modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Offener Wettbewerb | 09/2015

Bauhaus Museum Dessau | Neubau eines Museums mit Freianlagen und Stellplätzen

4. Preis

Preisgeld: 11.000 EUR

Ja Architecture Studio

Architektur, Landschaftsarchitektur

AMA Design

Tragwerksplanung

Thomas Technical

TGA-Fachplanung

Erläuterungstext

Sechs Räume
Bauhaus Museum, Dessau


Konzept
Sechs Räume vereinigen sich am Rande eines Parkes. Jeder Raum beherbergt eines der Programme welches einst das Bauhaus ausmachten, strebt seiner Autonomie nach und spielt jedoch seine Rolle in einem kohäsiven Ganzem.
Das vorsichtige Zusammenspiel zwischen Autonomität und Partizipation bildet den Erzählstrang für eine der höchst interdisziplinären Institutionen des letzten Jahrhunderts, das Bauhaus; wo Kunst, Design, Handwerk, Kultur und Politik ein Kraftfeld der Moderne bildeten. Das Zusammentreffen der Räume stellt den programmatischen Rahmen für die Funktion des Bauhaus Museum Dessau und dessen kuratorischen Konzeptes dar.

Die urbane Aufgabe
Die Anordnung der Räume auf dem Baugrund erfüllt mehrere städtebauliche Bedingungen und Konditionen, welche das Museumsgebäude addressieren muss. Mit dem Bilden einer urbanen Kante an der Kavalierstraße, dem Formen eines Parkzu- u. Überganges für die freiräumliche Promenade von der Antoinettenstraße hin zur Ratsgasse, und dem Kreieren lokaler Plätze für Zusammentreffen im Freien und Ausstellungen im Umfeld, befasst sich das Projekt sowohl mit dem alltäglichen Aspekt des Museums vor Ort als auch mit der Ausstellung der jeweiligen Aktivitäten im oberen Sammlungspräsentationsbereich.

Besuchererlebnis
Besucher können das Gebäude durch den Haupteingang an der Kavalierstraße als auchvom Parkaus betreten. Das Erdgeschoßdes Baues ist dynamischen Aktivitäten gewidmet, die oberen Niveaus der permanenten Sammlungspräsentation. Der Topos jedes Raumes auf dem Ausstellungsniveau korrespondiert mit der alltäglichen Funktion darunter: Topos Klubhaus liegt über der Cafeteria, Topos Schule über den Räumen der Museumspädagogik, Topos Fabrik direkt über den Werkstätten, ...

Freiraum und Stellplatzbereich
Durch das vorsichtige Platzieren eines städtebaulichen Artifaktes mit kompakten Abdruck an der Kante eines bereits aktiven Parkes, versucht das Projekt einen Dialog mit dem bestehenden ökologischen, historischen und fußgängerbezogenen Rahmen einzugehen. Die freiräumlichen Ausstellungsbereiche des Museums werden minimal gepflastert um Flächen für Momente in der bereits bestehenden Landschaft zu schaffen. Der vom Klienten vorgeschlagene Stellplatzbereich wird gepflastert und für die vorgeschriebene Anzahl an Stellplätzen verwendet.

Raum und Programm
Drei Hauptbereiche (Eingangshalle, Wechselausstellungshalle, Sammlungspräsentationshalle) bilden den Kern des Besuchererlebnisses. Zwei Periphärzonen (Logistik und Cafeteria im Norden, Verwaltung und Pädagogikzentrum im Süden) beherbergen den Dienstleistungs-, Unterstützungs- und Verwaltungsbereich des Museums um den Hauptkern herum.

I. Eingangshalle
Der tief zurückgesetzte Eingang an der Kavalierstraße und der schmale, hohe Eingang im Park bringen die Besucher in die Eingangshalle. Diese ist ein offener und zugänglicher, zentraler Raum mit 8m hoher Decke, zu welchem alle umliegenden Räume sich öffnen: Cafeteria, Ausstellung, Pädagogikzentrum, Ticketschalter, Geschäfte; all diese verwandeln den Raum in ein dynamisches, kulturelles Zentrum für den Durchgang von Besuchern, Schülern, Personal und Kunst.

