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Nichtoffener Wettbewerb | 09/2015

Haus Bethanien

Perspektivschnitt Eingangssituation

Perspektivschnitt Eingangssituation

3. Preis

Kossmann . Maslo . Architekten Planungsgesellschaft mbH & Co. KG

Architektur

Erläuterungstext

A U F G A B E

Die Diakonische Stiftung Bethanien hat in der Breslauer Strasse 17 in Quakenbrück das ehemalige Kasernengebäude „Haus Klingberg“ (Bj.1935) erworben und plant die Erweiterung ihrer Einrichtungen durch Sanierung, Umbau und Modernisierung des Bestandsgebäudes zu einer Pflegeeinrichtung mit den Funktionsbereichen Tagesstätte mit angegliederter Verwaltung, einer Schüler-Wohngemeinschaft sowie behinderten- und altersgerechten Appartementwohnungen. Zusätzlich umfasst das Raumprogramm eine Apotheke sowie eine Arztpraxis.

O R T / S T Ă„ D T E B A U

Die Siedlungsstruktur der Quakenbrücker Neustadt ist durch die ehemalige militärische Nutzung städtebaulich in Form von zeilen- und winkelförmig angeordneten ehemaligen Soldatenunterkünften und deren umgebenden grosszügigen Freiflächen geprägt. Die durch diese städtebauliche Typologie entstandenen hofähnlichen Plätze dienen zumeist als Parkplätze, deshalb gilt es, besonders den Freianlagen direkt vor und hinter dem zu sanierenden Gebäudeteil hohe Aufenthaltsqualitäten zu geben.
Die Erhaltung und Berücksichtigung der identitätsstiftenden ortstypischen Merkmale und baulichen Strukturen gilt als Leitbild und Entwurfsansatz.

A R C H I T E K T U R / I D E E

Eine Hauptaufgabe des Bauens im Bestand besteht neben der energetischen Sanierung darin, charakteristische Grundriss- und Fassadenstrukturen zu erhalten und gleichzeitig eine neue Nutzung unter optimalen Bedingungen zu ermöglichen. Die Entwurfsverfasser verfolgen eine zurückhaltende Architektursprache, die sowohl Rücksicht auf die beabsichtigten Nutzungen als auch auf das ursprüngliche Gebäudebild und die vorhandene Substanz nimmt.
Ein zentrales Motiv ist die Betonung der Hauptachse, als Bindeglied zwischen den platanen-überdachten Vorplätzen, den rückwärtigen Terrassen sowie dem geschütztem Garten der Tagesstätten, mit neuem Haupteingangsportal als weithin sichtbare und einladende Geste. Das auf den Sockel gehobene Gebäude soll sich den üppigen Freiflächen öffnen und Möglichkeiten der Interaktion und Durchwegung zwischen innen und aussen geben und fördern.
Die Teil-Rekonstruktion des alten Fassadenbildes mit einzelnen nutzungsspezifischen Eingriffen (Betonung der Eingangssituationen, grosse Freitreppen- und Terrassenanlagen und zum Teil bodentiefe Fenster) und Ergänzung um Dachgauben in vorhandenen bzw. originalen Fensterachsen fügt sich unaufdringlich in die Umgebung ein. Als Reminiszenz an die alten Sprossenfenster werden die neuen Fenster zweiflügelig ausgebildet.
Das Dachgeschoss erfährt über neue Dachgauben eine zusätzliche natürliche Belichtung, die es ermöglicht, das Dachgeschoss der gewünschten neuen Wohnnutzung zuzuführen. Jede der fünf Wohnungen erhält einen Freisitz in Form von Loggien, die sich – ebenfalls mit Dachgauben ausgestattet - wie selbstverständlich in das Fassadenbild und die neue Dachlandschaft integrieren.

E R S C H L I E S S U N G / B A R R I E R E F R E I H E I T

Die zuvor beschriebene Betonung der Mittelachse durch ein Eingangsbauwerk und Freitreppenanlagen wird durch grosszügige flankierende Rampenanlagen unterstützt. Jedes Zwischenpodest führt auf einen kleinen platanengedeckten Vorplatz und schliesslich auf das Eingangspodest. Hier gelangt man in das zentrale Treppenhaus mit behindertengerechtem Aufzug. Der eingefriedete Garten der Tagesstätten wird sowohl über die zentrale Tür im Haupttreppenraum, als auch über die Terrassen vor den bodentiefen Verglasungen erreicht. Von diesen vorgelagerten Terrassen führt eine seitliche Rampe auch Rollstuhlfahrer sicher in den Garten.
Durch Modellierung des Geländes und Integration einer weiteren Treppenanlage, die sich zu dem südlichen öffentlichen Platz im Inneren des Gebäude-Ensembles orientiert, können die Wohnungen über den seitlichen Eingang und einen weiteren Aufzug barrierefrei erreicht werden. Der Entwurfsverfasser hält es allerdings für akzeptabel, die Appartements ebenfalls über den zentralen Aufzug und die zentrale Haupttreppe zu erschliessen, da die gewünschte Mieterstruktur Services der Diakonischen Stiftung und der Tagesstätten in Anspruch nehmen können. Sollte dies ein Ausschlusskriterium sein, kann die Erschliessung sämtlicher Wohnungen über das seitliche Treppenhaus erfolgen. Das zentrale Haupttreppenhaus dient in diesem Falle – nur im Dachgeschoss – lediglich Flucht- und Rettungszwecken.

