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Nichtoffener Wettbewerb | 07/2015

Neubau Campus Biel/Bienne_Berner Fachhochschule BFH

Neubau Campus Biel/Bienne

Neubau Campus Biel/Bienne

1. Rang / 1. Preis

Preisgeld: 95.000 CHF

pool Architekten

Architektur

Blumer Engineering

Bauingenieurwesen

Waldhauser + Hermann AG

TGA-Fachplanung

Amstein + Walthert AG

TGA-Fachplanung

ADR Atelier Descombes Rampini

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Wie ein fehlender Puzzlestein verzahnt sich der neue Campus Biel/Bienne mit den umliegenden Quartieren. Vier neue Plätze an den Ecken des Baufeldes vermitteln jeweils zu den angrenzenden Stadtteilen. Der rautenförmige Platz an der Nordecke verweist auf den Bahnhof und führt zum Haupteingang der Fachhochschule und zur Campus Hall. Der Platz im Westen verbindet den Campus mit dem See und dient als Zweitzugang und Aussenraum der Caféteria. Der Ostplatz steht der Logistik und Warenanlieferung zur Verfügung und bildet den Übergang zum Madretsch-Quartier, der Südplatz verlinkt die Gemeinde Nidau mit dem Zentrum von Biel. Die vier Plätze vor den Eingängen dienen als Aufenthalts- und Bewegungsorte, die Räume dazwischen schliessen die Strassenzüge raumbildend ab.

Mit sieben Metern Höhe fungiert die Plaza des Campus als gedeckter Stadtraum. Sie ist von allen Seiten erschlossen. Im Erdgeschoss befinden sich die wichtigsten gemeinschaftlichen Nutzungen wie die Campus Hall, Aula, Mensa und ein Café sowie die Bibliothek und ein grosser Hörsaal. In der Form eines Mantelbaus umschliessen einzelne Gebäudeflügel die drei Zentralbauten, welche explizit für die Wissensvermittlung und den Austausch vorgesehen sind. Sie sind als fliessende Räume ausgestaltet und beherbergen die Seminarräume und die studentischen Arbeitsplätze. Mit einer Bundtiefe von 18m bieten die oberen Geschosse vielfältig unterteilbare Nutzflächen, Grossraum- und Einzelbüros sowie Labore diverser Grössen können beliebig kombiniert werden.

Geschosshohe, vorgefertigte Glasfaserbeton-Elemente bilden die äussere urbane Fassade hin zur Stadt und dienen als Lärmschutz an den exponierten Verkehrslagen. In den Innenhöfen sind die Fassaden in Holz ausgeführt. Dachterrassen auf unterschiedlichen Niveaus ermöglichen kleinmassstäbliche Nischen zur Nutzung als Pausenplätze, Frischluft-Forschungslabore oder für Lunch und Business Meetings. Die oberste Dachterasse bietet einen Weitblick zum Bielersee und auf dem unbebauten Feld der Südseite zur Salzhausstrasse hin zeichnet eine Wiese und ein Sportfeld die mögliche Erweiterung ab.

Beurteilung durch das Preisgericht

Mit der Erfindung einer sich dreimal einstülpenden Blockrandbebauung wird der Massstab der Grossform geschickt gebrochen. Es entstehen verschiedene Platzsituationen, die unterschiedlich bespielt werden – im Norden in der Verlängerung des Walserplatzes als Haupteingang, im Nordosten gegen die Johann-Aberli- Strasse (und in Erweiterung ihrer heutigen Funktion) als Anlieferungsadresse, im Südwesten Richtung See als Aussenraum für das Café und im Süden als Aussenbereich für die Mensa. Diese Stadtplätze sind in ihrer Stimmung und Materialisierung noch relativ schematisch, bieten aber das Potential für differenzierte Aufenthaltsbereiche. Die daraus resultierenden Adressbildungen zu den verschiedenen Quartieren der Nachbarschaft erlauben eine präzise Verortung der BFH in ihrem heterogenen Kontext und kreieren Aussenräume, die in ihrer Massstäblichkeit stimmig sind. Die vorgeschlagenen Einstülpungen haben den weiteren Vorteil, dass sich die ergebende, lange Gebäudeabwicklung - zusammen mit den erhöhten Zentralbauten im Hofbereich - den Verfassern den Spielraum gibt, mit der Mantelbebauung deutlich unter der maximal erlaubten Gebäudehöhe von 30 Metern zu bleiben. Mit seinen fünf Geschossen und 23.40 Metern Höhe kreiert das vorgeschlagene Mantelvolumen damit ein massstäblich sehr schön abgestimmtes Ensemble mit den bereits im Masterplangebiet bestehenden Bauten, die ihrerseits eine maximale Gebäudehöhe von 18.50 Metern aufweisen. Der Vorschlag für die Erweiterung vermag das Konzept des Projektes eher noch zu bereichern und ermöglicht durch seine Positionierung auch einen allfällig etappierten Abbruch der bestehenden Altbauten entlang der Salzhausstrasse.

