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Planungskonkurrenz mit vorgeschaltetem Bewerbungsverfahren | 07/2015

Dauerausstellung Hotel Silber

LĂ€ngsschnitt

LĂ€ngsschnitt

2. Rang

bĂŒroberlin

Architektur, Innenarchitektur, Szenographie

ErlÀuterungstext

Idee
Im Hotel Silber soll ein offener Begegnungs- und Diskussionsort fĂŒr ganz unterschiedliche Besucher entstehen. Um diesem Anspruch gerecht zu werden, schlagen wir vor, im Erdgeschoss möglichst offen zu gestalten und Hemschwellen fĂŒr zufĂ€llige Besucher niedrig zu halten. Innere TrennwĂ€nde werden durch eine Glaswand ersetzt, um Offenheit und Transparenz zu schaffen. Als einladende Geste ragt aus dem GebĂ€ude einen Windfang vor, welcher den Eingang markiert.

Die Ausstellung im 1. Obergeschoss befasst sich mit der Geschichte des Orts als Gestapozentrale. Leider wurde das GebĂ€ude in seiner Geschichte so oft umgebaut und ĂŒberformt, dass kaum mehr Spuren aus der Zeit erhalten sind. Wand- und BodenbelĂ€ge wurden in mehreren Renovierungs- und Umbauphasen vernichtet, Mobiliar ist schon lange keins mehr vorhanden. Im Großen und Ganzen im Original erhalten sind die historische Raumstruktur und die Lage der Fenster. Unser Entwurf verĂ€ndert diese nicht.

Wir schlagen vor, die AtmosphĂ€re der Konfrontation zwischen Opfern und TĂ€tern, welche sich in den RĂ€umen abgespielt hat, mit Hilfe szenografischer Mittel wiederzubeleben und fĂŒr den Besucher erfahrbar zu machen.

Unterschiedliche Installationen mit und ohne Einsatz von Medien sprechen eine große Vielfalt von Besuchern unterschiedlicher Herkunft und unterschiedlichen Alters an und verknĂŒpfen die Inhalte mit der Gegenwart des Einzelnen.

Der Geschichtsort im Stadtraum
Die Umwandlung des frĂŒheren Hotels Silber zum Geschichtsort ist bereits von aussen sichtbar. Der Windfang aus Messing ragt als verformte PolygonflĂ€che aus dem GebĂ€ude hervor und markiert den Eingang. Schon vor Betreten des GebĂ€udes begegnet der Besucher hier dem ersten Fenster in die Vergangenheit. Die Seiten des Windfangs dienen als PrĂ€sentationflĂ€che fĂŒr die Geschichte von Eugen Bolz. Im Dach wird ein Projektor untergebracht, welcher in regelmĂ€ssigen AbstĂ€nden eine kurze Animation auf die TĂŒr projeziert.

Auf der Fassade prĂ€sentieren sich auch schon die ersten grafischen Elemente, welche dem Besucher im Geschichtsort Hotel Silber immer wieder begegnen werden. Ein großer Teil des ersten und zweiten Obergeschosses des OstflĂŒgels wird mit einem Netz ĂŒberspannt, welches auch um die Ecke ragt. Es markiert die neuen Ausstellungsbereiche und ist aus beiden Zugangsrichtungen sichtbar. Die Netzstruktur wird mit einem großformatigen Logo des neuen Geschichtsorts ĂŒberlagert. Die Aussenwerbung prĂ€sentiert sich in den Farben weiß und blau, welche auch im Inneren des GebĂ€udes zum Einsatz kommen.

Geschichte des Hotels Silber
An der Wand des Flurs, welcher vom Eingangsbereich das Diskussionsforum im Erdgeschoss erschließt, wird in chronologischer Abfolge die Geschichte des GebĂ€udes von seiner Entstehung als Hotel Silber bis zu seiner heutigen Nutzung als Geschichtsort erzĂ€hlt.

Die Wand zwischen Flur und SeminarrĂ€umen wird komplett geöffnet und durch eine Glaswand ersetzt. Davor werden in einem regelmĂ€ssigen Rhythmus vertikale Lamellen angeordnet. Auf der zum Eingang zugewandet AnsichtsflĂ€che der Lamellen werden die Abschnitte eines historischen Fotos des GebĂ€udes so installiert, dass sich die Einzelteile fĂŒr den Besucher, der den Flur betritt, zu einem Bild zusammensetzen.

