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Award / Auszeichnung | 02/2007

Deutscher Landschaftsarchitekturpreis 2007

Wettbewerbsbeitrag Rheinpark Duisburg

Würdigung

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Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

DUISBURG RHEINPARK: VERMEIDUNG VON GENERISCHEN GRÜN

DIE GESCHICHTE:
Duisburg lag bis zum 12 Jh. direkt an einer der Spitzkehren des Rheins.
Nach einem großen Hochwasser grub der Rhein sich mit dem Durchbruch bei Essenberg (heute Rheinhausen) sein heutiges Fluss-Bett.
Auf dem nun an die Stadt angeschlossenen Hochfeld entwickelte sich erst die Industrie und später das Stadtquartier.
Die Lagegunst für die Industrie ergab sich aus der Hochwassersicherheit und der guten Verkehrsanbindung der Wasserstrasse.
Seit Beginn der Industrialisierung befanden sich auf dem Grundstück die verschiedensten industriellen Nutzungen. Die Industrie hinterließ einen in Konsistenz und Mächtigkeit heterogenen Aufschüttungskörper, welcher eine anthropogene Geologie formuliert und die geogene Rheinterrasse vollständig abdeckt.
Nachdem die Industrie das Ufer über 150 Jahre besetzt hielt, bietet die Geschichte nun erstmals die Gelegenheit Duisburg zurück an den Rhein zu bringen.

HINTERGRUND DAS GENERISCHE UND DAS SPEZIFISCHE
Duisburg hat für das Ruhrgebiet typisch bereits einen hohen Anteil an Grünflächen, bestehend aus Stadtgrün bzw. Siedlungsgrün mit Parks, dieses wird als das generische Grün aufgefasst.
Außerdem ist das Ruhrgebiet bestimmt durch die weiter zunehmenden Flächen von Industriebrachen. Diese werden als vierte Natur (Kovarik) oder Industrienatur beschrieben.
Beide Qualitäten sind bekannt und ubiquitär Die besondere Bedeutung und Lage des Rheinpark Projektes fordert eine spezifische Form des Parks.
Die traditionelle Idee des Grüns als Kompensation für schlechte Lebens- und Arbeitsbedingungen kann als überholt angesehen werden.
Daher sind sowohl das generische Grün, wie auch die Industrienatur nicht Motive des Konzepts.
Es geht vielmehr um die Herstellung einer Spannung von
- in Ihrer ökologischen Funktion intakten landschaftlich Situationen
- entschieden künstlich gestalteten Oberflächen einer gesicherten Deponie
-
FLÄCHENRECYCLING: VERANTWORTUNG IM UMGANG MIT INDUSTRIELLEN ALTLASTEN
Alle Erfahrungen im Umgang mit Altlasten der Schwerindustrie zeigen, dass eine nachhaltige Sanierung im Sinne der Wiederherstellung aller Funktionen und Qualitäten des Bodens technisch und ökonomisch nicht möglich sind. Sanierung heißt also heute immer eine pragmatischer Umgang mit Dingen die nicht aus der Welt zu schaffen sind, dies findet sich auch in der aktuellen Gesetzgebung wieder.

INTEGRIERTER SANIERUNGSPLAN
Das Konzept der Arbeit geht von einem Ineinandergreifen von Sanierungsplan und städtebauliche landschaftsplanerischen Entwurf aus.
Auf der Grundlage einer genauen Analyse der Datenlage zur geogenen und anthropogenen Geologie des Ortes werden Potentiale der Sanierung ermittelt, die dann maßgeblich in die Struktur des Entwurfes eingebunden werden.
Die geologischen Schnitte zeigen einen kontaminierten Aufschüttungskörper mit sehr unterschiedlicher Mächtigkeit. Die Bereiche geringer Tiefe (ca.1-3 Meter) können wieder freigelegt werden. Laut geologischen Gutachten befinden sich darunter weitgehend unbelastete Bereiche eiszeitlichen Rhein-Kieses.

ANTHROPOLOGISCHE GEOLOGIE
Die kontaminierten Schlacke- und Schutt-Aufschüttungen der 150 jährigen Industriegeschichte stellen den vorläufigen Abschluss der geologischen Entwicklung von tertiären Sedimenten und den Rhein-Kies-Terassen des Quartärs dar.
Der bisherige Rahmenplan sieht vor das Gelände erneut aufzuschütten, diesmal mit kulturfähigem Boden um eine öffentliche Parknutzung mit „generischen“ Stadtgrün zu ermöglichen. Die Arbeit hinterfragt diese Vorgehensweise.

KONZEPT:
Die geologischen Schnitte stellen dar, dass in weiten Teilen des Gebietes der Aufschüttungskörper nur wenige Meter Mächtigkeit hat, hier ist es realistisch die abgelagerten Stoffe abzuräumen und auf den bereits kontaminierten Flächen neu zu modellieren.
Für die dann freigelegten Bereiche des quatären Rhein-Kiese kann die bisher angenommene Dichtung und Abdeckung mit neuem Substrat eingespart werden.
Das als „Gesicherte Umlage“ bekannte Verfahren geht von einer Umlagerung und anschließender Sicherung von Stoffen innerhalb des Geländes aus. Dieses Verfahren ist nach der aktuellen Gesetzeslage zulässig und wird für andere Flächen-Recycling Projekte in NRW bereits praktiziert.
Aus den geologischen Bedingungen ergeben sich drei topographische Ebenen für den Park mit entsprechend spezifischen Eigenschaften Qualitäten und Funktionen.

