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Offener Wettbewerb | 09/2015

Erweiterung Bezirksanlage

Averell

3. Rang

Preisgeld: 35.000 CHF

Menzi Bürgler Architekten

Architektur

Thomas Boyle + Partner AG

Bauingenieurwesen

Elintec AG

TGA-Fachplanung

Müller.Bucher

TGA-Fachplanung

Beag Engineering AG

TGA-Fachplanung

Andreas Geser Landschaftsarchitekten AG

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Das Projekt für die Erweiterung der Bezirksanlage knüpft städtebaulich an die in Winterthur vor allem entlang der Gleisfelder verbreitete Typologie der Industrieareale an. Das übergeordnete Thema für die Entwicklung des Projektperimeters bildet die Positionierung von langen und schmalen Baukörpern, die rechtwinklig zueinander versetzt sind und ohne Ausbildung von Abstandszonen direkt in die Aussenflächen übergehen. Die maximal fünfgeschossigen Volumen erzeugen dabei gestreckte Platzräume, welche sich partiell zu grösseren Freiräumen ausweiten und mit rechteckigen Grünanlagen bespielt sind.

Die städtebauliche Anordnung der neuen Bezirksanlage bildet die Basis für die zukünftige Arealentwicklung und nimmt die angestrebte Bebauungstypologie vorweg. Der Altbau und der Ergänzungsbau des Bezirksgebäudes bleiben erhalten und werden östlich mit einem gleich hohen Verwaltungsbau erweitert. Mithilfe dieses Neubaus und leichten Anpassungen in der inneren Organisation des Bestandes können die Raumbedürfnisse der Staatsanwaltschaft, der Jugendanwaltschaft und der Kantonspolizei funktional und konzentriert angeordnet werden. Der von der Verwaltungsnutzung separierte Neubau des Gefängnisses mit vier Zellenmodulen wird parallel zum Bestandsbau entlang der Gleise positioniert und schafft zwischen den Gebäuden Raum für Belichtungshöfe und einen Anlieferungshof.

Die Erweiterung des bestehenden Verwaltungsgebäudes orientiert sich in ihrer äusseren Erscheinung an der filigranen Bürostruktur des Altbaus aus dem Jahre 1964, bleibt aber klar als jüngere Ergänzung der Anlage ablesbar. Der auf einem Büroraster basierende Aufbau transportiert sich über die Fassadengestaltung nach aussen und wird durch ein tektonisches Thema akzentuiert. Der Neubau des Gefängnisses präsentiert sich als plastischer Körper mit einer Fassade, welche aus Ortbetonflächen und grossformatigen Glasbausteinelementen besteht. Die Strukturierung des Betons mit differenzierten Schichtstärken und Oberflächen sowie die horizontale Unterscheidung der Geschosse erzeugen eine Massstäblichkeit innerhalb der Umgebung. Mittels einer leichten Taktung in der Höhenentwicklung wird zudem die grosse Dimension des Neubaus gebrochen und ein Rhythmus entlang der Gleise erzeugt.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfassenden schlagen einen rechteckig geschnittenen, dreigeschossigen Gefängnisbaukörper vor, der parallel zum Verwaltungsbau und mit zwei großen Höfen zur Bahnlinie orientiert wird. Die Erweiterung der Verwaltung wird als Verlängerung des Altbaus und leicht versetzt zu diesem platziert und bildet an der Schnittstelle einen gut erkennbaren neuen Eingang zu den Verwaltungsnutzungen.

Die räumliche Intention des Projekts erschließt sich erst in der nächsten Bauetappe. Diese sieht eine Aufstockung des erweiterten Verwaltungsbaus, ein zusätzliches, leicht versetztes Gefängnismodul und eine Überbauung des Freiraumes zur Hermann-Götz- Straße vor. Die Volumen erzeugen in ihrer Setzung angenehm proportionierte und gestreckte Platzräume, die sich teilweise zu größeren Freiräumen erweitern und mit Grünanlagen bespielt sind. Die Eingänge sind dabei immer auf die Plätze orientiert. Das Bebauungsmuster überzeugt trotz hoher Dichte, da es spielerisch, spannend und flexibel mit der Höhenentwicklung der Volumen, aber auch mit Enge und Weite der Abfolge der Außenräume umgeht. Auch spätere, in der Quartiererhaltungszone liegende Bauetappen folgen diesem Muster und bilden so einen fließenden Übergang zum Wohnquartier Inneres Lind.