II. Wechselaustellungsraum
Der Wechselausstellungsraum besteht aus zwei Bereichen, die durch eine barrierefreie Rampe (6% Steigung) verbunden sind. Der erste Bereich ist hell, direkt von der Eingangshalle erschließbar und besitzt ein Panoramafenster zum Park hin. Der zweite Bereich ist im Mezzaningeschoß und beherbergt die lichtsensiblen Kunstwerke der Wechselausstellung, und ist somit künstlich belichtet. Das Mezzanin agiert auch als Zwischenglied in der Bewegungsbahn der Besucher, beginnend in der Eingangshalle hin zur Sammlungspräsentation im Obergeschoß.

III. Sammlungspräsentationshalle
Wie entwirft man einen Raum, der gleichzeitig flexibel genug für einen unvorhersagbaren Umfang an kuratorischen Strategien, als auch artikuliert genug ist, um die sechs unterschiedlichen Topoi des Museums anzusprechen?
Die autonomeren Räume im Erdgeschoß schließen sich zu einer grandiosen, kohäsiven Sammlungspräsentationshalle in Obergeschoß zusammen. Die großzügige, 1800 m2 große freie Fläche gibt den Kuratoren die großtmöglichste Freiheit im Zusammenstellen und Organisieren der Sammlungspräsentation des Baushauses. Das Dach besteht aus einer strukturell gefaltenen Platte, welche über dem Boden schwebt und das Licht und das Ambiente darunter bestimmt. Die Geometrie des gefaltenen Daches mit den unterschiedlichen Balkenorientierungen und lichteinfangenen Konditionen, erzeugt eine nuancierte Stimmung für den jeweiligen Topos im Ausstellungsbereich. Die Deckenöffnungen zu dem Ausstellungsbereich sind nicht da um natürliches Licht zu bieten, sondern um die Stimmung zu setzen. Diese Öffnungen können durch mechanisch betätigte Vorhänge verdunkelt oder versperrt werden.
Mit dem Ersteigen einer Spiraltreppe vom Mezanninlevel aus (oder mit dem Aufzug) endet das sequentielle Erlebnis des Museums in der Mitte des Ausstellungsgeschoßes. Die unbeeinträchtigte und direkte Begegnung mit dem kuratorischen Erbe des Bauhauses auf einer großzügigen und hindernisfreien Fläche gibt den Besuchern einen ersten Eindruck von der Ausstellung, welcher möglicherweise auch derjenige ist, der hinterbleibt.

IV. Logistik und Cafeteria
Der Logistikbereich und die Verwaltungsräume sind getrennt und jeweils mit mehr dynamischen Funktionen wie Cafeteria und Pädagogikzentrum kombiniert, um das Erzeugen eines „im Hinteren des Hauses“- Gefühl an jeder Seite des Gebäudes zu vermeiden, und somit eine dynamische Benutzung und leichte Integration zum Park unabhängig vom Museumsöffnungszeiten sichern.
Anlieferung, Vertrieb und Lager der Kunst liegen im nördlichen Quadranten des Gebäudes, und ist durch eine schräge Fahrbahn von der Friedrichstraße aus erschließbar. Die Logistik des Gebäudes liegt sowohl im Erdgeschoß als auch im Untergeschoß und ist durch einen Kunstlastenaufzug mit allen Ausstellungsbereichen verbunden.
Die Cafeteria ist auch im nördlichen Quadranten platziert um den Dienstleistungscharakter dieser Seite durch Fenster und Terrasse abzuschwächen. Die Terrasse der Cafeteria und der Fahrzeugzugang zum Gebäude bilden an der Nordostseite des Parkes einen öffentlichen, gepflasterten Platz. Mit feinsinnigen Maßnahmen, wie zum Beispiel einer kleinen Erhöhung der Pflastersteine oder Edelstahlpollern, werden unterschiedliche Benutzungszonen definiert. Die Erweiterung der Terrasse gen Park bildet die freiräumliche Ausstellungsfläche des Museums im Norden.

V. Pädagogik und Verwaltung
Das Pädagogikzentrum und der Veranstaltungsraum liegen gemeinsam gruppiert entlang dem Ticketschalter und dem Verwaltungsmezzanin im südlichen Quadranten des Gebäudes. Ein Ausstellungsgebiet im Freien vor den Werkstätten steht den Studenten für freiräumliche Aktivitäten zur Verfügung. Zusätzlich dazu befindet sich eine Ausstellungsfläche für das Museum, die ein gewisses Maß an Dynamik an der Südseite gewährleistet, dort wo die Gebäudegrundfläche sich krümmt um das Mahnmal für die Opfer des Faschismus zu umarmen.
Eine zusätzliche WC-Anlage bewartet den südlichen Quadranten, damit der Verwaltungs- und Pädagogiktrakt unabhängig von den Betriebszeiten des Museums bleibt.

