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Offener Wettbewerb | 07/2015

Schweizerische Landesausstellung EXPO2027

Expedition27: Drei Landschaften. Zwei Welten. Ein Abenteuer

1. Rang / Gewinner

Preisgeld: 40.000 CHF

Hosoya Schaefer Architects AG

Architektur

Studio Vulkan Landschaftsarchitektur

Landschaftsarchitektur

Emch+Berger Gruppe

sonstige Fachplanung

integral ruedi baur

sonstige Fachplanung

KEEAS Raumkonzepte

sonstige Fachplanung

Plinio Bachmann

Autoren

Erläuterungstext

Expedition 27:
Drei Landschaften. Zwei Welten. Ein Abenteuer.

Mit den Landesausstellungen erzählt sich die Willensnation Schweiz ihre eigene Identität immer wieder neu. Nach der Expo der Landesverteidigung (1939), der Expo des Fortschritts (1964) und der Expo der Kreativität (2002) folgt nun die Expo des Lebensraums (2027). Sie handelt von Landschaft, Raum und Ressourcen und der Herausforderung, diese mittels Ideen, Infrastrukturen und Institutionen langfristig, nachhaltig und gemeinschaftlich zu nutzen.

Die Landschaft wird zur grossen Bühne, zum Spielort und Thema einer Forschungsreise, der Expedition 27. Anstatt Inhalte nur auf speziell angelegten Arealen zu verdichten, macht diese Expo Inhalte vor Ort erreichbar. Denn die technologische Pastorale der Ostschweizer Kulturlandschaft ist ein Mosaik von verschiedensten Geschichten auf kleinstem Raum. Auf paradigmatische Weise erzählen sie von unserer in Raum und Zeit verorteten menschlichen Existenz, von Vergangenheit und Zukunft, vom natürlich Archaischen („wüescht“) zum technologisch Zivilisierten („schön“). Die Expo lenkt den Blick. Sie erschliesst Zusammenhänge und nutzt den Ausnahmezustand während ihrer Planung und Durchführung zur Mobilisierung, um die Landschaft partizipativ weiterzuentwickeln und sie kollektiv mit neuen Geschichten zu versehen.

Die Landschaft gliedert sich in drei grosse Landschaftsbänder: Die Berglandschaft mit der schroffen Bergwelt und den grünen Hügeln des Appenzells, die Stadtlandschaft mit der Agglomeration St. Gallen, den Landwirtschaftsflächen des Thurgau und dem Rheintal und die Seelandschaft mit der Offenheit und Internationalität der Bodenseeküste. Die Expo bringt die drei Grundfragen „Woher kommen wir“, „wer sind wir“, „wohin gehen wir“ in Resonanz mit dieser Geographie.
Drei Eisenbahnringe verbinden diese Landschaftsbänder und dienen als Haupterschliessung: die Küstenbahn, die Bergbahn und die Stadtlandbahn. Bei der Kreuzung Winkeln werden sie zum Umsteigeort zusammengefügt. Der Expeditionsfahr- und Linienplan nutzt die freien Kapazitäten der vorhandenen Infrastruktur – freie Fahrplanintervalle, temporäre Stationen und ausrangiertes Rollmaterial – und bedient zusammen mit präzise getakteten Bussen auch kleine und kleinste Spielorte.

Verbunden ist alles in einer grossen Erzählung, einem narrativen Geflecht aus alten Sagen, zeitgenössischen Mythen und Zukunftsgeschichten. Die Plots dieser Erzählwelt geben Routen vor, lenken den Blick und umspielen die reale Alltagswelt mit einer zweiten Welt, welche die erste erforscht, deutet oder visionär überschreibt. Die Infrastruktur liefert den roten Faden, Erreichbarkeit ersetzt Dichte, das kollektive Erlebnis den Themenpark. Denn in einer Zeit zunehmender Virtualisierung und allzeit verfügbarer Information bleiben Bewegung, das Erlebnis und die Anmut des Zufalls zwingend physisch.

In dieser zweiten Welt, immer wieder neu synchronisiert durch die Bahnen als Wahrnehmungsmaschinen, bewegen sich die Besucher einzeln oder in sorgfältig kuratierten Gruppen in unterschiedlichen Erzählsträn­gen. Das individuell erlebte oder kollektiv geteilte Abenteuer erweckt die Landschaft und ihre Erzählung zum Leben und macht sie real.

Die Expo 27 ist die Expedition 27 – drei Landschaften, zwei Welten, ein Abenteuer!

