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Nichtoffener Wettbewerb | 11/2015

Umgestaltung Lutherkirche Dahlhausen zu einem Gemeindezentrum

1. Preis

Preisgeld: 5.000 EUR

dreibund architekten

Architektur

Erläuterungstext

Das Konzept der Umgestaltung der Lutherkirche Dahlhausen zu einem Gemeindezentrum versucht die Ambivalenz zwischen dem großen Raum- der Kirche - und der Integration von vielgestaltigen Gemeinderäumen auszuloten.
Wie eine Arche soll der denkmalgeschützte Kirchenbau die gesamte Gemeindestruktur in sich aufnehmen und dabei das Nebeneinander von zusammen und getrennt ermöglichen.

Die vorhandene Raumstruktur und Wegeführung des Kirchbaus wird dabei beibehalten aber mit einer neuen Raumschicht überlagert. Dem Prinzip einer Zwiebel gleich ordnen sich die neuen Funktionen ringförmig um einen nun konzentrierten Gottesdienstraum an.

Das Äußere verrät zunächst nichts über das neue Innere, doch neue verglaste Eingangsportale hinter den nun permanent offen gestellten hölzernen Eingangstüren nutzen die städtebauliche und in der Öffentlichkeit wahrnehmbare Präsenz des Kirchbaus zur Dr.-C.- Otto- Straße hin als einladende Geste mit Blickbeziehung nun tief in die Arbeit der Gemeinde.
Der Eingangsraum wird nun, als einzig vorgeschlagener Eingriff in die Bestandssituation (respektive Aufzug), zum Kirchraum hin vergrößert und ermöglicht einen großzügigen Auftakt für Großveranstaltungen aber auch zur eigenständigen Nutzung wie Ausstellungen, Treffpunkt oder Tagescafe. Direkt andienend werden WC- und Garderobenbereiche, sowie die Thekenküche angeordnet.
Die nun folgende Raumschicht im Übergang zum Kirchraum stellt den fast immateriellen großen Gruppenraum dar. Über eine „Filterschicht“ aus Glasschiebeelementen und Stoffvorhängen lässt sich dieser Raum separieren oder zum verschwinden bringen. Die Ganzglaskonstruktion auch im Tragwerk will die Verwandlungsfähigkeit dieses Raumes unterstreichen.
Die direkte Anbindung und somit Zuschaltbarkeit zum Foyer oder Kirchraum machen den großen Gruppenraum für die Gemeindearbeit vielfältig nutzbar: als Tischraum für Gruppenarbeiten, Besprechungen und Sitzungen oder als Buffet-Raum, der Küche direkt zugeordnet, im Anschluss an besondere Veranstaltungen im Kirchraum. Bei Großveranstaltungen ist der Gruppenraum ohne Sichteinschränkung dem Kirchraum zuschaltbar.
Andienend, auch für den Kirchraum, liegen die für die Nutzungsvielfalt erforderlichen Abstellbereiche versteckt unter den Emporen. Im Übergang zu den Abstellbereichen erfolgt auch der verglaste Raumabschluss zwischen großen Gruppenraum und Kirchraum. Liegen die Abstellräume als Paravent im Duktus der alten Kirchbänke innerhalb des Kirchraumes so ist der große Gruppenraum auch thermisch abtrennbar bzw. beheizbar.
Für den großen Gruppenraum besteht auch die Möglichkeit der natürlichen Be- und Entlüftung über die angrenzenden Fenster. Es wird vorgeschlagen die Buntverglasungen hier in ein beidseitig zu öffnendes Kastenfenster zu integrieren.

Der zentrale Kirchraum ist weiterhin über das Foyer und den geöffneten Gruppenraum zu erreichen, bei Nutzung des Gruppenraumes oder für eine kurze Andacht im Alltag auch separat entlang des Treppenhauses. Ein offener Raumteiler, auch als Medienwand nutzbar, schafft hier eine ausreichende, räumliche Distanz im Miteinander des Gemeindelebens.
Der liturgische Bereich mit Chornische und Sakristei bleiben unverändert, eine Reduzierung der Sitzbänke zugunsten einer variablen Bestuhlung ermöglicht aber auch hier eine vielfältigere Nutzbarkeit, etwa durch dem Altar vorgelagerte mobile Bühnenelemente für Musik und Theater oder der Anordnung eines zentralen Taufbeckens.

