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Nichtoffener Wettbewerb | 09/2015

Neues Kulturzentrum "Kulturbahnhof"

Ansicht Ost

Ansicht Ost

ein 4. Preis

Preisgeld: 9.000 EUR

Lehmann Architekten GmbH

Architektur

Erläuterungstext

Städtebaulicher Kontext, Platz und Freiraumplanung

Die Preisträger des 2010 durchgeführten städtebaulichen Architektenwettbewerbs bezeichnen den „alles integrierenden Freiraum“ als zentrale Leitidee Ihres Entwurfs. Das heißt die Freihaltung von jeglicher Bebauung war nicht nur der hohen Verdichtung der Wohnbebauung geschuldet, sondern dieser Raum dient gleichzeitig als städtebauliches Schlüsselelement des neuen Stadtquartiers. Diese städtebaulichen Vorgaben waren deshalb Ausgangspunkt für die Entscheidung der Unterbringung der unterschiedlichen Nutzungen ausschließlich innerhalb des historischen Gebäudeensembles. Dies ermöglicht es darüber hinaus, durch eine qualitätsvolle Gestaltung den Raum und die historischen Gebäude aufzuwerten. Der Platz wird zu einem neuen Treffpunkt in der Stadt.


Organisation und Funktionalität

Mittelpunkt der Gesamtanlage ist das zentrale Foyer in der großen Halle des ehemaligen Ausbesserungswerkes. Von diesem zentralen Kommunikationsbereich aus erreicht man sämtliche Nutzungseinheiten. Des Weiteren verbindet dieser Treffpunkt den großen Platz im Osten mit dem Innenhof im Garten an den Gleisen. Eine weitere Erschließungsfunktion übernimmt im Norden gegenüber den Parkplätzen das ehemalige Bahnverwaltungsgebäude. Hier entsteht zwischen Foyer im Norden und zentralem Foyer an der Ost-West-Achse ein Raum, der zum einen die Wirkung der historischen Bausubstanz nicht beeinträchtigt und zum anderen Ausstellungen und andere Nutzungen ermöglicht.

Gemeinschaftlich nutzbare Räume (Gastronomie, Veranstaltung)
Die Gastronomie liegt in der Halle des ehemaligen Ausbesserungswerkes zentral im Gebäude und kann sämtliche Funktionsbereiche über kurze Wege andienen. Der Hauptzugang liegt am Vorplatz im Osten. Eine Außenbewirtung ist sowohl im Osten (Tagesbetrieb) wie auch im Westen zu den Gleisen (Abendbetrieb) möglich. Über den Küchenblock kann der Barbetrieb für das zentrale Foyer erfolgen.

Der Veranstaltungsraum der Stadt wird im ersten Obergeschoss des Bahnverwaltungsgebäudes angeordnet. Mit vorgelagertem, eigenem Foyerbereich, bindet er über die gesamte Gebäudebreite durch und hat somit auch Kontakt zum großen Vorplatz. Durch die Öffnung des Dachstuhls erhält der Saal ein großzügiges und repräsentatives Erscheinungsbild.

Theater der Stadt Aalen
Das Theater liegt am zentralen Foyer in dem ehemaligen Ausbesserungswerk und nutzt die Dimensionen der Halle aus. Der Zuschauerraum wird sowohl ebenerdig wie auch über eine große Wendeltreppe und Galerie erschlossen. Der Galerieraum gliedert die Halle und lässt unterschiedliche räumliche Eindrücke entstehen. Über die Wendeltreppe sind auch der Ballettsaal, die Verwaltung des Theaters sowie die Musikschule zu erreichen.

Der Theaterraum und die Bühne können flexibel bespielt werden. Unterschiedliche Bestuhlungsvarianten und Bühnenkonzeptionen sind möglich. Fest eingebaut sind die letzten Sitzreihen der Zuschauertribüne.

Die Andienung des Theaters erfolgt im Süden hinter der Bühne. Lastenaufzug und Werkstätten haben direkten Zugang zur Bühne. Von hier aus werden auch die Umkleiden sowie die Verwaltung des Theaters erreicht. Im dritten Obergeschoss befinden sich die Probebühnen. Diese sind mit großzügigem Vorbereich angeordnet, so dass hier auch öffentliche Veranstaltungen (z.B. Proben) mit Blick über Bahnhof zur Stadt möglich sind.

Spiel- & Theaterwerkstatt Ostalb
Die Spiel- und Theaterwerkstatt liegt im Erdgeschoss des östlichen Teils des ehemaligen Bahnverwaltungsgebäudes. Sie ist an den nördlichen Eingang des Foyers angeschlossen. Die Lage ermöglicht einerseits eine Anbindung an die zentralen Funktionen, andererseits ist auch ein eigener Betrieb ohne Beeinträchtigung der anderen Funktionsbereiche möglich.

Kino am Kocher
Das Kino am Kocher liegt im Erdgeschoss des westlichen Teils des ehemaligen Bahnverwaltungsgebäudes. Wie die Spiel- und Theaterwerkstatt ist es an den nördlichen Eingang des Foyers angeschlossen.

Musikschule
Die Musikschule, die sowohl im Norden, als auch über das zentrale Treppenhaus erreicht werden kann, wurde nicht zuletzt aus Gründen des passiven Schallschutzes als kompletter Neubauteil konstruiert. Sie bildet den Abschluss über den historischen Gebäuden des ehemaligen Ausbesserungswerks und dokumentiert durch ihre Architektursprache das Gestern und Heute.