Gebäudesysteme
Die technischen Systeme, die in diesem Abteil vorgestellt werden, sind als Vorschläge gemeint, basierend auf den präliminären Diskussionen zwischen Designer und technischen Beratern, und weniger um die Baubarkeit des Bauvorschlages zu beweisen. Sie sind da, um einen Rahmen für das Denken über Bautechnik zu bilden, welcher den Entwurf über die konzeptlichen Ideen weg bis hin zu den Gebäuededetails, technischen Systemen und Konstruktionsmethoden begleitet - eine Idee und Voraussetzung die tief in Gropius‘ Ideologie und dem Entstehen des Bauhauses und seiner Entwicklung verwurzelt ist.

I. Tragwerk
Eine Reihe an einachsig gespannter Stahl-Spannbetonböden, von tragenden Wänden im Umfang und diagonal schrägen Wänden in den Mitte gestützt, bilden das Tragwerk des Baues. Die schrägen Wände sind ähnlich einem Windrädchen ausgerichtet und nehmen Querbelastungen und seismische Beanspruchungen auf.
Die schrägen Wände enden unter der Ausstellungshalle. Die über der Ausstellungshalle gespannte Dachlast wird über fünf diagonale, hohe Balken
– welche zur Mitte hin spitz zulaufen und mit einem 2m breiten Betonband verbunden sind - zu den Außenwänden abgetragen.
Das hohe Mittelband hat mehrere streuende Schichten eingebaut, um ein gedämpftes natürliches Licht in das Zentrum der Ausstellung tragen zu können.

II. Mechanische Systeme
Heizung: eine im Betonboden verankerte Fußbodenheizung gemeinsam mit strategisch platzierten Heizkörpern liefern die erforderliche Wärme für das Gebäude.
Belüftung: erfolgt durch Wärmrückgewinnventilatoren, die auf jedem Geschoß an der Laibung der tief zurückgesetzen Fenstern befestigt sind und durch sichtbare Rohrleitungen über die Halle verteilt werden.
Kühlung: durch die thermisch wirkende Masse der massiven Betonaußenwände und der schrägen Betoninnenwände und dem niedrigen Öffnungsanteil (niedriger als 25%) wird die Kühlmenge architektonisch minimiert. Die Lüftungsanlage befindet sich in einem Technikraum im Untergeschoß, und der Zugriff auf Freiluft erfolgt über unterirdische Rinnen hinauf zu den ebenerdigen Gitterrosten im nördlichen Grünbereich des Projektes, wo sich die Kompressoren befinden (frei abstehend von dem Park, dem Dienstleistungszugangsweg und dem Gebäude). Die Verteilung der Kaltluft erfogt über sichtbare Rohrleitungen, die zwischen den Betonbalken an der Decke der Erdgeschoßes verlaufen, und sowohl das Erdgeschoß als auch die Ausstellungshalle mit Kaltluft versorgt.

III. Gebäudehülle
Thermisch wirkende Masse und atmungsfähiger Kalkputz
Es wird eine Gebäudehülle aus 700 mm gedämmten Betonwänden vorgeschlagen, bei denen der Beton auf der warme Seite der Dämmung gegossen wird und sowohl auf der Außen- als auch auf der Innenseite mit Kalkputz verkleidet wird. Reduzierte Fensterflächen und die erhöhte Masse der Gebäudehülle wirken als thermische Masse, welche Energie über einen längeren Zeitraum hin speichern und graduell an die Nutzer abgibt. Dies sorgt für eine thermische Behaglichkeit, die oft in historischen Gebäuden gefunden wird. Von den zeitgenössischen Praxen mehrschichtiger Fassaden mit hochentwickelter, mechanischer Ausrüstung weg, bewegt sich das Gebäude in Richtung eines neuen / alten Modells massiver, atmungsfähiger Wände, welches für die Ewigkeit baut und eine angenehme thermische Atmosphäre ohne zusätzliche Wartungskosten - die mit zeitgenössischen hi-tech, Niedrigenergiebauten verbunden sind - schafft.