Auf dem RĂŒckweg prĂ€sentiert sich dem Besucher die RĂŒckseite der Lamellen, wo nach dem gleichen Prinzip ein Foto des GebĂ€udes als Geschichtsort verteilt ist.

Auf den GlasflĂ€chen zwischen den Lamellen werden die verschiedenen Etappen der GebĂ€udenutzung thematisiert und bebildert. Im Bereich der Grafik ist das Glas milchig, als Sichtschutz fĂŒr die SeminarrĂ€ume und fĂŒr eine gute Lesbarkeit der Inhalte der Chronologie.

Durch die Anordnung der GebĂ€udegeschichte im Flur bleibt diese auch dann zugĂ€ngig, wenn im Vortragssaal oder in den SeminarrĂ€umen Veranstaltungen stattfinden. Sie ist direkt an den Eingangsbereich angeschlossen, die Hemmschwelle fĂŒr zufĂ€llige Besucher dadurch niedrig.

Fenster in die Vergangenheit
Als ProjektionsflĂ€chen dienen stets mit den einzelnen Geschichten verbundene GebĂ€udeteile, wie z.B. das Fenster am Pförtnerhaus (Franz Hirth), oder die Lage der frĂŒheren TĂŒr zum Restaurant (Hochzeit). Sie werden durch eine polygone MessingflĂ€che gerahmt. Dadurch werden die Orte markiert. Das Material setzt sich von den restlichen Gestaltungselementen der Ausstellung ab und kann in allen RĂ€umen eingesetzt werden. Der Besucher erkennt die Fenster in die Vergangenheit sofort wieder, wenn er ihnen auf seinem Rundgang begegnet.

Tritt ein Besucher an eines der jeweiligen “Fenster” heran, startet eine das Exponat begleitende Animation, die die zu erzĂ€hlende Geschichte visuell aufbereitet. Sie greift einzelne Elemente daraus auf. Die Projektion selbst findet direkt auf dem GebĂ€udeteil statt. Sie erscheint bruchstĂŒckhaft, in einer reduzierten und abstrakten Schwarz-Weiß-Ästhetik an der Stelle, wo sich die Geschichte ereignet hat und verschwindet wieder. Begleitende Exponate werden in der MessingflĂ€che prĂ€sentiert.

Prolog und Epilog
Das Fenster in die Vergangenheit zur Gedenktafel im Eingangsbereich dient auch als Prolog und Epilog.

Die Projektion erzĂ€hlt den sich in der Stuttgarter Gesellschaft festgesetzen Gebrauch des Namens “Hotel Silber”. Zugleich wird die sowohl zynische als auch euphemistische Weiterverwendung jenes Namens durch Assoziationen zu den folgenden Institutionen konterkariert.

Am Ort, wo sie frĂŒher hing, wird die Gedenktafel projiziert. Die ErzĂ€hlung folgt der auf der Gedenktafel befindlichen Chronologie. So formieren sich die ersten zwei Zeilen der Gedenktafel. Die Schrift “Hotel Silber” löst sich daraufhin von der projizierten Gedenktafel ab und wandert nach rechts auf die Wand. Dabei verwandelt sich der Schriftzug in das historische Logo um das sich dazugehörige Schlagworte legen. Nach kurzer Zeit verblassen sĂ€mtliche Worte und das Logo wandert wieder als ursprĂŒnglicher Schriftzug der Gedenktafel auf dieselbige zurĂŒck.

Dieses Prinzip setzt sich fort, mit dem Unterschied, dass jede weitere Nutzung auf der rechten Wand nur kurz besteht und vom Namen “Hotel Silber” verdrĂ€ngt wird. Die Nutzung “Polizeidienststelle” wird durch Zitate aus dem Brief der Tochter Heinrich Silbers ĂŒberlagert.

Auch hier setzt sich abermals “Hotel Silber” durch, bleibt nun jedoch bis zum Ende der noch folgenden Animationen stehen. Ab diesem Punkt wird die Gedenktafel durch zwei neue Abschnitte ergĂ€nzt - “1985 Initiative Lern- und Gedenkort” und “2017 Geschichtsort Hotel Silber”. Dieser letzte Schriftzug wird auf der rechten Wand zum Logo des Museums. Dieses wird durch Eintragungen aus dem GĂ€stebuch und heutigen Assoziationen zum Hotel Silber ĂŒberlagert. Damit endet die Animation und beginnt wieder von vorne.