Seitlich des Altarbereiches unter der Empore bietet sich, vis-a-vis des Treppenabganges mit Büroraum, die Möglichkeit auch zur barrierefreien Erschließung des Untergeschosses über einen Aufzug.
Das ebenerdig zugängliche Untergeschoss bietet nach Renovierung der Räume auch weiterhin die Möglichkeit zur Nutzung des kleinen Gruppenraumes. Im Zuge der Integration eines Aufzuges wird hier auch die Anordnung eines Behinderten – WC vorgeschlagen.

Konstruktiv versucht der Entwurf mit nur wenigen Eingriffen in den Bestand auszukommen, die neuen Funktionen versuchen sich als überlagerte Raumschicht mit dem Bestand zu verzahnen bzw. zu verorten. Wie ein Einbaumöbel aus Holz und Glas schmiegen sich die Funktionen, wie beschrieben, an den äußeren Rand des nun konzentrierten Kirchraumes, weitestgehend ohne den Weg des Lichtes durch die Kirchenfenster oder die Sichtachsen, auch von den unveränderten Emporen, zu stören.
Der in den Kirchraum ragende Teil des großen Gruppenraumes versucht als Ganzglaskonstruktion, auch Stützen und Binder werden in Glas ausgeführt, die Möglichkeiten des less is more ausloten – die Ambivalenz zwischen Zusammen und Getrennt.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit löst die gestellten räumlichen Funktionsanforderungen ausschließlich im Bestand, also innerhalb der bestehenden Kubatur der Lutherkirche. Durch die Offenstellung der vorhandenen Kirchentüren und einer dahinter geschalteten Glastüranlage sowie die vorgesehenen insgesamt drei Öffnungen (Durchgänge) innerhalb des Foyers wird die Kirche zur Straße sowie zum Vorplatz geöffnet. Umgekehrt ist der Kirchenraum von außen wahrnehmbar. Der Foyerbereich mit Caféfunktion sollte bis zur geplanten Glaswand unterhalb der Empore optimiert werden; dabei ist hier ein großzügiger Haupteingang zum Gottesdienstraum über den großen Gruppenraum wünschenswert. Eine Hauptwegeführung unterhalb des Glockenturms und unterhalb der westlichen Empore wie vorgeschlagen erscheint als zu untergeordnet und unangemessen. Die angebebenen Funktionen im Kirchenraum entsprechen den multifunktionalen Anforderungen der Gemeinde an Begegnung und Lithurgie. Der große Gruppenraum ist akustisch und thermisch als eigener, transparenter Innenraum eingestellt. Durch Anschluss an die westlichen und östlichen Fenster ist sogar eine natürliche Belüftung möglich. Die variable Bestuhlung des Gottesdienstraumes mit nur zwei verbleibenden Originalbänken lässt vielfältige Nutzungen zu. Die Empore ist wie bisher für große Gottesdienste uneingeschränkt und unverändert nutzbar. Die Funktionsbereiche im Eingangs-/Foyerbereich sind zu überdenken, auch wegen ihrer räumlichen Wirkung. Gleiches gilt für die vorgeschlagenen größeren Lager- und Abstellbereiche unter der Empore, die auch in Bezug auf Tageslichtführung und Raumerleben zu groß erscheinen. Die Lage des Innenaufzuges ist mit Blick auf die vorhandene Treppenanlage zum Kellergeschoss zu überprüfen und zu optimieren. Der belassene zweite Gruppenraum im Keller ist ausreichend, die Anbindung über den Aufzug wertet die Nutzung auf. Die Einbeziehung des vorhandenen (Lager-)kellers für WC-Räume und Lagerzwecke ist noch deutlich ausbaufähig. Insgesamt überzeugt der behutsame Umgang mit der Bausubstanz. Hier liegen Potentiale für eine kostengünstige bauliche Realisierung und auch für beherrschbare spätere Betriebskosten. Der Verfasser belässt sämtliche Außenanlagen in ihrer jetzigen Fassung und Funktionalität, hier macht er keine planerische Aussage.

Beurteilung aus denkmalpflegerischer Sicht:
Der Entwurf geht sehr sensibel mit der vorhandenen Bausubstanz um. Der visuelle Eindruck des großen Kirchenraumes bleibt erhalten. Die Öffnungen im Foyerbereich sind denkbar, wobei die vorhandenen Inschriften (Gedenken an die Toten des 1. Weltkrieges) dokumentiert werden müssten. Auch mit möglichen Änderungen der Anordnung der Nebenräume im Grundriss ein denkmalverträglicher Entwurf.