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Ideenwettbewerb mit vorgeschaltetem Bewerbungsverfahren, Beauftragung von fĂŒnf ausgewĂ€hlten Arbeitsgemeinschaften(Teams) | 03/2004

Gestaltung mehrerer PlÀtze im Stadtzentrum

2. Preis

wich architekten

Architektur

ErlÀuterungstext



Manuel Urbain.

'Es geht darum, das Herz der historischen Stadtkerne zu öffnen, den Asphalt oder die feuchten Pflastersteine und die bröckelnden Fassaden dem neugierigen und interessierten SpaziergÀnger zugÀnglich zu machen'
(Francis Soler, Architekt, in Architekturgeschichten, Ernst+Sohn1995)

Zeitspuren.
Die historisch Entwicklung des Altstadtbereiches von Esch fand ĂŒberwiegend im 19 Jhd. statt. Bezeichnend hierfĂŒr sind zwei Entwicklungsstufen, die auch heute im Stadtgrundriss klar ablesbar sind. Zum einen ist dies die Entstehung der ovalen Siedlungsstruktur mit Ringmauer in der ersten HĂ€lfte des 19.Jhd., zum anderen ist dies im Zuge der Stadterweiterung die Ausformung der am Stadtrand gelegenen PlĂ€tze, Place de l'Hotel de Ville und Place des Remparts zu Ende der zweiten HĂ€lfte des 19.Jhd. .
Auffallend ist hierbei die gleichbleibende Bedeutung der heutigen Grand Rue als markantes Verbindungselement und stĂ€dtebauliche Fuge im Stadtgrundriss. ZunĂ€chst mit klarer Ausrichtung zum damaligen Zentrum, dem heutigen Place Grand Rue, stellte sie das wichtigste Verbindungselement zwischen dem Stadtmittelpunkt und den angrenzenden Nachbarorten dar. An den Übergangspunkten zwischen Stadt und Landschaft entstehen im folgenden die PlatzgefĂŒge des Place des Remparts im Nordwesten sowie des heutigen Place de l'Hotel de Ville und Place Norbert Metz im SĂŒdosten. Diese sind auch heute noch die wahrnehmbaren Endpunkte des Strassenzuges der Grand Rue im Übergang zur Ringerschließung der Rue du Fosse sowie der Rue Luxembourg.

Historie und Zukunft.
Unser Entwurfsprinzip zur Gestaltung öffentlichen RÀume der Altstadt von Esch sur Alzette orientiert sich am Vorgefundenen und versucht dieses zur Basis einer langfristigen Entwicklung heranzuziehen. Denn es sind die historischen Besonderheiten, die auch heute noch den StadtrÀumen ihre Einzigartigkeit verleihen.
Hiervon ausgehend schlagen wir als Grundelemente des Stadtbodens zwei sich in Textur und Verlegeweise unterscheidende BodenbelÀge vor, die sich jeweils zur Grenze der Altstadt in Anlehnung an die historisch bedingte ovale Form erstrecken.
Wesentliches Element ist der Strassenzug der Grand Rue. Wir sehen diesen als durchgehendes Band, dass die Altstadt von Ost nach West durchzieht und von dem aus sich die ĂŒbrigen Strassen und Gassen netzartig ausbreiten, um im Ganzen das Oval der historischen Stadt nachzuzeichnen. Ähnlich einem Blattgrundriss ergibt sich hierbei entsprechend der Funktion und Gewichtung ein Geflecht aus Neben- und Hauptadern.
FĂŒr die Nebenadern schlagen wir eine unregelmĂ€ĂŸige Verlegeart als 'wilder Verband' vor, wĂ€hrend die Grand Rue einschließlich dem Place Grand Rue in ihrer Gesamtheit entsprechend dem gewĂŒnschten Entwurfsziel eine höhere Gewichtung sowie einen stĂ€dtischen Charakter durch die Verwendung von grĂ¶ĂŸeren Steinformaten mit einer regelmĂ€ĂŸigen Verlegeart erhĂ€lt.
Deutlich vom Netz der Strassen heben sich die beiden PlÀtze, der Place des Remparts und der Place de l'Hotel de Ville als jeweilige Endpunkte des Strassenzuges ab. Sie sind Auftakt und Endpunkt zugleich. Zusammen mit der Grand Rue legen sie sich klammerartig um die Altstadt.
Die OberflĂ€chen der PlĂ€tze werden gleich gehalten. Großformatige PlattenbelĂ€ge erzielen eine flĂ€chenhafte Wirkung und unterstreichen den ruhigen und homogenen Eindruck. Die beiden PlĂ€tze sollen entsprechend ihrer klassischen Funktion frei bespielbar und multifunktional nutzbar sein. Die GebĂ€ude erhalten im Sockelbereich eine durchgehende 'Vorzone', die Sonderelemente wie EingĂ€nge, Vor- und RĂŒcksprĂŒnge, Zu- und AusgĂ€nge sowie Treppenstufen und Sitzbereiche an den EingĂ€ngen aufnimmt. Die Vorzonen und flĂ€chenhaften Belagsbereiche unterscheiden sich durch die Textur der OberflĂ€chen der gewĂ€hlten Materialien, dennoch schöpfen sie infolge abgestimmter Farbigkeit und MaterialitĂ€t aus einem gemeinsamen Vokabular.

