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Gutachterverfahren | 07/2015

Entwicklungsgebiet Insel Neu Fahrland

Lageplan 1:500, 1.BA

Lageplan 1:500, 1.BA

Teilnahme

van geisten.marfels architekten

Architektur

Erläuterungstext

Wettbewerbsteam:
Architektur: G. Marfels, E. v. Geisten, D. Harsche, M. Liebert, D. Pinyagin, P. Zielonkowski Landschaftsarchitektur: R. v. Geisten, M. Kaiser

A Beschreibung des städtebaulichen Konzeptes

Der größere städtebauliche Betrachtungsraum läßt sich in drei Entwurfsbereiche gliedern:
1. Der Straßenraum zwischen den Brücken
2. Die Fassung des Straßenraums
3. Der Landschaftsraum am Wasser

1. Der Straßenraum zwischen den Brücken
Die Straße von Norden nach Potsdam zeigt sich nördlich und südlich der Insel als baumgesäumte Landstraße. Durch die gewerbliche Nutzung auf der Insel ist in diesem Abschnitt der Charakter der Straße verloren gegangen. Ziel dieses Entwurfes ist, die Kontinuität des Straßenraumtypus „Landstraße“ als auf der Insel wieder herzustellen.
Hierfür hält der Entwurf dem Straßenraum zwischen den Brücken einen durch Bebauung ungestörten Korridor frei.
Das von Persius bewusst in diesem Straßenraum inszenierte Fährhaus (ursprünglich als Ensemble mit der Nordbrücke) erhält in diesem Korridor seine Bedeutung als Wegemarke zurück.

2. Die Fassung des Straßenraums
Die Inselmitte wird als Kern der neuen Inselsiedlung entwickelt. Zusammen mit der vorhandenen Bebauung auf der Ostseite der Tschudistraße wird eine räumliche Fassung der Inselmitte durch zwei straßenbegleitende Gebäude hergestellt. Die Gebäude schirmen gleichzeitig die wasserseitige Bebauung gegen die Lärmbelastungen der Straße ab. Als Leitmaterial für die Fassaden wird der Ziegel und eine strenge, zurückhaltende Kubatur gewählt.
Auf der Westseite gibt das Fährgut die Bezugspunkte und Tiefe der Kernbebauung vor:
Zur Freihaltung des Landstraßenkorridors nehmen die vorderen Gebäude die Flucht des ehemaligen Wirtschaftsgebäudes des Fährgutes auf. Durch den Abstand zur Straße und die Filterung durch die Alleebäume wird die Dreigeschossigkeit der Gebäude räumlich zurückgenommen.
Die wasserseitige Zeile (mit einem zusätzlichen Staffelgeschoss) der als zweizeiliges Ensemble konzipierten Bebauung der Inselmitte nimmt im Norden die Flucht der ehemaligen Traktorenhalle des Fährgutes auf und wird entsprechend der Inselform in einem Schwung nach Süden vor zur Straße geführt. Zusammen mit dem bestehenden Gebäude der MEAB als Platzhalter für eine zukünftige bauliche Fortführung der Zeile bildet sie eine Art Rückgrat der Bebauung der Inselmitte und schließt diese städtebauliche Gesamtfigur nach Süden ab. Durch das abfallende Gelände ist die wasserseitige Zeile höhenversetzt tiefer gegenüber Straßenniveau angeordnet.

