modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Nichtoffener Wettbewerb | 09/2015

Departement Biomedizin der Universität Basel - Neubau Labor- und Forschungsgebäude

GERDA

2. Preis

Preisgeld: 50.000 CHF

Morger Partner Architekten AG

Architektur

wh-p Ingenieure

Tragwerksplanung

HKG Engineering AG / HKG Consulting AG

Bauingenieurwesen

eicher+pauli

TGA-Fachplanung

Dr. Heinekamp Labor- und Institutsplanung

TGA-Fachplanung

Emmer Pfenninger Partner AG

Bauphysik

CSD INGENIEURE AG / CSD INGÉNIEURS SA

Landschafts- / Umweltplanung

Quantum Brandschutz

Brandschutzplanung

PONNIE Images

Visualisierung

Beurteilung durch das Preisgericht

Städtebau und Architektur
An das bestehende Pharmazentrum von Andrea Roost wird über eine «Schattenfuge» ein schwebendes Gebäudevolumen angeschlossen, das strassenseitig die Flucht des Bestandes weiterführt und über einem leicht eingezogenen, negativen Sockel auskragt.
Richtung Campus ist das Volumen in den oberen Geschossen um ein Modul verbreitert und bildet im Erdgeschoss und 1. Obergeschoss eine Art Fuss aus, der die Annexbauten des heutigen Pharmazentrums (PHZ) aufnimmt und die heute raumbildende Kante auf die gesamte Areallänge verlängert.
Dadurch entsteht ein kompaktes Gesamtensemble, das den Arealinnenraum klärt, den Strassenraum sinnfällig fortsetzt und nach Westen eine elegante Stirnfassade entstehen lässt, die signifikant auf die geplante Erweiterung des Areals verweist und dennoch eine angemessene Ecke auszubilden vermag.

Dem offenen Gerüst, das die Bestandsfassade strukturiert, wird die kubisch wirksame Fläche einer vollverglasten, semitransparenten Curtainwall entgegengesetzt. Diese wird über vertikale Einschnitte in voller Höhe abstrakt gegliedert und bildet im Inneren erkerartige, den Grundriss strukturierende Fassadennischen aus. Sie erinnert an die kraftvollen Glasfassaden der funktionalistischen Spätmoderne zum Beispiel eines Arne Jacobsen.
So entfaltet sich ein feines Spiel zwischen der Kontinuität im Baukörper und dem Kontrast von Fassadenstruktur und Materialität. Je nach äusseren Lichtverhältnissen dreht sich das Spiel um und der opake Körper wird durchlässig und gestattet Einblicke ins Innere.

Das Gebäude integriert im verbreiterten Erdgeschoss und im überhohen 1. Obergeschoss öffentliche und halböffentliche Nutzungen, wie z. B. die Science Lounge, die sich in das Arealinnere schiebt. Zwei sich diagonal gegenüberliegende, aussen eher zurückhaltend ausgebildete Eingänge sind im Innern über eine doppelgeschossige Halle verbunden. Sie inszeniert schöne Einblicke in die Laborwelt und entwickelt eine für Haus und Nutzung stimmige und identitätsstiftende Atmosphäre.
Darüber sind auf sechs Regelgeschossen die Labore angeordnet, ein zurückgesetztes Technikgeschoss schliesst das Haus nach oben ab.

Die sehr flexible Grundrissstruktur, mit einem ökonomischen Stützenraster und in Elementbauweise geplant, spannt sich zwischen zwei linearen Kernzonen auf. Entlang der Hauptfassaden läuft jeweils eine Erschliessungszone, die als Fluchtweg funktioniert. Daran schliessen sich die Arbeitsplätze der Auswertzone, die Labormodule und schliesslich im Mittelbund die Material- und Nebenräume an. Diese können sowohl direkt an die Labore angeschlossen oder durch einen separaten Gang erschlossen werden. An der Stirn und am Übergang zum Bestand dreht die Grundrissstruktur und schafft belichtete Einzelbüros nach Westen bzw. weitere Nebenräume zur Brandwand.
Die Klarheit und typologische Qualität des Grundrisses stellt ausser der langfristigen Flexibilität vor allem auch eine gute Orientierung mit genügend Ausblicken aus den Erschliessungszonen her, was bei der introvertierten Nutzung nicht selbstverständlich ist. Die räumliche Verbindung mit dem Bestand könnte allerdings grosszügiger ausgebildet sein.

Die Gläser der vorgehängten Fassadenkonstruktion sind durch Strukturfolien opak gefärbt. Sie gewähren Ausblick von innen nach aussen, aber nur bedingt Einblick von aussen ins Gebäudeinnere. Closed-Cavity-Fenster integrieren den Sonnenschutz und sorgen als moderne Kastenfenster für eine unterhaltsfreundliche und energetisch optimierte Gebäudehülle. Der hohe Verglasungsanteil stellt eine angemessene Belichtung bis in die tiefen Geschossgrundrisse sicher.
Die Fassade scheint in ihrer pragmatischen Einfachheit für das Laborgebäude zunächst sehr angemessen, und das gefärbte Glas und die grossmassstäbliche Fassadenstruktur mit vertikalen Einschnitten versprechen ein reizvolles plastisches Spiel. In der weiteren Ausarbeitung wäre nachzuweisen, ob der vorgeschlagene Detaillierungsgrad der Lage des Ortes und dem Massstab des Hauses gerecht wird.

