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Nichtoffener Wettbewerb | 11/2015

Neubau Empfangsgebäude des Eisenbahnmuseums

1. Preis / Zuschlag

Preisgeld: 10.000 EUR

Max Dudler GmbH

Architektur

Erläuterungstext

Das neue Gebäude des Eisenbahnmuseums in Bochum-Dahlhausen ist als eingeschossige Klinkerskulptur zwischen den neu erschaffenen Gleisen im östlichen Bereich des Museumsgeländes platziert.Prägnant ragt dabei die Eingangsfront turmartig empor und setzt somit eine weithin sichtbare Landmarke. Als Hochpunkt ist er typologisch eng mit dem Thema Eisenbahn (Stellwerke, Wassertürme, technische Anlagen) aber auch mit der nahegelegenen Industrie (Schornsteine, Förderanlagen) verbunden. Modern, skulptural interpretiert ergänzt er zum einen den musealen Ausstellungsbereich und bietet Zugleich als Aussichtsturm neue und spannende Sichtbeziehungen des Museumsareals selbst, als auch dem Standort Dahlhausen in der attraktiven Ruhrlandschaft.

Der Zugang erfolgt über zwei Möglichkeiten: Mit dem Anschluss über den Individualverkehr aus dem Norden und über den Bahnsteig aus dem Süden. Beide Zugangsmöglichkeiten sind gleichwertig gedacht und bilden zusammen einen erhöhten, platzartigen Bereich vor dem Turm. Hier ist Platz für An- und Abfahrt. Zu speziellen Anlässen ist dieser Bereich zusätzlich bespielbar und nutzbar. Das Konzept, das Museum schon am Bahnsteig zu eröffnen, zieht sich im Gebäude weiter durch. Außen und Innen werden miteinander verzahnt, Blickbeziehungen über Schaukästen ermöglichen Blicke in die unmittelbare Umgebung auf Loks oder technische Anlagen. Ein vorhandenes Gleis wird in das Gebäude weitergeführt und erlaubt es, dass Museum mit realen Ausstellungsstücken zu bespielen und bietet gleichzeitig einen direkten Einstieg in die nahe Umgebung des Museums.

Über den kurzen Aufstieg im Turm ist es möglich die Besucherterrasse auf dem Dach des Gebäudes zu betreten. Von hier aus ist das Treiben auf den Gleisen in vollem Umfang einsehbar. Die skulpturale Wirkung des Gebäudes verstärkt sich durch die platzartige Erweiterung in der Höhe. Neue Perspektiven lassen Details der Exponate besser wirken, gerade bei historischen Stücken mit ihrer Formenvielfalt ist dies äußerst interessant und bereichernd. Nicht nur bei den historischen Bahnen kann hier der direkt davor gelegene Bahnsteig gut beobachtet werden, auch Sichtbeziehungen weit hinein in das Museumsgelände, zur Drehscheibe, zur Remise, zur Besandungsanlage, zum Kohlekran sind unmittelbar erfahrbar. Dabei bietet die Plattform Platz genug, um auch als Ergänzungsbereich bei speziellen Anlässen nutzbar zu sein.

Die massive Bauweise in Klinker unterstützt den skulpturalen Charakter des Gebäudes. Das Vollmauerwerk trägt sowohl die Fassade als auch die auf ihm abgelegte Holzbalkendecke. Innendämmung sowie eine Verkleidung sorgen für die entsprechende energetische und akustische Qualität. Die getrennte Bauweise entspricht dabei einer besonders ökologischen und nachhaltigen Bauweise. Durch die Materialität im Äußeren fügt sich der Baukörper selbstverständlich in die Umgebung ein. Der Klinker - als dauerhaftes und langlebiges Unikat der Industrie- und Eisenbahngeschichte im Ruhrgebiet - fügt den Baukörper als modernen und zeitlosen Zeugen in das neue Ensemble ein und ergänzt ohne zu kopieren. Mit einer ungezwungenen, selbstverständlichen Eingliederung in die Umgebung soll dem bisherigen Konzept der Ausstellung Rechnung getragen werden. Durch die Staffelung des Körpers in der Höhe aber auch in seiner Länge und Breite ergeben sich unterschiedliche Räume und Orte, welche der entsprechenden Funktion dienen: Der Bahnsteig vor dem Turm als Ankunftsort, der lange Ausstellungskörper als Anschlusspunkt an den Kohleschuppen und Anfangspunkt der Rundführung über das bestehende umgenutzte Gleis über das Gelände und auch der abgestaffelte Multifunktionalraum, der sowohl innerhalb der Ausstellung als auch davon abgerückt betrachtet werden kann und seinen eigenen ungestörten Innenhof ausbildet.

Mit dem Eintritt in das Gebäude soll die Ausstellung in den Fokus gerückt werden und gleichzeitig stets eine Vernetzung mit der Umgebung erzeugen. Die Blickachse ist durch den gesamten Raum frei und wird optisch über das bestehende Gleis, am Kohlekran entlang weiter in das Gelände bis zum Lokschuppen gezogen. Der leicht erhöhte Standpunkt im Foyer verstärkt diesen Effekt. Der Raum selbst ist dabei frei bespielbar. Die Wände sind als feste Vitrinen gedacht, welche die Ausstellungstücke gut aufnehmen und inszenieren können. Dadurch werden tiefe Leibungen erzeugt, die an bewusst gesetzten Stellen den Blick aus der Skulptur auf die dortigen Fahrzeuge und technischen Geräte leiten. Die Höhe lässt auch grossen, voluminösen Stücken ausreichend Raum, bietet direkten Kontakt und neue Perspektiven.