Die „öffentlichen Bereiche“ der Musikschule (Ballettsaal, Orchesterprobe) liegen im ersten Obergeschoss des ehemaligen Bahnverwaltungsgebäudes und des Ausbesserungswerkes am nördlichen Eingang des Foyers. Sie bilden mit dem Veranstaltungssaal der Stadt ein räumliches Zusammenspiel. Somit ist der Saal, wunschgemäß, auch als Konzert- oder Veranstaltungsraum der Musikschule nutzbar.

Ergänzungsgebäude
Aus wirtschaftlichen Gründen wird vorgeschlagen, das Gebäude an der Düsseldorfer Straße (Kulturkantine) abzubrechen und durch einen Neubau zu ersetzen. Das neue Gebäude ist als eingeschossiger Bau auf dem Straßenniveau der Düsseldorfer Straße geplant, sodass die vorgeschlagene Parkierung auf der Nordseite des ehemaligen Bahnverwaltungsgebäudes weitestgehend beibehalten werden kann. Die Erschließung der neuen Kulturkantine erfolgt sowohl vom Parkplatzniveau, als auch von der Düsseldorfer Straße aus. Die vorgeschlagenen Nutzungen können hier störungsfrei untergebracht werden.


Materialität und konstruktive Umsetzung

Mit Ausnahme der Musikschule wird das komplette Raumprogramm innerhalb der historischen Gebäude untergebracht. Das heißt die Außenwände und der vorhandene Dachstuhl werden erhalten und ertüchtigt. Der konstruktive Innenausbau, der im Wesentlichen durch neu eingestellt Volumen, Wände und Decken erfolgt, ist hauptsächlich den Anforderungen an ein öffentliches Gebäude mit den unterschiedlichen Nutzungseinheiten geschuldet. Sofern aus energetischen Gründen die Fassaden gedämmt werden müssen, wird - um die Authentizität der historischen Gebäudes zu wahren - eine Innendämmung vorgeschlagen.

Das neue „Dachgeschoss“ über dem ehemaligen Ausbesserungswerk wird als leichte Konstruktion in Holzbauweise vorgeschlagen. Mit seiner horizontal gegliederten Holzfassade entsteht ein spannungsvolles Zusammenspiel von Alt und Neu.


Historische Bausubstanz versus zeitgemäße Architektur

Das Projekt Kulturbahnhof ermöglicht den Erhalt der identitätsstiftenden historischen Bausubstanz der Eisenbahnerzeit des 19. Jahrhunderts. Die Anforderungen an die neuen Nutzungseinheiten erfordern Lösungen (Materialitäten), die mit der historischen Bausubstanz in einen Dialog treten. Hier besteht die Möglichkeit mit dem Neuen das Vorhandene aufzuwerten.

Der Entwurf nimmt vorhandene Qualitäten, Spuren und Strukturen auf und übersetzt sie in neue Architekturen. So ist z.B. der Erhalt der Stützen in der Halle des ehemaligen Ausbesserungswerks möglich, sie können in das neue Architekturkonzept integriert werden.

Es wird vorgeschlagen, die historischen Fassaden weitestgehend in der vorgefundenen Ausführung zu belassen und nur die zugemauerten Öffnungen wieder freizulegen und mit neuen Verglasungen zu versehen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Ein klarer Entwurf, der den Bestand respektiert, den noch intakten Gebäudeflügel erhält und dem vom Brand geschädigten Teil eine neue Kubatur aufsetzt.

Entscheidend für das Konzept ist der Grundgedanke, die Nutzungen innerhalb der den historischen Mauern unterzubringen, den Freiraum entsprechend dem städtebaulichen Konzept großzügig zu erhalten als wichtiges Schlüsselelement des Quartiers und ihm mit öffentlichen Nutzungen zu beleben. Dies gelingt mit der Anordnung des Foyer und der Gastronomie zum Platz, während auf der Nordseite platzierte untergeordnete Räume und das Abstandsgrün keine Ausstrahlung und keine adäquate Aussenwirkung entfalten.

Das durchgestreckte Foyer aktiviert das historische Portal und wirkt auch zur Bahnlinie bei mit beidseitigen Aussenräumen.

Auch die Gastronomie kann beide Seiten bespielen.

Mit dem zweiten Eingang auf der Nordseite werden die funktionalen Anforderungen an flexible Zugangsbereiche für die unterschiedlichen Nutzungen erfüllt.

Dem zweigeschossigen Foyer sind die Hauptnutzungen Theater der Stadt, Kino und Saal der STOA direkt zugeordnet, während der Veranstaltungsraum der Stadt leider nicht ans Foyer OG angeschlossen wird.

Die vorgeschlagene Wendeltreppe wird hinterfragt.

Die Nutzungsverteilungen und Zuordnungen erfüllen die Anforderungen, die Werkstatträume sind der Bühne zugeordnet und die Musikschule zusammenhängend im 2. OG untergebracht. Allerdings sind die Flächen für die Werkstatt um 1/3 unterschritten.

Die Übereinanderstapelung von Kino und Orchesterproberaum kann zu schalltechnischen Problemen führen.

Der Aufsatz wird als Holzbau vorgeschlagen und es stellt sich die Frage ob diese Materialität mit dem historischen Gebäude harmoniert.

Der Entwurf liegt mit seinen wirtschaftlichen Kenndaten im mittleren Bereich in der BGF und BRI unter dem Mittel.

Zusammenfassend ein Entwurf der die gestellten Anforderungen grundsätzlich erfüllt.

Es wird hinterfragt, ob die zurückhaltende Gestaltung dem Duktus eines wichtigen Kulturgebäudes entsprechen und gerecht werden kann.
Lageplan

Lageplan

Grundriss EG

Grundriss EG

Schnitt C-C

Schnitt C-C

Schnitt D-D

Schnitt D-D

Detail Schnitt

Detail Schnitt