modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren
4. Rang 5 / 5

Offener Wettbewerb | 09/2015

Erweiterung Bezirksanlage

Perspektiven Bezirksanlage Winterthur

Perspektiven Bezirksanlage Winterthur

Chamäleon

5. Rang

Preisgeld: 15.000 CHF

HDPF Hamburger Du Pfammatter Ferrandiz

Architektur

Pöyry Schweiz

Bauingenieurwesen, TGA-Fachplanung, Projektsteuerung

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfassenden wählen den Ansatz des ablesbaren Weiterbauens: Das sichtbar von zwei Autoren erstellte Bezirksgebäude wird durch ein Dachgeschoss mit kontrastierender Fassade aufgestockt. Rückwärtig zu den Bahngeleisen wird ein einfacher, rechteckiger Gefängnisneubau mit drei Geschossen platziert. Insgesamt entsteht eine kompakte, übersichtliche Gesamtanlage. Das fünfte Vollgeschoss als Raumerweiterung auf dem Bezirksgebäude ist dank dessen Binnenlage im Areal trotz benachbarter Quartiererhaltungszone gut denkbar, die seitlichen Rücksprünge sind allerdings lediglich baurechtlich zu begründen. Der Gefängnisbau tritt durch seine Dreigeschoßigkeit wohltuend zurückhaltend in Erscheinung. Der auf den ersten Blick sparsame Baulandverbrauch wird jedoch relativiert durch die nach Osten ausufernde Tiefgarage, die als Untergeschoss für die nächste Ausbaustufe dient. Der in drei Plätze gegliederte Vorplatz zur Hermann-Götz-Strasse ist als Auftakt und Adresse überdimensioniert und kaum von Nutzen für das Quartier.

In einer späteren Bauetappe soll die Bezirksanlage mit zwei weiteren, um 90° abgedrehten Gefängnismodulen und mit einem Büro- und Gewerbebau an der Hermann- Götz-Straße ergänzt werden. Diese Erweiterung wirkt jedoch nicht gleichermaßen schlüssig wie die erste Etappe: Der als Pendant zum Bezirksgericht gedachte Baukörper an der Hermann-Götz-Strasse erscheint unmotiviert massig, und der Erschließungshof zwischen erster und zweiter Bauetappe wirkt lediglich als Zwischenraum.

Das Thema «Ablesbares Weiterbauen» wird sinnvollerweise auch bei der Fassadengestaltung angewandt; die Wahl der Formensprache überzeugt allerdings nicht: Die Aufstockung wirkt etwas forciert edel, und die martialisch anmutende feuerverzinkte Stahlfassade des Gefängnisgebäudes mit ihren schmalen Fensterschlitzen ist kaum der richtige Ausdruck für ein Gefängnis mitten in der Stadt.

Der Haupteingang für die Verwaltungsnutzungen ist am heutigen Ort gut auffindbar, wenn auch wenig repräsentativ mittels Vorbau erweitert. Die verschiedenen Nutzungseinheiten im Bezirksgebäude sind im Wesentlichen übersichtlich und sinnvoll angeordnet, einzelne «Exklaven» innerhalb anderer Einheiten müssen aber noch eleminiert werden. Der Weg für die Gefangenen der Polizei von der Haftstraße zur Verwaltung darf nicht durch das Gefängnis führen. Generell müssen die Zuführungswege ab der Zufahrtsschleuse für Gefängnis und Polizei getrennt verlaufen. Das Gefängnis ist in seiner Gesamtheit gut organisiert und zweckmäßig mit dem Verwaltungsbau verbunden. Der Zugang für Besucher ist wie gewünscht diskret, und die unterirdische Anlieferung über die Tiefgarage entspricht den Anforderungen. Die lediglich zweigeschoßigen Spazierhöfe lassen eine gute Belüftung, Besonnung und Belichtung sowie – trotz vielen einander gegenüberliegenden Zellen – eine zu bewältigende innere Lärmsituation erwarten. Die langen, lediglich künstlich belichteten Korridore im sehr tiefen Erdgeschoss wirken dagegen wenig einladend.

Die Etappierung des Bauprozesses der ersten Ausbaustufe ist technisch problemlos. Vorgeschlagen wird, dass zunächst der Gefängnisbau und anschließend die Aufstockung auf den Verwaltungsbau realisiert wird. Diese Reihenfolge ist aber nicht zwingend. Obwohl die Aufstockung als Leichtbau vorgesehen ist, dürften die Immissionen während der Bauzeit nicht zu unterschätzen sein. Der Ressourcenaufwand für die Erstellung des Gefängnisneubaus ist durchschnittlich, wobei die aufwändige Fassadenbekleidung mit Stahlwinkeln einen hohen Aufwand an grauer Energie bedingt. Der Dämmstandard ist für die Anforderung Minergie-P knapp ausreichend. Fraglich bleibt aber, ob aufgrund der gewählten Fassadenbekleidung genügend solare Gewinne, eine ausreichende Tageslichtnutzung und ein funktionierender sommerlicher Wärmeschutz erzielt werden können. Die Aufstockung des Bestandesbaus in Holzleichtbauweise führt zu einem tiefen Ressourcenaufwand in der Erstellung und zu einer guten Ausgangslage für die Erreichbarkeit des Minergie-P-Standards. Das Projekt weist – zusammen mit dem Projekt XY – die im Vergleich günstigsten Investitionskosten aller Eingaben auf, dies dank der Kompaktheit des Gefängnisneubaus und der effizienten Aufstockung auf das bestehenden Verwaltungsgebäude.

Beim Projekt Chamäleon vermag die erste Ausbauetappe mit ihrer Kompaktheit und ihrer klaren inneren Organisation zu gefallen. Der Ausdruck der Fassaden des Gefängnisbaus und die Gestaltung des Endausbaus der Bezirksanlage lassen jedoch die für diesen innerstädtischen Ort notwendige hohe Sensibilität vermissen.
Situation 1. Etappe

Situation 1. Etappe

Situation 2. Etappe

Situation 2. Etappe

Grundriss Erdgeschoss

Grundriss Erdgeschoss

Grundriss 1. Obergeschoss

Grundriss 1. Obergeschoss

Schnitte 1. Etappe

Schnitte 1. Etappe

Schnitte 2. Etappe

Schnitte 2. Etappe

Detailschnitt Gefängnis

Detailschnitt Gefängnis

4. Rang 5 / 5