modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Nichtoffener Wettbewerb | 10/2015

Erweiterung Drais-Grund- und Gemeinschaftsschule

Modellfoto

Modellfoto

Anerkennung

Preisgeld: 5.000 EUR

Behnisch Architekten

Architektur

Erläuterungstext

Architektur:
Mit dem Schuljahr 2013/2014 wurde am Standort der Drais-Grund-, Haupt- und Realschule eine Gemeinschaftsschule für die Sekundarstufe der Klassen 5-10 in der Klassenstufe 5 eingeführt. Die so entstandene Gemeinschaftsschule soll nun dauerhaft als dreizügige Primarstufe (Grundschule) mit einem Ganztagesbetrieb und einer vierzügigen Sekundarstufe fortgeführt werden. Angedacht ist eine Erweiterung der Gemeinschaftsschule mit verschiedenen Unterrichts- und Klassenräumen sowie eine Ergänzung der Grundschule mit Flächen und Räumlichkeiten für die Ganztagesbetreuung, sodass nach Fertigstellung der Neubauten insgesamt ca. 990 Schülerinnen und Schüler pädagogisch betreut und unterrichtet werden können.

Das zu Verfügung stehende Grundstück befindet sich im Stadtteil Mühlburg in Karlsruhe, eingerahmt von der Tristanstrasse im Westen sowie der Seldeneckstrasse im Süden. Der bestehende Schulhof der Grundschule südlich von Bau A und östlich von Bau B soll nun die Heimat des neuen Hauses werden. Hierzu ist es notwendig, dass einige Bestandsgebäude rückgebaut werden. Ebenfalls ist so gewährleistet, dass die nötigen Freiflächen als Pausenhof für die neue Gesamtschülerzahl hochwertig, ansprechend und attraktiv gestaltetet werden können. Zusammen mit der Realisierung des Neubaus und den Freianlagen sollen ebenso verschiedene Gebäudeteile modernisiert, energetisch aufgewertet und saniert werden.

Neben den funktionalen, wirtschaftlichen und nachhaltigen Aspekten dieser Planungsaufgabe ist es wünschenswert, dass übergeordnete Überlegungen zur gestalterischen und architektonischen Qualität des neuen Hauses im Vordergrund stehen und angemessen berücksichtigt werden. Um den bestehenden, markanten Charakter des Areals auch zukünftig angemessen erlebbar zu machen, sollen wesentliche und für das Areal als schützenswert klassifizierte Bäume erhalten bleiben. Entsprechend dem vorliegendem Baurecht wird sich das neue Haus harmonisch in das benachbarte bauliche Umfeld mit vorwiegend ein- und zweigeschossiger Bauweise einfügen – ein „Gebäudekomplex“, der sich eigenständig, dennoch differenziert und formal angemessen in seiner kleinteiligen und homogenen Umgebung präsentiert. Das Raumprogramm ist vielfältig, teilweise jedoch mit einer gewissen Offenheit konzipiert, um einen Spielraum für mögliche Interpretationen zu lassen. Neben den Unterrichtsräumen für die Grund- und Gemeinschaftsschule sind Fachklassen sowie Räume für Lehrer und Verwaltung vorgesehen. Weitere, besondere Funktionen für den Ganztagesbedarf, die Mensa mit Speisesaal und Küche ergänzen das geforderte Raumprogramm.

Die formulierten Überlegungen zum pädagogischen Konzept der neuen Schule sollen positiv unterstützt und in einzigartiger Weise ergänzt werden durch ein vielfältiges Angebot von Lernlandschaften mit offenen Raumstrukturen und kommunikativem Charakter. Fließende Übergänge zwischen Verkehrs- und Nutzflächen sind demnach wünschenswert. Intelligente und maßgeschneiderte Lösungen werden im besonderen Maß zum Gelingen der pädagogischen Ideen und Ziele beitragen. So fügt sich das neue Schulhaus in ganz selbstverständlicher und unkomplizierter Weise in die Nachbarschaft ein und vermittelt dennoch eine markante Eigenständigkeit und Charakterstärke. Ebenso wird die Leichtigkeit und Offenheit der Zusammenarbeit zwischen Schüler und Lehrer im neuen Haus als prägendes, architektonisches Leitmotiv zur Anwendung kommen. Dieser „Lässigkeit“ und formalen Unbekümmertheit ist den Vorzug gegenüber einem allzu traditionellen und bekannten, gleichwohl starren und uninspirierenden Gebäudetypus einer Lernanstalt zu geben. Spielerische Aspekte von lichtdurchfluteten Marktplätzen und belebten Orten im Haus sind vielmehr als Leitbild gewählt worden. Die gemeinsame Zeit, die Lehrer und Schüler miteinander verbringen, könnte so nachhaltig geprägt werden. Ein besonderes, multikulturell genutztes, offenes Haus mit besonderen Orten und Lernformen wird auch nach einer gemeinsamen Schulzeit positiv im Gedächtnis verankert bleiben.