Rundgang
Der Rundgang durch die Ausstellung im 1. Obergeschoss beginnt im Flur, und von dort geht es in den ersten Raum auf der rechten Seite. Hier befindet sich das erste Kapitel.

Am Ende jeden Kapitel wird der Besucher wieder in den Flur gefĂŒhrt, bevor es im nĂ€chsten Raum weitergeht. Erstreckt sich ein Kapitel ĂŒber mehrere RĂ€ume, werden diese durch DurchbrĂŒche in den TrennwĂ€nden miteinander verbunden. Am Ende der einen Seite angelangt, ĂŒberquert der Besucher den Flur und setzt seinen Rundgang auf der anderen Seite fort.

Einzelne TrennwĂ€nde, welche zur Gestapozeit nicht vorhanden waren, wurden entfernt, um partiell grĂ¶ĂŸere RĂ€ume zu schaffen. Ansonsten wurde die historische Zellenstruktur erhalten. Auch die Fenster sollen mit Ausnahme der frĂŒheren WC-Fenster ablesbar bleiben, sie werden lediglich verdunkelt.

Am Ende seines Rundgangs gelangt der Besucher nicht mehr in den Flur, er wird direkt ins Treppenhaus entlassen.

Farbgebung Kapitel
Kapitel I werden die Besucher mit der Farbe Blau empfangen. Diese verlĂ€uft innerhalb des Raumes zu Schwarz, als Symbol fĂŒr die Wandlung von der Demokratie zur Diktatur.

Kapitel II und III, welche die Zeit von der MachtĂŒbernahme bis zum Zusammenbruch des Naziregimes behandeln, werden in einer strengen Schwarz-weiß Ästhetik gestaltet. Schwarz steht fĂŒr die TĂ€ter. Die Farbe legt sich wie ein Schatten ĂŒber große Teile des jeweiligen Raums und besetzt diese. Weiß steht fĂŒr den Raum, der den Opfern blieb. Dieser wurde mit der Radikalisierung des Sytems immer kleiner. Kapitel IV zum Ende der Gestapo ist ganz schwarz.

Kapitel V erhĂ€lt einen helleren Blauton, in dem aber immer noch ein nicht geringer Schwarzanteil enthalten ist, als Symbol fĂŒr die KontinuitĂ€ten nach 1945.

Zuschauen, Hinschauen, Anschauen
Beim Betreten der DauerausstellungsflĂ€che im 1. Obergeschoss befindet sich der Besucher im Flur. Eine Installation, welche den ganzen Raum einnimmt, soll ihn auf die Ausstellung einstimmen. Bevor er die BĂŒros betritt, die als RĂ€ume der TĂ€ter belegt sind, kann er sich hier den Opfern widmen. Durch die Installation soll er dazu angeregt werden, vom Zuschauer zum Akteur zu werden.

Der Flur ist komplett in weiße Farbe getaucht. An den WĂ€nden ist auf Aughöhe ein umlaufendes Band angeordnet, welches sich aus vielen Rechteckformaten zusammensetzt. Auf diesen ist auf den ersten Blick nichts zu erkennen. NĂ€hert sich der Besucher einem Bereich der Wand, erscheinen dort die PortrĂ€ts von Menschen, die Opfer der Gestapomitarbeiter im Hotel Silber wurden. Die Personen, die in der Ausstellung erwĂ€hnt werden, sind im Bereich der RĂ€ume angeordnet, in denen ihr Schicksal thematisiert wird.

Bei manchen ProtrĂ€ts können in einem weiteren Schritt zusĂ€tzliche Informationen eingeblendet werden. Einzelne Rahmen bleiben auch bei nĂ€herem Herantreten weiß. Sie stehen fĂŒr die Opfer, die unbekannt geblieben sind.

Eine Tonkulisse, welche sich einschaltet, wenn der Besucher in die NĂ€he einer TĂŒr kommt, ergĂ€nzt die PrĂ€sentation. Einzelne Wortfetzen aus GesprĂ€chen, die hinter den TĂŒren stattgefunden haben, sind erkennbar.

