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Offener Wettbewerb | 12/2016

Neubau des Fachbereichs Maschinenbau- und Energietechnik (ME) am Campus Wiesenstraße, Technische Hochschule Mittelhessen

Perspektive

Perspektive

2. Preis

Preisgeld: 18.000 EUR

Ferdinand Heide Architekt

Architektur

Alhäuser + König Ingenieurbüro GmbH

TGA-Fachplanung

Erläuterungstext

Städtebauliches Konzept

Der Neubau des Fachbereichs Maschinenbau und Energietechnik definiert als differenzierte, plastisch ausformulierte, städtebauliche Setzung den ersten Bauabschnitt des Masterplans Campus Wiesenstraße: Aus einem eingeschossigen Sockel entwickelt sich ein dreigeschossiger Hauptbaukörper und an der Südecke zur Stadt eine kompakte viergeschossige Akzentuierung. Die Vorgabe des Masterplans mit einer in der Regel dreigeschossigen Bebauung und einem Staffelgeschoss findet in dieser Interpretation eine Entsprechung. Diese Staffelung und Gliederung des Baukörpers halten wir für eine wesentliche Qualität des Entwurfs: Einerseits wird den Nutzern ein funktional und räumlich zusammenhängendes Haus angeboten, anderseits findet der Wunsch der Stadtplanung nach kleinteiligen ablesbaren Volumen eine Umsetzung. Der Neubau zeigt vier gleichermaßen ruhig gestaltete urbane Fassaden. Seine Orientierung formuliert sich in Einschnitten und Rücksprüngen jeweils im Erdgeschoss der Volumen: Das Haus öffnet sich über die volle Breite seiner Eingangshalle zum Campusplatz im Norden. Im ersten Bauabschnitt aber auch im Endausbau des Campus erfährt der neue Platz durch diesen kraftvollen Eingang eine Stärkung. Aber auch in dem zukünftig neu gestalteten „Blockinnenbereich“ im Osten wird mit der Plastizität des Neubauvolumens reagiert. Der dreigeschossige Baukörper bildet hier in seiner Breite und Höhe ein ablesbares Volumen, das ideal mit den Kanten der Neubauvolumen des Endausbaus korrespondiert. Ein kleiner Nebeneingang zur Eingangshalle trägt auch diesem halböffentlichen Raum des Campus Rechnung. Zur Wieseck und zur Moltkestraße ermöglicht eine großzügige Verglasung der Erdgeschossnutzungen den gewünschten Dialog mit dem Campus.

Architektonisches Konzept

Die Funktionsbereiche bilden sich in der gewählten Grundrissorganisation schlüssig ab. Eine zentrale Eingangshalle ist die Adresse des Hauses und die kommunikative Mitte. Diese entwickelt sich über einen Luftraum (mit Oberlicht) und eine attraktive Freitreppe in die Obergeschosse. Die Grundtypologie entspricht der Labor- und Büronutzung des Hochschulbaus. In beiden Baukörpern werden jeweils auf einem strengen Fassaden-, Konstruktions- und Installationsraster (Einzelversorgungsschächte) die Nutzungseinheiten mit ihren Individuellen Raumtiefen (Büro ca. 5,2m, Labor ca. 7,5m) aufgereiht. Durch das vis à vis von Labor- und Bürozonen sind kurze Wege und eine große Flexibilität sichergestellt. In dem größeren dreigeschossigen Baukörper befinden sich in der mittigen Kommunikationszone – um den zentralen Luftraum organisiert – die studentischen Arbeitsplätze, die Besprechungs- und Seminarräume. Unser Leitbild eines transparenten, offenen und kommunikativen Hochschulbaus soll auch in der Gestaltung und Materialität der Fassaden eine Entsprechung finden. D.h. die äußere Erscheinung des Hauses wird durch großzügige hohe Verglasungselemente geprägt, die erst dadurch einen besonderen Ausdruck erlangen, weil die Baukörper in Teilbereichen auch über kraftvolle geschlossene Wandflächen verfügen, die eine Fassadenspannung und Orientierung aufbauen. Grundsätzlich ist für alle Räume ein außenliegender Sonnenschutz vorgesehen. Die tiefen Laborflächen im EG haben eine Jalousie, die auch der Tageslichtumlenkung dienen kann, die Obergeschosse im Raster von ca. 0,65m über Gestänge gekoppelte Lamellenrahmen mit perforierten Blechen.


