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Einladungswettbewerb | 12/2015

Wohnen für alle - mitten in Wilhelmsburg

1. Preis

Preisgeld: 18.000 EUR

De Zwarte Hond GmbH

Architektur, Stadtplanung / Städtebau

RMP Stephan Lenzen Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Die räumlichen Bedingungen an den Rändern sind sehr unterschiedlicher Natur und bedürfen, wie bei einem Puzzelstein, einer ganz spezifischen Lösung bzw. Form um das neue Quartier optimal mit der Umgebung zu verzahnen.
Mit der Internationalen Bauausstellung und der Internationalen Gartenschau wie auch mit zahlreichen öffentlichen und privaten Projekten wie zum Beispiel dem Neubau der BSV, dem Umbau des LunaCenters oder dem Ausbau des Radwegenetzes sind optimale Rahmenbedingungen auf der Elbinsel entstanden, die nach der geplanten Verlegung der Reichsstraße die Entwicklungen eines dichten und lebendigen Quartiers als verbindendes Glied zwischen Reiherstiegs- und Bahnhofsviertel möglich machen. Das neue Quartier kann auf die bestehende soziale Infrastruktur und Einzelhandelsversorgung zurückgreifen und diese durch zusätzliche Nachfrage stärken.
Die Zielvorstellung eines lebendigen und vielseitigen Wohnviertels folgt in ihrer Strategie 4 Prinzipien.

1) Stadt entsteht durch öffentlichen Raum: Die öffentlichen Straßenräume erhalten eine eindeutige Identität und Qualität. Dadurch entstehen innerhalb der Baufelder Freiheiten, welche erlauben auf die Wünsche der Bewohner und Projektentwickler flexibel reagieren zu können.

2) Ein feinmaschiges Straßen- und Wegenetz generiert ausreichend „kritische“ Masse um ein Quartier mit einer eigenen Identität und großer Diversität zu schaffen.

3) Die Ausnutzung der Baufelder, respektive der Dichte, orientiert sich an der Qualität des vorhandenen Grüns und der Nähe zum ÖPNV: Je hochwertiger das Grün desto höher die Dichte

4) Die Größe und Orientierung der Baufelder variiert stark. Dies garantiert in der architektonischen Umsetzung ein großes Maß an Diversität.

Ausgangspunkt der städtebaulichen Entwicklungen von Wilhelmsburg, einem Stadtgebiet mit auf der Elbinsel, ist die bereits beschlossene Verlegung der Wilhelmsburger Reichsstraße. Sie wird weiter östlich mit der bestehenden Bahnstrecke zu einer lärmgeschützten Verkehrstrasse zusammengefasst. So entsteht unter anderem ein neues zentral gelegenes Baugebiet für insgesamt 1.700 Neubauwohnungen, von denen circa 300 für Studenten vorgesehen sind.

Der Entwurf wird ausgehend von den Rändern des Projektgebiets entwickelt. Im Osten sind dies neue Sportanlagen, im Westen werden die und Grün geprägten, charakteristischen Rathauswettern als besonderer Wohnstandort entwickelt. An der Südflanke des Quartiers, dort wo sich das Rathaus befindet, entsteht das neue Zentrum, und im Norden liegt der Schwerpunkt auf der Kombination von Wohnen und Arbeiten. In Nord-Süd-Richtung wird auf der Trasse der ehemaligen Reichsstraße eine Hauptroute für Fußgänger und Radfahrer entstehen.

Beim Entwurfsprozess spielte Bürgerbeteiligung eine große Rolle. Während eines dreitägigen Workshops hatten die Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit, mit allen Entwurfsteams in den Dialog zu treten und so direkt auf die zukünftigen Entwicklungen Einfluss zu nehmen. Das Team von De Zwarte Hond und RMP Stephan Lenzen Landschaftsarchitekten hat die geäußerten Wünsche in seine Entwurfsüberlegungen integriert. Dies manifestiert sich, zusätzlich zu der großen Vielfalt an verschiedenen Wohnungstypen, auch in der Gestaltung des öffentlichen Raums.