Fenster
Stahlschweißrahmen mit Wärmebrücke und Isolierverglasung werden für die Fenster vorgschlagen, da ihre hohe wärmebeständige Leistungsfähigkeit (U-wert
1.3 W/m2 für fixe Verglasung) und deren schmale Breite – von der strukturellen Festigkeit und Torsionswiderstand der Stahlprofile resultierend – für große Fenster mit extrem schmalen Rahmen erlaubt, und gleichzeitig auf die Tektonik der originalen Bauhausfenster hinweist.

Das Bauhaus und seine Erinnerung
Der Vorschlag benutzt die Qualität der Bauhausräume und die aufrichtige tektonische Sprache des originalen Gebäudes als Faden, welcherdas neue Museum mit dem Bezugsobjekt verknüpft. Er schlägt massive, weiße, verputzte Wände vor um Licht und Geometrie zu erfassen, und verwendet handwerkliche Detaillierung als tektonischen Ausdruck der Gebäudekomponenten: Vorhangfassade, HLK- Anlagen, Geländer und Inneneinrichtung.
Diese beiden Themen, die Textur des Raumes und die handwerkliche Tektonik, werden zu Inhaltsfäden, welche sowohl das Museum mit dem originalen Gebäude verknüpft als auch bestehende Qualitäten wieder hervorbringt, die von den Idealen für welche die Moderne bekannt ist in der Hintergrund gerückt wurden: Massenproduktion und Abstraktion.
Die Wände des Bauhaus waren nie bloß weiß, sie drückten Textur aus. Die Vorhangfassade war nicht bloß transparent, sie drückte die wunderbare handwerkliche Qualität ihrer Herstellung aus. Das Gebäude hatte eine Seele jenseits der Ideale welche es förderte, und dieser Projektvorschlag ist ein Versuch dieses Wesen zu erfassen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf charakterisiert sich in erster Linie als ein polygonaler und in sich geschlossener Baukörper, der sensibel auf seine städtebauliche Position eingeht. Er zeigt eine klare Kante zur Kavalierstrasse und formt durch eine Abschrägung den klaren Übergang zur Friedrichstrasse. Insgesamt überzeugt er durch seinen skulpturalen Ansatz, der ein starkes Bekenntnis zum Museum als ein städtisches Gebäude darstellt.
Die Ausformung der erhöhten Dachflächen verstärkt dieses Konzept. Zum umgebenden Park öffnet sich das Museum überwiegend durch nicht öffenbare Fenster, was die Möglichkeiten von variablen Wechselausstellungen vor allem im EG erschwert. Die Platzierung des Haupteingangs an der Friedrichstrasse ist in der urbanen Platzierung logisch, ein Nebeneingang auf der Parkseite schafft eine zusätzliche Erschließung und
Verbindung.

So überzeugend sich der Entwurf im städtebaulichen Kontext darstellt, so ist seine innenräumliche Durchgestaltung und Organisation zwar sehr vielseitig und bietet starke räumliche Qualitäten, doch bleiben die Verknüpfungen und Übergänge in einigen Teilen ungelöst. Das Foyer wird durch die schräg eingestellte Rampe unvorteilhaft angeschnitten, was vor allem im dem Garten zugewandten Bereich eine unklare Raumsituation schafft. Die weitere Erschließung durch die Wendeltreppe vom Wechselausstellungsraum im 1. OG zur Sammlungspräsentation im 2. OG ist in ihrer dominanten Formensprache inkonsequent und nicht nachvollziehbar. Der Hauptausstellungsraum im 2OG fasziniert durch die starke Form der Decke, die hier im Inneren die äußere Dachform ablesbar macht. Zugleich ist die zu große Höhe des Raumes für die zum Teil kleinteiligen Sammlungsstücke nur mit großem Aufwand bespielbar. Unzulässig ist die Positionierung der Büroräume im Zwischengeschoß oberhalb des Haupteingangs ohne Befensterung.

Das Volumen des Gebäudes liegt über dem Durchschnitt, der Verkehrsflächenanteil ist hoch. Der kompakte Baukörper wiederum kann eine wirtschaftliche Realisierung ermöglichen.

Grundsätzlich zeigt der Entwurf ein komplexes Konzept, es gelingt ihm aber in einigen Punkten nicht, den gestellten Anspruch überzeugend umzusetzen.