modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Ideenwettbewerb mit vorgeschaltetem Bewerbungsverfahren, Beauftragung von fünf ausgewählten Arbeitsgemeinschaften(Teams) | 03/2004

Gestaltung mehrerer Plätze im Stadtzentrum

3. Preis

m3 Architectes

Architektur

Bauer.Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext


Die Situation

Die Stadt Esch-sur-Alzette ist die zweitgrößte Stadt im Großherzogtum Luxemburg. Der Süden des Landes und damit die Stadt Esch-sur-Alzette wird ein weiterer Ausgangspunkt für die angestrebte Gesamtentwicklung Luxemburgs sein, mit der das Großherzogtum einen erheblichen Anstieg der Bevölkerung sowie der Beschäftigten erfahren soll. Der Innenstadt von Esch wird dann die Aufgabe zukommen, gewachsene und neue Stadtteile zusammenzuhalten und zu verbinden. Das Zentrum mit den Plätzen Place de l’Hôtel de Ville, Place Grand- Rue, Place des Remparts und dem Place du Brill wird ein wichtiger Identifikations- und Kommunikationsfaktor der angestrebten Entwicklungen sein.

Leitgedanken

„Plätze sind Versammlungsstätten, Märkte, Verkehrsverteiler, Oasen mit Hecken, Bäumen, Blumen und Wasserspielen: sie sind Stätten zum Denken und zum Nachdenken. Plätze sind Pausen in der aggressiven Stadtmusik und helfen als Merkzeichen bei der Orientierung. Sie sind Bauten von Bedeutung zugeordnet und mitunter selber Schauplätze der Geschichte. Bis in die Grundrisse können sie Auskunft über Gründung und Vergangenheit eines Ortes geben. Es gibt offene und von Fassaden umschlossene, grüne und gepflasterte Plätze. Manche sind Idyllen, andere Labyrinthe. Jeder Platz ist ein Individuum, jeder hat seinen Charakter, jeder ist geprägt durch seine Umgebung, mancher prägt das Viertel in dem er liegt.“
Manfred Sack

Leitidee für unseren Entwurf war das Bild einer Perlenkette - einer Perlenkette, die aus Stadträumen unterschiedlicher Qualität und Proportion besteht. Wir arbeiten die Identität der einzelnen Räume heraus, machen diese Raumfolgen deutlich und spürbar. Jeder Platz erzählt mit spezifischen Gestaltungsansätzen seine eigene Geschichte. Es ist darüber hinaus der Versuch, der Straße und dem Platz als Lebensraum wieder nahe zu kommen. Die klassische Raumfolge Straße – Platz trägt unserer Meinung nach wesentlich zur Orientierung im Stadtkörper bei. Ein durchgängiges Licht- und Materialkonzept stärkt den Zusammenhang der einzelnen Glieder des städtischen Erlebnisraumes. Somit bilden die Plätze ein weitmaschiges Netz, das die Stadt zusammen hält. Durch diese städtische Verflechtung erreichen wir ein Maximum an unterschiedlichen Aufenthaltsqualitäten und erweitern das Nutzungsangebot im öffentlichen Raum für die Bewohner unterschiedlichster Herkunft.

Der Place de l’Hôtel de Ville zeigt sich als klar definierter und vielfältig nutzbarer Platz und wird dominiert von der identitätsstiftenden Fassade des Rathauses der Stadt. Das mit großformatigen Platten belegte Feld um das Gebäude schafft einen Platz im Platz als angemessenes Umfeld für das historische Hôtel de Ville. Zwei Baumreihen aus geschnitten Platanen an beiden Seiten bilden die räumliche Fassung des Platzes. Dieses Motiv ist den Eschern von der Place du Brill vertraut und stärkt somit den Zusammenhang zwischen den beiden Plätzen, die jeweils den Auftakt zur Fußgängerzone der Stadt markieren. Architektonische „Kristalle“ unter den Bäumen definieren die Erschließung der unter dem Platz liegenden Tiefgarage. Als Lichtkörper gliedern sie den Platz und erleichtern die Orientierung. Sie bestehen aus einer leichten Stahl-Konstruktion welche mit Isolierglas und integrierten Holzlamellen verglast sind. Der beliebte Musikpavillon entsteht in zeitgemäßer Form neu und bietet eine Plattform für Veranstaltungen mannigfaltiger Natur. Der Musikpavillon ist begrenzt von Bäumen, besteht aus einem Podest und wird hervorgehoben durch eine leichte, weiße Bedachung in Stahlkonstruktion. Ein Element, das in der Lage ist, einen Raum zu bestimmen. Ein Zimmer zum Musizieren, Singen, Tanzen, Diskutieren, Schauen und Träumen. Das Dach scheint von der Ferne betrachtet zu schweben. Öffnungen im Boden, überdeckt mit einer gelochten gusseisernen Platte, lassen das Rauschen der überdeckten Alzette an die Oberfläche dringen und erinnern den Flanierenden an die Namensgeberin der Stadt. Eine filigrane Konstruktion markiert die Bushaltepunkte am zentralen Platz der Stadt, beschirmt die Ausfahrt der Tiefgarage und schließt den Raum der an dieser Stelle in den Platz mündenden Rue du Luxembourg. Die Platzränder und die Grand Rue sind mit Granitpflaster belegt, welcher den Platz harmonisch in das Gesamtkonzept integriert und farblich mit den Platten der Rue d’Alzette abgestimmt ist.

