modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Nichtoffener Wettbewerb | 08/2015

Neuordnung und Gestaltung der Ortsmitte

1. Preis

Preisgeld: 17.200 EUR

Burger Landschaftsarchitekten Susanne Burger und Peter Kühn Partnerschaft

Landschaftsarchitektur

bogevischs buero

Architektur

Erläuterungstext

Konzept
Wir schlagen vor, für Bad Feilnbach zwei neue wesentliche, zentrale und prägnante öffentliche Räumezu schaffen, den Neuen Marktplatz und den Neuen Anger.

Der Neue Marktplatz
Gerahmt vom Rathaus, dem neuen Einzelhandel und an der Ostkante dem Neuen Bürgerhaus mit Bibliothek, VHS Räumen und Touristinformation, sowie im Blickbezug zur Kirche, wird künftig ein grosszügiger Platzraum formuliert, der Neue Marktplatz.
Die Bahnhofstraße wird in diesem Bereich nach Osten verlegt und erschließt den Standort des neuen Hotels, wahlweise der Wohnbebauung.
Nach Westen in Richtung Bestandsbebauung erfährt der Platz eine Einfassung durch eine höhere Aufkantung als Wand mit Informationen zu Bad Feilnbach.
Im Vorfeld des Rathauses erstreckt sich eine ebene Fläche bis zum Neuen Bürgerhaus, der topographische Höhenunterschied nach Süden zur Fahrbahn wird über eine weitläufige Treppenanlage aus Natursteinblockstufen mit flachen Steigungen und breiten Auftritt überwunden, die auch Sitzmöglichkeiten bietet. Die ortsprägende Buche bleibt erhalten. Sie erhält mehr Raum zur neuen Fahrbahntrasse und auch in Richtung Rathaus.
Der Maibaum, die Marienstatue und das Kriegerdenkmal bleiben selbstverständliche Teile des Platzes. Der neue Natursteinpflasterbelag aus farbnuancierten hellbeigem bis warmgrauen Granit mit seiner barrierefreien Oberflächenausbildung erstreckt sich einheitlich von Fassade zu Fassade auch über die Fahrbahn. Ein beidseitiger Grossteinzweizeiler mit 3 cm Abstich und der gedrehte Verband markiert den Verlauf der Fahrgasse. Unter der Platzfläche - situiert zwischen Rathaus und Bürgerhaus – befindet sich eine kleinere einstöckige Tiefgarage für die Nutzer und Mitarbeiter des Rathauses, sowie Bürgerhauses. Die Zufahrt erfolgt von Norden, den gegebenen Höhenunterschied logisch nutzend. Insgesamt entsteht ein grosszügier zentraler Ort für die Bewohner Bad Feilnbachs, Ankunftsort für die Gäste, und in vielfältiger Art und Weise aneigen- und bespielbar.

Der Neue Anger
Die Kufsteiner Straße ist heute ein relativ enger, heterogener und kleinteiliger Raum, der von einer Vielzahl von Vegetationselementen eingefasst und gegliedert wird. Die Bodenbeläge sind entsprechend sehr differenziert.
Wir schlagen vor, den Raum künftig von Fassade zu Fassade aufzuspannen und als offenen und öffentlichen Raum zu interpretieren.
Durch eine leichte Südverschwenkung der Fahrbahnachse und dem Entfall aller gliedernden Vegetationen entsteht auf der Nordseite der Fahrbahn ein weiter Raum zwischen Fahrbahn und Fassaden – interpretiert als der Neue Anger.
Dieser gliedert sich in 3 Teile – die den Gebäuden direkt angelagerte Promenade, das grüne Band und den Parkplätzen mit kleinem Gehweg entlang der Fahrbahn.
Die breite Promenade führt die Menschen künftig direkt an den Geschäften und Fassaden entlang. Den Gebäuden direkt zugeordnet wird durch eine Treppenstufe eine Vorzone gebildet, die Gastronomie und Geschäftsauslagen aufnehmen kann. Die Grenze öffentlich – Privat wird künftig auf der Fassadenflucht verlaufen und gegebenenfalls durch Heckenelemente und Toranlagen markiert. Das „Grüne Band“ wird verstanden als baumüberstandene Rasen- und Wiesenfläche die auch aneigenbar ist. Unterbrochen wird dies lediglich durch die nötigen Grundstückszufahrten, die auch die Verbindungslinien vom Parken und auf die gegenüberliegende Strassenseite darstellen. Schliesslich die Zeile der Parkplätze, räumlich zugeordnet der Fahrbahn, funktional den
Ladengeschäften dienend, als Rasenpflaster formuliert. Die Strasse – künftig eine sogenannte Fahrradstraße - aus hellbeigem Farbasphalt wird durch eine weiche Separation mit Zweizeiler von max. 3 cm Abstich, in Abschnitten weniger barrierefrei querbar, bleibt gleichzeitig jedoch ablesbar, durch die Farbwahl und die nahezu Niveaugleichheit Teil des Gesamtraumes.
Auf der Südseite der Fahrbahn wiederholt sich das Promenadenmotiv, die dort vorhandenen Höhenunterschiede werden über Treppenanlagen abgefangen, die ebenfalls Vorzonen formulieren. Ein barrierefreier Zugang zu den Eingangsniveaus der Gebäude sind sowohl auf der Süd wie auch Nordseite jeweils aus Westen sichergestellt.
Alle Fußgängerflächen – sowohl nördlich als auch südlich erhalten einen Natursteinpflasterbelag entsprechend des Neuen Marktplatzes, allerdings differenziert in Verlegemuster im freien Verband und etwas kleinerem Format.