Am Ende des Flurs befindet sich ein Spiegel, welcher die Perspektive noch ĂŒberhöht und die Anzahl der Bilder vermehrt.

Schnittmengendarstellung
Die letzte Wand des ersten Kapitels dient der Darstellung der Schnittmengen der Mitarbeiter der Politischen Polizei zwischen MĂ€rz und November 1933. In einer strengen Reihung werden die 220 PortrĂ€ts zu einem Rechteck geordnet. Einzelne Portraits sind durch ihre GrĂ¶ĂŸe hervorgehoben.

Eine Animation veranschaulicht die Darstellung. Die Verglasung, hinter der die PortrÀts prÀsentiert werden, ist steuerbar (switchable glass), sie kann zwischen den Modi Milchglas und Klarglas wechseln. Durch Umschalten zwischen den beiden Modi wird dargestellt, ob die Person zu der gerade besprochenen Gruppe gehörte oder nicht.

Die Entwicklungsschritte werden linear erzĂ€hlt. WĂ€hrend der linearen Animation sind immer nur die der jeweiligen Gruppe zugehörigen Portraits sichtbar. DarĂŒber an der Wand wird mittels Projektion parallel erlĂ€uternder Text angezeigt.

Die hervorgehobenen Portraits ermöglichen zudem jederzeit und zusĂ€tzlich zur laufenden Animation eine Interaktion. Tritt ein Besucher an eines der grĂ¶ĂŸeren Portraits heran, wird zu jenem vertiefende Information angezeigt. So bieten die exemplarischen Biografien bereits einen kurzen Einstieg in die bevorstehenden Themen der Ausstellung. Hier können durch Verweise VerknĂŒpfungen innerhalb der Ausstellung hergestellt werden.

Die Schnittmengendarstellung 1945 wĂŒrde auf Ă€hnliche Art aufgearbeitet und auf der gegenĂŒberliegenden Flurseite in gleicher Form prĂ€sentiert (siehe Querschnitt).

System
Über die schwarz angelegten FlĂ€chen in den RĂ€umen der Kapitel II und III legt sich eine Wandgrafik, welche “das System” Gestapo darstellt. Die Grafik spinnt ein Netz durch die RĂ€ume und verknĂŒpft einzelne Informationen und Inhalte.

Das System nimmt seinen Ursprung im zweiten Raum (Kapitel II), wo die Position der Gestapo innerhalb des NS-Apparats dargestellt wird. Die Installation besteht aus drei Ebenen, welche sich von der Wand lösen und als Raumstruktur dreidimensional werden. Die oberste Ebene des System mit Adolf Hitler und seinem unmittelbaren Umfeld liegt als Grafik auf der Wand. Das Netzwerk baut sich immer weiter in den Raum auf, bis man auf der vorderste Ebene bei den Abteilungen und Referaten der Gestapo angekommen ist. Hier wird anhand der Bezeichnung der Abteilungen und Referate ihre VerknĂŒpfungen mit der rassistischen Ideologie des Regimes sichtbar.

Das Netz dient auch dazu, die Position des Hotels Silber im regionalen und ĂŒberregionalen System der Gestapo einzuordnen. In die Felder der Grafik können die verschiedenen Textebenen sowie Informationsgrafiken integriert werden. Auch Vitrinen mit Originalobjekten, welche das System der Gestapo erlĂ€utern, kann diese Ebene aufnehmen.

Im Kapitel III dient die Grafik dazu, das System des AuswĂ€rtigen Einsatzes zu erklĂ€ren. Eine Europakarte am Boden, an der die Einsatzorte der Stuttgarter Gestapo-Beamten markiert sind, wird ĂŒber die Netzgrafik mit Inhalten und Informationen an der Wand in Beziehung gesetzt.

Konfrontationen
AusgewĂ€hlte Einzelgeschichten werden als Konfrontation zwischen einem TĂ€ter und einem Opfer dargestellt. Beide werden benannt, dadurch können HandlungsspielrĂ€ume sowie die Konsequenzen der Handlung jedes Einzelnen dargestellt werden. Die Konfrontation findet in einer freistehenden Vitrine statt, welche auf der Farbgrenze zwischen dem schwarzen TĂ€terbereich” und dem weißen Opferbereich platziert ist. Die Farbgrenze verlĂ€uft auch ĂŒber die Vitrine.

