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Nichtoffener Wettbewerb | 04/2016

Erweiterungsbau des Landratsamts am Neuen Schloß

Anerkennung

Preisgeld: 2.000 EUR

DIEZINGER ARCHITEKTEN

Architektur

Erläuterungstext

Städtebau

Die neue dreiflügelige Gebäudeanlage wird im östlichen Teil des Grundstücks angeordnet und besetzt das Wettbewerbsgrundstück nahezu vollständig. Unmittelbar am Hohlweg wird der dreigeschossige Hauptflügel parallel zum Schloß situiert. Um die gesamte Fläche des Grundstückes optimal ausnützen zu können ist der südliche Gebäudeflügel eingeschwenkt und nimmt damit in etwa die Form der alten Befestigungsanlage auf. Die unmittelbar ans Schloß angebauten, niedrigeren, Anschlussgebäude geben den Blick auf die, über den Sockel aufragende, Schoßfassade von Süden und Norden frei. Das auf die äusseren Grundstücksgrenzen gesetzte Ensemble ergibt im Inneren einen großzügigen Innenhof, der in seiner Höhenlage auf das Eingangsniveau des Schlosses bezogen ist. Damit wird nicht nur das östliche Barockportal des Schlosses angemessen gewürdigt, sondern die Schlossfassade wird - in völlig neuem Kontext - aus dem Innenhof erlebbar. Insbesondere auch deshalb, weil der gesamte Ostflügel aufgeständert ist und einen großzügigen Blick in den Innenhof frei gibt.


Erschließung

Die fußläufige Erschliessung ergibt sich konsequenter Weise von Osten über den Hohlweg direkt in den Innenhof. Die ehemalige Gartenachse des Schlosses wird dadurch wieder aufgewertet und es erfolgt der direkte Nebeneingang über das Mittelportal des Schlosses. In Ergänzung hierzu wird der nördliche und südliche Neubauflügel ebenfalls aus dem Innenhof erschlossen. Für die innere Gebäudeerschliessung ist es wichtig, dass die Geschosse des Neubaus auf die Höhen des Altbaus eingehen, um auf zwei Ebenen anbinden zu können. Damit ist ein ringförmiger Rundgang im Unter- und Erdgeschoss gewährleistet. Zwei an den Eingängen gelegene Treppenhäuser mit Aufzügen sorgen für die kompakte und barrierefreie Erschliessung der Geschosse. Die Anlieferung der Heizzentrale im Untergeschoss kann sowohl über den neu angelegten Zugang im Südsockel des Altbaus als auch mittels Autokran über den Tiefhof des Neubaus erfolgen. Eine Feuerwehr- zufahrt in den Innenhof ist jederzeit möglich.


Gestaltung

Der dreigeschossig in Erscheinung tretende Erweiterungsbau wird aus dem zweigeschossigen Sockel des Schlossbaus entwickelt: Damit wird die Dominanz der Pilasterfassade in den Obergeschossen des Altbaus zusätzlich betont. Die dreiseitig umlaufende Lochfassade des Neubaus hingegen umschliesst den Altbau - rein optisch - als unterschiedlich hoher `Sockelbau´.
Das deutliche Abrücken des parallel gestellten Ostflügels des Neubaus lässt seitliche Einblicke auf die Schoßfassade zu. Gleichzeitig wird durch den neu gestalteten Innenhof eine neue Sicht auf die Ostfassade des Schlosses möglich. Das Hauptportal `hängt nicht weiter in der Luft´, sondern steht nun auf dem Boden des Innenhofes, ist somit `geerdet ´ und vom unvorteilhaften Brückenanschluss befreit. Zur Belichtung und Belüftung der Aufenthaltsräume im Untergeschoss ist ein zusätzlicher Tiefhof in den Innenhof eingeschnitten. Die Innenfassaden des Neubaus werden im Kontrast zu den Aussenfassaden `offen´ gestaltet, mit hohem Verglasungsanteil und damit guter Sicht auf das Schloß.


Funktion

Bedingt durch die hohen Anforderungen der Denkmalpflege nach möglichst großer Freistellung des Schlossflügels, wird der ehemalige Befestigungsgraben, mit bis zu zwei Untergeschossen ausgenutzt. Auf diese Weise kann das umfängliche Raumprogramm mit geringerer Gebäudemasse in den Obergeschossen gestaltet werden. Da Topografie und Grenzverlauf einengend hinzukommen, erscheint die vorgeschlagene Lösung sinnfällig: Insgesamt ergibt sich eine kompakte, übersichtliche, Anordnung der Funktionsbereiche. Es wird darauf geachtet, dass Verwaltungseinheiten zusammen bleiben und eine gute Orientierung im Haus ermöglicht wird. Die Verbindungen in den Altbau sind auf zwei Ebenen möglich und schliessen mehrere barrierefreie Übergänge ein. Die oben bereits erwähnten Feuerwehr- und Anliefermöglichkeiten ergänzen das Funktionskonzept sinnfällig.


