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Nichtoffener Wettbewerb | 12/2015

Neubau eines Bürogebäudes mit dem Dokumentationszentrum ehem. Hannoverscher Bahnhof

2. Preis

Winking · Froh Architekten

Architektur

Erläuterungstext

Der Neubau eines Bürogebäudes mit dem Dokumentationszentrum Hannoverscher Bahnhof bezieht seine Formensprache aus den Ziegelbauten der Speicherstadt. Er nimmt ebenso Bezug zu den Speichern wie auch zu den kubischen Ergänzungen und Wiederaufbauten der Nachkriegsmoderne.
Als kubischer Baustein vermittelt er mit einer kraftvollen und eigenen Sprache zwischen der alten, wie auch der neuen Architektur der Hafen City.
Um seine Klarheit zu stärken verzichtet der Entwurf auf die Fortsetzung der schrägen Bauflucht entlang der Steinschanze und auf die hofseitige Ausschuhung des Warft- und Erdgeschosses. Die Fassade der Steinschanze wendet sich so mehr in Richtung Lohsepark und schafft gleiche Strassenraumprofile für alle Querstraßen zwischen Shanghaiallee und Park.
Der Entwurf sieht ein l-förmiges siebengeschossiges Gebäude vor. Die Obergeschosse umfassen eine flexible Büronutzung. Der Bürozugang und der Zugang für den Veranstaltungsbereich befinden sich am Lohsepark. Die Erschließung erfolgt über eine offene Loggia in Kombination mit einem Tor. Die Loggia dient zugleich als Vordach für die Nutzer. Sie führt in ein zentrales außen liegendes Treppenhaus mit zwei Aufzügen. Die Treppe ist einläufig entlang des Kerns mit den Nebenräumen konzipiert.
Teeküche und WC’s werden konsequent vom Treppenraum erschlossen. Sie können aber auch büroseitig angeordnet werden. Alle Bürogeschosse verfügen über einen kleinen Balkon mit Blick auf den historischen Nachbarbau.
Die Teilbarkeit erfolgt in zwei Nutzungseinheiten. Die Trennung bildet zugleich eine Brandwand.
Aus der konsequenten Umsetzung des gewünschten Ausbaurasters (1,35 Meter) und eines wirtschaftlichen Konstruktionsrasters über jeweils vier Achsen wurde eine großzügige Lochfassade mit dreiteiligen Fenstern entwickelt. Sie repräsentiert auf den ersten Blick und mit bewusster Zurückhaltung die Büronutzung des Hauses während sich das Erdgeschoss aufgrund seiner besonderen Nutzung mit einer eigenständigen Gestaltung abzeichnet.

Der Neubau verfügt über ein Tiefgaragengeschoss mit 53 PKW-Stellplätzen in Doppelparkern und 40 Fahrradstellplätzen in einem Fahrradabstellraum. Die Tiefgaragenzufahrt verläuft neben dem Altbau an der Steinschanze.


Dokumentationszentrum

Das Erdgeschoss umfasst das Dokumentationszentrum mit den Räumen für Ausstellung.
Entgegen den Gestaltungsvorgaben und Vorgaben zu Verglasungen macht sich der Entwurf jedoch frei davon. Ziel ist das Herausarbeiten des Dokumentationszentrums in Abhängigkeit zu seiner Bedeutung und Funktion. Anders als die sonstigen gewerblich genutzten Erdgeschosse soll es einladend sein aber auch ein wenig kontemplativ, um die schwere Last des Ausstellungsthemas zum Ausdruck zu bringen.

Der Hauptzugang befindet sich im Eckbereich am Lohsepark und schließt an ein transparentes niedriges Schaufensterband entlang der Steinschanze an. Es sorgt durch seine reduzierte Höhe für eine ausreichende Belichtung der Ausstellungsfläche ohne diese durch zu starken direkten Lichteinfall zu stören.
Das Schaufenster kann gleichzeitig als Ausstellungsfläche dienen.

Um eine großzügige und weitgehend offen und flexibel gestaltete Ausstellungsfläche anzubieten, konzentrieren sich die dienenden Funktionen auf den Eingangsbereich. Hierzu wurde der Veranstaltungsbereich in ein Zwischengeschoss über dem gemeinsamen WC-Kern und dem Warte- und Tresenbereich verlagert.
Er kann sowohl über die Loggia wie auch das Eingangsfoyer der Ausstellung barrierefrei erschlossen werden. Durch reduzierte Bodenaufbauten und geringe Spannweiten der Zwischengeschossdecke wurden die Raumhöhen zugunsten des Veranstaltungsraumes optimiert.

Ein großes Panoramafenster bietet den Veranstaltungsbesuchern eine besondere Orientierungsmöglichkeit und einem Gesamtüberblick auf die Gleisanlagen im Lohsepark.

Erscheinung, Material, Konstruktion

Das Fassadenmaterial ist ein hart gebrannter roter Ziegel im Hamburger Format mit Kopfverband und grauer Fuge. Die Fenster sind als Verbundkastenfenster in Holz und Baubronze geplant. Die äußere Verglasung bildet eine nahezu fassadenbündige Prallscheibe mit Zu- und Abluftschlitzen.
Jeweils ein straßenseitiges Fenster pro Nutzungseinheit erhält Schwenkflügel zur Sicherstellung des zweiten Rettungswegs.
Die Fassade des „Schaufensters“ besteht aus großformatigen profillosen Verglasungen und geschlossenen Türblättern aus Bronze. Das Tiefgaragentor und die Lüftungsklappen erhalten Wetterschutzgitter in Bronze.
Das gesamte Gebäude wird schwerspeichernd als Stahlbetonskelettbau mit Flachdecken ausgeführt.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf präsentiert sich in einfacher Klarheit konsequent durchgearbeitet. Er zeigt ein kraftvoll ruhiges Gebäude, dessen Erdgeschoss eine besondere Nutzung signalisiert. Auch in der Überarbeitung demonstriert der Entwurf eine intensive Auseinandersetzung mit dem örtlichen Bezug und der besonderen Aufgabe des Dokumentationszentrums. Anstelle der problematischen Inszenierung einer Rampe für den Ausstellungsablauf wird die Verlagerung der Veranstaltungsräume auf eine obere Ebene angeboten, von der aus ein Sichtbezug zu der Verladerampe im Lohsepark angeboten wird. Dieses Angebot wird ausführlich diskutiert. Der Vorteil des Sichtbezuges bietet sich zwar bei Nutzung der Veranstaltungsräume, liegt aber hinter der Barriere eines Treppenaufganges und nicht im Bewegungsablauf eines gewöhnlichen Rundganges der Vielzahl einzelner Besucher des Dokumentationszentrums und außerhalb des Sichtbereiches des Personals. Zugleich sind die Veranstaltungsräume vom Ausstellungsbetrieb zu sehr abgehängt. Die architektonische Geste des großen Fensters zum Gedenkort verliert angesichts der damit verbundenen Einschränkungen an Plausibilität. Das Preisgericht würdigt das Bemühen um eine besondere Gestaltung des Dokumentationszentrums in Bezug auf den Gedenkort und die ernste Ruhe des Gesamtbauwerks und bedauert zugleich die Einschränkungen für den Betrieb des Dokumentationszentrums.