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3. Rang 3 / 3

Planungswerkstatt | 09/2015

Planungswerkstatt Europaplatz Herne

3. Rang

Die Planergruppe

Landschaftsarchitektur

Böll Architekten

Architektur

ErlÀuterungstext

DAS STADTTOR FÜR HERNE

HISTORISCHE ENTWICKLUNG
SĂŒdlich des heutigen Standortes der Kreuzkirche wird im 11. oder 12. Jahrhundert die Dionysiuskirche errichtet, um die herum das Dorf Haranni entsteht, welches sich zur Stadt Herne weiterentwickelt. In der zweiten HĂ€lfte des 19. Jahrhunderts wird schließlich die alte Kirche zu klein und die heutige Kreuzkirche wird gebaut. Das Kirchenbauwerk ist eng mit dem umliegenden StadtgefĂŒge verwoben. Es gibt keinen reprĂ€sentativen Kirchplatz, sondern lediglich einen Anschluss an die damalige Bochumer Straße, die von Nord nach SĂŒd durch die Stadt lĂ€uft. Im Zuge des Kohlebooms im Ruhrgebiet wachsen Wohlstand und Einwohnerzahl der Stadt stetig an. In der Folge werden vor dem Hintergrund der Planungstheorien der 60er/70er Jahre des 20. Jahrhunderts die historischen Strukturen beseitigt um Platz zu schaffen fĂŒr breite Verkehrsachsen durch die Stadt und Verdichtungsprojekte in Form von Wohnungsbau. Diese Elemente prĂ€gen bis heute das Stadtzentrum von Herne.

DER EUROPAPLATZ HEUTE
Die rĂ€umliche Situation am Europaplatzes stellt sich heute als sehr diffus dar. Auf dem Platz stehen der SolitĂ€rbau der Kreuzkirche und das CVJM-Haus. Im Osten und Norden wird der Platz von Wohnbebauung und einem Ärztehaus gefasst. Der Anschluss zur FußgĂ€ngerzone liegt in der Nord-West-Ecke des Platzes. Er wird rĂ€umlich durch das ehemalige C&A-GebĂ€ude verengt. Diese Situation wird zudem durch Niveauunterschiede und Pflanzbeete weiter verunklart. Die Westseite des Platzes wird vom LWL-Museum fĂŒr ArchĂ€ologie besetzt. Das Konzept fĂŒr dieses Museum sieht vor, die eigentlichen AusstellungsrĂ€ume im Boden zu versenken. Drei GebĂ€ude erscheinen ĂŒber der OberflĂ€che, zwei Oberlichter und das EingangsgebĂ€ude mit VerwaltungsrĂ€umen. Alle drei Kuben sind wenig raumbildend, insbesondere zur Seite des Europaplatzes. Aufgrund dieser rĂ€umlichen Situation ist die ungenutzte Fassade des C&A-GebĂ€udes auf dem Platz sehr prĂ€sent. Im SĂŒden wird der Platz von einer vierspurigen Straße begrenzt, der Holsterhauser Straße westlich des Europaplatzes und der Sodinger Straße östlich.

RAUMVERSTÄNDNIS
Der Europaplatz weist in seiner heutigen Orientierung sowohl stÀdtebauliche und funktionale als auch gestalterische MÀngel auf. Seine Raumkanten sind aufgrund der Eingriffe schlecht ablesbar. Die Nutzungen verschiedener TeilrÀume sind unklar. Diese Punkte sind mittelfristig nicht verÀnderbar und nicht Bestandteil der Wettbewerbsaufgabe. Die uneinheitliche Gestaltung verstÀrkt diese Situation noch zusÀtzlich.
Um die Gesamtsituation des Ortes zu verbessern, ist es unserer Meinung nach entscheidend, die durch die Historie geprĂ€gte stĂ€dtebauliche Situation in Ihren funktionalen Notwendigkeiten zu schĂ€rfen und gestalterisch aufzuwerten. Aus diesem Grund basiert die Leitidee unseres Entwurfes auf einer Re-Interpretation des Raumes, im Sinne eines Stadttores fĂŒr die Innenstadt von Herne. Mit diesem Ansatz werden die vorhandenen StĂ€rken des Platzes fĂŒr die notwendige Aufwertung genutzt:

1. Aufgrund der Lage und der Anbindung des Platzes wird er in der Zone zwischen Kirche und Museum stark in Nord-SĂŒd Richtung frequentiert.
2. Mit dem Museum und der Kirchengemeinde besetzen zwei zugkrÀftige Adressen diesen prÀgenden Auftakt zur Innenstadt.
3. Sowohl die im Rasenspiegel liegenden Kuben des Museums, als auch der durch Kirche und CVJM-Haus gebildete Kirchenhof sind ablesbare, funktionierende TeilrÀume.