N U T Z U N G

Die flankierenden Wände des Hauptportals beschreiben eine Biegung und öffnen den Raum damit zu den Bereichen der grossen Tagesstätte, der Verwaltung, der Haupttreppe sowie dem zentralen Aufzug. Die allgemeine Verwaltung ist direkt am Haupteingang – mit optionaler Verbindung zu den Räumlichkeiten des Verwaltungsbereiches der grossen Tagesstätte – angeordnet. Sämtliche Räumlichkeiten dieser grossen Tagesstätte sowie die durch beide Tagesstätten genutzten Räume finden im Erdgeschoss Platz.
Im Erdgeschoss ist zusätzlich die Apotheke, mit eigenem Eingang nach Norden (Breslauer Strasse) untergebracht. Die insbesondere für diese Nutzung zwingende Barrierefreiheit bedingt eine Teilabsenkung der Kriechkellerdecke. Kunden können über eine automatische Schiebetüranlage eintreten und eine Vergrösserung bzw. Absenkung der Fenster generieren notwendige Schaufensterfläche.
Die Arztpraxis, weithin sichtbar zur Strasse angeordnet, sowie die Räumlichkeiten der kleinen Tagesstätte finden, neben der separat erschlossenen Wohnung, im Obergeschoss Platz. Die Wohnung wird über den derzeitigen Nebeneingang, der ebenfalls mit einer vom Bestand teilweise abgerückten Vordachkonstruktion eine Betonung erhält, erschlossen.
Die Struktur der tragenden Flurwände (2-Spänner mit 2,5m breitem Flur) und die Position der Fensteröffnungen bestimmt neben den Funktionsabläufen die Grundrissgestaltung.
Im Dachgeschoss finden fĂĽnf altengerechte, barrierefreie Appartements mit kleinen Freisitzen Platz. Jede Wohnung verfĂĽgt ĂĽber ein Tageslichtbad, ein grosszĂĽgiges Schlafzimmer und einen Wohnraum mit offener KĂĽche und Essplatz.

M A T E R I A L I T Ă„ T

Die Patina des Hauses erachten wir als Qualität, soweit es sich nicht um Beschädigungen oder starke Verschmutzungen handelt. So wird dieses erhaltenswerte und städtebaulich wertvolle Gebäude mit der neuen Nutzung und konstruktiven sowie bauphysikalischen Verbesserungen nachhaltig in Wert gesetzt. Die Vormauerschale aus rotem Ziegel wird in Bereichen von zuvor erfolgtem Austausch und Beschädigungen wiederhergestellt und zum Teil, in Bereichen rissiger Fugen, neu verfugt. Weisse (EG und OG) bzw. anthrazitfarbene (DG) Holzfenster mit entsprechend gefärbten Senkrechtmarkisen fügen sich zurückhaltend in den Bestand ein. Die Dachgauben erhalten einen umlaufenden Rahmen aus anthrazitfarbenen Faserzementplatten und entwässern in Minimalgefälle nach hinten auf die vorhandene Dachfläche. Die Ein- und Ausgänge in den Hauptachsen werden durch Rahmen bzw. Faschen aus dunkel lackiertem Aluminiumblech betont. Die Dachdeckung muss aufgrund des schadhaften Kopfverstrichs gegen matte anthrazitfarbene Dachziegel ausgetauscht und mit einer Unterspannbahn versehen werden.