Leicht und Schwer.
Glas in unterschiedlichen Erscheinungsformen steht fĂŒr Transparenz, Offenheit und Licht im steinernen Stadtraum. Gezielt gesetzte Elemente verleihen Orientierung und Identifikation. Durchscheinendes bzw. beleuchtetes Glas als Gestaltungselement fĂŒr TiefgaragenausgĂ€nge, WartehĂ€uschen, Telefonzellen oder kĂŒnstlerisch gestaltete Einzelsituationen unterstreicht die Bedeutung gewisser Orte und StadtrĂ€ume. Durch Verdichtung der eingefĂŒgten Elemente und deren gesamtkompositorischer Wirkung zueinander wird eine Rhytmisierung des Stadtraumes und eine FĂŒhrung der Wahrnehmung erreicht. Punktuelle Akzentuierungen unterbrechen den homogenen, steinernen Stadtboden. Sie markieren Aufenthaltsbereiche oder definieren Ein- und AusgĂ€nge. Zudem unterstĂŒtzen sie die gestalterische DurchgĂ€ngigkeit des Stadtraumes, der Hauptader Grand Rue.
Als Materialien des Stadtbodens, der horizontalen FlĂ€che, kommen demgegenĂŒber Naturstein (Granit) in braun-gelb-Abstufungen fĂŒr den Bereich Grand Rue und in gelb-grau Abstufungen fĂŒr den Bereich der Nebenstrassen und Gassen zum Einsatz.
Die spezifische Farbigkeit der einzelnen Materialien wird entsprechend der vorgefundenen Natursteinmauern und Sockelbereiche der GebÀude festgelegt. Die neuen BelÀge verbinden die Fassaden der Strassen- und PlatzrÀume als sogenannte 'dritte Fassade'.

Stadtraum und AtmosphÀre.
Wesentlich erscheinen uns Wiedererkennungswerte und EigenstĂ€ndigkeit von stĂ€dtischen RĂ€umen. Oft reichen hierfĂŒr geringfĂŒgige Eingriffe oder Adaptionen, um den besonderen Reiz des Ortes oder der Situation im bestehenden Kontext hervorzuheben. Als wesentlich erscheint uns hierbei die prĂ€zise Auseinadersetzung mit der SpezifitĂ€t des Vorgefundenen.