Freiraum
Durch den eingeschnittenen Sockel und den Entscheid, die Erdgeschossanbauten des Bestands fortzuführen, ist der Freiraum um das Gebäude räumlich klar gegliedert und als Strassen- und Campusseite eindeutig definiert. Die Niveaudifferenz zwischen Strasse und Innenareal wird über eine breite Treppe (bzw. Rampe) im Gebäudeinneren plausibel aufgenommen. Die Anlieferungsrampe parallel zur Campusfassade trennt das Erdgeschoss unschön vom Aussenraum ab.

Betrieb und Logistik
Das Raumprogramm ist weitgehend erfüllt, wenn auch Platzierungen im PHZ vorgenommen wurden, die idealerweise dort nicht sein sollten. Sie sind im 1. Untergeschoss des Neubaus nicht möglich, weil die Tierhaltung auf einem Geschoss allein untergebracht wird. Diese Verdrängung der Logistik durch eine Hauptnutzung ist so nicht tragbar, aber durch eine Neuaufteilung von 1. und 2. Untergeschoss lösbar (die Tierhaltung ist auf das 1. und 2. Untergeschoss aufzuteilen und die Entsorgungslager sind in der Nähe der Ladebucht anzuordnen). Die Anforderungen an die Regelgeschosse werden als erfüllt angesehen; mit gutem Willen können die Liftvorplätze als Kommunikationszonen angesehen werden. Zwei Personen- Liftanlagen wären besser als nur eine.
Die Sondernutzungen Core Facilities, Science Lounge und Besprechungen sind ansprechend und zentral als Kommunikationsgeschoss organisiert. Die Tageslichtanforderung bei der Laborglas-Spülküche im Erdgeschoss ist erfüllt. Allerdings ist diese bzw. die «Sicht ins Freie» im 1. Untergeschoss nicht erfüllt und muss kompensiert werden; ein zusätzlicher Pausenraum für das Tierhaltungspersonal mit direkter Verbindung in das 1. Untergeschoss wird notwendig sein.
Die Lehre ist wie verlangt im Erdgeschoss platziert. Logistikfragen sind phasengerecht gelöst; zwecks Anbindung des PHZ wird allerdings ein Lift benötigt, welcher aufgrund der Lage der Einfahrtsrampe zur Tiefgarage vermutlich im PHZ selbst zu verorten wäre. Das PHZ ist bezüglich Personenerschliessung auf allen Geschossen klar – vielleicht etwas zu klar – vom Neubau getrennt.

Gebäudetechnik
Das gesamte Gebäudetechnikkonzept ist nur rudimentär beschrieben, mit wenig inhaltlicher Aussagekraft. Leistungsangaben fehlen vollständig. Die Anbindung der Vertikalerschliessung an die Dachzentrale ist vorbildlich gelöst. Die Lüftungszentrale für die Tierhaltung im Untergeschoss ist zu klein dimensioniert. Der Nachweis für die Aussenluftfassung für die Lüftungszentrale im Untergeschoss fehlt.
Die Anordnung und Zugänglichkeit der vier Steigzonen kann überzeugen. Die Steigzonen sind jedoch zu knapp bemessen und verunmöglichen im Bedarfsfall eine Nachrüstbarkeit zusätzlicher Medien. Die Horizontalerschliessung der Medien in den Laborgeschossen ist nur grafisch angedeutet und nicht hinreichend nachvollziehbar.
Von der Grundcharakteristik ist das Potenzial für ausreichende Verbesserungen vorhanden, obwohl das Fehlen wichtiger Informationen eine abschliessende Bewertung erschwert.

Wirtschaftlichkeit
Das Projekt weist unterdurchschnittliche Geschossflächen und ein unterdurchschnittliches Gebäudevolumen auf. Die hohen Fassadenkosten werden dadurch aufgefangen. Somit resultieren Erstellungskosten, die im Vergleich zu den weiteren Projekten im Durchschnitt liegen.

Würdigung Projekt
GERDA überzeugt durch die konsequente Haltung, das Pharmazentrum von Andrea Roost in einer zeitgemässen Interpretation weiterzubauen. Die Schlankheit des Gebäudes wirkt im Stadtkontext wohltuend, auch die Aufnahme des bestehenden Sockelbauwerks gibt der heutigen Situation einen Sinn. Um diese Schlankheit herstellen zu können, weicht das Projekt vom vorgegebenen Regelgrundriss der Labore ab und schafft eine lediglich einbündige Nebenraumzone in der Mitte, was vonseiten der Nutzer als kritisch gesehen wird, da es zu unflexibel ist. Eine Veränderung und Anpassung des vorgeschlagenen Grundrisses würde zwangsweise zu einer Verbreiterung des Gebäudes führen. Angesichts der Tatsache, dass das Pharmagebäude langfristig ersetzt werden wird, relativiert sich die Strategie, das Gebäude heute im klassischen Sinn weiterzubauen. Wenn auch das Fortsetzen des Sockelbauwerks die heutige Situation klärt, so scheint es für das Gesamtareal noch interessanter, geometrisch eindeutige Volumen auszubilden und ganz auf solche Annexbauten zu verzichten.
Die abstrakt-kubische, monumentale Formensprache des äusseren Erscheinungsbilds von GERDA kann ihren Reiz vor allem als Pendant zur raumhaltigen Fassade des heutigen PHZ entfalten, weniger im Zusammenspiel mit den anderen Gebäuden des Campus. Wenn es später einmal gilt, das PHZ zu ersetzen, bleibt es fraglich, ob GERDA diesbezüglich langfristig die richtige Setzung hinsichtlich Ausdehnung und Höhe besitzt.

Zusammenfassend kann man festhalten, dass GERDA ein städtebaulich bis ins Detail schlüssig durchgearbeitetes und angenehm schnörkelloses Projekt ist, das langfristig aber Festsetzungen trifft, die nicht vollständig zu überzeugen vermögen.