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Offener Wettbewerb | 09/2015

Bauhaus Museum Dessau | Neubau eines Museums mit Freianlagen und Stellplätzen

Bauhaus Museum Dessau

Bauhaus Museum Dessau

2. Phase / 1. Rundgang

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Architektur

Transsolar Energietechnik GmbH

TGA-Fachplanung

Dr. Lüchinger + Meyer Bauingenieure AG

Bauingenieurwesen, Fassadenplanung

Studio Michael Sailstorfer

Kunst

POLA

Landschaftsarchitektur

Dr. Florian Matzner

Szenographie

Erläuterungstext

Trois Courettes
Mit der Standortwahl im Stadtpark begibt sich das Bauhaus Museum an einen neu- tralen und zugleich zentralen Ort inmitten des heterogenen Stadtgefüges von Dessau. Seine Nachbarschaft wird mit dem Hauptpostamt und den punkt- und scheibenförmigen Wohnbauten durch markante Beispiele der Vorläufer und Nachfolger der Bauhaus Epoche geprägt. Somit bietet der Standort neben der Schnittstelle zwischen Stadt und Park auch ein reizvolles baugeschichtliches Spannungsfeld.
Das Bauhaus verfolgte kein geringeres Ziel als die Revolutionierung des Alltags. Es sollten Werke entstehen, deren Bedeutung über die Ästhetik hinaus gingen und die die Umwandlung der sozialen Wirklichkeit zu einer erneuerten Gesellschaft förderten. Zunächst strebte das Bauhaus nach der Verbindung von Kunst, Handwerk und Technik. Den ambitionierten Ansprüchen der Bauhäusler folgend wurden ebenfalls die Grenzen zu Forschung und Praxis aufgehoben, vor allem aber zwischen Schule und Gesellschaft. Die Aufhebung der Grenzen, der integrale und allumfassende Ansatz, welches die Bau- haus Idee auszeichnete, spiegelt sich im Entwurf wider. Der oftmals noch vorhandene erhabene Duktus von Museen wird aufgelöst. An seiner statt entsteht ein Museum, welches Besuchern und Bewohnern auf Augenhöhe begegnet, Ein vitaler und attraktiver Stadtbaustein, welches keinen Museumsbesuch voraussetzt, um einen Aufenthalt zu rechtfertigen.

Der Entwurf fügt sich ins Stadtgefüges, indem es das historische Baufeld aufnimmt und seine Achsen bedient. Der Haupteingang befindet sich in der Verlängerung der Rathaus- gasse, an der Kavalierstrasse weicht das Gebäude von der historischen Baulinie
zurück, um den Boulevard durchlaufen zu lassen. Die Gebäudetiefe entspricht der des ehemaligen Palais Reina. Darüber hinaus spielt es jedoch weder das vertikale Spiel der
Punkt- und Scheibenbebauung noch das der weitläufigen Blockrandbebauung seiner Umgebung mit. An der Schnittstelle zwischen Stadt und Park bildet es synchronisch unterschiedliche Raumszenarien, die sich bei der räumlichen Wahrnehmung des Museums gegenseitig überlagern. Sowohl das äussere klare und städtische Volumen als auch die inneren clusterartigen Kerne bleiben in ihrer Ausformulierung flüchtig und informell. Der Entwurf allegorisiert den Park. Mit seiner offenen und informellen Struktur, den gradiellen Übergängen zwischen Innen und Aussen, dem durchgesteckten Foyer und nicht zuletzt den ‚Parkenklaven‘, den grünen Höfen im Inneren, kann der Parkspaziergang im Museumsgebäude nahtlos fortgesetzt werden.

Museen sind heute mehr als Orte der Dokumentation und des Bewahrens. Neben
der akademischen Forschung etablieren sich Museen als weiterbildende Institutionen, bieten Raum für Experiment und kreative Gestaltung. Das Museum ist heute ein Ort der Begegnung und ein öffentliches Forum. An die Ausstellungsräume werden aus kura- torischer und konservatorischer Sicht immer höhere Ansprüche gestellt, was zu einer Typisierung des idealen Ausstellungsraumes führt. Demgegenüber werden die nicht zweckgebundenen Räume, welche variabel genutzt werden können für das Erlebnis Museumsbesuch stetig prägender.
Der vorliegende Entwurf nimmt den idealen Ausstellungsraum, welcher aus konservator- ischer Sicht ideale Bedingungen und aus kuratorischer Sicht ein Höchstmaß an Flexibil- ität verspricht, als Ausgangspunkt. Somit wird der Langlebigkeit des Museums und der Veränderlichkeit von Ausstellungsanforderungen und Konzepten Rechnung getragen. Die Ausstellungsboxen werden so arrangiert und gestapelt, dass dazwischen prägnante räumliche Situationen entstehen, die der Begegnung dienen.