Der Place Grand-Rue als ein zusätzliches räumliches Glied in der Kette wird als offener und heller Topos etabliert und bildet einen angenehmen Aufenthaltsraum für die Kinder der angrenzenden Schulen (mit neunem Ausgang des Schulhofes). Die neu gepflanzte Gerichtslinde – bis 1886 wichtiger Teil der räumlichen Komposition - erzählt den Anwohnern und den Besuchern von der Geschichte des Platzes. Die Fläche vor der südlichen Häuserzeile erfährt eine leichte Abtreppung, die Gebäude erhalten somit eine wohl proportionierte Aufenthaltsfläche vor ihren Häusern. Die mächtigen Platanen auf der Nordseite des Gevierts bleiben erhalten - Sitzstufen unter den Bäumen laden zum Verweilen. In Anlehnung an die historischen Bilder schlagen wir eine einheitliche Pflasterung des gesamten „Place Grand-Rue“ vor.

Zwischen „Place Grand-Rue“ und „Place des Remparts“ werden entlang der Straße Anwohnerparkplätze und Kurzzeitparkplätze angeboten. Die Straßen werden als gepflasterte Flächen harmonisch in das Gesamtkonzept integriert, als „Tempo-30“- Zonen stellen diese Mischflächen der unterschiedlichen Benutzer dar.

Der Place des Remparts wird heute vom Verkehr in mehrere Teile zerschnitten und ist daher in seiner Gesamtheit nicht erlebbar. Wir schlagen eine Bündelung des Anlieger- und Busverkehrs vor, die Teilung in einen großen und kleinen Platz kann aufgegeben werden. Die beiden Kastanienreihen, die in Teilen vorhanden sind, schirmen die Platzfläche vom umfließenden Verkehr ab. Die zurückhaltenden Überdachungen der Bushaltestellen werden beiderseits der neuen Straße angeordnet. Der gewinkelte Platz im Platz setzt die beiden ursprünglichen Hälften des „Place des Remparts“ in einen Dialog und bietet eine grosszügige Plattform für Veranstaltungen jeder Art. Kunstwerke schaffen Bezugspunkte. Der ruhende Verkehr wird an der Rue du Fossé konzentriert. Der Belag der Platzränder korrespondiert mit dem Belag der Grand Rue, der Belag des Platzes mit dem „Place de l’Hotel de Ville“, was den „Place des Remparts“ zu einem Glied der Perlenkette werden lässt.

Lichtkonzept

Wie in der Tagerscheinung soll die Platzfolge und auch später folgende Plätze durch ein kongruentes Nachtbild verknüpft werden. Zur Definition des Raums werden die Raumkanten unabhängig von der Qualität der Bebauung aufgehellt (Vertikallicht). Ein Vollmond-ähnliches Grundlicht (Horizontallicht), an den Fassaden befestigt, bewirkt eine Grundhelligkeit der einzelnen neu gestalteten Stadträume und genügt den funktionalen Anforderungen. Alternativ kann die Befestigung der Beleuchtung auch durch Stelen erfolgen. Zur Betonung der Charakteristika der einzelnen Platzsituationen werden Einzelelemente durch Sonderakzentuierung herausgehoben und erzeugen dadurch ein nächtlich wahrnehmbares Individual-Szenario. Die Bäume – als Raum bildende Elemente – werden auf allen Plätzen durch eine sanfte Unterleuchtung gesondert akzentuiert.

Die raumprägenden Elemente im Einzelnen sind auf dem Rathausplatz: die Fassade des Rathauses, die Doppel-Baumreihen, der Kiosk, das Dach des Bussteiges, die mit gusseisernen Platten abgedeckten Öffnungen im Boden zur Alzette und als Orientierungspunkte die Aufgänge aus der Tiefgarage; am Place Grand-Rue die Gerichtslinde, die dahinter liegende Schulfassade, und eine bewusste Beleuchtung der Hauseingänge and den Platzkanten; am Place des Rempartes die Bäume, die Kunstwerke, wobei eine Skulptur am nördlichen Ende als Eingang zur Innenstadt als Lichtskulptur evtl. in Kombination mit einem Wasserspiel ein Akzent setzt.