Ausgewogen und mühelos fügen sich die gestalteten Ebenen des differenziert gestaffelten Baukörpers in die Nachbarschaft ein. Wegeverbindungen zu den angrenzenden Gebäudeteilen verweben mit leichten Pergolen, als Regen- und Wetterschutz die Einzelhäuser zu einem funktionierenden Organismus. Die bereits heute als schattenspende Vegetation des Schulhofes geschätzte Pflanzenwelt wird somit wechselseitig als Symbiose von Gebautem und Freiräumlichem in die Gesamtkonzeption einfließen und sie positiv bereichern. Das neue Haus selbst wird von Schülern, Lehrern, Besuchern und Gästen sowie Bewohnern des Stadtteils nur als fein bearbeitete Dachkante, als harmonische beschwingte Linien wahrgenommen werden. Die Dimension kommt damit verträglich, differenziert und respektvoll in seiner Ausprägung zum Ausdruck. Differenzierte und fein gestaltete Freiräume für unterschiedliche Aktivitäten werden so entstehen. Die Fassade ist lediglich als thermischer Abschluss von Innen nach Außen zu verstehen und erscheint weitgehend transparent, sodass der Eindruck einer offenen Lernlandschaft entsteht.

Die Funktionen im Erdgeschoss folgen diesem Leitbild in ganz selbstverständlicher Art und Weise. Die Haupterschließung zur Anlage erfolgt von Süden, über die Seldeneckstrasse mit Vorfahrt und Drop-off-Zone über eine sanft ansteigende Rampe. Vom zentralen Foyer, dem Forum und Marktplatz ist der gemeinsame, jedoch abtrennbare Speisesaal zu erreichen – spielerisch angeordnet und offen gestaltet. Die Eingangsebene ist als fließender Raum mit den Fachklassen, vielfältigen Bezügen zum Freiraum und mit einem Luftraum zum Obergeschoss konzipiert. Eine schöne Freitreppe verbindet die beiden Ebenen, schafft so ein kommunikatives Miteinander und gewährleistet eine gute Orientierung im Haus. Die bestehende Grundschule wird zudem um eine weitere Fluchttreppe ergänzt.

Die vorgeschlagenen Materialien folgen der Idee der Authentizität, den funktionalen Anforderungen angemessen. Eine Holz-Aluminium Fassade als Elementfassade mit opaken Holzelementen überhöht die Idee einer offenen Lernlandschaft. Die Fassadenreinigung kann problemlos über die vorgelagerten Balkone erfolgen. Die vorgeschlagene Bauweise als Stahlbeton-Skelettbau mit lasierten Sichtbetondecken zur Aktivierung der thermischen Masse, Stahlgeländer mit Netz und funktional detaillierte Einbauten aus Holzwerkstoffen bieten einen angemessenen Kontrast und Ergänzung zu strapazierfähigen Linoleum- und Teppichböden in den Flurzonen und Klassenräumen.


Freiräume:
Der Haupteingang der Drais-Schule wird an der Seldeneckstrasse vorgesehen und als überdachter Verteiler ausgebildet. Das Dach führt die Schüler zum neuen Erweiterungsbau. Vom Vorplatz aus erstreckt sich ein verbindendes Wegenetz über den Schulhof zur bestehenden Gemeinschaftsschule und verbindet die drei Schulgebäude. Durch die Positionierung des Erweiterungsbaus an der südöstlichen Ecke des Grundstücks entsteht die Möglichkeit einen zentralen Schulhof für alle drei Gebäude zu schaffen. Dieser nimmt als Verbindungselement und Feuerwehrzufahrt zum Einen Erschließungsfunktion auf, zum Anderen bietet er für beide Schülergruppen, Grundschüler und Gemeinschaftsschüler, zwei definierte Bereiche mit Spiel- und Aufenthaltsmöglichkeiten. Der Baumbestand wird weitestgehend erhalten und große Grünflächen werden geschaffen. Im Rücken des neuen Gebäudes, abseits des Schulhofes, befindet sich der Anlieferungshof.


Energiekonzept:
Das nachfolgend beschriebene Konzept hat das Ziel, einen flexiblen, effizienten Gebäudebetrieb zu ermöglichen, bei einem gleichzeitig minimalen Einsatz von Ressourcen. Dies wird durch eine Optimierung des Gesamtsystems ausgehend von der Gebäudeform und Materialwahl über die Grundrissorganisation bis zur Fassade und Integration der geeigneten haustechnischen Komponenten erreicht.
- Der Entwurf ist in einem integralen Prozess entwickelt worden, um die passive Leistungsfähigkeit des Gebäudes zu maximieren und damit gleichzeitig die notwendigen technischen Maßnahmen zur Gebäudekonditionierung zu minimieren.
- Passive Maßnahmen wie z. B. natürliche Belüftung, Nutzung solarer Gewinne und Nachtluftspülung in Verbindung mit exponierten thermischen Massen zur Verbesserung des sommerlichen Komforts werden bevorzugt verwendet.
- Wo möglich und sinnvoll wird Belüftung und Raumkonditionierung von der Funktion getrennt. Die Luftwechsel werden auf das hygienisch erforderliche Maß begrenzt. Luft ist ein ineffizientes Medium, um Kälte- oder Wärmeleistung zu transportieren. Für die Konditionierung werden wasserbasierte Systeme eingesetzt.
- Die Wärmeversorgung wird über Fernwärme bereitgestellt. Auf dem nach Süden geneigten Sheds können Photovoltaik Paneele installiert werden.
- Thermische Solarkollektoren unterstützen die Warmwasserbereitung für den Bereich Sporthalle und je nach Bedarf für die Küche. Sonst erfolgt die Warmwasserbereitung dezentral, über elektrische Durchlauferhitzer.
Zusammenfassend sehen wir in diesem Ansatz eine flexible, zukunftssichere Konzeption. Der Schwerpunkt liegt auf einer hochwertigen Ausführung der langlebigen, baulichen und technischen Maßnahmen