Der Entwurf wird 2016/2017 weiterentwickelt, das Bebauungsplanverfahren soll 2018 abgeschlossen sein. Der Baubeginn der ersten Wohnungen ist für dasselbe Jahr anvisiert.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfasser legen einen inspirierenden und in weiten Teilen unverwechselbaren Entwurf für das neue Quartier an der Dratelnstraße vor. Mit der gewählten Struktur gelingt es, höchst individuelle Teilquartiere mit identitätstiftenden Elementen zu schaffen, die keine Gleichförmigkeit aufkommen lassen, sondern allen künftigen Bewohnern vielfältige Wohnqualitäten bieten. Vorgeschlagen wird eine robuste Grundstruktur, die vielfältige Architekturen und Gebäudetypologien möglich macht, ohne dass die Idee von dem Quartier in Frage gestellt wird. Ein attraktiver öffentlicher Raum mit überzeugenden Adressen bildet hier auf nachvollziehbare Weise die Grundlage einer hochwertigen Quartiersentwicklung.

Auch gelingt es, Grünraum und Stadtquartier durch Wettern und andere grüne Freianlagen auf das Engste miteinander zu verzahnen, so dass die hohe bauliche Dichte hervorragend ausgeglichen wird. Es entstehen sehr unterschiedliche Räume sowie interessante Blockinnnenbereiche.

Der Ansatz, den Damm abzutragen, um damit möglichst vielen Menschen Zugang und Sicht auf den Grünraum der Rathauswettern zu bieten, verstärkt durch die aufgefalteten und verdichteten baulichen Strukturen, wird lobend gewürdigt und entspricht vollends der Zielsetzung der Aufgabenstellung.

Zugleich ist es eine richtige Entscheidung, an der Achse der Reichsstraße für den schnellen Radverkehr festzuhalten. Dabei könnte die Nord-Süd-Achse noch abwechslungsreicher gestaltet sein, die Einmündung in den neuen Zentrumsbereich „flüssiger“ formuliert werden, auch wenn der Bruch durch das neue Gebäude in der Achse durchaus anerkannt wird. Die wichtige Querung der Neuenfelder Straße ist noch nicht überzeugend gelöst.

Die Verfasser haben sich entschieden, sich bei der Bildung einer Mitte auf den Bereich des Bürgerhaussees zu konzentrieren. Dabei gelingt es ihnen vorzüglich, das Rathaus gut in Szene zu setzen, ein altes Brückenfragment der Wilhelmsburger Reichsstraße sinnfällig zu inszenieren und beides in das Ensemble zu integrieren. Die Entscheidung, sich auf ein Zentrum an diesem Ort zu beschränken, ist in Anbetracht der entstehenden Wohneinheiten richtig und tragfähig, die städtebauliche Ausformulierung ist gelungen, auch wenn der sich in die Radwegeverbindung schiebende Baublock diese wichtige Wegeverbindung allzu sehr bricht.

Der Bereich südlich der Neuenfelder Straße und sein nördliches Gegenüber treffen indessen noch nicht die städtebaulichen Vorstellungen für diesen Ort. Die Hochpunkte sind zu dominant und missachten den Übergang zum Inselpark sowie die sich östlich anschließende Bebauung und können schlussendlich auch in Bezug auf das Rathaus nicht überzeugen.

Gelungen ist die Integration der bestehenden Sportanlage, die selbstverständlicher Bestandteil der neuen Nachbarschaft wird und westlich durch eine Riegelbebauung Gesicht und Lärmschutz zugleich bekommt.

Ökonomisch überzeugt der Ansatz, durch den Abtrag des Damms neue Flächen zu gewinnen. Allerdings könnte die Erschließung, die sehr flächenintensiv und stellenweise einseitig angelegt ist, wirtschaftlicher organisiert sein.

Insgesamt gelingt es den Teilnehmern, an diesem Ort eine begeisternde Idee für ein neues Stadtquartier in Wilhelmsburg zu formulieren, die dem Ort angemessen ist und die den Wunsch der Bürgerinnen und Bürgern nach lebendigen Nachbarschaften zu erfüllen verspricht.