PARK-NIVEAU –1 100% NATÜRLICH
Quasi-natürliche Rheinkies-Niederungen der abgegrabenen Bereiche. Die freigelegten Schichten des Tertiärs können alle Bodenfunktionen übernehmen.
Hier kann nicht nur das Oberflächenwasser der Fläche selbst, sondern auch aller benachbarter Flächen versickern und frei von Kontamination über das Grundwasser in den Rhein fließen.
Die Gestaltung entspricht weitgehend dem gegenüberliegenden Gleitufer mit offenen Wiesenflächen ein paar Bäumen und landschaftlichen Charakter. Diese Flächen leben von ihrer Weite sind nutzungsoffen und ohne vorgegebenes Programm.

PARK-NIVEAU +/- 0 GENERISCHE STADTGRÜN
das sich über die vorhandenen Schichten legt.
Belastete Bereiche mit Grenzwertüberschreitungen werden falls erforderlich abgedichtet und mit Kulturboden abgedeckt.
Auf der Oberfläche gibt es die neuen Stadtquartiere mit Stadtgrün, wie in der angrenzenden Stadt. Dient als Bezugsebene und entspricht den Konventionen der Landschaftsgestaltung der Auslobung.

PARK-NIVEU +1 100% KÜNSTLICH
Überhöhte Aufschüttung. Die heute flächendeckende Aufschüttung wird an einigen Stellen konzentriert und die Altlast somit „überhöht“. Diese Körper werden als Topographie lesbar. Dies geschieht nach dem Prinzip der gesicherten Umlage wie sie bereits im Ruhrgebiet praktiziert wird. Die Oberfläche dieser Deponiekörper wird nach den Regeln der Technik gesichert, gedichtet und abgedeckt um eine nutzbare Fläche zu erhalten. Die Künstlichkeit hebt sich von der Umgebung ab und generiert einen modernen post-industriellen Parktypus.

REGENWASSERMANAGMENT
Laut geologischen Gutachten sind die quartären Schichten (noch) nicht mit toxischen Stoffen belastet. Das noch ausstehende Gutachten zu Sickerwasser läst jedoch befürchten, dass trotz hoher Bodenverdichtung langfristig eine Auflösung von Schadstoffen ins Grundwasser und von dort unmittelbar in den Rhein nicht auszuschließen ist. Dieses gilt es zu verhindern. Es bleibt eine politische Entscheidung mit welcher „diffusen Hintergrundbelastung“ man zukünftig Leben möchte.
In den freigelegten Rheinkies-Wiesen kann das Oberflächenwasser schadlos ins Grundwasser versickert werden, diese Flächen fungieren auch zur Retention der übrigen auf oder unter der Oberfläche versiegelten Bereiche.

NUTZERGRUPPEN / SOZIALE ASPEKTE
Die drei miteinander verwobenen Zonen eignen sich für die unterschiedlichsten Parknutzungen.
Von dem Wechsel, offener (extensiv genutzter) und dichter (intensiv genutzter) Bereiche profitieren beide Seiten. Sind die gegenüberliegenden Rheinauen heute wenig genutzt, so liegt das meist an mangelnder sozialer Kontrolle, also mangelnder Nutzungsdichte der Umgebung. Anderseits kann die Offenheit und Robustheit der Rheinwiesen Nutzungen wie Grillen ermöglichen, diese Qualität wird auch im Park angestrebt. Der Wechsel von Räumangeboten von teils widersprüchlichen urbanen Lebensweisen im Park macht den Reiz dieser Struktur aus.
Angestrebt wird eine selbstverständliche Durchmischung der diversen Nutzungsangebote zu einer kulturellen Melange von Menschen aus 100 Nationen und den Neu-Duisburgern des Dienstleistungs-Quartiers.

PHYTOREMEDIATION:
Die im Boden verbleibenden toxischen Schadstoffe können über eine Reihe biologischer Sanierungsverfahren in-situ extrahiert oder mikrobiologisch abgebaut werden. Erprobte Verfahren sind beispielsweise die Hyperakkumulation von Arsen im Farn. Die Schadstoffe werden von der Pflanze über die Wurzeln aus dem Boden gelöst und können dann in den Blättern gespeichert geerntet werden. Dies ist gegenüber technischen Sanierungsverfahren sehr preiswert. Die Offenlegung dieser Prozesse in den runden Becken wird zu einer der zeitgemäßen Attraktionen im Park.

DIE PROMENADE
Zwischen der Stadtpromenade vor dem letzen Baufeld und der Uferpromenade spannt sich ein Feld mit komplexer Geometrie auf. Dieses ist auf der gesamten Ebene nutzbar und hat eine vielgestaltige Oberfläche welche unendliche viele räumliche Situationen sowohl für Bewegungen wie auch für den Aufenthalt der Parknutzer ermöglicht.
Die Promenade ist somit nicht auf die Wasserfront beschränkt, sondern wird bis an das Quartier heran entwickelt. Die gewellte künstliche Morphologie schafft immer wieder neue Ausblicke auf den Rhein und die gegenüberliegende Uferseite.