Als Landmarke erhebt sich der Turm. Identitätsstiftend formt er den Eingang des gesamten Museumsgeländes. Bislang eher schwer zu entdecken, wird der neue Eingang bewusst besetzt und strahlt damit auch nach außen weit sichtbar, ohne zu stören. Anhaltspunkt für neue Entdecker und Wiedererkennungssymbol für stetige Besucher. Die Blicke zum Turm und vom Turm herab reflektieren dabei die Interaktion mit der Umgebung. Als Auftakt - ähnlich dem Schornstein einer Lok - schiebt es sich in den Raum und besetzt markant den Ort. Heißt willkommen, bietet Aufenthaltsqualität, schafft Raum und fordert auf, seine direkte und weitere Nachbarschaft zu erkunden und aus neuen Perspektiven wahrzunehmen.
Die Außenwand aus dem ortstypischen Klinker orientiert sich stark in ihrer Konstruktion und Gestalt an den typischen Bauweisen des Ruhrgebietes. Eine einfache 24 cm starke tragende Ziegelwand, im märkischen Verband gemauert, dient sowohl als gestalterisches Element, Wetterschutz und Tragstruktur des neuen Empfangsgebäudes. Der Klinker erlaubt es zusätzlich, auf einen Sockel aus Beton oder ähnlichem zu verzichten.

Um den heutigen Standards energieoptimierter Bauweisen und einer guten Bilanz von Einsatz und Ergebnis gerecht zu werden, ist ganz bewusst eine Innendämmung gewählt worden. So kann der Rohbau, Außenwand und Dach, in einem Zuge erstellt werden und im Anschluss die notwendigen Dämmarbeiten eingebracht werden. Durch die Innendämmung wird die Authentizität des Klinkerbaus bewahrt. Durch die massive Mauerung kann auf jegliche Dehnungsfugen und Lüftungsschlitze verzichtet werden. Die Innendämmung aus Kalziumsilikatplatten unterstützen die diffusionsoffenen Eigenschaften des Klinker, so dass im Wandbereich auf den Einsatz von Dampfsperren gänzlich verzichtet werden kann. Die gewählte Innendämmung ermöglicht zusätzlich einen einfachen Ausbau. Zuleitung und Elektroanschlüsse können eingeschlitzt werden und die fertigen Wandoberflächen können durch einen einfachen Innenputz schnell und günstig erstellt werden.
Die Dachkonstruktion aus vorgefertigten Rahmenteilen aus Fichte Massivholz, können samt Dämmung eingebracht. Der umlaufende Ringbalken dient hier sowohl als Auflager als auch als aussteifendes Element für die Außenmauern. Die Brüstung für die begehbare Dachfläche wird nach dem Einbringen der Dachkonstruktion weiter aufgemauert und ist durch eingelegte Gewindestangen an der tragenden Außenwand verankert. Als oberster Abschluss, der Brüstungskrone, sind die Ziegel in einer Rollschicht verlegt.

Der Innenausbau orientiert sich weiter an der einfachen und klaren Struktur des gesamten Gebäudes. Im Deckenbereich sind einfache GK-Konstruktionen vorgesehen, die je nach anforderung der einzelnen Bereiche mit Akustikmaßnahmen ergänzt werden können. Die Konstruktionebene der GK-Decke erlaubt eine einfache Installation möglicher Anschlüsse und Verbraucher. Am Boden wird der Charakter durch einen Industrie-Terrazzo mit einer Beimischung aus Rheinkies unterstütz.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfasser schlagen einen gut proportionierten Baukörper mit skulpturaler Ausprägung vor, der innerhalb der Baugrenzen schlüssig gesetzt ist. Sowohl die reduzierte Formensprache als auch die vorgeschlagene Materialität in Ziegel erscheinen für diesen Ort angemessen. Den Entwurf zeichnet die Vernetzung mit dem Außenraum durch große Öffnungen zum Museumsgelände und zum Bahnsteig aus. Erfreulich ist, dass die Besandungsanlage bleiben kann, dadurch bleibt die Authentizität des Ortes am Bahnsteig erhalten zudem entlastet dies das Budget.

Die barrierefreie Erschließung ist an der richtigen Stelle und sowohl für Hin- als auch für den Rückweg leicht auffindbar. Die innere Struktur ist klar gegliedert - im Norden die Nebenräume, dem Bahnsteig zugewandt die einsehbaren Publikumsräume (Ausstellung und Shop). Die Raumfolge ist klar und übersichtlich mit einer spannenden Durchwegung auf unterschiedlichen Niveaus. Die vorgeschlagene Shopmöblierung als Insellösung ist sicher angenehmer zum Einkaufen als wandbegleitende Regale, allerdings ist der Shop nicht wie gewünscht abgetrennt, könnte aber trotzdem durch geeignete Mittel verschlossen werden.

Ein schöner Gedanke ist die Möglichkeit eine Lokomotive im Ausstellungsraum zu zeigen, aber laut Nutzer in der vorgegebenen Weise nicht umzusetzen und zudem führt diese Möglichkeit zu Raumhöhen, die den Baukörper von außen etwas hoch erscheinen lassen. Die Brüstung der Dachterrasse verstärkt diesen Eindruck zusätzlich. Laut Betreiber ist die Dachterrasse allerdings nicht erforderlich und könnte somit zur Kostenreduzierung entfallen. Der Turm wird als eine signifikante Geste (Landmarke) gesehen, müsste allerdings bei einer Nutzung als Aussichtsplattform so modifiziert werden, dass sie jedem Besucher zugänglich ist (Barrierefreiheit).

Die vorgeschlagene Ausprägung der Außenhaut in Ziegel wird als passend empfunden, allerdings scheint die Konstruktion in massivem tragenden Mauerwerk und den Silikatplatten fragwürdig und wahrscheinlich im vorgegebenen Budgetrahmen nicht umsetzbar.