Jeder der Protagonisten wird durch mindestens ein Objekt dargestellt. Das Objekt zum TĂ€ter liegt auf der schwarzen FlĂ€che, das Objekt des Opfers auf der weißen FlĂ€che. Um beide zu betrachten, muss der Besucher die Seite wechseln, er wird gezwungen, die Seite zu wechseln und die schwarze FlĂ€che zu betreten. Je nach Inhalten können die Körper auf denen die Konfrontation stattfindet unterschiedlich geformt sein.

Auf der weißen WandflĂ€che könnten zusĂ€tzliche Informationen zu den Opfern, insbesondere Vernetzungen, dargestellt werden.

Document reader
Am Beispiel der Geschichte des Pfarrers Theoder Dipper soll gezeigt werden, auf welche Art die Konfrontation, die zwischen Herrn Dipper und der Gestapo stattgefunden hat, dem Besucher nÀher gebracht werden kann.

In einer freistehenden Vitrine werden einander gegenĂŒberliegend das Schreiben der Gestapo und Theodor Dippers Brief unterhalb eines transparenten Displays gezeigt. Dies ermöglicht zwei Personen den gleichzeitigen Einblick in die Originaldokumente.

Durch das Herantreten eines Besuchers werden auf der entsprechenden Seite Textstellen im Originaldokument in Form einer Animation hervorgehoben. In einem weiteren Schritt werden diese Stellen durch zusÀtzliche Informationen erlÀutert bzw. thematisch vertieft.
Die animierte textuelle und bildliche Erweiterung der Dokumente kann interaktiv sein oder lÀuft in einer Schleife bis der Besucher die Vitrine verlÀsst.

Pepper’s ghost
FĂŒr die Geschichte von Helmut Baumann wurde eine weitere Art der medialen Aufarbeitung von Originalexponaten dargestellt, die auch an anderer Stelle zum Einsatz kommen kann.

In einer Glasvitrine einander gegenĂŒberliegend befinden sich das Dokument der Spruchkammer und die Anstecknadel.
Tritt ein Besucher auf Seiten der Anstecknadel an die Vitrine heran, erklingt lokal mittels Richtlautsprechern die Musik “Du-immer wieder du” begleitet von einer Animation wandernder Musiknoten.

Nach kurzer Zeit “erheben” sich Worte (wie z.b. “Aufforderung zur Wehrdienstverweigerung” oder “Kopf des sogenannten Swingklubs”) aus dem gegenĂŒberliegenden Dokument der Spruchkammer und fĂŒhren zur Störung der sich bewegenden Musiknoten, begleitet von StörgerĂ€uschen (Knacksern, Verlangsamung, TonhöhenĂ€nderung) in der Musik. VerlĂ€sst der Besucher die Vitrine werden Musik und Animation ausgeblendet.

Durch das visuelle und auditive Zusammenwirken beider Exponate wird ihre geschichtliche Verbindung versinnbildlicht und erzeugt Interesse fĂŒr das schriftliche Exponat.

Aufgrund des jungen Alters von Helmut Baumann und dem Bezug zur Musik bietet sich diese Geschichte an, um Jugendliche fĂŒr die Ausstellung zu interessieren. Es wĂ€re denkbar, einen iPod mit der Darstellung einer Playlist zur Steuerung der Installation zu integrieren.

Taschenlampenraum
Der Raum, in dem das Kapitel IV (Ende der Gestapo) behandelt wird, stellt den Zusammenbruch des Systems dar. Der ganze Raum ist schwarz. Alles wird unter den Teppich gekehrt und manche Beamte verschwinden im Untergrund. Um die Inhalte aufzudecken, bekommt jeder Besucher am Eingang des Raumes eine Taschenlampe, mit der er die Inhalte selbst aufdecken soll.

Eine leuchtende Lichtkante am Boden signalisiert die Position der Einbauten, die den WÀnden entlang angeordnet sind. Der Boden und die WÀnde heben sich in diesen Bereichen, auf den FlÀchen und in Vertiefungen können Inhalte und Exponate prÀsentiert werden.

Die Texte leuchten eine Zeit lang nach, um den Besucher bei seiner Suche zu unterstĂŒtzen und ihn zu motivieren.