DAS STADTTOR
Der Raum zwischen Museumspark und Kirche bildet in der historischen Wegebeziehung zur Innenstadt den Auftakt. Neu gepflanzte BĂ€ume auf der linken und der ausgedĂŒnnte und ergĂ€nzte Bestand auf der rechten Seite unterstĂŒtzen die Raumbildung des Stadttores beidseitig. Leuchtenstelen aus der Leuchtenfamilie der FußgĂ€ngerzone betonen die Nord-SĂŒd-Verbindung. Der Bedeutung des Ortes angemessen, schlagen wir einen Pflasterbelag aus Grauwackekleinpflaster vor, das im Bereich der Laufzonen gesĂ€gt und geschliffen ist und so die Barrierefreiheit gewĂ€hrleistet.

DER KIRCHHOF
Die Kreuzkirche und das CVJM-Haus bilden ein gut proportioniertes Ensemble auf dem östlichen Teil des Kirchplatzes. Der Bereich zwischen diesen beiden GebĂ€uden befindet sich leicht zurĂŒckgesetzt aus der Hauptwegeverbindung, ist baumĂŒberstanden, leicht emissionsgeschĂŒtzt und wird bereits heute rege genutzt. Diese Situation wird durch die Positionierung des Gemeindezentrums gestĂ€rkt. Dieses besetzt die heute vom eigentlichen Platzraum abgehĂ€ngte und daher problematische FreiflĂ€che des ehemaligen Pfarrhauses. Sie wird an das CVJM-Heim angeschlossen und bildet mit diesem eine funktionale Einheit. Der unmittelbar angebaute GebĂ€udeteil orientiert sich an der Traufhöhe des Altbaus und nimmt den Gemeindesaal sowie die weiteren, zweigeschossig organisierten NutzrĂ€ume auf. Zwischen diesem GebĂ€udeteil und der SĂŒdfassade des Querhauses der Kreuzkirche wird ein eingeschossiger, weitgehend transparent ausgebildeter Baukörper eingefĂŒgt. Dieser Bauteil wird mit einer deutlichen Fuge von der Kirche abgesetzt, um die geforderte Umlaufbarkeit der Kirche zu erhalten und bildet das Eingangsfoyer des neuen Gemeindezentrums. Der Eingang erfolgt ĂŒber die zum Europaplatz orientierte Westfassade. Somit wird zum einen eine einladende Geste zum Platz hin formuliert, zum anderen stĂ€rkt die rĂ€umliche Fassung nach Osten hin die QualitĂ€t des zwischen Kirche und Gemeindezentrum aufgespannten Kirchhofs.
Zwischen Kirche und CVJM-Haus wird eine wassergebundene Wegedecke hergestellt, die mit EinzelstĂŒhlen bestĂŒckt ist und so AufenthaltsqualitĂ€ten bietet. Die Nutzung der FlĂ€chen als Spielraum in der jetzigen Form, sind mit den Angeboten an freien Bewegungsspielen mit BĂ€llen und Fahrzeugen ein wichtiger, anerkannter Bestandteil des Platzlebens. Dieser Aspekt wird durch die neue Orientierung gefördert ohne zusĂ€tzlich monofunktionale, ausgewiesene SpielflĂ€chen anzubieten.
Die BĂ€ume im Bereich des Kirchhofes werden unterleuchtet, die Kirche angestrahlt, so das durch die Reflektion in der Dunkelheit eine einladende Lichtwirkung entsteht.