Grüner Raum und Wasser
Die östlich des Marktplatzes vorhandenen Grünen Räume sind in etwa zwischen dem Jenbach und dem historischen Verlauf des verrohten Grünen Bacherls situiert.
Wir schlagen vor, nördlich der Kufsteiner Straße den Bachlauf an die Oberfläche zu bringen und über eine inszenierte Wassertreppe in den Neuen Bürgergarten zu führen, der im Bereich der bisherigen Grünanlage östlich des Neuen Bürgerhauses entsteht. Dort entsteht ein „heimlicher“ Garten zum Aufenthalt, zur Poesie, zum Kneipen, zum Sein.
Das Grüne Bacherl wird im weiteren Verlauf entlang der Bahnhofstraße nach Norden geführt und leitet sowohl vom Zentrum zum Schwimmbad als auch von Aussen per Fahrrad oder zu Fuß kommend zum Marktplatz hin und umgekehrt.
Die östlich der Bahnhofstraße liegenden baumbestandenen und momentan der landwirtschaftlichen Nutzung dienenden Wiesenflächen sollten weit möglichst erhalten bleiben und nicht bebaut werden, der Bauhof sollte in jedem Fall verlegt werden. Ein Uferweg entlang des Jenbaches wäre bei Zugriffsmöglichkeit auf die Flächen positiv, wichtiger erscheint uns jedoch die Aufwertung der Bahnhofstraße und damit die Führung der von Norden Kommenden direkt zum Marktplatz und Bürgerhaus als zentralem Ort.

Verkehrskonzept und Parken
Künftig wird die Kufsteiner Straße als Fahrradstraße verstanden werden, einerseits um den MIV zu beruhigen, andererseits um nicht zusätzlich Radwege zu benötigen. Der Materialwechsel am Marktplatz trägt darüber hinaus zur Entschleunigung bei.
Parkplätze sind entlang der Kufsteiner Straße neben der Fahrbahn als Senkrechtparker angeordnet. Eine kleinere Tiefgarage unter dem Neuen Marktplatz, wie eine größere übergrünte Garage östlich des Edekaparkplatzes in zweiter Reihe hinter der neuen vorgeschlagenen Bebauung, Parkplätze für Menschen mit Einschränkungen direkt an der Bushaltestelle, die über einen Aufzug im Bürgerhaus barrierefrei das Platznieveau des Marktplatzes erreichen, der bestehende Parkplatz an der Bahnhofstraße, ergeben ein grosszügiges Angebot für den ruhenden Verkehr.
Ein mögliches neues Hotel soll eine Tiefgarage für Gäste und Mitarbeiter erhalten.
Das historisch nachempfundene Bahnhofsgebäude bleibt als Bauwerk und seiner logischen Funktion am Standort erhalten.

Bebauung
Die Nachverdichtungen mit den neu geplanten Baukörpern nehmen die Typologien und Formgebungen der umliegenden Gebäude auf. Es entsteht dadurch eine klare, selbstverständliche Integration der neuen Gebäude in den Ortskern.
Das neue Bürgerhaus orientiert sich mit seinen öffentlichen Nutzungen im Erdgeschoss zum neu gestalten Marktplatz. Durch die Ausbildung eines zusätzlichen Hanggeschosses reagieren wir auf die topografischen Gegebenheiten und schaffen gleichzeitig attraktive Innenräume für die inneren Nutzungen verbunden mit einem starken Außenraumbezug.
Im Hanggeschoss befinden sich weiterhin die öffentlichen WC Anlagen, wie auch der Zugang zur barrierefreien Erschließung des Gebäudes und der Freiflächen.
Das Obergeschoss des Bürgerhauses kann für Praxen und kleine Büro-/Gewerbeeinheiten genutzt werden.
Das mögliche Hotel wird als eine 4 geschossige Zeilenbebauung mit einer freien organischen Figur als Erdgeschoss vorgeschlagen. Durch die Stellung des Gebäudes erhalten die Hotelzimmer in den Obergeschossen eine klare Ost/West Orientierung. Die freie Formensprache des Erdgeschosses nimmt die speziellen Sondernutzungen des Hotels wie Lobby, Restaurant, Wellnessbereich, Infrastruktur etc. auf und gliedert gleichzeitig den Außenraum in verschiedene Bereiche.
Entlang der Kufsteiner Straße wird die Bebauung mit einem 3 geschossigen Geschosswohnungsbau mit Einzelhandel und Gewerbeflächen im Erdgeschoss weitergeführt. Im südlichen Bereich davon, entlang der Hans-Zeitler Straße, werden Reihenhäuser vorgeschlagen um das Angebot an verschiedenen Wohnformen zu erhöhen. Die Reihenhäuser werden 2- geschossig ausgebildet und orientieren sich mit den Wohnräumen nach Westen zur angrenzenden Grünfläche.