Tageslicht
- kombinierte Licht- Abluftschächte optimieren die Belichtung und Belüftung der Klassenräume
- tageslichtabhängige und präsenzgesteuerte Kunstlichtsteuerung reduziert den Strombedarf für die Beleuchtung
- Lichtlenklamellen im Kämpferbereich optimieren die Tageslichtversorgung in der Raumtiefe

Lüftung / Konditionierung
- die Klassenräume werden hybrid belüftet
- im Heizfall erfolgt die Belüftung der Klassenräume über dezentrale, raumweise zugeordnete Lüftungsgeräte mit den Funktionen Zu-Abluft und hocheffiziente Wärmerückgewinnung
- der dezentrale Ansatz bietet folgende Vorteile:
o minimiertes Kanalnetz – minimaler Druckverlust, hygienisch unbedenklich
o geringer Strombedarf
o Bedarfsgerechte Lüftung quasi systemimanent
- bei moderaten Außenbedingungen werden die Räume natürlich über Fenster und öffenbare Oberlichter belüftet
- das Erdgeschoss profitiert von der erhöhten Geschosshöhe sowohl lüftungstechnisch als auch im Bereich Tageslichtversorgung
- über die Oberlichter werden die Räume nachts mit Außenluft durchspült. Die Gebäudemasse insbesondere der Betondecke wird dabei entwärmt und wird damit zur Verbesserung des sommerlichen Raumklimas genutzt, Deckenventilatoren verbessern bei sommerlichen Extrembedingungen den thermischen Komfort über die Erhöhung der Luftgeschwindikeit im Raum
- die Beheizung erfolgt über Radiatoren, die über eine möglichst geringe Masse verfügen, um so eine gute Regelbarkeit zur Minimierung des Heizbedarfs zu erreichen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfasser der Arbeit schlagen einen zweigeschossigen Baukörper mit einer freien, an ein Kleeblatt erinnernden Grundform vor, der sich an den Grundstücksgrenzen nach Osten und Süden begleitend entwickelt und nach Westen die neue gemeinsame Mitte des Schulhofs formt.
In seiner offenen und spielerischen Ausformung wirkt er durchaus inspirierend. Die Lernbereiche der Jahrgänge sind auf unterschiedliche Weise ausgeformt und erhalten dadurch eine jeweils eigene Identität. Die Auswahl der Materialien in der Fassade, Holz und Aluminium, stärken das spielerisch-leichte der Gesamtfigur. Die Entscheidung, die Grundschul-Erweiterung im gemeinsamen Neubau der Gemeinschaftsschule unterzubringen, kann seitens der Ausloberin zwar nachvollzogen, aber nicht akzeptiert werden. Die Überwindung der Höhendifferenz zwischen Straßenniveau und Schulgebäuden ist nicht nachgewiesen und scheint nicht zu funktionieren. Die verbindende Eingangshalle bietet wenig Raum und Aufenthaltsqualitäten. Im nördlichen Bereich steht der Neubau zu dicht am Bestand, so dass bezweifelt wird, dass die bestehenden Klassenräume ausreichend belichtet werden. Der hohe Verglasungsanteil der Fassade birgt die Gefahr der sommerlichen Überhitzung. Die zum Teil sehr hohen Raumtiefen verschlechtern eine natürliche Belichtung. Das Technikkonzept ist nicht schlüssig: die vorgeschlagene Lösung einer dezentrale Lüftung unter Einsatz von Deckenventilatoren funktioniert nicht. Aufgrund des hohen Flächenanteils und der großen Kubatur erscheint eine wirtschaftliche Umsetzung nur bedingt möglich.
Trotz Anerkennung des mutigen und originellen Entwurfsansatzes kann die Arbeit wegen ihrer funktionalen Mängel nicht überzeugen. Städtebaulich bleibt die Figur fraglich, weil sie nicht vollständig in den Bestand integrierbar ist.
Modellfoto

Modellfoto

Erdgeschoss

Erdgeschoss

Obergeschosse

Obergeschosse

Ansicht Süd

Ansicht Süd