Nachkriegszeit
Im letzten Raum, der die Nachkriegsgeschichte behandelt, wird der Besucher von einer neutralen, graublauen Stimmung empfangen. Auch der Boden hat den gleichen Farbton. An manchen Stellen klappt sich der Boden nach oben, um dem Besucher Inhalte zu zeigen. Dadurch kommt darunter eine schwarze FlĂ€che zum Vorschein. Durch eine Öffnung mit Lupe in der PrĂ€sentationsflĂ€che kann der Besucher auf die untere FlĂ€che schauen. Die Geschichte, die auf der oberen FlĂ€che erzĂ€hlt wird, wird dadurch mit Ereignissen verknĂŒpft, die zwischen 1933 und 1945 stattgefunden haben. Hier werden BrĂŒche und KontinuitĂ€ten erlĂ€utert.

Die ganze FlĂ€che der Wand zum Treppenraum wird durch eine Installation eingenommen, welche die Polizei heute zum Thema hat. Auf der obersten Ebene, fĂŒr alle im Raum sichtbar, stellt eine Grafik das große Vertrauen der Deutschen in Ihre Polizei dar. Bei der Wand handelt es sich um eine Glasscheibe, welche mit einem blickkontrollierenden Film belegt ist.

Wenn man im Winkel zur Wand durchschaut, ist das Glas milchig. Nur wenn man gerade auf das Glas schaut, ist es durchsichtig und man kann die Inhalte dahinter erkennen. Hier werden aktuelle FĂ€lle von Übergriffen der Polizei auf mehreren Bildschirmen dargestellt.

Diese werden oft mit Handykameras gefilmt und ĂŒber soziale Netzwerke verbreitet. Hier bietet sich ein guter Einstieg in die Ausstellung fĂŒr Jugendliche. Ausserdem sind nicht selten Minderheiten betroffen, ein AnknĂŒpfungspunkt fĂŒr Ausstellungsbesuche von Jugendlichen mit Migrationshintergrund. Wie die erste Installation im Flur soll auch diese zum Hinschauen und aktiv Werden animieren.

Beurteilung durch das Preisgericht

Zentrale Entwurfsidee ist eine eigenstÀndige Raumsinzenierung, die sich von dem bestehende GebÀudestruktur löst und RÀume mit Erlebnisscharakter erzeugt. Die RÀume sind in ihrer Ausgestaltung vielfÀltig und niedrigschwellig zu erleben.

Als Auftakt der Ausstellung dient bereits im Erdgeschoss eine in Scheiben aufgelöste Flurwand mit bedruckten Lamellen. Diese wird kontrĂ€r diskutiert und wĂŒrde voraussichtlich einen großen Eingriff in die Baustruktur erfordern.

Wenig ĂŒberzeugend ist der Vorschlag fĂŒr die Fassade. Sowohl der Windfang aus Messing als auch die Netzstruktur wirken beliebig. Das Obergeschoss beinhaltet einen „Erlebnissparcours“ geprĂ€gt durch einen Rundweg mit einer Schwarz-Weiß Gestaltung, der die Thematik ins Unterbewusstsein ĂŒberfĂŒhrt. Es besteht die Gefahr einer Überfrachtung. Ein starker Gegenwartsbezug ist vorhanden.

Ein Entwurf mit einem eigenstÀndigen, vielfÀltigen allerdings nicht ganz zeitlosem pÀdagogischen Konzept geht leider auf Kosten der das GebÀude prÀgenden Raumstruktur, die noch original aus der Epoche besteht, die Thema dieser Ausstellung ist.
Flur Erdgeschoss Hinweg

Flur Erdgeschoss Hinweg

Flur Erdgeschoss RĂŒckweg

Flur Erdgeschoss RĂŒckweg

Raum 02 Das Netzwerk

Raum 02 Das Netzwerk

Raum 03 Konfrontation

Raum 03 Konfrontation

Raum 04 AuswÀrtiger Einsatz

Raum 04 AuswÀrtiger Einsatz

Raum 09 Zusammenbruch des Systems

Raum 09 Zusammenbruch des Systems

Raum 10 Nachkriegszeit

Raum 10 Nachkriegszeit

Flur Obergeschoss

Flur Obergeschoss