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Award / Auszeichnung | 04/2007

Auszeichnung guter Bauten 2006 BDA Wuppertal

Kinderbereich und Gemeindecafe in die denkmalgeschützte Hauptkirche Sonnborn

Auszeichnung

AHAD Architekten

Architektur

Erläuterungstext

"Der Einbau eines multifunktionalen Raums unterhalb der Empore der denkmalgeschützten Hauptkirche Sonnborn erscheint zunächst als eine behutsame Intervention, deren Zurückhaltung auf eine Reduktion der eingesetzten Mittel schließen lassen könnte. Rahmenloses, raumhohes Glas und einfache Holzmöbel bilden einen Spielraum für die Kinder während des Gottesdienstes bzw. einen Caféraum für die Gemeinde. Bei genauerer Betrachtung treten Gestaltungsweisen hervor, die eine alternative Lesart zulassen, da ihnen ein vielschichtiges Potential zur Intensivierung der Wahrnehmung innewohnt.
Am Anfang steht jedoch ein Stück funktionaler Architektur.
Ohne den Raum visuell vom Kirchenschiff abzugrenzen, wird die Gemeinde während des Gottesdienstes akustisch von der lebendigen Geräuschkulisse ihres Nachwuchses getrennt. Gleichzeitig ergibt sich damit ein wohlproportionierter Raum für den Austausch unter Gemeindemitgliedern. Die Ausführung durch eine rahmenlose Glaskonstruktion erscheint dem Kirchenraum wie der Funktion angemessen. Auch die weitere Materialwahl zeugt von der Bescheidenheit einer Intervention mit zeitgenössischen Mitteln. Der umgebende Naturstein findet im entsprechend eingefärbten Estrich seine Fortsetzung und die neuen hölzernen Türrahmen, Regale und Tische lehnen sich in ihrer dunklen Einfärbung an die Holzkonstruktionen des Kirchenraums an. Der Stuhlbestand wurde durch eine zurückhaltende Farbigkeit aktualisiert. Allein die Worte, die in einem nahezu stoischen Raster auf der Glaswand und, in direkter Wiederholung, auf der grauen Putzwand ruhen, stechen als gestalterischer Akzent hervor. Indem der einleitende Text des Johannesevangeliums >im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort< ohne Satzzeichen, in gleichen Wortabständen, egal ob in Leserichtung oder in vertikaler Ausrichtung, und gleichmäßig verteilt ist, wird er sowohl zu konkreter Poesie, als auch zu einer eigenständigen Räumlichkeit. Dieser Abstraktionsraum oszilliert nun zwischen dem Visuellen und dem Auditiven, wie sie als Dichotomie schon in der zugrunde liegenden Gestaltungsaufgabe bzw. -absicht erkennbar ist. An dieser Stelle, wo die Verkündung von Gottes Wort mit dem Geräuschpegel seiner Kinder konkurriert und dieser mögliche Widerspruch mit architektonischen Mitteln gelöst wird, ist die Vielschichtigkeit von Gestaltung als Potential wahrgenommen worden.
Wiederum auf funktionaler Ebene werden die Dinge unprätentiös zusammengeführt und gleichzeitig zugespitzt. Das der Raum an seinen Längsseiten mit der Leichtigkeit des Wortes als flüchtiges Ornament spielt und an seinen Eingangsseiten von Regalen mit dem schweren gebundenen Wort in Buchform flankiert wird mag zufällig erscheinen, bildet dennoch eine weitere Ebene für eine Architektur der reduktiven Intensivierung. In diesem Sinne führt der Einbau hin zu einer Ästhetik der Installation, die mit der entkoppelten Referenzialität des Sichtbaren und Hörbaren arbeitet und diese nicht als Effekt ruhen lässt, sondern in behutsamer Art und Weise unterschiedliche Ebenen der Gestaltung befruchtet."
Carl C. Zillich

Beurteilung durch das Preisgericht

Der kleine multifunktionale Raum - Spielbereich für Kinder während des Gottesdienstes, Gemeindecafe, Treffpunkt - inmitten des Kirchenraumes, dem Herzens der Gemeinde, stellt eine sehr authentische Funktionsidee dar. Die bescheidene Grundhaltung des Konzeptes entfaltet trotz des kleinen Maßstabs eine beeindruckende Signifikanz und bildet so eine selbstverständliche Einheit mit dem historischen Kirchenraum.
Der besinnliche Charakter des Raumes, der gleichsam als Lichtraum eine offene Fuge unter der Empore aufspannt, vermag die Wirkung des Kirchenraumes zu steigern. Die Raumhelligkeit ist individuell steuerbar, der akustische Schutz von innen nach außen gesichert, aber umgekehrt die akustische Partizipation am Geschehen im Kirchenraum möglich. Die einfachen, selbst entwickelten und demontablen Möbel unterstützen die archaische Atmosphäre des Raumes. Das Projekt zeichnet sich durch konsequente Reduktion der Materialien auf Estrich, Holz und Glas aus. Die Worte des einleitenden Satzes des Johannesevangeliums bilden eine zurückhaltende, gleichsam poetische Kulisse auf den rahmenlos gesetzten Glaswänden. Die Jury prämiert dieses bescheidene und behutsame Projekt als sensible Setzung im historischen Kontext.