DER MUSEUMSPARK
In sich bilden die Hochbauten und die zurĂŒckhaltenden Freianlagen ein stimmiges Bild, das seine SchwĂ€chen am Übergang zum Stadtraum hat. Im Kontrast zum gegenĂŒber liegenden Kirchenhof ist die Ausrichtung des Museumsvorfeldes die eines Vorgartens. Neue Pflanzaspekte stĂ€rken diesen Aspekt. Am Übergang vom Platz zum Museumspark begleiten Grasfelder die FußgĂ€nger in Richtung FußgĂ€ngerzone und lenken von der C&A Fassade ab. Hecken und BĂ€nke betonen deutlich die Wege zum Museum und bieten geschĂŒtzte und kommunikative Aufenthaltsmöglichkeiten. Die informellen SpielanlĂ€sse auf den RasenflĂ€chen werden durch die Zonierung optimiert. Wir schlagen die Einfriedung der FreirĂ€ume zwischen den EinzelgebĂ€uden des Museums vor. Aus dem Museumspark wird so ein Museumsgarten innerhalb des Museumsparks. Das gestalterische Konzept der in eine RasenflĂ€che komponierten Backsteinkuben bleibt davon unberĂŒhrt. Die zwischen den Kuben eingefĂŒgten Einfriedungen folgen der hochwertigen Detaillierung der Museumsbauten in Formensprache und MaterialitĂ€t, so dass sie als Teil der Architektur wirken.
Durch diesen Eingriff werden zum einen die problematischen, weil schlecht einsehbaren öffentlichen RĂ€ume zwischen den GebĂ€uden zu einem fĂŒr das Museum intensiv nutzbaren Außenbereich transformiert. Zum anderen verbessert sich dadurch die heute bemĂ€ngelte Auffindbarkeit des Museumseingangs. Da eine Durchwegung zwischen den Bauten nicht mehr möglich ist, werden die Wege der Besucher eindeutiger zu der eigentlichen Eingangsseite am Europaplatz gefĂŒhrt. Vom Europaplatz aus ist der Eingang dann eindeutig erkennbar.

GEDANKEN ZUR WEITEREN ENTWICKLUNG DES MUSEUMS
Als erweiterte Überlegung zum Museumseingang schlagen wir eine optionale Umstrukturierung der FlĂ€chen im EG vor. Um den Besucher bereits im Erdgeschoss in Empfang nehmen zu können, wĂ€re eine Verlagerung der Foyerfunktionen mit Kasse und Shop in Teile des heutigen CafĂ©bereichs denkbar. Als Folge daraus könnte man dem CafĂ© neue FlĂ€chen zwischen HauptgebĂ€ude und dem Oberlicht der Dauerausstellung anbieten, sowie eine Erweiterung als offene Empore innerhalb des Oberlichtraums der Dauerausstellung. Die bauliche Verbindung zwischen den Backsteinkuben wĂ€re in diesem Fall als vollverglaster, eingeschossiger Pavillon denkbar. Als Folge dieser Maßnahme wĂŒrde sich das CafĂ© stĂ€rker als heute in Richtung Osten, zum Europaplatz hin, prĂ€sentieren.
In dem eingefriedeten Außenbereich des Museums ist ein Spielanlass im Sinne der Museumsnutzung möglich und wĂŒrde die AufenthaltsqualitĂ€t fĂŒr besuchende Familien erhöhen.

DER UMGANG MIT DEM BESTAND
Der vorgefundene Baumbestand ist rĂ€umlich prĂ€gend, in Teilen aber ohne erkennbaren Bezug. Der Zustand der BĂ€ume lĂ€sst einen notwendigen Ersatz innerhalb der nĂ€chsten 5 bis 10 Jahre vermuten (Notwendigkeit zur Schaffung vitaler, funktionsfĂ€higer StadtbĂ€ume fĂŒr die Zukunft durch rechtzeitige VerjĂŒngung des Bestandes). Wir haben uns daher entschlossen, die BĂ€ume im Bestand dort zu erhalten wo sie fĂŒr die rĂ€umliche QualitĂ€t der Idee notwendig sind und durch weitere zu ergĂ€nzen. BĂ€ume, die dem Ziel der Belebung des Platzes und der Schaffung nutzbarer FreirĂ€ume im Wege stehen, werden entfernt, durch die Neupflanzung aber kompensiert. Der Fahrradunterstand kann an der jetzigen Stelle verbleiben, weitere Angebote aus diesem Nutzungsumfeld (z.B. Metroradstation, E-Bike Ladestation) werden an dieser Stelle ergĂ€nzt. Kunstwerk und U-Bahn-Infotafel sind in der Laufzone sinnvoll positioniert.

Eine abschnittsweise Realisierung ist auf Grund der rÀumlichen Zonierungen denkbar (Stichwort Bau des Gemeindehauses), die Angebote der Ideenteile sind additiv nach Fertigstellung des Platzes ergÀnzbar.
Lageplan

Lageplan

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