A U S S E N A N L A G E N

Der Freiraum orientiert sich mit seiner klaren Strukturierung an den Bedürfnissen des Menschen: Im Eingangsbereich lädt eine grosszügige Freitreppe mit begleitenden behindertengerechten Rampen Besucher und Mitarbeiter ein, das Gebäude zu besuchen. Drei kleine mit dachförmigen Platanen überstandenen Plätze bieten in der Haupt-erschliessungsachse Raum zum spontanen Treffen und Gespräch. Neben der identitätsstiftenden Blutbuche, die den Einfahrtsbereich markiert, gliedern Heckenstrukturen und Pflanzstreifen aus Buchen und Lavendel die Rasenflächen vor dem Eingang.
Der 'Geschützte Garten' im rückwärtigen Bereich wird durch eine grosse, offene Terrasse angebunden. Ein Rundweg mit Aufenthaltsmöglichkeiten auf kleinen Plätzen, beschattet durch das leichte Laub von Gleditschien, ermöglicht es den Besuchern längere, interessant gestaltete Wege abzulaufen. Hecken aus Buchen gewährleisten Privatheit.
Die Fläche vor der Apotheke ist frei und offen einsehbar, so dass die Nutzung entsprechend zur Geltung kommt. Die Stellplatzflächen werden durch Pflanzstreifen und Kugelakazien aufgewertet. Diese Pflanzstreifen ziehen sich als gestalterisches Element bis auf den Vorplatz der Apotheke.

Planung / Konzept Aussenanlagen:
brandenfels landscape + environment
Gordon Brandenfels
NeustraĂźe 18, 48167 MĂĽnster

E N E R G E T I S C H E S K O N Z E P T

Die Fassade erhält durch 3-fach-verglaste Fenster, eine innen liegende Porotonwand (perlitegefüllte Hochlochziegel mit Leichtputz) inklusive Leibungssteinen und durch die Dämmung der Dachebene (Sparren- und Kehlbalkenebene mit flankierenden Dämmstreifen) eine energetische Aufwertung, so dass die bestehende Fassade ihre historische Ansicht behält bzw. zurückerhalten kann und gleichzeitig dem aktuellen Energiestandard entspricht. Auf die nachträgliche Einbringung einer Kerndämmung durch Verfüllen des Hohlraums (i.M. 5,5 cm) wird verzichtet (ungünstiges Kosten-Nutzen-Verhältnis). Die Decke über dem Kriechkeller erhält eine Wärmedämmung in Form von angeklebten und, wo möglich, mechanisch befestigten Hartschaumplatten. Aussenliegende Senkrechtmarkisen bieten sommerlichen Wärmeschutz sowie Sichtschutz. Das anliegende Erdgas wird zur Heizung und Warmwasserbereitung des Hauses genutzt.

Beurteilung durch das Preisgericht

Das Freiflächenkonzept ist in sich schlüssig und logisch und hat eine hohe Aufenthaltsqualität, die durch die Anordnungen von kleinen Plätzen und Verweilflächen entsteht. Die unterschiedlichen Nutzungseinheiten (Parken und Verweilflächen) sind richtig zugeordnet.
Der Entwurfsverfasser baut eine deutliche Symmetrie in den Fassaden auf, die sich auch in den Grundrissen widerspiegelt. In den Innenräumen führt die Symmetrie zu einer klaren Orientierung für den Nutzer. Einen zentralen Orientierungspunkt stellt der Eingangsbereich im Erdgeschoss da. Insgesamt hält sich der Verfasser mit der Auswahl der Materialien in der Fassade sehr zurück, was von dem Preisgericht als etwas zu steif empfunden wird.
Die Zuordnungen der einzelnen Funktionen und Raumgruppen sind richtig und für den Nutzen so tragbar. Negativ wurde die Anordnung der Tagesstätten in unterschiedlichen Geschossen angesehen.
Ebenso wurde die grundrissliche Anordnung des Empfangsbereiches in der Arztpraxis kritisiert. Bei diesem Entwurf stellt sich die Frage, ob der südliche Fahrstuhl entfallen kann. Die Dachgeschoßwohnungen haben nicht nutzbare Loggien und die längsgestreckte Anordnung der Wohnungen ist in ihrer Qualität nicht ausreichend. In einigen Wohnungen wurden Tresenbereiche in den Küchen angeordnet, die nicht barrierefrei sind.
Interessant hinsichtlich der geforderten Barrierefreiheit ist der Vorschlag, den Fußboden der Apotheke auf das Niveau des Geländes abzusenken; hier stellt sich allerdings die Frage der Kosten.
Insgesamt besticht der Entwurf durch seine einfache, klare Sprache mit überzeugenden Grundrissen und seiner ebenso einfachen, symmetrischen Gestaltung des Baukörpers und seiner Zugänge.
Perspektive Eingang

Perspektive Eingang

Perspektive Garten

Perspektive Garten

Lageplan

Lageplan

Grundriss Erdgeschoss

Grundriss Erdgeschoss

Ansicht Nord - Apotheke

Ansicht Nord - Apotheke

Ansicht Ost - Gartenseite

Ansicht Ost - Gartenseite

Ansicht SĂĽd - Wohnungen

Ansicht SĂĽd - Wohnungen

Ansicht West - Vorplatz / Haupteingang

Ansicht West - Vorplatz / Haupteingang