3. Der Landschaftsraum am Wasser
Westlich der Bebauung der Inselmitte entsteht ein gleichmäßig tiefer Landschaftsraum mit vielfältigen Wasserbezügen. Aus dem Rückgrat der Inselmitte heraus entwickeln sich mehrere „Finger“ fächerförmig in den Landschaftsraum. Die Fächerform erlaubt der die Insel umgebende Wasser- und Uferlandschaft, tief in die Siedlung einzudringen. Form und Wasserbezug legen für die Baukörpergestaltung der dreigeschossigen „Seehäuser“ Assoziationen zu Hafenanlagen und Bootshäusern nahe. Die Gebäudegestaltung führt das Materialthema der Ziegel fort, das belebt wird durch weitere, helle Materialien (Holz/Putz). Durch den Geländeabfall quer zur Insel scheinen vom Wasser aus die Seehäuser in Bewegung zu sein. Die “Bewegung“ wird unterstützt durch die eingeräumte Möglichkeit, die Gebäudekubaturen in einem bestimmten Rahmen um einen Zeilenkern zu variieren. Der berücksichtigt die Standorte und Ausrichtungen der derzeitigen MEAB- Gewerbebauten, sodass bei einer zukünftigen Siedlungserweiterung das städtebauliche Konzept in der Gesamtfigur durchgehalten werden kann.

B Beschreibung des Nutzungskonzeptes

Inselmitte
Die mehrgeschossigen Gebäudezeilen im Kern der neuen Inselsiedlung sind als Geschosswohnungsbau (Zweispänner) konzipiert. In der straßenseitigen Zeile werden Einzelhandelsflächen für die Nahversorgung angeboten. Das Gebäudeensemble sind mit einer Tiefgarage unterbaut.

Seehäuser
Die Seehäuser sind als dreigeschossige Reihenhauszeilen (Wohnnutzung) konzipiert, die wasserseitig mit einem Kopfbau mit Geschosswohnungen abschließen.

C Beschreibung des Erschließungskonzeptes

In der Inselmitte im Kern der neuen Inselsiedlung sind die ÖPNV – Haltestellen (Bus / Tram) zentral fußläufig aus der Siedlung erreichbar. Die westliche Siedlung erhält eine zentrale Zufahrt mit einer Verteiler-Straße parallel zur Tschudistraße. An dieser Straße sind Parkmöglichkeiten für Kunden des Einzelhandels angeboten und die Zu- und Ausfahrt der Tiefgarage angeordnet. Die Erschließung der Seehäuser erfolgt über eine Durchfahrt zur inneren Verteiler- Straße (Wohnstraße) der Siedlung, von der aus weitere Wohnstraßen entlang der Seehäuser-Zeilen führen.
Von der inneren Verteiler-Straße kann zukünftig die Anbindung einer südlichen Siedlungserweiterung auf dem Gelände der MEAB erfolgen. Entlang der Verteilerstraße werden Parkmöglichkeiten für Anwohner angeboten, die wohnstraßen an den Reihenhäusern ermöglichen das Anfahren und Parken auf den Grundstücken, wenn gewünscht. Als Gestaltungsziel des Entwurfes ist die weitestgehende Freihaltung der Freiräume von Parken angestrebt.