Nachhaltigkeit

Das kompakte Gebäudevolumen schafft gute Voraussetzungen für eine energetisch und auch wirtschaftlich günstige Erstellung. Insbesondere die klare Grundrissstruktur kann mit üblichen Baukonstruktionen, sowohl in statischer, wie in bauphysikalischer Hinsicht, gelöst werden. Der situationsbedingt erforderliche Baugrubenverbau verursacht zwar Mehraufwendungen, ist aber durch geringere Baumassen in den Obergeschossen kompensierbar. Als energetischer Standard wird die Unterschreitung der aktuellen EnEV um 30 % angestrebt. Damit dürfte bei günstigem Primärenergieanschluss die natürliche Belüftung der Büroräume möglich sein. Viel Wert wird auf den sommerlichen Wärmeschutz gelegt, mit einzelraumsteuerbarem Sonnenschutz und Nachtauskühlungsoption, Beleuchtung mittels bewegungsorientierter Steuerung. Mit der vorgeschlagenen Putzfassade an den Aussenseiten und wartungsarmen Metall-Glas-Elementen an den Innenfassaden wird ein wartungsarmer Unterhalt zu erreichen sein.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die stadträumliche Erscheinung als Auftaktgebäude des Altstadtkerns erscheint in Höhe und Tiefe angemessen. Das Gebäude hat ein ausgewogenes Volumenverhältnis zur Umgebung und insbesondere zum Neuen Schloss. Dabei wirkt der neue Ostflügel durchaus eigenständig.
Insgesamt wirken die Proportionen des Gebäudes gut gewählt. Die Trichterfunktion des Eingangs ist intuitiv nachvollziehbar und zu den Parkplätzen hin korrekt ausgerichtet, geht jedoch in ihrer Expressivität an der Ausrichtung der Bedeutung der Knorrstraße vorbei.
Sehr positiv wird der Durchblick durch die neue Landratsamts-Brücke auf das Neue Schloss gesehen, obwohl das Straßengefälle hier hinderlich ist. Ein angemessener Vorplatz vor der Brücke fehlt. Der Eingang von Osten offeriert dem Besucher drei Möglichkeiten, das Gebäude zu betreten, was der Orientierung nicht dienlich ist.

Der Innenhof besticht durch hohe Raumqualität, fasst das Neue Schloss gut und ist durch die niedrigen Verbindungsbauten gut belichtet. Auch vom Neuen Schloss aus ergibt sich ein erfreuliches Gegenüber. Die Aufnahme und Weiterentwicklung der historischen Querachse des Neuen Schlosses ist sinnfällig.

Negativ wird die Trennung der übergeordneten stadträumlichen Grünverbindung vom Flosstal zum Naabtal gesehen, die in der Fuge vor dem Schloss realisiert werden sollte. Die Aufnahme ursprünglicher Baufelder erscheint gelungen.

Die thematische Monotonie der Lochfassaden wirkt unangemessen. Die Darstellung der Fenster in den Grundrissen wird vermisst. Das Gefälle in der Ansicht Nord ist geschönt.
Auch der harte Auftritt des Sichtbetons im Kontext mit der Barockfassade überzeugt nicht. Sensibel ist die Höhe des Anschlusspunktes an die Oberkante des Sockelgeschosses des Neuen Schlosses angebunden. Der unvermittelte Anschluss Neubau / Altbau erscheint jedoch bis hin zum Detail zweifelhaft. Räumlich unbefriedigend ist der hohe spitze Zwickel zwischen der Südostecke der Fassade und Stützmauer.

Innenräumlich sind die Obergeschoße des Ostflügels und des Erdgeschoß großzügig, übersichtlich und nutzerfreundlich gelöst. Die Fragen des Brandschutzes scheinen in den Obergeschoßen so nicht geklärt zu sein.
Die Untergeschoße hingegen werden von suboptimalen Fluren erschlossen. Die Notlösungen Oberlichter oder Luftschlitze können das nur teilweise kompensieren.
Die vom Tiefhof belichteten Räume schließen auf unterschiedlichen Höhen an, ihre Aufenthaltsqualität wird als unterprivilegiert betrachtet. Einige Räume sind sogar von der Brücke überbaut.

Abschließend verwundert es, dass direkt an das Schloss angebaut wird, ohne größeren Erschließungsnutzen daraus zu ziehen.
Die Gebäudekubatur liegt im Vergleich der Arbeiten im durchschnittlichen Bereich.