Place de l'Hotel de Ville. Das Spiel von Licht und Schatten bestimmt den Platzcharakter. Licht fĂ€llt durch das Laubdach der geschnittenen Platanen auf den Boden. Hier sind die Aufenthaltsbereiche, die locker eingestreute Bestuhlung unterstĂŒtzt das Spiel der BaumstĂ€mme. Die Menschen erfĂŒllen den Bereich mit Leben. Im Innern des Platzes herrscht Ruhe, an bestimmten Tagen jedoch reges Treiben. Das Element Glas ist je nach Wetter und Helligkeit mehr oder weniger prĂ€sent. Es markiert die Verbindung von oben und unten, verweist auf die Funktion im Untergrund. Platz und Garage treten in Korrespondenz zueinander. An den PlatzrĂ€ndern vor den GebĂ€udefassaden arrangiert sich die Gastronomie, hier sind die Akteure und Voyeure des Platzgeschehens.
Place Grand Rue. Als Teil der Grand Rue ist er trotzdem etwas besonderes. Die Topographie bestimmt seine Gestalt und verleiht im etwas eigenstĂ€ndiges. Blicke von oben, Blicke nach unten. Unterschiedliche Raumerfahrungen, je nach Standpunkt des Betrachters. Kleine Aufenthaltsbereiche an den EingĂ€ngen verleihen ihm etwas intimes, das Treiben am neuen Cafe ist anders als am Place Hotel de Ville. Die beiden großen Platanen erlauben es im Schatten zu sitzen, BĂ€nke entlang der Mauer sind SonnenplĂ€tze. Die Mauer ist etwas besonderes. TagsĂŒber strahlt sie in vielen Nuancen, nachts verleiht sie dem Platz durch ihre LinearitĂ€t Ruhe. Sie zeigt das Besondere offensichtlich, und dramatisiert die Topographie als eigenstĂ€ndiges Objekt.
Place des Remparts. Er hat zwei Gesichter, zwei Wesensarten. Der Stille und der GeschĂ€ftige treffen aufeinander. Die bestehenden alten Kastanien strahlen Ruhe und Gelassenheit aus. Zusammen mit den neuen BĂ€umen bestimmen sie den grĂŒnen Platzcharakter als Bewegungs- und Aufenthaltsort fĂŒr GĂ€ste und Anwohner. Die WohngebĂ€ude erhalten eine neue grĂŒne Mitte. Anders der steineren Marktplatz, dessen Treiben wohltuend durch das GerĂ€usch des spĂŒhenden, dampfenden und sprudelnden Wassers unterbrochen wird. Hier ist der ideale Treffpunkt. Ein kleines Cafe am Brunnen prĂ€gt den ausschließlich öffentlichen Charakter. Der Brunnen ist die Attraktion fĂŒr Kinder und Erwachsene, er definiert aber auch den Übergang zum Strassenbereich und schirmt den Verkehr ab.
Grand Rue. Sie ist das verbindende Element im StadtgefĂŒge. Neu gestaltete und schön proportionierte Hauseingangsbereiche und Vorzonen mit gleichen Materialien und Ă€hnlicher Gestalt sind das Markenzeichen des Strassenraums. Eine durchgehende Gestaltungslinie bringt rĂ€umliche KontinuitĂ€t und hebt die Besonderheit innerhalb der Altstadt von Esch sur Alzette hervor. Die neue Hauptader eine alte Bekannte in einem neuen Kleid. Der derzeitige Strassenraum wird zum Lebensraum der Anwohner und BĂŒrger der Stadt. Strassenfeste auf ganzer LĂ€nge sind die neuen Attraktionen einer Stadtmitte mit viel Charme und EigenstĂ€ndigkeit.


Licht im Stadtraum.

Kunstlichtkonzeption.
Die Lichtgestaltung folgt dem Duktus des Gesamtentwurfsprinzipes. Demnach wird zwischen drei prinzipiellen stadtrĂ€umlichen und beleuchtungstechnisch zu arrangierenden Situationen unterschieden, der Grand Rue, den ĂŒbrigen Strasse und Gassen der Altstadt sowie den PlĂ€tzen, Place Hotel de Ville und Place des Remparts.
Die Grand Rue erhĂ€lt gemĂ€ĂŸ ihrem als Band definierten Charakter ein etwas gegenĂŒber den ĂŒbrigen StrassenrĂ€umen erhöhte Leuchtdichte. Die Ausgestaltung der Beleuchtungskörper unterscheidet sich gemĂ€ĂŸ der Wertigkeit der RĂ€ume. So sind die Beleuchtungskörper der Grand Rue etwas auffĂ€lliger und grĂ¶ĂŸer von der Dimensionierung. Sie entsprechen der Proportion des Strassenraumes. Die Seitenstrasse und Gassen erhalten demgegenĂŒber vereinfachte Beleuchtungskörper. Eine besondere Akzentuierung durch Erhöhung der Leuchtdichte wird im Bereich der PlĂ€tze angestrebt. Auch der Place Grand Rue erhĂ€lt eine etwas gegenĂŒber dem sonstigen Strassenraum erhöhte Ausleuchtung.
Die Kriterien der Beleuchtung richten sich nach der Sehaufgabe und der damit verbundenen Eigenschaften der Leuchtenreflektortechnik mit Leuchtmitteln in Bezug auf IntensitÀt, Lichtverteilung, SchaltungszustÀnde (Strahlungsimmission), Farbwiedergabeeigenschaften, etc.