D Entwurfsbeschreibung der Außenanlagen

Die Lennésche Landschaftsgestaltung des 19. Jahrhunderts mit seinen weiten, baumbestandenen Wiesen und geschwungenen Wegen, prägte und prägt noch heute ganz Potsdam und so auch das Umfeld des ehemaligen Fährgutes auf der Insel Neu Fahrland.
Deutlich erkennbar schiebt sich diese Wiesen-Baum-Landschaft von Norden und Süden kommend auf die Insel, begleitet deren Seeufer und endet abrupt am Kanal und dem neuen, zentralen Baufeld. Der Entwurf stärkt dieses Prinzip, indem der Baum- und Wegebestand der Insel behutsam ergänzt und die Freiräume der neuen Siedlung bewusst modern interpretiert werden.
Die Siedlung gliedert sich in zwei Bereiche.
Das zweizeilige Gebäudeensemble in der Inselmitte schließt großzügige Innenhöfe mit ausreichend Platz für wohnungsnahes Spiel und Terrassen im Erdgeschoss ein.
Im Südwesten fächern sich die sogenannten ‚Seehäuser’ mit Ausrichtung zum Kanal auf. Die Reihenhauszeilen erhalten großzügige Terrassengärten mit vereinzelt stehenden Bäumen, die sich mittels Geländesprung zum Erschließungs- und Vorgartenbereich des jeweils gegenüberliegenden ‚Seehauses’ abheben.
Wohnstraßen aus grauem Betonpflaster (Verlegung im Schiffsparkett-Muster) mit 4m Breite, verbinden die zentrale Quartiersstraße mit dem kanalbegleitenden Weg und ermöglichen die Erreichbarkeit der Häuser mit Fahrzeugen. Befahrbare Roste aus Gusseisen bilden den stegartigen Zugang zu den Einzelhäusern und werden als partielle Straßenaufweitungen eingesetzt, um ein Entgegenkommen bzw. Einparken zu erleichtern.
Großzügig dimensionierte Gräser-Kies-Becken mit typischer bachbegleitenden Flora bepflanzt, umfassen die ‚Seehäuser’ und weiten sich in Richtung Kanal auf. Die Becken sind abgedichtet (z.B. mit Bentomat) und nehmen das anfallende Dachwasser als Zwischenspeicher in Richtung Vorflutstation auf. In die beiden größeren, westlichen Becken kann wohnungsnahes Spiel integriert werden.
Neue öffentliche Rad- und Fußwege durchziehen den Bürgerpark im Norden der Insel, definieren den Wiesenraum mit partiell eingesetztem Spiel und begleiten das Seeufer mit seinen Aussichtspunkten. Vom Bürgerpark aus führt der Weg über den Zebrastreifen der Hauptstraße in einen grünen Korridor, der in die neue Siedlung hineinführt. Wiesen mit Spielangeboten und Baumgruppen begleiten den Weg. Am Wendepunkt des Weges steht der erste von zwei öffentlichen Kiosken, mit Blick auf das nahe Wasser. Der grüne Korridor bindet an die zentrale Erschließungsstraße der Siedlung an. Bereits am ersten ‚Seehaus’ biegt der Weg in Richtung Kanal ab. Der bestehende kanalbegleitende Weg führt bis auf die südliche Brücke hinauf, entlang des zweiten Kioskes mit Aussicht auf den Kanal.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die konsequente Anordnung der Baukörper sieht im Bundesstraßenbereich eine deutliche Eingangswirkung vor. Die städtebauliche Grundstruktur des Baufeldes wird konsequent aufgegriffen. Daher werden in überzeugender Weise zwei unterschiedliche Baubereiche gebildet, die die gewählten Bau- und Wohnungstypen ermöglichen aber keine hohe Flexibilität bei der Umsetzung bieten.

Die Zuordnung des Geschoßwohnungsbaus entlang der Tschudistraße überzeugt in seiner gewählten Konzequenz , in der fächerförmigen Bebauung werden weitere Haus und Wohnungstypen angeboten.

Die Zonierung der Privaten, halböffentlichen und öffentlichen Freiräume wird in der Jury kontrovers diskutiert. Die Orientierung der hierarchisch aufgebauten Verkehrserschließung an der Tschudistraße ist plausibel, ebenso die mehrheitliche Unterbringung der Stellplätze in der zentralen Tiefgarage.

Die städtebauliche Ausrichtung und das Nutzungskonzept im Bereich des Geschosswohungsbaus erscheint angemessen. Im Bereich der Reihenhaustypen weist das Konzept allerdings eine zu geringe Flexibilität aus.

Die städtebaulichen Struktur konzentriert sich konsequent auf das Programm und schafft so mit der fächerförmigen Bebauung maximale Wasserblicke. Auch wenn aus Sicht der Vermarktung die Gebäudestruktur besondere Qualitäten bietet, erscheint der Gebäudetyp und die städtebauliche Setzung hier eher beliebig und so der Besonderheit der Insel Neu Fahrland nicht gerecht zu werden.
Lageplan 1:1000, 2.BA

Lageplan 1:1000, 2.BA

Blick auf die 'Seehäuser' am Sacrow-Paretzer Kanal

Blick auf die 'Seehäuser' am Sacrow-Paretzer Kanal

Blick auf die Bebauung entlang der Tschudistraße

Blick auf die Bebauung entlang der Tschudistraße