Die Fassadengestaltung gegen die Bahnlinie wirkt leicht, transparent und freundlich, ohne die dahinterliegende Gefängnisnutzung zu verleugnen. Sie bietet eine mögliche Antwort darauf, wie mit einer Gefängnisfassade gegenüber einem Wohnquartier umgegangen werden kann. Architektur und Gestaltung der Verwaltungserweiterung beziehen sich auf den Altbau, ohne sich diesem anzubiedern oder ihn zu kopieren, und stricken das bestehende System mit Büroanordnung und Gurtgesimsen der Fassade geschickt weiter.

Der Grundriss des Verwaltungsbaus ist zweibündig, sehr effizient und pragmatisch; die Vertikalerschließungen sitzen richtig und sind gut erkennbar. Die gegenüber dem heutigen Zustand verlängerten Geschosse ermöglichen die Anordnung größerer zusammenhängender Funktionseinheiten auf einem Geschoss. Nicht wie dargestellt realisierbar ist der durch den Verwaltungsbau führende Zugang zum Gefängnis für Besucher, der sich mit der internen Erschließung der Kantonspolizei kreuzt. Unverständlich ist, dass die heutige Einstellhalle, eine Erdgeschossfläche an bester Lage, als disponibler Restraum verbleibt. Das Gefängnis ist im Gesamten gut organisiert. Die inneren Erschliessungswege sind zwar etwas lang, aber gut belichtet, und die Einsichtproblematik zwischen Gefängnis und Verwaltung ist mit den seriell angeordneten eingezogenen Lichthöfen hervorragend gelöst. Die gut proportionierten Gefängnisspazierhöfe weisen eine geringe Kollusionsgefahr auf, da nur wenige Zellen einander direkt gegenüberliegen. Die Trennwand zwischen Gefängnis und Bahnlinie ermöglicht eine optimale Belichtung der Zellen und stellt gleichzeitig den notwendigen Schallschutz sicher. Die Anordnung von Besucherparkplätzen im zweiten Untergeschoss ist fragwürdig; die Ausgänge für Fußgänger sind knapp und schlecht auffindbar.

Die Etappierung ist gewährleistet, allerdings muss das Gefängnis vor der Erweiterung der Verwaltungsnutzungen erstellt werden. Der Ressourcenaufwand für die Erstellung des Gefängnisneubaus ist hoch. Insbesondere der Flächenaufwand in den Untergeschossen, die notwendige Abfangung des Bestandesbaus, aber auch die aufwändige Fassadenkonstruktion in Zweischalenbeton begründen dieses Resultat. Die Primäranforderung Minergie-P ist mit dem Gefängnisneubau dagegen gut erreichbar. Das Schachtkonzept für die Lüftung ist funktionstüchtig, der sommerliche Wärmeschutz ist gewährleistet. Der Verwaltungsbau lässt einen mittleren Ressourcenaufwand in der Erstellung erwarten, und die Erreichbarkeit des Minergie-P-Standards ist gegeben. Ungünstig wirkt sich jedoch der sehr hohe Fensteranteil an den Fassaden aus. Die Investitionskosten liegen beim Projekt Averell mit Abstand am höchsten. Dies ist unter anderem auf die im Vergleich niedrige Kompaktheit der Bauten sowie auf die in den Schnitten gut ersichtliche aufwändige Konstruktion der Untergeschosse zurückzuführen.

Die moderate Höhenentwicklung, das im weiteren Ausbau lockere und fließende Bebauungsmuster sowie die Gestaltung der Zellenmodule mit ihrer hohen Aufenthaltsqualität machen Averell zu einem sehr sympathischen Vorschlag. Negativ ins Gewicht fallen demgegenüber der große Fußabdruck, die konstruktiv aufwändige Organisation der Untergeschosse sowie die vergleichsweise hohen Kostenkennwerte.