Das Erdgeschoss wird als Erweiterung des öffentlichen Raumes in Form einer Abfolge von Plazas mit darin platzierten „Findlingen“ wie der Campus-Hall, der Aula, und drei grossen Labors betrachtet. Dadurch entsteht ein in Nord-Süd Richtung verlaufender, mäandrierender Bewegungsfluss durch das Gebäude. Er wird von einer Vielzahl unterschiedlicher Sichtbezüge sowohl gegen innen als gegen aussen geprägt, vermittelt zwischen den Programmen im Gebäude, bietet verschiedene Orte für Ausstellungen und Begegnungen und wird durch die präzise Platzierung von Café und Mensa belebt. Es gilt sicher, eine ausreichende, natürliche Belichtung zu überprüfen und betriebliche Justierungen vorzunehmen, generell hat jedoch die Jury die Innovationskraft und die Robustheit dieser Raumkonstellation überzeugt. Die vom Erdgeschoss aus zu beliefernden Werkstätten, fassen diese innenräumliche Platzabfolge im Nordosten und im Südwesten ein. Drei skulpturale, frei im Raum stehende Wendeltreppen führen an den Knickpunkten der Grossform in die oberen Geschosse, wo sie wiederum von internen Plätzen umgeben werden. Die Gestaltung und Anordnung dieser Erschliessungs- und Aufenthaltsbereiche gewährleistet auch in den oberen Geschossen eine einfache Orientierung und vielseitige Begegnungsmöglichkeiten zwischen Organisationseinheiten und kollektiv versus individuell genutzten Räumen. Die Idee der verschiedenen Plätze nicht nur zur Verortung des Gebäudes in seiner Umgebung, sondern auch zur Verortung der Benutzer in ihrem Gebäude und in ihrer Umgebung, wird bis auf das Dach der Mantelbebauung geführt, wo eine Reihe von Aussenräumen mit unterschiedlichen Sichtbezügen zum Jura, dem Schloss Nidau und dem See vorgesehen sind.

Die drei kubischen, in den Hofraum gesetzten und an die internen Plätze angrenzenden Zentralbauten werden als 4 - 7-geschossige „Türme des Wissens“ verstanden und enthalten die studentischen Arbeitsräume sowie die Seminarräume. Daraus entstehen zwar schöne und flexible Verbindungen zu verschiedenen Departementen, formal wirken diese Zentralbauten jedoch eher anekdotisch und mit der Geometrie des eingestülpten Blockrandtypus konkurrenzierend. Sowohl die Projektidee, als auch die Belichtung der Räume und die Komplexität der Fassadenabwicklungen würden von einer ruhigeren Abfolge dieser Zentralbauten profitieren.

Die im Zwischengeschoss des Untergeschosses angesiedelte Querung des Campus zur Erschliessung der Coop-Garage, die BFH interne Parkierung auf zwei kompakten Untergeschossen und die Anlieferung im Nordosten des Erdgeschosses, sind geschickt gelöst und gut in die Situation integriert. Lediglich die aus dem Zwischengeschoss resultierende Gesamttiefe der Untergeschosse ist in Bezug auf Archäologie und Grundwasser nicht ganz unproblematisch.

Die Raumtiefe von 18 Metern in den oberen Geschossen des „Mantels“ erscheint für eine flexible Nutzung adäquat gewählt. Nicht ganz nachvollziehbar ist die Wahl unterschiedlicher statischer Konzepte für die Mantelbebauung (Stützen mit Flachdecken) und für die Zentralbauten (Stützen und Träger mit Decken in Skelettbauweise). In der Mantelbebauung wird die Höhe der Konstruktion versus der zur Verfügung stehende Raum für die Haustechnik hinterfragt, in den Zentralbauten erscheinen die Durchdringungen der Träger mit der Haustechnik in Bezug auf die Vielzahl an geforderten Infrastrukturen sowohl statisch als auch ästhetisch eher fraglich.

Das äussere Erscheinungsbild des Gebäudes wird stadtseitig von Doppelfassaden und in den Höfen von auskragenden Bodenplatten als Witterungsschutz für die Holzfassaden geprägt. Die stadtseitige Verwendung von Glasfaserbeton-Elementen zum Schutz der innenliegenden Holzfenster schafft eine, der Projektidee folgende, spannende Wahrnehmungsschichtung. Sie ist aber in ihrer typologischen Erscheinung weder im urbanen Kontext noch in Bezug auf eine mögliche Aussage zum Programm nachvollziehbar und erscheint eher als formale Spielerei. Die umfassende Verglasung ist zudem ebenfalls bezüglich des erhöhten Grauenergieanteils und der nur knapp zu erreichenden Minergie-P Tauglichkeit kritisch zu hinterfragen. Ebenfalls kritisch betrachtet werden die z.T. eher knapp bemessenen Einbringöffnungen für die verschiedenen Anlieferungsbedürfnisse.

GesamtwĂĽrdigung
Die Stärke des Projekts liegt in seiner städtebaulichen Integration, dem präzisen Bezug zu seiner Umgebung und in seiner betrieblichen Eignung. Geschickt verwebt es verschiedene Massstäbe des Kontexts und des Raumprogramms zu einem stimmigen Ensemble. Es verortet sich sensibel in seiner Nachbarschaft, und die vorgeschlagenen Raumkonstellationen vermitteln überzeugend zwischen den einzelnen Fachrichtungen der Hochschule.
"Trèfle" schlägt eine selbstbewusste Bildungseinrichtung vor, die es durch eine Vielzahl von internen und externen Begegnungsmöglichkeiten schafft, die Idee eines Campus innerhalb eines einzigen, zusammenhängenden Gebäudes zu vermitteln. Besonders beeindruckt hat die Jury dabei die Offenheit gegenüber dem Kontext gekoppelt mit dem Willen, gleichzeitig ein starkes, architektonisches Zeichen für die Berner Fachhochschule zu setzen.
Innenansicht

Innenansicht

Modell

Modell

Situation

Situation

Campus Hall

Campus Hall

Regelgeschoss Detail

Regelgeschoss Detail

Grundriss Erdgeschoss

Grundriss Erdgeschoss

Grundriss Obergeschoss

Grundriss Obergeschoss