht kĂŒrzer und es bleiben weiterhin verschiedene EingĂ€nge, aber die Wege werden attraktiver, vielfĂ€ltiger und ĂŒbersichtlicher.

STATISCHES KONZEPT | RAUMZONIERUNG
Die Konstruktion passt sich dem Spielerischen des GebĂ€udes an. Die StĂŒtzen stehen nicht im starren Raster, sondern werden dem Grundriss angepasst und wirken BaumstĂ€mmen im Wald gleich, zufĂ€llig verteilt. Ebenfalls stĂŒtzend und auch aussteifend wirken acht ZylinderstĂŒtzen. Diese zonieren den Grundriss, sind RĂŒckzugszone und Treffpunkt, werden variiert innen wie außen eingesetzt. Das Dach wird als einfache Stahlbetondecke ausgefĂŒhrt. Um WĂ€rmebrĂŒcken und komplizierte Isokörbe ĂŒber 120 Laufmeter zu vermeiden, wird der Übergang zwischen Innen und Außen doppelt gedĂ€mmt ‐ einfach und effizient.

MATERIALITÄT | UNVERKRAMPFT NATÜRLICH
Es soll ein natĂŒrliches, unkompliziertes GebĂ€ude entstehen. Die BodenbelĂ€ge sind alle robust und bestĂ€ndig, aus Beton bzw. Asphalt. Durch Anschleifen der OberflĂ€che bekommen diese kalten Materialien die ihnen innewohnende NatĂŒrlichkeit zurĂŒck und werden zu edlem Stein mit warmen Farben. Die WĂ€nde werden weiß im Leichtbau vorzugsweise mit ökologischen DĂ€mmstoffen ausgefĂŒhrt. Die Decken werden offen installiert, wobei aufwendige Haustechnik auf das unbedingt notwendige Maß beschrĂ€nkt wird. GroßflĂ€chig wird die Decke mit schallschluckenden und preiswerten Material wie Heralan o.Ă€. belegt, so kann eine angenehm ruhige Akustik erreicht werden. Eine offene Holzlamellendecke verdeckt diese Installationsebene ohne den Zugang fĂŒr Adaptierungen einzuschrĂ€nken. Die Außenfassade wird aus hochgedĂ€mmten, wĂ€rmebrĂŒckenfreien, vorfabrizierten und damit preiswerten Holzsandwichfassade vorgehĂ€ngt. Eine Holzverschalung aus senkrechten Brettern kleidet elegant, unverkrampft. Der DachĂŒberstand verhindert direkte Beregnung und direkte Besonnung. Außen liegender, wartungsintensiver Sonnenschutz ist nicht notwendig.

NACHHALTIGKEIT | KUBATUR
Das VerhĂ€ltnis von BauwerkshĂŒlle zu NutzflĂ€che ist bei einer Kugel ideal und stellt das energetische Optimum dar. Die Bauaufgabe der GebĂ€udeverbindung zwingt zu einer eingeschossigen und von der Kugelform weit entfernten Lösung. Dieser auf den ersten Blick energetische Fauxpas, kehrt sich in sein Gegenteil, da es gelingt die BestandsgebĂ€ude inhaltlich neu zu definieren und fĂŒr die zukĂŒnftige Aufgaben fit zu machen. Nachhaltigkeit bedeutet in diesem Fall die Nutzungszeitraum der Gesamtschule wieder auf Start zu setzen.

10 THESEN I ERFÜLLT?
Die 10 Thesen – Anforderungen an einen zukunftsfĂ€higen Schulbau – Quelle: Montagsstiftung – will der Entwurf erfĂŒllen; daran misst er sich:
LERNEN BRAUCHT RUHE, LICHT UND LUFT. Von ungesunden RĂ€umen zu konsequenter Schallreduktion, mehr Licht, großen BewegungsflĂ€chen.
LERNEN BENÖTIGT UNTERSCHIEDLICHE PERSPEKTIVEN UND AKTIVE ZUGÄNGE. Vom Instruktionsraum zu vielfĂ€ltig nutzbarenRĂ€umen: WerkstĂ€tten, BĂŒhnen, Ateliers.
GERLERNT WIRD ALLEIN, ZU ZWEIT, IN DER KLEINGRUPPE UND IM KLASSENVERBAND. Vom engen Klassenzimmer zur differenzierten Lernlandschaft.
FÖRDERUNG IN EINER INKLUSIVEN SCHULE GESCHIEHT IN HETEROGENEN GRUPPEN. Von getrennten Schulstandorten zur inklusiven Schule.
GANZTAGSSCHULE HEISST LERNEN, TOBEN, VERWEILEN, REDEN, ESSEN UND VIELES MEHR – IN EINEM GESUNDEN RHYTMUS. Von halligen, dunklen Fluren zu abwechslungsreichen AktionsflĂ€chen außen und innen.
LEHRER ARBEITEN NICHT ALS „EINZELKÄMPFER“, SONDERN IM TEAM. Vom ĂŒberlasteten Lehrerzimmer zu Teamstationen und LehrerarbeitsplĂ€tzen.
SCHULBUCH UND KREIDETAFEL WERDEN ERGÄNZT DURCH TABLET UND SMARTBOARD. Von abgeschlossenen Komplettlösungen zu „Leerrohren“.
KULTURELLES LERNEN IST DER ECKSTEIN DER BILDUNG. Vom reinen Funktionsbau zum empfindsam gestalteten Ort.
KINDER UND JUGENDLICHE BRAUCHEN EINE GESUNDE UMGEBUNG. Vom Pausenhof zu Bewegungslandschaften, vom Speiseraum zur „Mensa Plus“.
SCHULE IST IM UMGANG MIT DER UMWELT UND TECHNIK EIN VORBILD. Von unsichtbarer GebÀudetechnik zu begreifbaren Modellen.
DER DEMOKRATISCHE STAAT BENÖTIGT EINE DEMOKRATISCHE SCHULE. Von einer Schule ohne Mittelpunkt zu einem gemeinsamen Ort fĂŒr die Schulgemeinde.
DIE SCHULE ÖFFNET SICH ZUR STADT. DIE STADT ÖFFNET SICH ZUR SCHULE. Von der geschlossenen Schule zur wechselseitigen Nutzung zentraler Funktionsbereiche.