Grundsätzliches zum Lichtkonzept:
- zurückhaltende Inszenierung – Beleuchtung als Mittel der visuellen Kommunikation
- hohe Anforderung an räumliche Wahrnehmung, d. h. Raum definierende Komposition aus Horizontalbeleuchtung, Vertikalbeleuchtung und Akzentbeleuchtung
- bewusster Einsatz von Lichtfarben (Verschiebungen im Weißbereich – zw. kaltweiß und warmweiß)
- ökologischer und ökonomischer Einsatz des Lichts
- Integration von Sekundärlichtquellen (Kunstwerkbeleuchtung, Bussteigbeleuchtung etc.) in das Gestaltkonzept


Manuel urbain

Maßnahme 1: „Gründung eines Gestaltungsbeirats“

- Bündelung der Fachkompetenzen unter einer Leitung in einem „Atelier Espaces Publics“
- kleiner, zuverlässiger, kompetenter und engagierter Personenkreis mit hierarchischer Zuordnung, der die Planung in der Hand behält
- Eingliederung und Neuordnung von kommunalen und staatlichen Verwaltungseinheiten und Zuständigkeiten
- Eingliedern der Bevölkerung und Privatwirtschaft

Maßnahme 2: „Klären der übergeordneten Aufgaben und Ziele des Gestaltungsbeirates“

- Durchsetzung baulich-räumlicher und funktionaler Umgestaltungen und Neubebauungen nach modernen, insbesondere verkehrstechnischen hygienischen und vor allem ästhetischen Standards
- Fördern einer vielseitigen Ausgestaltung und Weiterentwicklung der Handelsstruktur
- Stärken der kulturellen, touristischen Freizeit der Repräsentations-funktionen
- Entwicklung neuer Transport und Beförderungsangebote
- Neuorganisation des Verkehrs zu Gunsten der fussläufigen Nutzungen
- Schaffung von Ersatzparkplätzen mit zugehöriger Bewirtschaftung
- FĂĽr Tiefgaragen die gleichen Gestaltungsprinzipien anwenden
- Stärken der Wohnfunktion

Maßnahme 3: „Klärung der Anforderungen an die Gestaltung der öffentlichen Räume“

Die Gestaltung soll von, auf Qualität zielender Grundsätze und Leitgedanken bestimmt werden ohne dass Teile ihre Besonderheiten verlieren. Es gelten vier Prinzipien:

- Wertschätzung der öffentlichen Räume
Es werden qualitative Standards für die Gestaltung der Strassen und Plätze gesetzt, damit dem öffentlichen Raum der Innenstadt die gleiche Aufmerksamkeit zuteil werden kann wie dem in den äußeren Stadtteilen.

- Zeitgemässe Gestaltung
Die Gestaltung des öffentlichen Raums sollte die Ästhetik unserer gegenwärtigen Zeit widerspiegeln und zugleich in der besonderen Realität des jeweiligen Quartiers verankert bleiben.

- Herausarbeiten des Genius Loci
Die Neugestaltungen sollten die Geschichte der einzelnen Stadtteile und Stadträume, ihre kulturelle Tradition nicht vereinen, sondern fortsetzen. Die Historie sollte analysiert, vorhandene Gestaltungselemente und lokale Materialien sollten verwendet werden.

- Durchgängigkeit der Gestaltungsmittel
Die Umgestaltungen sollten nicht isolierte Eingriffe darstellen, sondern es sollte eine zusammenhängende Gestaltung erkennbar werden. Ziel ist, eine unverwechselbare, einheitliche Sprache für den öffentlichen Raum von Esch zu entwickeln. Für das Vokabular dieser Sprache, die Platzmöblierungen, wurden Entwürfe für Lampen, Bänke etc. speziell ausgewählt und entworfen.

Grundlegendes
- Analyse der vorhandenen Strukturen und Texturen
- Analyse der historischen Unterlagen
- Analyse der neuesten Entwicklungen
- Erarbeitung großzügiger Lösungen
- Mitverantwortung der Anwohner zur Pflege der Plätze

Materialien
- dauerhaft und pflegeleicht
- ansetzen von Patina möglich

Zonierung von aneinandergrenzenden Bereichen
- Trennung Gehbereich/ Straße durch Entwässerungsrinnen
- StraĂźe als Mischzone der Verkehre
- Wechsel StraĂźe/Platz durch Materialwechsel, topografische Elemente und GrĂĽnstrukturen
- Durch einheitliches Materialkonzept insgesamt großzügige Flächen für Fußgänger (Aufenthalt, Bewegungsräume, Spielräume)

Stadtmobiliar
- zurĂĽckhaltend, multifunktional, variabel
- Terrassenmöblierung einheitlich vorschreiben
- Erscheinungsbild der Aussenwerbung regeln