Erschliessungskonzeption ( innere / äußere) / Kommunikation

Der auf dem Campus freistehende Baukörper hat umlaufend hochwertig gestaltete Fassaden und verfügt über Zugangsmöglichkeiten aus verschiedenen Richtungen. Gleichwohl wird zum neuen Platz über einen tiefen Einschnitt ein klarer Haupteingang formuliert, an den sich durch das Gebäude hindurch eine großzügige Foyerzone anschließt. Die Haupttreppe reagiert im EG mit den gedoppelten Treppenläufen auf die zwei Erschließungsseiten. Der Luftraum verbindet das Foyer mit den Obergeschossen und unterstützt die Kommunikation im Haus. Ferner werden alle Flurzonen auskömmlich breit ausgebildet. Besondere – für die Kommunikation wichtige Räume – wie die studentischen Arbeitssäle, die Teeküchen etc., können über mobile Trennwände mit den Fluren verbunden werden. Die Aufenthaltsqualität wird unterstützt durch das Angebot einer begrünten Dachterrasse zwischen beiden Häusern. Alle Andienungstore befinden sich in der gut anfahrbaren „Fuge“ im Südosten.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit überzeugt mit einer städtebaulichen Lösung, die die Intention des Masterplans nach einer am Bestand orientierten maßstäblichen Bebauung hervorragend aufgreift. Die Zugänge werden sinnvoll zur Moltkestraße als auch zu den entstehenden Plätzen orientiert, so dass eine Durchwegung des Gebäudes von allen städtebaulich relevanten Situationen möglich ist. Das Gebäude hält ausreichend Abstand zur Wieseck. Die Höhenvorgaben aus der Auslobung werden überschritten. Der Schwerpunkt des Gebäudes befindet sich richtig am Schnittpunkt der Campusplätze.

Ausgehend von den Zugängen im Erdgeschoss wird die innere Struktur des Gebäudes logisch mit Labor- und Büroräumen weiterentwickelt. Besonders die im nördlichen Bereich des Entwurfs vorgeschlagene Haupterschließung mit Kommunikationsflächen kann überzeugen. Im Erdgeschoss führen die gut von außen einsehbaren größeren Laborräume mit entsprechenden Lastvorgaben zu einer guten Außenwahrnehmung. Die ab dem 1. Obergeschoss vorgeschlagene Gliederung des Gebäudes in zwei drei bzw. viergeschossige Bauteile führt zum einen zu einer guten Proportion der Gesamtbaumasse, schränkt aber auch gleichzeitig die innere Erschließung des Gebäudes ein. Aus Sicht des Nutzers ist hier eine zusätzliche Verbindung der beiden Bauteile wünschenswert.

Die Fassade in ihrer Robustheit wird im Einklang mit der geometrischen Ausbildung des Gesamtbaukörpers als überzeugend empfunden und lässt keine grundlegenden Fragen entstehen. Die vorgeschlagenen Geschosshöhen sind im Wesentlichen belastbar.

In Bezug auf die Technik werden die Raumhöhen für Labore (4m) z.T. nicht eingehalten. Die Installations- und Lüftungstrassen sind nicht nachvollziehbar; die Wärmeversorgung erfolgt ohne regenerativen Ansatz. Die Rückkühlung über Grundwasser ist nicht dargestellt. Eine adiabate Verdunstungskühlung scheint aus hygienischer und betriebswirtschaftlicher Sicht ungeeignet. Die Anordnung der Fortluftöffnungen vor der Fassade wird als ungünstig erachtet. Die Nutzung von Regenwasser für die Kühlung ist in Art und Menge nicht geeignet. Die vorgeschlagene Anordnung der Schachtsituationen zur technischen Erschließung wird zum Teil kontrovers diskutiert. Prinzipiell sind die vorgesehenen Schächte in ausreichendem Umfang vorhanden und zeugen vom Verständnis der technischen Notwendigkeiten. Es wird jedoch eine Veränderung – weg von einer dichten Anordnung kleinerer vertikaler Schächte zugunsten einiger größerer bzw. tieferer Schächte – als sinnvoll erachtet, vor allem in Hinblick auf die Trassierung der mechanischen Belüftung.

In Bezug auf Energieeffizienz und Nachhaltigkeit gehört der Beitrag zu dem Arbeiten im oberen Mittelfeld. Die Erfüllung der Anforderungen an die Barrierefreiheit wird insgesamt positiv bewertet. Die Kennwerte lassen insgesamt auf einen wirtschaftlichen Entwurf schließen, wobei aber das Raumprogramm in Summe nicht ganz erfüllt wird. Die Kosten liegen gemäß Vorprüfung im mittleren Bereich aller Beiträge, aber noch über den bisher für die Maßnahme ermittelten Kosten, so dass Optimierungen erforderlich wären.

Aus Nutzersicht sind die Aufteilungen der Labore auf die Flächen im EG und 1.OG sehr nutzbringend realisiert. Die Anbindung an die Arbeitsräume der Mitarbeiter ist entsprechend gut. Die Eingangssituation reflektiert in bestmöglicher Weise die Campussituation. Fehlende Verbindungen in den Obergeschossen senken jedoch die nachhaltige Nutzungsmöglichkeit und die Flexibilität des Gebäudes deutlich. Ebenso ist die barrierefreie Transportmöglichkeit zwischen den Laboren und Mitarbeiterräumen (Lastenaufzug, Flurbreiten und Türbreiten) verbesserungswürdig. Außentore im EG für die Labore 01 (Fluidmechanik), 07 (Mechanik 1) und 60 (Rapid Prototyping) wären zusätzlich sinnvoll.

Den Verfassern gelingt ein Entwurf, der mit einem kraftvollen Volumen, guter innerer Organisation und urbaner Prägung auf die gestellte Aufgabe antwortet.
Lageplan: Erste Ausbaustufe

Lageplan: Erste Ausbaustufe

Pikto: Eingangshalle

Pikto: Eingangshalle

Grundriss: Obergeschoss

Grundriss: Obergeschoss

Längsschnitt

Längsschnitt

Pikto: Luftraum

Pikto: Luftraum

Lageplan: Endausbaustufe

Lageplan: Endausbaustufe