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Landschaft wird zur grossen Bühne einer Forschungsreise, der „Expedition27“. Die Reise will auf eine paradigmatische Weise von unserer in Raum und Zeit verorteten menschlichen Existenz, von Vergangenheit und Zukunft, vom natürlich Archaischen („wüescht“) zum technologisch Zivilisierten („schön“) erzählen. Die Landesausstellung soll Zusammenhänge erschliessen und den Ausnahmezustand während ihrer Planung und Durchführung zur Mobilisierung nutzen, um die Landschaft partizipativ weiterzuentwickeln und sie kollektiv mit neuen Geschichten zu versehen.

Dabei fokussiert „Expedition27“ auf die drei Landschaftsräume Berg, Stadtlandschaft und Küste. Um die kuratorischen Eingriffe auf Grund der hohen Sensibilität der Landschaft so gering wie möglich zu halten, wird beim Berg in erster Linie mit ortsgebundenen Ereignissen gearbeitet. Vorbild sind gemeinschaftsbildende Traditionen und Rituale wie Alpaufzug, Schwinget, Viehschau, Silvester oder Landsgemeinde.

Die Kreuzung als Symbol der Stadtlandschaft findet sich im Korridor der A1, der Agglomeration St.Gallen und deren Bezügen in das Rheintal, ins Mittelland und ins grenznahe Ausland. Diese Zone beinhaltet Stadt, Landwirtschaft, Agglomeration, Dörfer, Kulturlandschaft. Weil hier der Grad an kultureller und technischer Überformung am ausgeprägtesten ist, werden bauliche Eingriffe und kuratorische Inszenierungen hier am spürbarsten. Die Küste ist das Bodenseeufer von Romanshorn bis Rorschach. Charakteristisch für diese Landschaft ist eine Atmosphäre des Übergangs mit Funktionen wie Badi, Schiffsstationen, Ausblick, grenzenlose Weite etc. Hier werden die Blicke nach aussen getragen und die Verflechtungen mit anderen Küsten und angrenzenden Staaten spürbar.

RĂĽckgrat vieler Einzelthemen und Nebengeschichten, die es im Laufe des Expoprozesses noch zu entdecken bzw. zu entwickeln gilt, ist ein grosses Themenraster, das sich aus den Landschaftstypen ableitet:

- Der Berg: Wo kommen wir her?
- Die Kreuzung: Wer sind wir?
- Die KĂĽste: Wo wollen wir hin?

Die Expo-Idee „Expedition27“ hat auch eine raumplanerische Intention: der Agglomeration sollen mit Hilfe der Landschaft „Struktur, Sinn und Richtung“ gegeben werden. Zudem nutzt das Konzept auf intelligente Weise die vorhandenen Infrastrukturen (vor allem der Bahn). Damit bieten vor allem die Massnahmen im Bereich der Landschaftstypen „Kreuzung“ und „Küste“ das Potential einer richtungsweisenden Nachhaltigkeit.

Zentrales Element des Erschliessungs- und Transportsystems ist die Eisenbahn mit ihren bereits bestehenden Infrastrukturen. Die Expo soll durch drei vorhandene Eisenbahnringe im wahrsten Sinne des Wortes erfahren werden können. Die umgebauten Wagons der Bahn sind selbst wesentlicher Teil der Gesamtinszenierung. In ihnen befindet sich ein „Writers Room“, eine „narrative Instanz“ (vergleichbar der Entstehung eines Drehbuches) wo die Erzählungen der verschiedenen Landschaften und Akteure miteinander verbunden und neue Narrative generiert/ diskutiert werden.

Das klug und differenziert ausgearbeitete Konzept besticht nicht nur durch eine spannende und gut vermittelbare Dramaturgie der Verbindung von drei Landschaftsräumen
mittels dreier Eisenbahnringe, sondern löst auf diese Weise elegant die in vielen Arbeiten zu wenig beachteten logistischen Fragen des Transports und des Ticketings. Die klar strukturierten und folgerichtigen inhaltlichen Schwerpunkte sowie die eingesetzten dramaturgischen Elemente wie z. B. der „Writers Room“ überzeugen ebenso wie die raumplanerischen Anliegen. Die „Kreuzung“ als Metapher der gegenwärtigen suburbanisierten Landschaftsräume birgt einzigartige Chancen neuer innovativer städtebaulicher Lösungen in einem bisher stark vernachlässigten Raumtypus. Insgesamt bietet das Konzept „Expedition27“ ein stabiles konzeptionelles Gerüst für die weitere Ausarbeitung und Konkretisierung einer lebendigen und auf Teilhabe ausgerichtete Landesausstellung, die nicht nur zukunftsrelevante Themen aufgreift, sondern die Besucherinnen und Besucher im Jahre 2027 auf eine aufregende Reise durch die Vergangenheit, Gegenwart und in die Zukunft – nicht nur! – der Schweiz mitnimmt.