Resümee
Insgesamt entsteht für Bad Feinbach ein neuer offener zusammenhängender zentraler Raum, der mir seinen Teilräumen Neuer „heimlicher“ Bürgergarten, Neuer Marktplatz und Neuer Anger, diverse Aktivitäten und Aneignungen für die Bewohner und Gäste ermöglicht, dem Erreichbarkeit und Sichtbarkeit der anliegenden Ladengeschäfte dient, gleichzeitig als öffentliche Mitte prägnant und erinnerbar wird.

Beurteilung durch das Preisgericht

Marktplatz und grüner Anger werden als zwei unterschiedlich geprägte, öffentliche Räume mit hoher Qualität entwickelt.

Unter Berücksichtigung des Baumbestandes öffnet sich die Kufsteiner Straße zu einem grün dominierten Straßenzug, der die unterschiedlichen Nutzungen der Gebäude unterstützt und sowohl die Durchquerung für alle Verkehrsteilnehmer attraktiv macht, als auch die Aufenthaltsqualität erhöht.

Der Auftakt in diesen Bereich ist an den beiden Brücken des Oster- und Jenbachs richtig gesetzt, im Detail wäre ergänzend noch eine stärkere Verengung des östlichen Ortseinganges gewünscht. Die Widmung als Fahrradstraße ist nicht möglich oder notwendig.

Die Arrondierung der Bebauung nach Süden als Straßen begleitende, allerdings etwas zu lang geratene, Baukörper ermöglicht einen großzügigen Grünzug entlang des grünen Bacherls. Allerdings wird der derzeit offene Blick auf die Berge sowohl durch den Querriegel entlang der Kufsteiner Straße als auch die dichte Baumpflanzung beeinträchtigt.

Auch nach Norden wird der Erhalt des Grünzugs entlang dem Jenbach als Grünverbindung und Frischluftschneise begrüßt.

Die Verlegung der Bahnhofstraße nach Osten ermöglicht die richtige Situierung des neuen Bürgerhauses als klare Raumkante für den neuen Marktplatz und dessen weitgehend ebene Gestaltung. Es entsteht eine attraktive, im Gegensatz zu dem Baum überstandenen Anger, offene steinerne Ortsmitte mit flexiblen Nutzungsmöglichkeiten. Die Größe des befestigten Platzes wäre unter Erhalt der westlichen grünen Raumkante zu überprüfen. Positiv ist auch die Unabhängigkeit der Platzgestaltung von dem Hotelneubau. Durch interne Aufzüge in Ratund Bürgerhaus ist die Barrierefreiheit gegeben, bezüglich der Sitzmöglichkeiten werden im Detail bequemere Angebote für Senioren gewünscht. Die Verlegung der öffentlichen Parkplätze in eine Tiefgarage, unter Ausnutzung der gegebenen Topografie wird begrüßt. Der nördlich anschließende Verkehrsraum mit Tiefgaragenzufahrt, Buswendeschleife, verlegter Bahnhofstraße und Großparkplatz ist allerdings über erschlossen und optimierbar. Auch die genaue Stellung des Hotel und dessen Ausgestaltung wäre noch weiter zu entwickeln. Die alternativ angebotenen Einzelbaukörper stellen kein attraktives Angebot dar.

Die Öffnung des Grünen Bacherls zu einem terrassierten Garten bietet gute Aufenthaltsqualität, der weitere Verlauf als schmales Rinnsal entlang der Bahnhofstraße ist allerdings nicht nachvollziehbar. Für das Minigolf wird keine Ersatzfläche angeboten.

Der Erhalt des eher grün dominierten Kirchplatzes im Kontrast zum steinernen Platz vor dem Rathaus ist gut gelöst.

Eine abschnittsweise Realisierung ist gut möglich und eine durchschnittliche Wirtschaftlichkeit gegeben.

Insgesamt stellt die Arbeit einen behutsamen und für Bad Feilnbach angemessenen Beitrag dar, welcher attraktive neue Räume für den Ortskern entwickelt und auch dauerhaft eine lebendige Ortsmitte fördert.