Hell und Dunkel.
Um die Nutzungszonen und deren strassenrĂ€umliche Wichtigkeit zu akzentuieren, ist es sinnvoll, eine Leuchtdichtehierarchie vorzugeben. Eine Grundbeleuchtung der HorizontalflĂ€chen (Stadtboden) ist wie auch die Fassadenbeleuchtung Bestandteil dieser Abstufungen, wobei die grĂ¶ĂŸte Helligkeit den neu gestalteten PlĂ€tzen zugeordnet ist. Beleuchtungszonierungen z.B. besonderer GebĂ€ude (Rathaus, Kirche, Scule) der BĂ€nke, BĂ€ume, Brunnen etc. integrieren sich in diese Abstufungen und bilden gleichzeitig eine gewĂŒnschte Rythmisierung und optische FĂŒhrung.

Beleuchtungskörper und leuchtende Körper.
Durch einen einheitlichen Leuchtentyp, geeignet zur Wandmontage, wird die Strassenbeleuchtung erreicht. Die Reflektortechnik und die Lichtverteilung ist fĂŒr die jeweiligen speziellen Anforderungen adaptiert. Die Fassadenbeleuchtung erfolgt zusĂ€tzlich durch Aufbauleuchten, welche unterhalb der Traufkante montiert werden, wobei durch diese eine gleichmĂ€ĂŸige Beleuchtung der FassadenflĂ€chen erfolgt. Die beschriebene Grundbeleuchtung wird bedarfsweise durch eine Zonierungsbeleuchtung ergĂ€nzt. Diese Lichtkomponente wird durch entblendete und leistungsstarke Lichtwerfer im Bereich der Traufkanten realisiert, die einjustierbar auf Haltestellen, BĂ€nke etc. ausgerichtet werden können. Bedarfsweise wird die Grundausleuchtung durch Baum- und Bankbeleuchtungen ergĂ€nzt. Diese Lichtkomponenten werden durch entblendete Einbauwerfersysteme realisiert.
Die Grundbeleuchtung des Platzes Hotel de Ville erfolgt durch ein Werfer Umlenksystem, wobei die Systemeinheiten oberhalb der TreppenaufgĂ€nge situiert werden. Die WandflĂ€chen der TiefgaragenaufgĂ€nge werden als leuchtende Wand aus Glas ausgefĂŒhrt. Das Beleuchtungsmileau der Tiefgaragenaus- und -zugĂ€nge variiert entsprechend dem Beleuchtungsmileau des Platzes.
Denkbar ist hierbei eine Erhöhung der LichtintensitÀt von unten nach oben bzw. eine tages- und witterungsabhÀnige Steuerung der LichtintensitÀt. Beispielsweise ist es denkbar, an sonnigen Tagen einen tageslichtÀhnlichen Lichteindruck beim Betreten der TiefgaragenausgÀnge anzustreben bzw. die Lichtfarbe entsprechend zu steuern.

Flanieren bis spÀt in die Nacht.
Um die vorgesehenen Beleuchtungen wirtschaftlich zu betreiben (Stromkosten, Leuchtmittelersatzkosten) sind 3 Schaltstufen vorgesehen.
Stufe 1: DĂ€mmerung bis 22.00 Uhr (Grundbeleuchtung + Fassadenbeleuchtung + Zonierungsbeleuchtung). Optimiert die optische Wahrnehmung im gesamten Strassenraum zur
ErfĂŒllung der Sehaufgabe und der effektvollen Ausleuchtung der StadtrĂ€ume.
Stufe 2: 22.00 Uhr bis 24.00 Uhr (Grundbeleuchtung + Zonierungsbeleuchtung)
BerĂŒcksichtigt zusĂ€tzlich die Strahlungsimmissionswerte im Fensterbereich.
Stufe 3: 24.00 Uhr bis DĂ€mmerung (ausschließlich Grundbeleuchtung )
Einhaltung der Mindestanforderungen fĂŒr Orientierung im Strassenraum.