Das Gebäudes ist gekennzeichnet durch eine Komposition von Kuben mit jeweiligen spezifischen Funktionen. Die Ausstellungsbereiche und die dem Museumsbetrieb dienenden Räume erhalten klar gefasste räumliche Strukturen, die die Anforderung
an Nutzung, Klima und Sicherheit in idealer Weise erfüllen. Die Kuben spannen einen Zwischenraum auf, welcher nutzungsoffen, flexibel und situationsabhängig angeeignet werden kann. Analog zur Urbanität eines Platzes in der Stadt, strukturieren die Kuben den Raum, und erzeugen durch die Nutzungsdichte Lebendigkeit. Der Besucher kann auf selbstbestimmten Routen das Museum durchschreiten, Ausblicke in den Stadtraum und den Stadtpark ermöglichen eine gute Orientierung. Zusätzlich strukturieren drei kleine Höfe (Courettes) den offenen Bereich und bringen Tageslicht und Grün ins Innere. Das Erdgeschoss nimmt städtebauliche Bezüge auf, verbindet die Rathausgasse mittels einer grünen Passage mit dem Park, belebt mit der Konzentration öffentlicher Funk- tionen an der Kavalierstraße den Boulevard, ermöglicht Ein-, Aus- und Durchblicke ins Museum und in den Museumsbetrieb. Das Erdgeschoss eignet sich zur durchgängig zur Fremdvermietung. Das Café und der Museumsshop verfügen über einen eigenen Eingang. Für grosse Anlässe kann die Wechselausstellung, welcher als Seitenlichtsaal in Verbindung zum Boulevard steht, ebenfalls Fremdvermietet werden.
Die Wechselausstellung des EG ist über eine zusätzliche Treppe mit einem Ausstellungssaal im OG verbunden. Somit kann die Wechselausstellung unabhängig von der Sammlungspräsentation erschlossen werden.
Im Obergeschoss ergeben die pavillonartigen Ausstellungsräume zusammen mit den grünen Innenhöfen eine abwechslungsreiche Raumstruktur. Die didaktische Kuben dienen der Sammlungspräsentation. In dem sich ergebenden fliessenden Zwischenraum findet der Besucher Orte der Kontemplation, der Reflexion und des Austausches. Der Raum kann ebenfalls als Lesesaal, Treffpunkt für Reisegruppen, Ausstellungsraum klimatisch unempfindlicher Exponate, wie Repliken oder zeitgenössischer Werke, dienen.
Tiefe und Unschärfe
Das Räumliche Spiel der Kuben, Innenhöfe und des Zwischenraums bestimmt die Erscheinung der Fassade. Der Logik der inneren Organisation folgend, erhalten die Kuben eine opake Fassade mit Lochfenstern und der Zwischenraum eine Vollverglasung.
Aus der technischen Notwendigkeit wird ein thematisch eigenständiges und sinnliches Element entwickelt, welches die Erscheinung der Fassade prägt. Der opaken Fassade wird ein grobmaschiges skulpturales Scherengitter vorgelagert. In geöffnetem Zustand nutzt das System die opaken Fassadenbereiche als Aufstellfläche wodurch die innere Volumetrik betont wird. Im geschlossenen Zustand wird das Gebäude zu einem Baukörper zusammenfasst. Die Grenzen verschwimmen. Das Gebäude erwacht morgens zum Leben, das Öffnen und Verbergen, die langsamen kiemenartigen Bewegungen erzeugen Tiefe und Unschärfe.
Das scherenartige Verschattungssystem wurde in einer engen Analogie zu traditionellen Scherengitter konzipiert und basiert technisch auf ähnlichen mechanischen Prinzipen. Die Verschattungsschindel aus Edelstahl sind drehbar, übereck auf stehende jedoch horizontal verschiebbare Profile befestigt. Aufgrund dieser horizontalen Verschiebung der Profile verdrehen und öffnen sich die Verschattungsschindel. Die einfache, in sich abhängige Mechanik des Verschattungssystems erlaubt eine einfache und wirtschaftliche Motorisierung.

Das Neue Bauhaus Museum rückt selbstbewusst an den Boulevard. Der Boulevard wird verbreitert, so dass die Bäume und auch das ODF Mahnmal Teil des Boulevards
Rad Station
50 Leihfahrräder Bauhaus
werden.
Der Stadtpark umhüllt das Museum wie ein warmer Mantel und verbindet sich über die Patios partiell mit dem Baukörper. Die Parklandschaft findet im Innern des Gebäudes mit thematischen Innenhöfen ihre Fortsetzung. Im direkten Gebäudeumgriff werden die Wege behutsam an die neuen Gebäudezugängen und innenliegenden Patios angepasst.
Das neue Bauhaus Museum steht also nicht nur zwischen Stadtboulevard und Stadt- park sondern wird durch die räumlichen Einschübe ein Teil von beiden. Man könnte auch sagen: Das Bauhaus Museum Dessau wird ein Teil der Stadt Dessau.
Die bestehende Wegeführung und der Baumbestand im Stadtpark wird weitestgehend erhalten. Es finden nur partielle und behutsame Anpassungen der Wegeführung und der Baumstandorte im direkten Umgriff des Museums und der Stellplatzanlage statt.
Zwischen Aktionsfeld und dem Museum findet sich der Museumsgarten. Trotz inhaltlich eindeutiger Bezugnahme zum Museum (temporäre Aktions- und Ausstellungsfläche) ist er ein vollwertiger Teil des Stadtparks und komplettiert in logischer Weise die Philoso- phie des Aktionsfeldes.
Die Organisation des Parkplatzes orientiert sich an den Bestandswegen und den intuitiven Wegebeziehungen von der Fritz Hesse Straße zum Museum. Um den Eingriff in den Stadtpark so klein wie möglich zu halten, werden In beiden Ausbaustufen innerhalb des Parkplatzes Erschließungsstraße und Gehweg zusammengeführt.